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Wohngebäudeversicherung – Leitungswasserschäden bei Leerstand des Gebäudes

Ein Leitungswasserschaden in einem leerstehenden Gebäude führt zu einem Rechtsstreit zwischen den Eigentümern und ihrer Wohngebäudeversicherung. Die Versicherung lehnt die Regulierung ab, da bei Vertragsschluss aufgrund des Leerstands keine Deckung für Leitungswasserschäden vereinbart wurde. Nun muss das Gericht entscheiden, ob der Versicherungsschutz bei Bezug des Gebäudes automatisch wieder in Kraft tritt.

➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 U 196/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Hilfe anfordern


✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Das Gericht entschied, dass die Klage abgewiesen wird, da kein Versicherungsfall für Leitungswasser vorliegt.
  • Der Versicherungsschutz umfasste nur die Risiken Feuer und Sturm, nicht jedoch Leitungswasser.
  • Eine mündliche Ergänzung des Versicherungsantrags, die Leitungswasserschäden einschließt, hat nicht stattgefunden.
  • Die Beklagte hatte klar kommuniziert, dass der Versicherungsschutz für Leitungswasserschäden wegen des Leerstands nicht gegeben ist.
  • Der Kläger konnte sich nicht auf eine automatische Versicherung von Leitungswasserschäden nach Beendigung des Leerstands berufen.
  • Auch eine gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung konnte der Kläger nicht geltend machen.
  • Eine unrichtige Auskunft des Versicherungsagenten über den Inhalt des Vertrags lag nicht vor.
  • Der Schadensersatzanspruch wegen fehlender Beratungspflicht wurde ebenfalls abgelehnt.
  • Für den Versicherer bestand keine Pflicht, aktiv nach einer Beendigung des Leerstands zu fragen oder zu beraten.
  • Mangels Hauptanspruch besteht kein Anspruch auf Zinsen oder außergerichtliche Anwaltskosten.

Leerstand und Leitungswasserschäden: Wann die Wohngebäudeversicherung zahlt

Leitungswasserschäden sind ein häufiges und oft kostspieliges Problem für Immobilienbesitzer. Diese Form der Wasserschäden kann auftreten, wenn eine Immobilie leer steht und die Wasserversorgung nicht ordnungsgemäß unterbrochen oder das Leitungssystem nicht ausreichend geschützt wird. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Eigentümer Anspruch auf Leistungen aus der Wohngebäudeversicherung hat. Die rechtlichen Bestimmungen hierzu sind komplex und oft nicht eindeutig. Entscheidend sind unter anderem der Versicherungsvertrag, der Grad der Instandhaltung und die Dauer des Leerstands. Um Klarheit zu schaffen, lohnt es sich, die Bedingungen der Wohngebäudeversicherung genau zu prüfen und im Zweifelsfall die Unterstützung eines Experten in Anspruch zu nehmen. Nur so lässt sich vermeiden, dass im Schadensfall Kosten am Ende selbst getragen werden müssen. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall zu dieser Thematik beleuchtet.

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Sie sind besorgt, dass Ihre Wohngebäudeversicherung Leitungswasserschäden während eines Leerstands nicht abdeckt? Die rechtlichen Bestimmungen sind komplex und können für Laien schwer verständlich sein. Unsere erfahrenen Juristen helfen Ihnen, die Bedingungen Ihrer Versicherung zu prüfen und bieten klare Handlungsempfehlungen. Fordern Sie jetzt eine unverbindliche Ersteinschätzung an und schützen Sie sich vor unerwarteten Kosten. Treffen Sie eine informierte Entscheidung – kontaktieren Sie uns noch heute!

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✔ Der Fall vor dem OLG Hamm


Leitungswasserschaden bei leerstehendem Gebäude – keine Deckung durch Wohngebäudeversicherung

Der Kläger und sein Bruder sind gemeinsame Eigentümer einer Immobilie. Nach dem Kauf des Gebäudes schlossen sie eine Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten ab. Da das Gebäude bei Vertragsschluss leer stand, wurde in dem Antrag nur eine Versicherung gegen Feuer- und Sturmschäden, nicht aber gegen Leitungswasserschäden vereinbart. Dies ging aus dem Antrag auch eindeutig hervor.

