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Wohngebäudeversicherung – Ursächlichkeit eines Sturms für Dachschaden

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 89/19 – Urteil vom 03.07.2020

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 18. September 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 191/17 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf bis zu 9.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner am 29. August 2017 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagte aus einer Wohngebäudeversicherung auf Entschädigung wegen eines behaupteten Sturmschadens in Anspruch genommen. Er unterhält bei der Beklagten unter der Versicherungsschein-Nummer … …/…/…/… (BI. 6 GA) einen Gebäudeversicherungsvertrag auf der Grundlage der Bedingungen für die … pp. Gebäudeversicherung (BVAW –… …/…, BI. 14 GA) für das Anwesen … pp., Bestandteil des Vertrages ist u.a. eine Sturm- und Hagelversicherung nach Maßgabe des § 3 BVAW. Am 12. Januar 2017 herrschte in M. ein Sturm mit Windstärke 8 Beaufort. Am 10. März 2017 meldete der Kläger der zuständigen Versicherungsvertretung der Beklagten einen Sturmschaden am Dach des versicherten Anwesens; in der Folge kam es zu einer Besichtigung des Schadensortes durch den Schadenregulierer der Beklagten, den Zeugen H., der zahlreiche Lichtbilder fertigte (Anlagenkonvolut B2). Am 3. April 2017 ließ der Kläger das Dach durch die Fa. … pp. instandsetzen, hierfür wurden ihm Kosten in Höhe von 1.819,05 Euro (netto) = 2.164,67 Euro (brutto) in Rechnung gestellt (Anlage K7). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10. April 2017 ihre Einstandspflicht ab mit der Begründung, die Dacheindeckung habe ihren maximalen Funktionstüchtigkeitszeitraum überschritten, das Dach weise zahlreiche Schäden auf und müsse grundsätzlich erneuert werden und der geltend gemachte Schaden beruhe auf einer mangelnden Instandhaltung des Daches (Anlage B3). Eine mit anwaltlichem Schreiben vom 21. April 2017 an die Beklagte ergangene Aufforderung, ihre Einstandspflicht anzuerkennen, blieb erfolglos.

Zur Begründung seiner zuletzt auf Zahlung von 6.539,67 Euro zzgl. Zinsen und vorgerichtlicher Kosten sowie auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für weitere Folgeschäden gerichteten Klage hat der Kläger behauptet, das versicherte Anwesen sei durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes beschädigt worden dergestalt, dass Schiefersteine am Dach des Gebäudes verschoben worden seien und dadurch Wasser in das Gebäude eingedrungen sei. Infolgedessen seien Tapeten und Parkett im Ankleidezimmer sowie Gips im Schlafzimmer, im Dachgeschoss und im Obergeschoss beschädigt worden. Die Kosten für die Reparatur des Daches gemäß Rechnung der Fa. B. seien angemessen und erforderlich gewesen. Für Malerarbeiten seien weitere 4.375,- Euro (netto) gemäß Kostenvoranschlag der Firma W. GmbH (Anlage K8) erforderlich. Das Schieferdach, dessen Lebensdauer auf 100 Jahre und mehr zu veranschlagen sei, sei vor dem Sturm dicht gewesen; auch habe der Kläger es regelmäßig warten lassen, Sanierungsbedürftigkeit habe nicht vorgelegen. Die Beklagte hat die Ursächlichkeit des Sturmereignisses für die geltend gemachten Schäden in Abrede gestellt. Nach den Feststellungen ihres Sachverständigen weise das Dach zahlreiche schadhafte Stellen auf, es habe seinen Funktionstüchtigkeitszeitraum längst überschritten und müsse grundsätzlich erneuert werden. Bei den Undichtigkeiten handele es sich nicht um einen Sturmschaden; auch die späte Meldung einer angeblichen unmittelbaren Sturmeinwirkung, die nicht monatelang habe unbemerkt bleiben können, deute darauf hin, dass die geltend gemachten Schäden andere Ursachen hätten. Ohnehin bestehe, solange die Wiederherstellung nicht gesichert sei, allenfalls ein Anspruch auf den Zeitwert.

