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Wohngebäudeversicherung – Zubehöreigenschaft einer Einbauküche

LG Düsseldorf – Aktenzeichen:  23 S 40/10 – Urteil vom 11.08.2010

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 11.12.2009, Az. 31 C 12833/09, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Der Kläger verlangt von der Beklagten aus der bei ihr gehaltenen Wohngebäudeversicherung Ersatz für eine durch Brand zerstörte Einbauküche, und zwar restliche 4.000,00 €, nachdem die Hausratversicherung 12.000,00 € gezahlt hat.

Der Streit der Parteien geht darum, ob die Küche als mitversichertes Zubehör i.S. C I 2 der Versicherungsbedingungen (WG 95) anzusehen ist.

Das Amtsgericht hat mit der Beklagten die Zubehöreigenschaft verneint. Die Küche habe, was unstreitig ist, aus industriell vorgefertigten genormten Teilen bestanden und habe ohne wesentliche Beeinträchtigung ihrer Brauchbarkeit und ohne wesentlichen Wertverlust an anderer Stelle wieder aufgebaut werden können.

Als Zubehör anzusehen seien nur eine raumspezifisch geplante und als Einzelteil gefertigte Küche, die nicht ohne nachhaltige Substanzeinbuße ausgebaut werden könne. So liege der Fall hier nicht, auch wenn man den Vortrag des Klägers berücksichtige, der Grundriss des Raumes sei für die Küche angepasst worden.

Änderungen oder Ergänzungen haben sich in zweiter Instanz nicht ergeben (§ 540 Abs. 1 ZPO).

B.

Die Berufung, mit der der Kläger seinen erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter verfolgt, hat Erfolg.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Wohngebäudeversicherung - Zubehöreigenschaft einer Einbauküche
(Symbolfoto: Von Volodymyr_Shtun/Shutterstock.com)

1. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 511, 517, 519 ZPO.

2. Die Berufung bezeichnet Umstände, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Kläger macht geltend, das Amtsgericht habe übersehen, dass die Versicherungsbedingungen missverständlich seien. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe unter einer maßgenauen Einbauküche das, was ihm in jedem Möbelhaus angeboten werde, zumal dann, wenn sie an den Grundriss angepasst werde. Unklarheiten darüber, was unter maßgenau zu verstehen sei, gingen zu Lasten des Versicherers als Verwender der Versicherungsbedingungen

II.

Die Berufung hat Erfolg, denn der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien am 14.11.2000 geschlossenen Vertrag über die Gebäudeversicherung für das Wohngebäude A. in B. Anspruch auf Ersatz des der Höhe nach unstreitigen Betrages von 4.000,00 €.

1. Einziger Streitpunkt der Parteien ist, ob die durch Brand zerstörte Einbauküche von der Versicherung umfasst ist.

In C. I. 2 der Versicherungsbedingungen der Beklagten heißt es (Fettdruck nicht im Original):

„Mitversichert ist auch Zubehör, das der Instandhaltung eines versicherten Gebäudes oder dessen Nutzung zu Wohnzwecken dient, soweit es sich im Gebäude befindet oder außen an dem Gebäude angebracht ist (z.B. maßgenaue Einbauküchen, verklebte Teppichböden, Gemeinschaftswaschanlagen…………).“

Der Streit der Parteien hinsichtlich der Einordnung als Zubehör geht letztlich darum, was unter „maßgenau“ zu verstehen ist.

2. Anders als das Amtsgericht bejaht die Kammer die Zubehöreigenschaft der Einbauküche.

a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB sind erfüllt. Es handelt sich um eine bewegliche Sache die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache (Hausgrundstück) zu dienen bestimmt ist und in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht. (BGH NJW-RR 1990, 586 ff.) Das wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen.

b) Allerdings enthält die Regelung zum Versicherungsumfang eine Einschränkung dahin, dass es sich um eine „maßgenaue“ Einbauküche handeln muss. Das Amtsgericht hat daraus gefolgert, es handele sich nur dann um eine solche Einbauküche, wenn ihr Ausbau

„nicht ohne nachhaltige Einbußen in der Substanz und der Verwendbarkeit der Küche möglich ist.“

Das trifft indes nicht zu.

Die Bezeichnung „maßgenaue Einbauküche“ ist nach den §§ 133, 157 BGB auszulegen, dabei ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. D.h. es ist nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf das Verständnis eines besonnenen durchschnittlichen Versicherungsnehmers abzustellen.

Für eine solche Person bedeutet „maßgenau“ zur Überzeugung der Kammer, dass die Einbauküche entsprechend den baulich vorgegebenen Maßen zusammengestellt und auf Maß eingebaut wird. Besonders augenfällig ist das bei der Arbeitsplatte, die auf exaktes Maß geschnitten wird und in der Regel mit diesen Maßen an keiner anderen Stelle mehr Verwendung finden kann. Aber auch bei anderen Teilen besteht eine enge Wechselwirkung zwischen Baumassen und der Konfiguration der Küche. Die Anschlüsse für z.B. Spüle einschließlich Armatur, Herd, Abzugshaube, Backofen, Mikrowelle und Kühlschrank sind entweder bauseitig fixiert und zwingen dazu, die Möbel entsprechend zu platzieren und Ausschnitte anzufertigen oder den durch die Zusammenstellung der Küche vorgegebenen Maßen wird baulich dadurch Rechnung getragen, dass die Anschlüsse (Wasser, Gas, Abwasser, Strom) so verlegt werden, dass sie zu der Möblierung passen. In beiden Fällen wird die Küche maßgenau eingebaut.

Dass bei einem etwaigen Ausbau der Küche eine nachhaltige Einbuße in der Substanz und der – weiteren – Verwendbarkeit der Küche erfolgen muss, wie das Amtsgericht meint, gehört nicht zu dem Begriff der Maßgenauigkeit.

Derartiges ist in der Rechtsprechung abgestellt worden bei Schäden an Einbauküchen im Zusammenhang mit der Frage, ob – wie in den dort maßgeblichen Versicherungsbedingungen als Voraussetzung der Eintrittspflicht des Versicherers bestimmt – eine Einbauküche ein Gebäudebestandteil ist (KG, Urteil v. 01.09.1998, 6 U 9340/97; OLG Saarbrücken, Urteil vom 01.02.1995, 5 U 321/94; OLG Köln, Urteil v. 22.06.1999, 9 U 179/98; OLG Celle, Urteil v. 20.05.2009, 8 U 6/09 unter II 3 a – alle zitiert nach juris). Darum geht es hier nicht.

Das Gegenstück zu einer maßgenauen Küche ist nach Auffassung der Kammer eine schon im Geschäft fix zusammengestellte Küchenzeile, die ohne weitere Anpassung aufgestellt wird. Um eine solche Einbauküche geht es hier unstreitig nicht.

c) Der in der Rechtsprechung (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.01.1994, 11 U 45/93 unter I. 2. – juris) erörterte Gesichtspunkt, dass eine Einbauküche auch bei Bejahung der sonstigen Merkmale nach § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dann Zubehör ist, wenn sie nach der regionalen Verkehrsanschauung als solches angesehen wird, ist hier ohne Bedeutung.

Die Beklagte kann sich auf lokale Besonderheiten nicht berufen, weil in den von der Beklagten gestellten Versicherungsbedingungen generell eine maßgenaue Einbauküche als Zubehör behandelt wird, so dass der Beklagten die Berufung auf diesen Ausnahmetatbestand wegen regionaler Besonderheiten verwehrt ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 4.000,00 €.

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