Später kam es in dem Gebäude zu einem Leitungswasserschaden. Die Versicherung lehnte eine Regulierung ab, da Leitungswasserschäden nicht versichert seien. Der Kläger vertrat hingegen die Auffassung, dass die Versicherung des Leitungswasserrisikos bei Bezug des Gebäudes automatisch wieder in Kraft treten müsse. Er klagte daher auf Zahlung.

Das Landgericht wies die Klage ab. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein. Das OLG Hamm wies den Kläger darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Berufung zurückzuweisen.

Keine Deckung des Leitungswasserrisikos vereinbart

Nach Auffassung des OLG steht dem Kläger kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegen die Versicherung zu, da das Risiko „Leitungswasser“ nicht versichert war. Eine solche Deckung ergebe sich insbesondere nicht aus § 5 VVG. Danach ist der Versicherer an einen Antrag nur gebunden, wenn der Versicherungsschein inhaltlich von dem Antrag oder getroffenen Vereinbarungen abweicht.

Dies war hier aber nicht der Fall. Vielmehr hatte die Versicherung dem Kläger und seinem Bruder schon vor Antragstellung deutlich mitgeteilt, dass wegen des Leerstands nur eine Versicherung gegen Feuer und Sturm, nicht aber gegen Leitungswasser möglich sei. Der Antrag war diesbezüglich eindeutig formuliert. Für eine automatisch einsetzende Versicherung von Leitungswasserschäden nach Bezug des Gebäudes gab es keinerlei Anhaltspunkte.

Auch keine gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung oder Schadensersatzansprüche

Ein Zahlungsanspruch folgt laut OLG auch nicht aus der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung. Danach kann sich ein Versicherungsnehmer in bestimmten Fällen darauf verlassen, dass der Versicherungsvertreter ihn zutreffend über den Vertragsinhalt informiert hat. Voraussetzung ist aber, dass der Vertreter falsche Auskünfte erteilt hat und der Versicherungsnehmer berechtigterweise darauf vertrauen durfte. Beides war hier nicht der Fall.

Auch Schadensersatzansprüche aus Verletzung der Beratungspflicht gemäß § 6 VVG bestehen laut OLG nicht. Für die Versicherung war nicht erkennbar, dass der Kläger und sein Bruder von einem automatisch einsetzenden Versicherungsschutz für Leitungswasserschäden ausgingen. Aufgrund der eindeutigen Antragsformulierung durfte die Versicherung im Gegenteil davon ausgehen, dass den Versicherungsnehmern klar war, dass es bei Bezug einer Vertragsänderung bedarf.

Berufung zurückgenommen

Auf den Hinweis des OLG hat der Kläger die Berufung zurückgenommen. Damit ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig, wonach die Versicherung nicht für den Leitungswasserschaden eintreten muss, da dieses Risiko nicht versichert war. Ein „automatisches“ Wiederaufleben der Deckung bei Bezug des Gebäudes lässt sich weder dem Vertrag noch den Begleitumständen entnehmen.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei einer Wohngebäudeversicherung für ein leerstehendes Gebäude der Deckungsumfang klar im Versicherungsantrag definiert werden muss. Ein automatisches Wiederaufleben einer zuvor ausgeschlossenen Leitungswasserdeckung bei Bezug des Gebäudes kann nicht angenommen werden, wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde. Versicherungsnehmer müssen aktiv eine Vertragsanpassung herbeiführen, wenn sich die Umstände ändern und ein erweiterter Versicherungsschutz gewünscht ist.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Leitungswasserschäden bei Leerstand wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Sind Leitungswasserschäden in leerstehenden Gebäuden grundsätzlich von der Wohngebäudeversicherung gedeckt?

Leitungswasserschäden in leerstehenden Gebäuden sind grundsätzlich von der Wohngebäudeversicherung gedeckt, sofern keine speziellen Ausschlüsse oder Einschränkungen in den Versicherungsbedingungen vereinbart wurden. In der Regel übernimmt die Versicherung die Kosten für die Beseitigung von Schäden, die durch Rohrbrüche, Undichtigkeiten oder Frost an Wasserleitungen entstehen.

