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Wohngebäudeversicherung – Mietausfall bei unentgeltlicher Wohnungsüberlassung an Dritte

Oberlandesgericht Bremen – Az.: 3 W 14/12 – Beschluss vom 03.07.2012

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen vom 06.02.2012 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 14.03.2012 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung geltend.

Zwischen dem geschiedenen Ehemann der Antragstellerin als Versicherungsnehmer und der Antragsgegnerin als Versicherer besteht für das im Eigentum des Versicherungsnehmers stehende Objekt S-Str. 68 in Bremen eine Wohngebäudeversicherung, auf die die VGB 2001 der Antragsgegnerin Anwendung finden. Diese VGB enthalten unter anderem folgende Regelung:

㤠4 Unter welchen Voraussetzungen ist Mietausfall versichert?

1. Der Versicherer ersetzt

a) den Mietausfall, einschließlich etwaiger fortlaufender Mietnebenkosten, wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalles berechtigt sind, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern;

b) den ortsüblichen Mietwert von Wohnräumen, die der Versicherungsnehmer selbst ständig bewohnt und die infolge eines Versicherungsfalles unbenutzbar geworden sind, falls dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf einen etwa benutzbar gebliebenen Teil der Wohnung nicht zugemutet werden kann.

2. […]“

In dem versicherten Gebäude befinden sich vier Wohnungen, von denen zum Zeitpunkt des Schadenseintritts zwei an Dritte vermietet waren. Eine Wohnung bewohnte der Versicherungsnehmer selbst, vermietete sie aber auch zeitweise. Die Antragstellerin bewohnte mit ihren Kindern die Wohnung im ersten Obergeschoß. Vater der Kinder ist der Versicherungsnehmer, der aber nicht Bewohner dieser Wohnung ist. Ein Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Versicherungsnehmer bestand nicht. Der Antragstellerin ist nach ihrem Vortrag im Rahmen des Scheidungsverfahrens vom Versicherungsnehmer ein Wohnrecht an der Wohnung eingeräumt worden. Einzelheiten dazu werden nicht dargelegt.

Im Juli 2010 kam es in dem Gebäude zu einem umfangreichen Leitungswasserschaden der dazu führte, dass die Antragstellerin mit ihren Kindern die Wohnung im ersten Obergeschoß in der Zeit vom 10.07.2010 bis August 2011 nicht bewohnen konnte.

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Aus abgetretenem Recht des Versicherungsnehmers macht sie auf Grund des Schadensfalles Mietausfallschaden von € 10.065,00 (7,5 Monate x € 1.342,00) geltend. Die Antragsgegnerin hat eine Regulierung dieses Schadens mit der Begründung abgelehnt, dass ein Mietausfallschaden bei unentgeltlicher Überlassung der Wohnung an Dritte nach den einbezogenen VGB 2001 nicht versichert sei.

Durch Beschluss vom 06.02.2012 hat das Landgericht Bremen den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Antragstellerin nicht nachgewiesen habe, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen. Der gegen diesen Beschluss unter dem 17.02.2012 eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Landgericht Bremen nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 14.03.2012 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Landgericht ergänzend ausgeführt, dass die Rechtsverfolgung der Antragsstellerin keine Aussicht auf Erfolg habe, weil nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 1b) VGB 2001 der Versicherungsschutz bei unentgeltlicher Überlassung von Wohnräumen an Dritte nicht greife.

II.

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 569 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsstellerin ist unbegründet. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 114 ZPO u.a. voraus, dass ihre beabsichtige Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.

Der Senat folgt den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses des Landgerichts Bremen vom 17.03.2012. Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zutreffend mit der Begründung zurückgewiesen, dass der geltend gemachte Mietausfallschaden hier nicht versichert ist. Ergänzend ist Folgendes auszuführen.

1. Nach § 4 Nr. 1a) VGB 2001 wird der Mietausfall ersetzt, wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalles berechtigt sind, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern. Ein solcher Fall liegt hier unstreitig nicht vor, weil zwischen der Antragstellerin und dem Versicherungsnehmer ein Mietvertrag zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht bestand.

2. § 4 Nr. 1b) VGB 2001 bestimmt, dass unter näher dargelegten Voraussetzungen der ortsübliche Mietwert von Wohnräumen ersetzt wird, die der Versicherungsnehmer selbst ständig bewohnt und die infolge eines Versicherungsfalles unbenutzbar geworden sind. Auch diese Klausel greift hier nicht, weil der Versicherungsnehmer die streitgegenständliche Wohnung nicht selbst bewohnt hat. Zwar wird im Schrifttum vertreten, die Regelung über die Erstattung des ortsüblichen Mietwerts für vom Versicherungsnehmer selbst bewohnte Räume analog anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Räume unentgeltlich einem Dritten zur Nutzung überlassen hat (Dietz, Wohngebäudeversicherung, 2. Aufl., Anm. C 1.3, S. 110; Beckmann/Matusche-Beckmann/Rüffer, Versicherungsrechts-Handbuch, § 32 Rn. 291; Veith/Gräfe/Hoenicke, Der Versicherungsprozess, § 2 Rn. 64). Diese Auffassung teilt der Senat allerdings nicht.

Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 1b) VGB 2001 greift der Versicherungsschutz nicht ein, wenn die Mieträume unentgeltlich einem Dritten überlassen worden sind. Für eine entsprechende Anwendung der Regelung über die Erstattung des ortsüblichen Mietwerts für vom Versicherungsnehmer selbst bewohnte Räume fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, denn Versicherungsschutz in Höhe des ortsüblichen Mietwerts bei unentgeltlicher Überlassung von Mieträumen an Dritte wird beispielsweise in § 3 Nr. 1b) der Allgemeinen Bedingungen für die Mietverlustversicherung (ABM 89) ausdrücklich gewährt (vgl auch Terbille/K. Johannsen/R. Johannsen, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 2. Aufl., § 6 Rn. 52). Auch der Sinn und Zweck der Mietausfallversicherung gebietet eine Erweiterung des Versicherungsschutzes auf die unentgeltliche Überlassung von Räumen an Dritte nicht. Die Mietausfallversicherung ersetzt Schäden, die am Vermögen des Versicherungsnehmers dadurch entstehen, dass das versicherte Gebäude infolge eines daran entstandenen ersatzverpflichteten Sachschadens in seiner Nutzung beeinträchtigt wird (Dietz, a.a.O., Anm. C 1, S. 106). Solche Vermögensschäden entstehen dann, wenn der Versicherungsnehmer einen Mietausfall hat, weil der Mieter die Miete auf Grund des Sachschadens mindert oder gar nicht zahlt oder wenn der Versicherungsnehmer eine von ihm selbst bewohnte Wohnung wegen des Sachschadens nicht nutzen kann und sich auf eigene Kosten anderweitig Ersatzwohnraum besorgen muss. Ein solcher Vermögensschaden entsteht aber regelmäßig nicht, wenn Dritte, denen Räume unentgeltlich überlassen wurden, diese wegen des eingetretenen Sachschadens nicht nutzen können. Ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Nutzung der Wohnung durch die Antragstellerin hier überhaupt unentgeltlich erfolgt, ist jedenfalls nicht vorgetragen, dass dem Versicherungsnehmer selbst durch die nicht mögliche Nutzung der Wohnung durch die Antragsstellerin Vermögenseinbußen entstanden sind. Auch aus diesem Grunde ist es nicht gerechtfertigt, den Versicherungsschutz aus § 4 Nr. 1 b) VGB 2001 auf die unentgeltliche Überlassung von Räumen an Dritte zu erweitern.

 

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