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Zahnzusatzkostenversicherung – Leistungsausschluss wegen Kündigung

Kündigungsdilemma in der Zahnzusatzversicherung: Ein Urteil mit Biss

Ein komplexer Fall rund um eine Zahnzusatzversicherung hat das Landgericht Hannover beschäftigt. Im Kern ging es um die Frage, ob eine Kündigung der Versicherung durch den Ehemann der Klägerin wirksam war oder nicht. Die Klägerin hatte hohe zahnärztliche Kosten und wollte diese von ihrer Versicherung erstattet bekommen. Doch die Versicherung berief sich auf die Kündigung des Vertrags und weigerte sich, die Kosten zu übernehmen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 O 145/21 >>>

Die Kündigung und ihre Folgen

Der Ehemann der Klägerin hatte die Zahnzusatzversicherung im Tarif Z100 zum Ende des Jahres 2019 gekündigt. Die Versicherung wies darauf hin, dass die Kündigung nur wirksam sei, wenn die versicherte Person, also die Klägerin, darüber informiert sei. Ein Fax, das diese Information bestätigte, ging bei der Versicherung ein, doch wer es verfasst hatte, wurde zum Streitpunkt. Die Versicherung akzeptierte die Kündigung und bestätigte diese.

Versuchte Rücknahme der Kündigung

Ein weiteres Fax, das die Stornierung der Kündigung begehrte, soll laut Klägerin am selben Tag versendet worden sein. Die Versicherung behauptete jedoch, dieses Schreiben erst ein Jahr später erhalten zu haben. Damit wäre die Kündigung nicht mehr rückgängig zu machen gewesen, da der Vertrag bereits beendet war.

Zahnärztliche Behandlung und Leistungsprüfung

Ende 2020 benötigte die Klägerin eine umfangreiche zahnärztliche Behandlung, die Kosten in Höhe von etwa 16.000 Euro verursachen würde. Sie reichte Heil- und Kostenpläne bei der Versicherung ein, die daraufhin in eine Leistungsprüfung eintrat. Dabei wies die Versicherung auf das Vertragsende hin und lehnte die Kostenübernahme ab.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Hannover wies die Klage der Frau ab. Es stellte fest, dass die Kündigung wirksam war. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass das Fax zur Stornierung der Kündigung rechtzeitig bei der Versicherung eingegangen war. Daher hatte sie keinen Anspruch auf Leistungen aus der Zahnzusatzversicherung. Auch die Kosten des Rechtsstreits musste sie tragen.

Relevanz für Versicherungsnehmer

Dieses Urteil zeigt, wie wichtig es ist, bei Kündigungen und deren Widerruf in Versicherungsangelegenheiten äußerst sorgfältig zu agieren. Die genaue Dokumentation des Schriftverkehrs und die Einhaltung von Fristen können im Streitfall entscheidend sein. Zudem unterstreicht der Fall die Bedeutung der klaren Kommunikation zwischen Versicherungsnehmer und versicherter Person, insbesondere wenn es sich um unterschiedliche Personen handelt.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Hannover – Az.: 2 O 145/21 – Urteil vom 27.03.2023

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Hannover – 2. Zivilkammer auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2023 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf die Stufe bis 16.000,00 €.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht auf Leistungen aus einer Zahnzusatzkostenversicherung in Anspruch.

Der Ehemann der Klägerin unterhielt für diese seit dem 1.1.2010 bei der Beklagten eine Krankenversicherung als ,Ergänzungstarif zahnärztliche Versorgung zur gesetzlichen Krankenversicherung‘ im Tarif Z100, dessen Bedingungen sich aus Anlage K1 ergeben und die in ihrer Ziffer 11 eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende des Versicherungsjahres, welches dem Kalenderjahr entspricht, vorsehen. Der Ehemann der Klägerin sprach mit Schreiben vom 30. Dezember 2019 (K2) als Versicherungsnehmer die Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen Termin aus und faxte dieses an die Beklagte, wo es am selben Tag um 18.10 Uhr einging. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 2.1.2020 (K3) darauf hin, dass die Kündigung unwirksam sei, wenn nicht die versicherte Person über die Kündigung informiert ist. Die Beklagte erhielt daraufhin am 9.1.2020 das ebenfalls mit K3 bezeichnete Fax, welches aus dem Schreiben der Beklagten vom 2.1.2020 besteht, versehen mit einer handschriftlichen Unterschrift:

Sehr geehrte Damen und Herren

hiermit bestätige ich (…) den Kündigungswunsch mit Fax vom 30.12.2019.