Allerdings können die Versicherungsbedingungen für leerstehende Objekte von den Standardbedingungen abweichen. Manche Versicherer verlangen beispielsweise, dass der Eigentümer regelmäßig nach dem Rechten sieht oder bestimmte Vorkehrungen trifft, wie das Absperren der Wasserzufuhr oder das Entleeren der Leitungen bei längerer Abwesenheit. Werden diese Obliegenheiten nicht erfüllt, kann der Versicherungsschutz eingeschränkt sein oder ganz entfallen.

Ein weiterer möglicher Ausschlussgrund ist die Dauer des Leerstands. Einige Versicherungen definieren in ihren Bedingungen eine maximale Leerstandszeit, nach deren Überschreitung kein vollumfänglicher Versicherungsschutz mehr besteht. Diese Frist variiert je nach Anbieter und liegt oft zwischen 60 und 180 Tagen.

Auch Schäden, die durch mangelnde Instandhaltung oder Renovierungsbedarf entstehen, sind in der Regel nicht versichert. Der Eigentümer ist verpflichtet, das Gebäude in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Kommt er dieser Pflicht nicht nach und führt dies zu einem Leitungswasserschaden, kann die Versicherung die Leistung verweigern oder kürzen.

Um sicherzugehen, dass im Schadensfall keine bösen Überraschungen drohen, sollten Immobilienbesitzer mit leerstehenden Objekten ihre individuellen Versicherungsbedingungen genau prüfen. Bei Unklarheiten empfiehlt es sich, beim Versicherer nachzufragen und sich die Antwort schriftlich bestätigen zu lassen. Gegebenenfalls kann auch ein Zusatzbaustein oder eine spezielle Leerstandsversicherung sinnvoll sein, um Deckungslücken zu schließen.


Welche besonderen Vorkehrungen müssen Versicherungsnehmer bei Abschluss einer Wohngebäudeversicherung für leerstehende Immobilien beachten?

Bei Abschluss einer Wohngebäudeversicherung für leerstehende Immobilien müssen Versicherungsnehmer einige wichtige Aspekte beachten. Zunächst ist es unerlässlich, den Versicherer unmissverständlich über den Leerstand des Gebäudes zu informieren. Ein Versäumnis dieser Anzeigepflicht kann im Schadensfall zu erheblichen Leistungskürzungen oder gar zum vollständigen Entfall des Versicherungsschutzes führen.

Darüber hinaus sollten Versicherungsnehmer die konkreten Versicherungsbedingungen für Leerstandsobjekte genau prüfen. Viele Anbieter definieren eine maximale Leerstandsdauer, nach deren Überschreitung der Versicherungsschutz eingeschränkt wird oder entfällt. Diese Frist variiert, liegt aber häufig zwischen 60 und 180 Tagen. Besondere Sorgfalt ist ebenfalls bei Obliegenheiten geboten, die der Eigentümer erfüllen muss, wie regelmäßige Kontrollen oder das Absperren der Wasserzufuhr. Werden solche Verpflichtungen verletzt, kann dies nachteilige Folgen haben.

Eine weitere Vorsichtsmaßnahme ist die Anpassung der Versicherungssumme. Da leerstehende Gebäude einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, sollte die Summe den aktuellen Gebäudewert ausreichend abdecken. Gegebenenfalls empfiehlt es sich, eine spezielle Leerstandsversicherung abzuschließen, um Deckungslücken der Wohngebäudeversicherung zu vermeiden.

Nicht zuletzt ist Transparenz im Vertragsverhältnis essenziell. Bei Unklarheiten bezüglich Leistungsumfang oder Bedingungen sollten Versicherungsnehmer eine schriftliche Bestätigung des Versicherers einholen. So lassen sich Missverständnisse und Streitigkeiten von vornherein vermeiden.


Können Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass der Versicherungsschutz für Leitungswasserschäden bei Bezug eines zuvor leerstehenden Gebäudes automatisch wieder in Kraft tritt?