Das Landgericht hat den Kläger informatorisch angehört und Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens; zum Sachverständigen wurde gemäß Beweisbeschluss vom 14. März 2018 der für das Fachgebiet Schäden an Gebäuden öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Dipl.-Ing. B. W. bestellt. Bestandteil seines schriftlichen Gutachtens, das er später auf Antrag auch mündlich erläuterte, war eine im Einvernehmen mit den Parteien und dem Gericht von ihm eingeholte gutachterliche Stellungnahme des von der Handwerksammer des Saarlandes bestellten und vereidigten Sachverständigen K. G. Mit dem zur Berufung angefallenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht sodann die Klage abgewiesen mit der Begründung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lasse sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Schaden, für den der Kläger Ersatz beanspruche, in irgendeiner Weise durch den Sturm vom 12. Januar 2017 mitverursacht worden sei.

Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein früheres Begehren vollumfänglich weiter. Er beanstandet die Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch das Landgericht. Dieses habe zu Unrecht den von ihm zu der Frage, welche Schiefersteine erneuert worden seien sowie zum Zustand des Daches, insbesondere auch der Dachrinne, sowie zur Unterkonstruktion benannten Zeugen B. nicht vernommen; auch der zum Zustand des Daches benannte (sachverständige) Zeuge M. L. (Bl. 248 GA) sei nicht angehört worden. Verfahrensfehlerhaft sei weiter, dass das Landgericht auf seinen Antrag hin nur den Sachverständigen W. zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens geladen habe und nicht auch den im Rahmen der schriftlichen Begutachtung von diesem hinzugezogenen Sachverständigen K. G.. Letztlich habe das Landgericht, indem es die (Mit-)Ursächlichkeit des Sturmes verneint habe, auch das Beweismaß überspannt.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 18. September 2019 – 14 O 191/17 – wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.539,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. April 2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für weitere wegen des Sturms vom 12. Januar 2017 in … pp. eintretende Folgeschäden Versicherungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 21. Februar 2018 und 28. August 2019 (Bl. 86 ff., 265 ff. GA) sowie des Senats vom 26. Juni 2020 (Bl. 324 GA) verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen, weil der Kläger nicht bewiesen hat, dass die geltend gemachten Schäden am Schieferdach seines Anwesens und dadurch bedingte Wassereintritte in das Anwesen auf das von ihm benannte Sturmereignis am 12. Januar 2017 zurückzuführen sind.

1.

Wohngebäudeversicherung - Ursächlichkeit eines Sturms für Dachschaden
(Symbolfoto: anjajuli/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat die vertraglichen Voraussetzungen für die Ersatzpflicht der Beklagten aus der hier gegenständlichen Sturm- und Hagelversicherung zutreffend wiedergegeben. Diese folgen aus § 3 Abs. 1 bis 4 der dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (BVAW, Bl. 16 GA). Danach leistet die Beklagte Entschädigung für versicherte Sachen, die u.a. „durch Sturm zerstört oder beschädigt“ werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BVAW). Die zur Annahme eines Sturmes erforderliche „wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 nach Beaufort“ (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BVAW) hat hier unstreitig – nämlich am 12. Januar 2017 – vorgelegen. Weitere Voraussetzung der Einstandspflicht der Beklagten ist darüber hinaus allerdings, dass „dadurch“ versicherte Sachen zerstört oder beschädigt wurden, das vom Kläger bezeichnete Sturmereignis mithin für die Schäden zumindest mitursächlich gewesen ist (Senat, Urteil vom 21. September 1994 – 5 U 160/93-11, RuS 1995, 268; Urteil vom 12. April 2006 – 5 U 496/05-53, VersR 2006, 1635; Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl., E II Rn. 27). Dabei gilt gemäß § 3 Abs. 4 BVAW, dass nicht alle adäquaten Folgen eines Sturms versichert sind, sondern nur diejenigen Schäden, die durch einen der in dieser Bestimmung abschließend aufgeführten Kausalverläufe entstanden sind (Senat, Urteil vom 12. April 2006 – 5 U 496/05-53, VersR 2006, 1635; Urteil vom 10. Februar 2010 – 5 U 278/09-70, VersR 2010, 624; vgl. Rüffer, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 32 Rn. 322 ff.). Insoweit steht hier – nach Maßgabe der (bestrittenen) Behauptungen des Klägers – allein in Rede, dass die geltend gemachten Schäden am Dach des Anwesens „durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes auf versicherte Sachen“ entstanden sein können (§ 3 Abs. 4 Buchstabe a BVAW), während es sich bei den Wasserschäden im Gebäudeinnern um solche handeln soll, die „als Folge eines solchen Sturmschadens an versicherten Sachen“ (§ 3 Abs. 4 Buchstabe c BVAW) entstanden sind. Für den Umstand, dass konkret entstandene Schäden auf ein bestimmtes Sturmereignis zurückzuführen sind, ist der Kläger nach allgemeinen Grundsätzen beweisbelastet (vgl. Senat, Urteil vom 20. Juni 2018 – 5 U 58/17, VersR 2019, 91; Urteil vom 21. September 1994 – 5 U 160/93-11, RuS 1995, 268; OLG Koblenz, VersR 2015, 980; Johannsen in: Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 4 VGB 2008/2010 Rn. 18; Hoenicke, in: Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess 4. Aufl., § 4 Rn. 116).