A. (…)

Der Urheber dieser Zeilen ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 13.1.2020 die Kündigung zum 31.12.2020.

Ein weiteres Schreiben vom 9. Januar 2020 zu der betreffenden Versicherungsnummer nimmt Bezug auf die Kündigung vom 30.12. und bittet um Stornierung des Kündigungswunsches wegen Irrtums im Vertrag, dieser solle bitte weiterlaufen, es grüßen der Ehemann der Klägerin und die Klägerin selbst. Die Klägerin behauptet, dieses Schreiben habe ihr Mann am 9. Januar 2020 um 17:16 Uhr gefaxt. Die Beklagte führt hierzu aus, sie habe das Schreiben erst mit weiterem Schreiben des Ehemanns der Klägerin vom 20.1.2021 (BLD 4) erhalten.

Ende 2020 stellte sich umfangreicher zahnärztlicher Behandlungsbedarf der Klägerin u.a. durch eine Implantatversorgung mit einem zu erwartenden Kostenaufwand von rund 16.000,00 € heraus. Aufgrund dessen übermittelte die Klägerin Heil- und Kostenpläne und die Beklagte trat in eine Leistungsprüfung ein. Sie wies mit Schreiben vom 13.1.2021 (K4) insoweit auch auf das Vertragsende zum 31.12.2020 hin.

Im März 2021 entwickelte sich – von Seiten der Klägerin auch anwaltlich geführter – Schriftwechsel über die Frage einer Leistungspflicht der Beklagten und des Fortbestehens des Versicherungsvertrages.

Die Klägerin behauptet, die in ihrem Namen ausgefertigte Bestätigung des Kündigungswunsches sei nicht durch sie erfolgt. Ihr Mann habe diesen handschriftlichen Vermerk auf dem Schreiben der Beklagten angebracht und in ihrem Namen unterzeichnet an diese gefaxt. Als dies im Laufe des Nachmittags erörtert worden sei, sei ihnen klargeworden, dass der falsche Vertrag gekündigt worden sei, weswegen das weitere Schreiben vom 9. Januar 2020 mit der Bitte um Stornierung des Kündigungswunsches und Fortsetzung des Vertrages verfasst und noch am selben Abend von dem Ehemann der Klägerin versandt worden sei. Die Klägerin ist daher der Ansicht, der Versicherungsvertrag bestehe fort, weshalb die Beklagte auch zur Erstattung der bisher entstandenen Behandlungskosten und mit Rechnung aus Mai 2021 berechneten zahnärztlichen Leistungen (K8) verpflichtet sei. Die Klägerin beantragt:

I.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien unter der Versicherungsschein-Nr.: 100402620 bestehende Versicherungsvertragsverhältnis in Bezug auf eine Krankenzusatzversicherung mit dem Tarif „Z100“ nicht zum 31.12.2020 beendet wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen darüber hinaus fortbesteht,

II.

hilfsweise wird beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die notwendige prothetische Versorgung der Zähne 16, 13, 12, 22, 23, 26 im Oberkiefer sowie der Zähne 44, 42, 34, 32 als Versicherungsfall zu behandeln und nach Maßgabe des vereinbarten Tarifes „Z 100“ der Versicherungsanteil durch die Beklagte zu zahlen ist,

III.

die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.294,18 € nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie geht davon aus, den Versicherungsvertrag der ausgesprochenen Kündigung gemäß zum 30.12.2020 beendet zu haben. Sie habe nach Erhalt des Rückfaxes mit dem handschriftlichen Zusatz davon ausgehen dürfen, die Klägerin sei wie erforderlich über die vom Versicherungsnehmer ausgesprochene Kündigung unterrichtet. Im Übrigen hätten die Klägerin und ihr Mann auch auf die Bestätigung der Kündigung mit Schreiben K6 reagieren können, wenn dies nicht wunschgemäß gewesen sei. Das weitere, angeblich unter dem 9. Januar 2020 verfasste Schreiben sei ihr nicht vor dem Schreiben (B4) vom 20. Januar 2021 bekannt geworden und habe insofern angesichts des Vertragsendes Ende Dezember 2020 keine Wirkung mehr entfalten können.