Während des Leerstands gelten für Gebäude besondere Versicherungsbedingungen und Obliegenheiten, die den Versicherungsschutz einschränken oder aussetzen. Diese Sonderregelungen enden nicht von selbst mit der Wiederinbetriebnahme des Objekts. Stattdessen muss der Versicherungsnehmer den Versicherer unverzüglich über die Beendigung des Leerstands in Kenntnis setzen und gegebenenfalls eine Anpassung der Versicherungssumme sowie der Vertragsbedingungen vornehmen lassen.

Andernfalls besteht weiterhin keine Deckung für Leitungswasserschäden, selbst wenn das Gebäude wieder genutzt wird. Dies kann im Schadensfall zu unliebsamen Überraschungen und Leistungsablehnungen durch den Versicherer führen. Nur durch eine aktive Mitteilung des Nutzungsstatus und Vertragsanpassung wird der volle Leitungswasserschutz wieder hergestellt.

Daher ist es unabdingbar, dass Immobilienbesitzer nach Beendigung eines Leerstands umgehend Kontakt zum Versicherer aufnehmen. Nur so können sie sicherstellen, dass ihr Gebäude im Falle eines Leitungswasserschadens wieder vollumfänglich versichert ist.


Welche Möglichkeiten haben Immobilienbesitzer, wenn die Wohngebäudeversicherung die Regulierung eines Leitungswasserschadens in einem leerstehenden Gebäude ablehnt?

Wenn die Wohngebäudeversicherung die Regulierung eines Leitungswasserschadens in einem leerstehenden Gebäude ablehnt, haben Immobilienbesitzer mehrere Möglichkeiten, um ihren Anspruch geltend zu machen.

Zunächst sollten sie das direkte Gespräch mit dem Versicherer suchen und die Gründe für die Ablehnung kritisch hinterfragen. Möglicherweise liegt ein Missverständnis vor oder der Versicherer hat den Versicherungsumfang falsch ausgelegt. In diesem Rahmen ist es ratsam, die Versicherungsbedingungen genau zu prüfen und sich vom Versicherer schriftlich bestätigen zu lassen, ob tatsächlich kein Leitungswasserschutz für Leerstandsimmobilien besteht.

Bleibt der Versicherer bei seiner Ablehnung, können Immobilienbesitzer als nächsten Schritt den Versicherungsombudsmann einschalten. Dieser unabhängige Schlichter prüft den Fall und kann eine Empfehlung abgeben. Allerdings ist diese für den Versicherer nicht bindend.

Die letzte Möglichkeit ist der Klageweg. Immobilienbesitzer können vor Gericht die Leistung aus der Wohngebäudeversicherung einklagen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein Gerichtsverfahren mit Kosten und Mühen verbunden ist und der Ausgang ungewiss bleibt. Die Erfolgsaussichten hängen maßgeblich von den konkreten Versicherungsbedingungen und Umständen des Falls ab.