2.

Soweit der Kläger geltend macht, die Schäden am Schieferdach seien hier durch eine unmittelbare Einwirkung des Sturmes vom 12. Januar 2017 auf versicherte Sachen entstanden, hat das Landgericht ihn nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme angesichts verbleibender durchgreifender Zweifel zu Recht für beweisfällig erachtet. Eine „unmittelbare Einwirkung“ im vorgenannten Sinne ist dann gegeben, wenn der Sturm die zeitlich letzte Ursache des Sachschadens ist (Senat, Urteil vom 12. April 2006 – 5 U 496/05-53, VersR 2006, 1635; vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1984, 1035; OLG Köln, RuS 2003, 65; Rüffer, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, a.a.O. § 32 Rn. 322; Martin, a.a.O., E II Rn. 29). Dies vermochte das Landgericht hier unter Berücksichtigung aller Umstände nicht festzustellen, und der Senat ist an diese tatsächlichen Feststellungen gebunden, weil konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit vom Kläger nicht aufgezeigt werden und auch sonst nicht erkennbar sind (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

a)

Das Landgericht hat im Ausgangspunkt zu Recht darauf abgehoben, dass die – streitige – Frage der (Mit-)Ursächlichkeit des Sturmereignisses vom 12. Januar 2017 für die vom Kläger geltend gemachten Schäden am Schieferdach schon deshalb durchgreifenden Bedenken unterliegt, weil diese Schäden hier erst wesentlich später bemerkt und der Beklagten gemeldet wurden. Soweit ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Sturmereignis und Schaden unter Umständen auf einen entsprechenden Ursachenzusammenhang hindeuten kann (vgl. Senat, Urteil vom 12. April 2006 – 5 U 496/05-53, VersR 2006, 1635; OLG Düsseldorf, VersR 1984, 1035: jeweils wenige Tage), fehlt es im Streitfall schon daran. Vielmehr hat der Kläger selbst angegeben, erst im März Feuchtigkeitseintritte entdeckt und heruntergefallene Schieferplatten vorgefunden zu haben; die Meldung an die Agentur der Beklagten erfolgte am 10. März 2017. Hinzu kommen weiter die Erkenntnisse aus den umfangreichen gutachterlichen Feststellungen des vom Landgericht bestellten Sachverständigen W. zur möglichen Schadensursache und zum Zustand des Daches, die sich das Landgericht berechtigterweise zu eigen gemacht hat. Diese belegen in mehrfacher Hinsicht, dass weitere Umstände, insbesondere der schlechte Zustand der Dacheindeckung und, daraus resultierend, andere Naturereignisse, die die Anforderungen an einen bedingungsgemäßen Sturm nicht erfüllen, für die geltend gemachten Beschädigungen ursächlich gewesen sein können, während ein „Verschieben“ von Schieferplatten, wie es der Kläger weiterhin geltend macht, aus technischer Sicht nicht in Betracht kommt. Aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten, insbesondere aber auch aus den Angaben des Sachverständigen W. anlässlich der mündlicher Erläuterung seines Gutachtens folgt vielmehr eindeutig, dass die Schiefereindeckung in vielfacher Hinsicht marode ist, die Schieferplatten sich aufspalten und schichtweise lösen. Hinzu kommt, dass zahlreiche Nägel derart korrodiert sind, dass diese je nach Windrichtung und Sog auch schon bei Ereignissen mit geringeren Windstärken den Schieferplatten keinen ausreichenden Halt mehr bieten. Zusammenfassend hat der Sachverständige, der auch dem Senat seit vielen Jahren als fachkompetenter Gutachter für Schäden an Gebäuden bekannt ist, das bereits in der Nachkriegszeit errichtete Schieferdach „am Ende seiner Lebensdauer“ gesehen. Diese, der abweichenden Darstellung des Klägers widersprechende Einschätzung durfte sich das Landgericht hier rechtsfehlerfrei zu eigen machen, weil die Ausführungen des Sachverständigen, die auch mit der Einschätzung des von ihm als „Gutachtergehilfen“ hinzugezogenen Dachdeckermeisters im Einklang stehen, in jeder Hinsicht verständlich, in sich schlüssig und nachvollziehbar erscheinen.

