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Kfz-Haftpflichtversicherung: Auskunftsanspruch über die Ladung des versicherten Fahrzeugs?

AG Hanau, Az.: 38 C 86/15 (18)

Urteil vom 15.07.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da offensichtlich kein Rechtsmittel gegeben ist.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hanau ergibt sich aus § 32 ZPO aufgrund der Unfallstelle.

Kfz-Haftpflichtversicherung: Auskunftsanspruch über die Ladung des versicherten Fahrzeugs?
Symbolfoto: Pixabay

Die Klägerin verlangt von der Beklagten etwas Unmögliches, da der Beklagten unstreitig die entsprechenden Ladungslisten aller ihrer Versicherungsnehmer nicht vorliegen. Die Klägerin hat auch keine Informationen dazu, wo sich alle ihre Versicherungsnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt mit den versicherten Fahrzeugen befanden. Sie kann diesbezüglich daher der Klägerin keine Auskunft erteilen.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 242 BGB oder anderen Rechtsnormen auf Auskunftserteilung besteht darüber hinaus nicht.

Eine Auskunftspflicht besteht nicht nur im Rahmen solcher Vertragsverhältnisse, bei denen der Gesetzgeber, wie beim Auftrag (§ 666 BGB) und Geschäftsführungsvertrag (§ 675 BGB), ausdrücklich einen Auskunftsanspruch gewährt hat; sie kann sich vielmehr auch aus § 242 BGB nach Treu und Glauben als Nebenpflicht aus anderen Verträgen ergeben, vgl. BGH, Urteil vom 14.11.1984, Az. IV a ZR 179/82; Mansel, in: Jauernig, Kommentar zum BGB, 15. Auflage 2014, § 242 BGB Rn. 21. Sie besteht vor allem dann, wenn der eine Vertragspartner dringend auf die Auskunft angewiesen ist und der andere sie unschwer erteilen kann, vgl. BGH, Urteil vom 14.11.1984, Az. IV a ZR 179/82. Ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht gegeben.

Auch außerhalb von vertraglichen Beziehungen kann ein Auskunftsanspruch bei Bestehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses gegeben sein. „Die Kl. kann vom Bekl. gem. § 242 BGB Auskunft verlangen, wenn ihr gegen den Bekl. ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung dem Grunde nach zusteht und lediglich der Inhalt dieses Anspruchs noch offen ist, weil und soweit die Kl. auf Grund besonderer Fallgestaltung in entschuldbarer Weise über den Schadensumfang im ungewissen ist, der Bekl. dagegen hierüber unschwer Auskunft geben kann“, vgl. BGH, Urteil vom 28.11.1989, Az. VI ZR 63/89. Voraussetzung ist jedoch auch in diesem Fall, dass eine Seite dringend auf die Auskunft angewiesen ist und die andere Seite sie unschwer erteilen kann, vgl. Reiner Schulze, in: Schulze u.a., Bürgerliches Gesetzbuch, 8. Auflage 2014, § 242 BGB Rn. 19. Ein solcher Fall liegt, wie ausgeführt, hier nicht vor – unabhängig von der Frage ob durch den von der Beklagtenseite bestrittenen Vorfall zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis nach § 7 StVG iVm § 115 VVG entstanden ist. Die Beklagtenseite kann die gewünschte Auskunft gerade nicht unschwer erteilen. „Unschwer” ist eine Auskunft immer dann zu erteilen, wenn die mit der Vorbereitung und Erteilung der Auskunft verbundenen Belastungen für den Schuldner entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner in Anbetracht der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung zumutbar sind, die die verlangte Auskunft für die Darlegung der für Grund oder Höhe des Hauptanspruchs wesentlichen Umstände hat, vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2007, AZ. X ZR 117/04. Die von der Klägerin gewünschten Informationen liegen der Beklagten unstreitig nicht vor. Zu einer Nachforschung bei den Versicherungsnehmern ist die Beklagte im Rahmen des Auskunftsanspruchs nach § 242 BGB gerade nicht verpflichtet.

Darüber hinaus besteht ein Auskunftsanspruch nicht bereits auf einen Verdacht hin oder gar zu dem Zweck, eine unerlaubte Handlung erst zu ermitteln, da dies auf eine allgemeine Auskunftspflicht hinausliefe, die dem deutschen Recht fremd ist, vgl. BGH, Urteil vom 26.01.1983, Az. IV b ZR 351/81.

Die Klage war daher hinsichtlich der Hauptforderung sowohl bezüglich der Haupt- als auch der Hilfsanträge abzuweisen.

Der Kläger hat mangels Hauptforderung auch keinen Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen als Nebenforderung.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und folgt dem Unterliegen der Klägerin.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.11, 713 ZPO.

Das Urteil konnte nach Ablauf aller Stellungnahmefristen im Verfahren nach § 495 a ZPO ergehen.

Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundlegende Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung des Berufungsgerichts eine Entscheidung desselben erfordert.

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