Daher ist es ratsam, zunächst alle außergerichtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor man den kostspieligen Klageweg beschreitet. Ein Anwalt für Versicherungsrecht kann in dieser Situation wertvolle Hilfe leisten, indem er die Sach- und Rechtslage einschätzt und bei Verhandlungen mit dem Versicherer unterstützt.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 5 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Dieser Paragraph regelt die Bindung des Versicherers an den Antrag und die Bedingungen, unter denen der Versicherer vom Antrag abweichen kann. Im konkreten Fall wurde klargestellt, dass der Antrag nur die Risiken Feuer und Sturm umfasst und Leitungswasserschäden ausdrücklich ausgeschlossen wurden.
  • § 531 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph behandelt die Beschränkung neuen Vortrags in der Berufungsinstanz. Der Kläger konnte in der Berufung keine neuen Tatsachen einbringen, die in erster Instanz nicht vorgebracht wurden.
  • § 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Dieser Paragraph bezieht sich auf die Beratungs- und Informationspflichten des Versicherers. Im Fall wurde festgestellt, dass der Versicherer seine Beratungspflichten nicht verletzt hat, da die Ausschlüsse klar kommuniziert wurden.
  • § 95 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Dieser Paragraph betrifft die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses bei Eigentümerwechsel. Die Versicherung teilte mit, dass die bisherigen Versicherungsbedingungen nicht einfach übernommen werden konnten, insbesondere nicht für Leitungswasserschäden.
  • Gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung: Dies bezieht sich auf die Erwartung des Versicherungsnehmers, dass der Versicherungsvertrag entsprechend den üblichen Gepflogenheiten erfüllt wird. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger sich nicht auf eine solche Haftung berufen, da keine falschen Auskünfte durch den Versicherer gegeben wurden.
  • Berufungszurückweisung nach § 522 II ZPO: Dieser Paragraph ermöglicht es dem Gericht, eine Berufung zurückzuweisen, wenn diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies wurde im konkreten Fall angewandt, um die Berufung des Klägers abzuweisen.
  • Deckungsausschluss bei Leerstand: Der Versicherungsvertrag schloss Leitungswasserschäden bei Leerstand explizit aus. Dies ist ein wichtiger Punkt, da die Versicherung klar machte, dass eine Deckung nur für Feuer- und Sturmschäden bestand.
  • Klärung der Versicherungsbedingungen: Die Versicherung klärte den Kläger und seinen Bruder deutlich darüber auf, dass der Schutz gegen Leitungswasserschäden nicht automatisch nach dem Leerstand in Kraft tritt. Dies zeigt die Bedeutung einer genauen Prüfung und Klarstellung der Versicherungsbedingungen vor Vertragsabschluss.


⇓ Das vorliegende Urteil vom OLG Hamm

OLG Hamm – Az.: I-20 U 196/22 – Beschluss vom 07.02.2023

I.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das am 19.05.2022 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 II ZPO).

II.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird, innerhalb von 3 Wochen ab Zustellung.

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Dem Kläger steht – gemeinsam mit seinem Bruder – kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag zu. Mangels Versicherung des Risikos „Leitungswasser“ ist kein bedingungsgemäßer Versicherungsfall eingetreten.

Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die – automatisch einsetzende – Versicherung des Risikos „Leitungswasser“ bei Beendigung des Leerstandes nicht aus § 5 III VVG. Der Inhalt des Versicherungsscheins weicht weder von dem Antrag noch den „getroffenen Vereinbarungen“ ab.

Richtig ist zwar, dass auch mündliche Ergänzungen des Versicherungsnehmers zu dem Inhalt des Antrags gehören. Eine solche mündliche Ergänzung, die zum Inhalt des Antrags geworden ist, hat aber auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht stattgefunden. Eine solche Ergänzung liegt insbesondere nicht in der angeblichen Äußerung des Bruders des Klägers in dem kurz nach dem Erwerb der Immobilie geführten Telefonat, dass die Wohngebäudeversicherung „unter denselben Konditionen“ wie mit dem verstorbenen Voreigentümer, Herrn H., aufrechterhalten werden solle. Unabhängig davon, dass es sich hierbei nicht um eine „Ergänzung“ eines noch in der Ferne liegenden Antrags auf Abschluss einer Versicherung, sondern lediglich um eine die Vertragsverhandlungen vorbereitende Erklärung handelt, ist diese angebliche Äußerung auch aus anderen Gründen nicht Bestandteil des Antrags geworden. Die Beklagte hat bereits mit der Übersendung des Versicherungsvorschlags und erneut – noch deutlicher – mit der Übersendung des von dem Kläger bzw. seinem Bruder unterschriebenen Antrags auf Abschluss der Versicherung darauf hingewiesen, dass eine solche Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes „unter denselben Konditionen“ wegen des Leerstandes der Immobilie nicht möglich ist bzw. von ihr nicht angeboten wird. Der Inhalt des Antrags, wonach eben nur die Risiken „Feuer“ und „Sturm“, nicht aber auch das Risiko „Leitungswasser“ versichert werden wollten, ist eindeutig. In ihm ist sogar noch ausdrücklich vermerkt: „Wagnis ist unbewohnt deshalb nur F/St“ und nicht etwa „für die Dauer des Leerstandes nur F/St“ oder ähnliches. Für eine „automatisch“ in Kraft tretende Versicherung von Leitungswasserschäden findet sich in dem Antrag nicht der geringste Anhaltspunkt.