b)

Soweit sich das Landgericht auf dieser Grundlage und in der Zusammenschau mit den weiteren Umständen des Falles außerstande gesehen hat, eine hinreichende Überzeugung vom Vorliegen eines bedingungsgemäß mitursächlichen Sturmschadens zu gewinnen, ist dies nicht zu beanstanden und gemäß § 529 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch für das Berufungsverfahren bindend. Erhebliche Verfahrensverstöße oder Umstände, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser erstinstanzlichen Feststellungen wecken, zeigt auch die Berufung nicht auf:

aa)

Vergeblich rügt der Kläger zunächst, dass das Landgericht außer der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht auch noch die von ihm benannten Zeugen B. und M. L. vernommen habe. Der Zeuge B., der erst im April 2017, gut drei Monate nach dem eingewandten Sturm, Reparaturarbeiten am Dach vorgenommen und dafür die mit der Klage geltend gemachte Rechnung (Anlage K7) gestellt hat, wurde vom Kläger vornehmlich dazu benannt, welche konkreten Schiefersteine er ausgetauscht habe; außerdem sollte er zum Zustand des Daches, der Dachrinne sowie zur Unterkonstruktion bekunden sowie dazu, dass sich das Dach vor dem Sturmereignis in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden habe und dass es seit der von ihm durchgeführten Reparatur bis heute zu keinen neuen Beschädigungen gekommen sei. Zu Unrecht beanstandet die Berufung, das Landgericht habe sich in seiner Entscheidung nicht mit diesem Beweisangebot auseinandergesetzt. In dem angefochtenen Urteil (LGU Seite 9) hat das Landgericht vielmehr vollkommen zu Recht ausgeführt, dass die – einzige – rein tatsächliche Behauptung, die in das Wissen dieses Zeugen gestellt wurde, nämlich dass dieser gerade diejenigen Schiefersteine erneuert habe, unter denen Feuchtigkeit eingetreten sei, als wahr unterstellt werden könne, weil selbst dann der Nachweis, dass das Abrutschen der ausgetauschten Schiefersteine in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Sturm rund zwei Monate zuvor gestanden habe, nicht geführt sei. Der Senat sieht das genauso. Für die Frage der Kausalität des Sturmes vom 12. Januar 2017 spielt es keine Rolle, welche konkreten Schieferplatten im April 2017 ausgetauscht wurden. Im Übrigen hat der Sachverständige W. anlässlich der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt, dass ihm selbst bei Kenntnis der von der Reparatur betroffenen Stellen eine zeitliche Zuordnung des Schadens zu dem Sturmereignis von Januar 2017 nicht möglich wäre (Bl. 268 GA). Dagegen handelt es sich bei den anderen, weiter oben wiedergegebenen Behauptungen, zu denen der Zeuge ebenfalls benannt wurde, schon nicht um tatsächliche Wahrnehmungen, sondern um Bewertungen zum Zustandes des Daches, die dem Zeugenbeweis von vornherein nicht zugänglich sind, sondern nur Gegenstand sachverständiger Würdigung sein können. Entsprechendes gilt für die – ohnehin nicht bestrittene, letztlich aber auch inhaltlich nichtssagende – Äußerung des Zeugen M. L., er würde „zur Zeit“ (wann genau?) „nichts machen“, weil „das Dach ja dicht sei“; die Bewertung der Richtigkeit dieser Einschätzung ist ebenfalls eine Sachverständigenfrage; diese hat der vom Landgericht bestellte Sachverständige beantwortet.

bb)

Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, dass das Landgericht neben dem gerichtlich bestellten Sachverständigen W. auch den von diesem zwischenzeitlich als Gehilfen hinzugezogenen Dachdeckermeister K. G. zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens hätte laden müssen und dass dieses Unterlassen verfahrensfehlerhaft gewesen sei. Zwar haben die Parteien zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem (gerichtlichen) Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für wesentlich erachten, in einer mündlichen Anhörung stellen können; dieses Antragsrecht der Parteien besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO (BGH, Urteil vom 4. November 2010 – III ZR 45/10, NJW 2011, 852; Beschluss vom 19. November 2014 – IV ZR 47/14, VersR 2015, 257). Dem hat das Landgericht hier jedoch dadurch entsprochen, dass es mit Verfügung vom 10. April 2019 – nur – den gerichtlich bestellten Sachverständigen W. zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens geladen hat. Auf die Ladung auch des – lediglich im Rahmen der Ausarbeitung des schriftlichen Gutachtens hinzugezogenen – Gehilfen bestand dagegen kein Anspruch. Denn das Recht der Partei auf Ladung und Befragung des Sachverständigen dient dem Zweck der Wahrung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Bezug auf die sachverständige Beratung des Tatrichters durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen als eine bedeutsame Grundlage der richterlichen Sachentscheidung; deshalb beziehen sich die Frage- und Anhörungsbefugnisse der Prozessparteien (nur) auf die Person des gerichtlich bestellten Sachverständigen, nicht dagegen auf Personen, die diese Funktion nicht oder nicht mehr innehaben (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2010 – III ZR 45/10, NJW 2011, 852; Zimmermann, in: MünchKomm-ZPO 5. Aufl. § 411 Rn. 10). Die aus der gerichtlichen Bestellung resultierende Verpflichtung, das Gutachten persönlich zu erstatten und die Verantwortung dafür zu übernehmen, bestand hier deshalb nur für den gerichtlich bestellten Sachverständigen W. (§ 407a Abs. 3 ZPO; vgl. Greger, in: Zöller, ZPO 33. Aufl. § 407a Rn. 2); dass dieser – mit Billigung des Gerichts und der Parteien – dazu zunächst weitere Hilfspersonen herangezogen hat, machte diese nicht ohne weiteres selbst zu Sachverständigen. Deshalb kam eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch diese Personen nicht in Betracht, solange diese nicht ihrerseits zum Sachverständigen bestellt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 1985 – VI ZR 15/83, NJW 1985, 1399); sie ist auch hier zu Recht unterblieben, ohne dass der Kläger dies erstinstanzlich beanstandet hätte. Denn dafür hätte nur Veranlassung bestanden, wenn der Sachverständige W. selbst die Arbeiten nicht mehr überschaut oder er es abgelehnt hätte, die Verantwortung für das Gutachten insgesamt zu übernehmen (vgl. Huber, in: Musielak/Voit, a.a.O., § 407a Rn. 7; Greger in Zöller, a.a.O. § 407a Rn. 2a). Das war hier jedoch – ersichtlich – nicht der Fall und wird von der Berufung auch nicht geltend gemacht; vielmehr ist der Sachverständige W. seiner Verpflichtung, das Gutachten persönlich zu erstatten, spätestens im Rahmen der mündlichen Erläuterung vorbehaltlos und ausweislich der Sitzungsniederschrift auch sehr eingehend und fundiert nachgekommen; dadurch hat er zugleich klargestellt, dass es sich bei all dem um „sein“ Gutachten handelt und er aufgrund eigener Meinungsbildung hierfür „geradesteht“ (vgl. OLG Frankfurt, VersR 1994, 610).

cc)

