KG Berlin – Az.: 6 U 162/17 – Beschluss vom 18.05.2018
Gründe
I.
1. Die Klägerin wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, ihre Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 5. Dezember 2017 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Denn der Senat ist auf Grund Vorberatung einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern; auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Grund einer auf der Grundlage der hiermit in Bezug genommenen AL-VGB 2005 sowie der “Besondere(n) Bedingungen und Zusatzbedingungen zur Wohngebäudeversicherung (Wgeb)” bestehenden Wohngebäudeversicherung auf Erstattung der durch einen Wasserschaden infolge eines Unwetters mit Starkregen am 14. Juli 2016 entstandenen Kosten in Höhe von 5.757,86 EUR zzgl. Zinsen und Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat auf Grund der vereinbarten XXL-Deklaration für Schäden an Fußbodenbelägen, Tapeten und Farbanstrichen 2.500,- EUR nebst Zinsen anerkannt. Über diesen Betrag hat das Landgericht am 25. April 2017 ein Anerkenntnisurteil erlassen.
Durch hiermit in Bezug genommenes Urteil vom 5. Dezember 2017 (Bl. 62-66 d.A.) hat das Landgericht die – noch anhängige – Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie
1. 3.257,86 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.511,30 EUR seit dem 19. Oktober 2016 und aus 746,66 EUR seit dem 7. August 2017 (Rechtshängigkeit),
sowie
2. vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19. April 2017
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und tritt dem Vorbringen der Klägerin weiter entgegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
2. Die zulässige Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage auf Erstattung der über den anerkannten Teilbetrag hinausgehenden Kosten zu Recht abgewiesen.
Die Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass weder ein Leitungswasserschaden im Sinne von § 6 AL-VGB 2005 noch ein Rückstauschaden im Sinne von § 4 Wgeb vorliegt. Denn es fehlt – wie das Landgericht auf Seite 4 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat – jeweils an der Voraussetzung, dass Wasser bestimmungswidrig aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes ausgetreten ist.
Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor, die für das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen durch das Ausgangsgericht begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten.
Soweit die Klägerin sowohl in der Klageschrift als auch mit Schriftsatz vom 20. April 2017 und in der Berufungsbegründung vorgetragen hat, dass “es das Balkonentwässerungssystem nicht (schaffte), die anfallenden Wassermassen schnell genug abzuleiten, weshalb sich Wasser auf dem Balkon staute und in der Folge in die Wohnung … (im 4. OG) und von dort in die darunter gelegenen Wohnungen … eindrang”, liegt bereits nach ihrem eigenen Vorbringen kein bestimmungswidriger Austritt von Niederschlagswasser aus dem Rohrsystem vor. Denknotwendigerweise kann Wasser nämlich nur dann aus einem Rohrsystem austreten, wenn es zuvor in dieses eingetreten ist. Somit fehlt es an einem Rückstau im Sinne des § 4 Wgeb. Dieser setzt nämlich nicht nur einen (Rück-) Stau im allgemeinen Sinne voraus, sondern dass das Wasser aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes, wozu hier das Balkonentwässerungssystem gehört, austritt. Vorliegend ist nicht ersichtlich, in welcher Weise hier Wasser aus dem Rohrsystem des versicherten Gebäudes (einschließlich des Balkonentwässerungssystems) auf den Balkon herausgedrückt worden sein sollte. Vielmehr konnte das Niederschlagswasser nur nicht mehr in die Ableitung von dem Balkon eintreten. Dies entspricht auch dem vorstehend wiedergegebenen Vortrag der Klägerin. Eine solche Art des Schadenseintritts ist vom Wortlaut der Klausel nicht gedeckt, da es gerade auf einen bestimmungswidrigen Austritt und nicht auf einen bestimmungswidrigen Nichteintritt ankommt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26.4.2017 – 20 U 23/17, VersR 2017, 1200-1202, Rn. 16 ff. zitiert nach Juris, Rn. 19 m.w.N.; OLG Bamberg, Urteil vom 30.4.2015 – 1 U 87/14, VersR 2016, 1247-1248, Rn. 44 bis 46; Hanseatisches OLG, Beschlüsse vom 17.3.2014 und 14.4.2014 – 9 U 201/13; nur scheinbar anders das von der Klägerin zitierte Urteil des LG Dortmund vom 17.12.2015 – 2 O 263/14, RuS 2017, 78 f., das – abweichend vom vorliegenden Fall auf der Grundlage der dortigen klägerischen Angaben (Rn. 21) – festgestellt hatte, dass sich das Wasser von der Grundleitung bis in das Regenfallrohr angestaut hat und sodann über die Dachrinne ausgetreten ist, wobei es die Dachrinne als eine mit einem gebäudeeigenen Ableitungsrohr verbundene Einrichtung angesehen hat (Rn. 24), über die das Wasser sodann – mittelbar, was es als ausreichend angesehen hat – in das Gebäude eingedrungen ist (Rn. 28)). Auch Sinn und Zweck der Klausel gebieten keine andere Auslegung. Denn die Elementarschadenversicherung dient zwar dem Schutz vor weiteren Elementarschäden, die durch die “Elemente” wie etwa Witterungsniederschläge verursacht werden. Dies bedeutet aber nicht, dass damit alle Gebäudeschäden, die durch Witterungsniederschläge – gleich auf welchem Wege – verursacht werden, automatisch versichert sein müssten (vgl. auch hierzu OLG Hamm, a.a.O. Rn. 20 f.). Vielmehr kann der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer nur erwarten, dass bestimmte in den Bedingungen definierte, Risiken, die durch starke Niederschläge ausgelöst werden, wie insbesondere die Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks und der Rückstau (hier §§ 3 und 4 der Besonderen Bedingungen) gedeckt sind.
Soweit die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 20. April 2017 und wiederholend in der Berufungsbegründung vorgetragen hat, dass “das Regenwasser natürlich auch zunächst in das Rohrsystem hineingelangt (sei), wo es sich gestaut (habe) und auf Grund des Rückstaus sodann auf den Balkon wieder ausgetreten” sei, ist dies unbeachtlich. Denn zum einen steht dieses Vorbringen im Widerspruch zu dem oben wiedergegebenen Vortrag in der Klageschrift und der Berufungsbegründung, zum anderen ist ein derartiger Geschehensablauf aber auch physikalisch nicht möglich. Denn wenn das Wasserableitungssystem auf Grund der angefallenen Wassermassen “randvoll” war, konnte das auf Grund anhaltenden Starkregens neu hinzukommende Niederschlagswasser nicht mehr in das Balkonentwässerungssystem hineingelangen. Dieses staute sich vielmehr auf dem Balkonboden, bis es das Niveau der Balkontürschwelle erreichte und lief dann – als es diesen Pegel überstieg – über die Schwelle in die Wohnung hinein. Ein derartiges “Anstauen” von Wasser (infolge außergewöhnlichen Starkregens) stellt keinen “Rückstau” im Sinne von § 4 der vereinbarten Wohngebäudeversicherungsbedingungen dar.
II.
Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, zu den vorstehenden Hinweisen sowie zu der Berufungserwiderung der Beklagten vom 29. Januar 2018 innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen, wobei im Kosteninteresse die Rücknahme der Berufung erwogen werden mag.