Bereits mit Übersendung des Vorschlags und erneut mit Übersendung des Antrags hat die Beklagte dem Kläger und seinem Bruder hinreichend deutlich gemacht, dass sie nicht bereit war, das Wagnis auch – nach Bezug automatisch „einsetzend“ – gegen Leitungswasserschäden zu versichern. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer und auch der Kläger und sein Bruder, beide promoviert, konnten und mussten die eindeutige Erklärung der Beklagten ohne Weiteres (nur) so verstehen. Entscheidend dafür, ob eine Abweichung iSv § 5 I VVG vorliegt, ist der Inhalt des Antrags in seiner letzten Fassung (vgl. (Langheid/Wandt/Armbrüster, 3. Aufl. 2022, VVG § 5 Rn. 8 mwN). Inhalt dieses eindeutigen Antrags, mit welchem der „Wunsch“ des Bruders des Kläger auf eine „Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes unter denselben Konditionen“ wie der verstorbene Voreigentümer von der Beklagten zurückgewiesen worden war und welcher von dem Kläger und seinem Bruder durch Unterschrift und Übersendung als ihre eigene Willenserklärung übernommen wurde, ist aber nur eine Versicherung der Risiken Feuer und Sturm.

Wenn der Kläger nun erstmals mit der Berufungsbegründung (auch abweichend von dem Tatbestandsberichtigungsantrag) behauptet, der Bruder des Klägers habe bei dem ersten Telefonat mit dem Agenten C. nicht nur den Wunsch nach einer Versicherung unter denselben Konditionen wie bei dem Eigentümer geäußert, sondern – so Seite 2 der Berufungsbegründung – auch gesagt, „lediglich für die Zeit des Leerstandes [solle] das Risiko Leitungswasser nicht versichert sein […] und dies [solle] überdies die Basis für die Prämienberechnung“ darstellen, wird das aus zwei Gründen ohne Erfolg bleiben. Zum einen dürfte diese Behauptung streitig bleiben und somit nach § 531 ZPO (neuer Vortrag in zweiter Instanz) ausgeschlossen sein. Zum anderen würde es selbst bei diesem Sachverhalt dabei bleiben, dass die Beklagte nachfolgend hinreichend klarstellte, dass sie den Vertrag nur „ganz“ ohne Deckung für Leitungswasserschäden schließen wollte.

II.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht den Grundsätzen der sogenannten gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob für dieses Rechtsinstitut nach der VVG-Reform überhaupt noch Raum ist. Jedenfalls wären die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht erfüllt.

Es liegt keine unrichtige Auskunft des Agenten bzw. Mitarbeiters der Beklagten, Herrn C., über den Inhalt des Versicherungsvertrags, auf dessen Richtigkeit der Kläger und sein Bruder vertrauen konnten, vor. Eine solche unrichtige Auskunft seitens Herrn C. in dem Telefonat, in welchem von dem Bruder des Klägers angeblich der Wunsch nach einer Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes „unter denselben Konditionen“ wie für den verstorbenen Voreigentümer geäußert wurde, ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht des Klägers konnten dieser und sein Bruder auch nicht aufgrund des angeblich geäußerten Wunsches zur „Fortführung der alten“ Versicherung darauf vertrauen, dass der Vertrag eine Leitungswasserversicherung nach Wegfall des Leerstandes beinhaltet. Die Beklagte hat, wie bereits ausgeführt, dem Kläger und seinem Bruder noch vor Abschluss des Vertrags deutlich gemacht, dass dieser „Wunsch“ nicht realisierbar war und das Risiko „Leitungswasser“ eben nicht versichert werden wird.