Die weitere Einschätzung des Klägers, das Landgericht habe bei Beurteilung der (Mit-)Ursächlichkeit des Sturmereignisses vom 12. Januar 2017 hinsichtlich des am 10. März 2017 gemeldeten Schadens das Beweismaß überspannt, teilt der Senat nicht. Das Landgericht ist vollkommen zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger insoweit den Vollbeweis zu erbringen hat (OLG Koblenz, VersR 2015, 980; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. A. § 5 VHB Rn. 5; vgl. auch Senat, Urteil vom 21. September 1994 – 5 U 160/93-11, RuS 1995, 268; OLG Naumburg, RuS 2014, 22). Im Übrigen mag es sein, dass die im April 2017 vorgenommene Dachreparatur dazu geführt hat, dass an den vom Kläger bezeichneten Stellen keine Feuchtigkeit mehr in das Anwesen eindringt. Dafür, dass dem ein Schaden zugrunde lag, der durch das in Rede stehende Sturmereignis von Januar 2017 (mit)verursacht wurde, spricht das aber ebenfalls nicht. Vielmehr sei in Erinnerung gerufen, was der Sachverständige W. anlässlich der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor dem Landgericht sehr eindrucksvoll und plastisch ausgeführt hat; danach ist das Dach schlicht „marode“, seine technische Funktionsfähigkeit „überschritten“ und zahlreiche Schiefersteine ebenso wie die Nägel bereits in Auflösung befindlich (Bl. 266 GA). Dies hat nach seiner klaren Einschätzung zur Folge, dass auf das Dach treffender Wind, auch von geringerer Windstärke als 8 Bft., mit seiner Sogwirkung den Schiefer anheben und zu Schäden führen kann (Bl. 267 GA). Deshalb und auch weil nicht einmal ein enger zeitlicher Zusammenhang zu dem am 12. Januar 2017 erfolgten Sturmereignis vorlag, lässt sich aus dem Schadensbild kein Rückschluss auf die Schadensentstehung und die Ursächlichkeit dieses Sturmes ziehen. Auch die von der Berufung angeführten Gründe, weshalb der Kläger den Eintritt der Feuchtigkeit erst im März 2017 bemerkt hat, spielen für die Frage der Ursächlichkeit keine Rolle. Im Übrigen hat der Sachverständige, befragt zu den geltend gemachten Feuchteschäden im Innenbereich, ausgeführt, diese seien überwiegend derart massiv, dass sie nur über einen wesentlich längeren Zeitraum entstanden sein können (Bl. 268 f. GA). Bei all dem ist die Annahme des Landgerichts, wonach auch schon eine bloße Mitursächlichkeit des Sturmereignisses (Windstärke 8) vom 12. Januar 2017 für die geltend gemachten Schäden am Dach nicht nachgewiesen sei, hier nicht zu beanstanden und kommt es, entgegen der Berufung, ebenfalls nicht darauf an, dass auch das Gegenteil – Beschädigung schon bei geringerer Windstärke – nicht bewiesen ist.

3.

Fehlt es mithin am Nachweis eines Sturmschadens, der zur Beschädigung des versicherten Gebäudes geführt hat, so scheidet auch ein Erstattungsanspruch wegen der vom Kläger geltend gemachten Wasserschäden im Innenbereich des Anwesens aus. Denn gemäß § 3 Abs. 4 BVAW sind nur diejenigen Schäden versichert, die durch einen der in dieser Bestimmung abschließend aufgeführten Kausalverläufe entstanden sind; danach ist Voraussetzung der Leistungspflicht ein unmittelbar durch Sturm verursachter Gebäudeschaden oder dessen Folgen (Senat, Urteil vom 10. Februar 2010 – 5 U 278/09-70, VersR 2010, 624). Daran fehlt es hier jedoch, weil das nicht erwiesen ist, weshalb das Landgericht die Klage auch insoweit zu Recht abgewiesen hat. Entsprechendes gilt schließlich für den Feststellungsantrag des Klägers, mit dem dieser die Erstattungspflicht hinsichtlich weiterer, in keiner Weise näher bezeichneter Folgeschäden aus dem Sturmereignis vom 12. Januar 2017 geltend macht und für die nach dem Gesagten ebenfalls keine Eintrittspflicht der Beklagten begründet ist.

4.

Wegen der geltend gemachten Nebenforderungen hat das Landgericht die Klage ebenfalls zu Recht abgewiesen. Mangels Hauptforderung des Klägers befand sich die Beklagte zu keiner Zeit im Verzug (§§ 286, 288 Abs. 1 BGB), so dass Zinsansprüche aus den geltend gemachten Beträgen nicht entstanden sind. Auch bestand für den Kläger keine Veranlassung, seine unbegründete Forderung unter Einschaltung eines Rechtsanwalts vorgerichtlich geltend zu machen, weshalb es sich bei etwaigen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht um zweckentsprechende Maßnahmen der Rechtsverfolgung handelte.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die für beide Instanzen einheitlich vorzunehmende Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Senat bewertet den nicht näher erläuterten Feststellungsantrag mangels ausreichender Anhaltspunkte für das Ausmaß eines erheblichen weiteren Schadens mit 2.000,- Euro.

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