Die Kammer hat nach Maßgabe des Beschlusses vom 14.12.2022 einen Zeugen gehört. Wegen dessen Bekundungen wird auf das Protokoll vom 2.3.2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Es kann dahinstehen, ob die Feststellungsanträge zulässig sind, da die Klage insgesamt wegen Beendigung des Vertrages unbegründet ist.

Der zu Gunsten der Klägerin ursprünglich bestehende Krankenversicherungsvertrag ist nämlich durch die durch ihren Ehemann, dem Versicherungsnehmer, unter dem 30. Dezember 2019 ausgesprochene Kündigung wirksam zum Ende 2020 beendet worden. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 2.1.2020 zutreffend auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass die Klägerin als versicherte Person im Sinne von § 13 Abs. 10 MB/KK von der von ihrem Ehemann ausgesprochenen Kündigungserklärung Kenntnis erlangt hat und dies der Versicherungsnehmer der Beklagten gegenüber nachgewiesen würde. Dass die Klägerin von der Kündigungserklärung selbst Anfang Januar 2020 objektiv Kenntnis hatte, ist unstreitig und ergibt sich schon aus dem behaupteten Schreiben vom 9. Januar 2020 über die Stornierung des Kündigungswunsches. Diese Kenntnis hat der Versicherungsnehmer durch das Fax (K3) mit dem handschriftlichen Zusatz der Beklagten auch nachgewiesen, weshalb die Kündigung wirksam geworden ist. Es kann nach Ansicht der Kammer in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Ehemann der Klägerin die Zeilen verfasste und unterschrieb, da sie der Beklagten jedenfalls als Nachweis genügten. Die Kammer hält allerdings das entsprechende Vorbringen der Klägerin auch für nicht glaubhaft. Zunächst weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Schriftbild der Unterschrift der Klägerin den weiter in der Akte vorhandenen Unterschriften gleicht, welche unstreitig von der Klägerin sind. Auch die Handschrift selbst passt zu dieser Unterschrift und eher nicht zu der, die man aus der Unterschrift des Versicherungsnehmers für diesen erwarten würde. Da darüber hinaus das Ergebnis der Beweisaufnahme in diesem Zusammenhang keine entsprechend gesicherte Überzeugung der Kammer zu Gunsten der Klägerin ergeben hat, würde das Gericht insoweit daher nicht von einer Fälschung ausgehen, was angesichts der eingangs gemachten Ausführungen dahinstehen kann. Zudem ist der Hinweis der Beklagten auf die mangelnde Reaktion auf die Kündigungsbestätigung, die dem auch entgegensteht, zutreffend.

Dass das Schreiben vom 9. Januar 2020 mit der Bitte um Stornierung der Kündigung der Klägerin an diesem Tag oder sonst zeitnah im Zusammenhang mit der Kündigung des Vertrages zugegangen wäre, hat die Klägerin nicht bewiesen. Der Zeuge (…) konnte hierzu nur bekunden, dass er das Schreiben am selben Tag an die Beklagte gefaxt haben will. In dessen lässt sich ein sicherer Schluss darauf nicht aus dem vorgelegten Sendebericht ziehen, da dieser ohne jeden belegten Zusammenhang mit dem angeblich zugehörigen Schreiben steht. Da damit ein Zugang dieser Erklärung bei der Beklagten vor Januar 2021 nicht zugrunde zu legen ist, ist auch nicht an eine rechtzeitige Erklärung der Klägerin im Sinne von § 13 Abs. 10 MB/KK zu denken.

Die Klage war insgesamt abzuweisen, weil der Klägerin daher keine Ansprüche mehr aus der wirksam beendeten Krankenzusatzversicherung zur Seite stehen. Auch die mit dem Antrag zu 3 begehrte Kostenerstattung hinsichtlich der in 2021 durchgeführten Behandlung kann die Klägerin nicht begehren. Denn das Ende des Versicherungsfalles tritt ausweislich § 7 MB/KK mit dem Ende des Versicherungsvertrages ein, unabhängig davon, ob gegebenenfalls Teile der Behandlung noch auf Heil- und Kostenplänen aus versicherter Zeit zurückzuführen sein könnten.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 709 ZPO.

 

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