Eine unrichtige Auskunft über den Inhalt des Versicherungsvertrags liegt aber auch nicht dem Schreiben des Herrn C. vom 08.06.2016, in welchem mitgeteilt wurde, dass der Kläger und sein Bruder sich nicht um den „aktuellen“ Versicherungsschutz sorgen müssten und die „bisherige“ Versicherung unverändert bei der Beklagten bestehen bleibe. Diese Äußerung war nicht falsch, sondern richtig; mit ihr wurden die Rechtsfolgen von § 95 VVG wiedergegeben. Sie bezog sich auf den „aktuellen Versicherungsschutz und nicht auf den neuen, von dem Kläger und seinem Bruder noch abzuschließenden Versicherungsvertrag. Ohnehin konnten der Kläger und sein Bruder, selbst wenn sie dem Schreiben eine falsche Bedeutung beigemessen hätten, aufgrund des später übersandten Vorschlags und des – inhaltlich eindeutigen – Antrags nicht mehr auf die „automatisch“ einsetzende Versicherung auch des Risikos „Leitungswasser“ vertrauen. Auf obige Ausführungen wird Bezug genommen.

III.

Zu Recht hat das Landgericht auch ausgeführt, dass dem Kläger und seinem Bruder auch kein Schadensersatzanspruch aus § 6 V VVG zusteht. Die Beklagte hat ihre nach § 6 I VG bestehende Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung nicht verletzt. Der Senat macht sich zwecks Vermeidung von Wiederholungen die zutreffenden Gründe in dem angefochtenen Urteil zu eigen, welche durch die Einwendungen des Klägers nicht in Frage gestellt werden. Lediglich ergänzend:

1.

Für die Beklagte war entgegen der Auffassung des Klägers eben nicht erkennbar, dass dieser und sein Bruder bei Abgabe des Antrags von einem „automatisch einsetzenden“ Versicherungsschutz auch des Risikos „Leitungswasser“ nach der Beendigung des Leerstandes ausgingen. Der Versicherungsvorschlag und der Versicherungsantrag waren eindeutig; hiernach war das Risiko nicht versichert. Wenn der Kläger und sein Bruder aufgrund des angeblich in dem Telefonat geäußerten Wunsches auch noch nach dem übersandten Versicherungsvorschlag und dem Antrag tatsächlich von einer Versicherung von Leitungswasserschäden nach Beendigung des Leerstandes ausgingen, war dies für die Beklagte nicht erkennbar.

2.

Zu Recht hat das Landgericht auch ausgeführt, dass für die Beklagte keine Verpflichtung bestand, sich nach Vertragsabschluss nach einer Beendigung des Leerstandes zu erkundigen. Für die Beklagte bestand kein Anlass für eine Nachfrage und/oder Beratung iSv § 6 IV VVG. Angesichts des unstreitigen Umstandes, dass diese darüber informiert waren, dass ein leerstehendes Gebäude nicht gegen Leitungswasserschäden versichert werden könne, konnte und durfte die Beklagte nach Übersendung des eindeutigen Antrags davon ausgehen, dass dem Kläger und seinem Bruder die Notwendigkeit einer Erweiterung des Versicherungsschutzes in Form einer Vertragsänderung bewusst war. Wenn ein Gebäude „wegen Leerstandes“ nur gegen „Feuer/Sturm“ und nicht gegen „Leitungswasser“ versichert wird, versteht es sich von selbst, dass es bei einer Beendigung des Leerstandes einer Vertragsänderung bedarf, um auch das Risiko von Leitungswasserschäden abzudecken.

Ohnehin besteht nach § 6 IV VVG für einen Versicherer nur dann eine Pflicht zur Nachfrage/Beratung, wenn für diesen erkennbar ist, dass ein neues absicherbares Risiko entstanden ist und der Versicherungsnehmer die bisher fehlende Deckung nicht erkennt. Es besteht indes keine Pflicht, aktive Nachforschungen über möglicherweise geänderte Verhältnisse zu betreiben (vgl. Langheid/Rixecker/Rixecker, 7. Aufl. 2022, VVG § 6 Rn. 30, BeckOK VVG/Filthuth, 17. Ed. 1.11.2022, VVG § 6 Rn. 37).

IV.

Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen und auch nicht von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

V.

Der Kläger wird auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) hingewiesen.

Auf diesen Hinweis ist die Berufung zurückgenommen worden.

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