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Wohngebäudeversicherung – Leistungsfreiheit des Gebäudeversicherers bei Leerstand

LG Mainz, Az.: 4 O 144/09, Urteil vom 24.02.2010

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistung aufgrund eines bei der Beklagten abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrages (-Einfamilienhauspolice).

Die Versicherung begann am 4.7.2007. Wegen des Inhalts des Versicherungsscheines wird auf Bl. 9 bis 16 GA Bezug genommen. Vertragsbestandteil waren u. a. Die Allgemeinen Bedingungen für die-Einfamilienhauspolice (SVEP 2005). Wegen des Inhalts dieser Bedingungen wird auf Bl. 93 bis 120 GA Bezug genommen.

Wohngebäudeversicherung - Leistungsfreiheit des Gebäudeversicherers bei Leerstand
Symbolfoto: utah778/Bigstock

Das versicherte Hausanwesen stand seit Oktober 2008 nach Auszug der zuletzt darin wohnenden Mieter leer. Am 9.1.2009 wurde ein Frostschaden entdeckt. Es waren drei Heizkörper und eine Wasserzuleitung infolge des Einfrierens des in der Heizung befindlichen Wassers beschädigt worden. Die Forderung des Klägers an die Beklagte, den Frostschaden zu regulieren, lehnte diese mit Schreiben vom 28.1.2009 ab (Bl. 15 GA).

In § 8 SVEP 2005 ist unter der Überschrift „Sind von Ihrer Seite Sicherheitsvorschriften zu beachten?“ geregelt: Der Versicherungsnehmer hat nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten; (§ 8 2.2). Weiter heißt es unter § 8 2.3: In der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Unter § 8 Ziff. 4 heißt es sodann: Verletzt der Versicherungsnehmer eine der genannten Sicherheitsvorschriften schuldhaft, so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 VVG zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei.

Der Kläger trägt vor: Die Leistungsverweigerung der Beklagten erfolge zu Unrecht. Das versicherte Anwesen sei bis einschließlich September 2008 bewohnt gewesen. Nach dem Auszug der Mieter sei ein Maklerbüro zum Zwecke der Führung von Verkaufsgesprächen beauftragt worden. Darüber hinaus sei der Hausmeister des Klägers beauftragt worden, regelmäßig im Abstand von 14 Tagen nach dem Objekt zu schauen. Der Hausmeister habe ab November 2008 nach Kontrolle der Heizungsanlage die Regler der einzelnen Heizkörper auf die Stufe 1 (frostsicher) gestellt. Die letzte Kontrolle (vor dem Schadensfall) durch den Hausmeister sei am 5.12.2008 erfolgt. Dabei sei festgestellt worden, dass die Heizungsanlage ordnungsgemäß gelaufen sei. Die Maklerin habe unter Verwendung des ihr ausgehändigten Schlüsselsatzes diverse Besichtigungen mit Interessenten in den Monaten November und Dezember 2008 durchgeführt. Es habe auch einen Kaufinteressenten gegeben, der das Anwesen habe erwerben wollen, sodass ein Notartermin zur notariellen Beurkundung bereits für den 16.12.2008 vereinbart gewesen sei. Der Kaufinteressent habe jedoch kurzfristig abgesagt. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass in der Firma des Klägers vom 22.12.2008 bis zum 5..1.2009 Betriebsferien gewesen seien, habe man einen neuen Besichtigungstermin für den 9.1.2009 mit dem potenziellen Käufer vereinbart. Bei dieser Besichtigung sei dann der Schaden festgestellt worden, für dessen Beseitigung zumindest der mit dem Klageantrag zu 1) verlangte Geldbetrag erforderlich sei; mit weiteren Kosten müsse gerechnet werden, weshalb auch der auf Feststellung gerichtete Klageantrag 2) gerechtfertigt sei.

Die Leistungsablehnung durch die Beklagte sei zu Unrecht erfolgt. Eine Obliegenheitsverletzung liege nicht vor. Das Anwesen sei beheizt worden und die 14-tägliche Kontrolle sei ausreichend gewesen. Unter Berücksichtigung der am 15.12.2008 erfolgten Kontrolle und der zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß laufenden Heizungsanlage habe weder damit gerechnet werden müssen, dass diese während der Betriebsferien vom 22.12.2008 bis zum 5.1.2009 ausfällt noch mit dem Eintritt eines Schadens. Selbst wenn man von einer Obliegenheitsverletzung ausgehe, müsse man unter Berücksichtigung der Reform des Versicherungsvertragsrechtes auch bei einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung, die nicht vorsätzlich sei, zumindest eine teilweise Leistungspflicht der Beklagten annehmen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.925,11 Euro nebst 5% Zinsen hieraus seit 29.1.2009 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der aus dem am 9.1.2009 festgestellten Schadensereignis herrührt und in Zukunft entstehen wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Ein Leistungsanspruch des Klägers bestehe nicht, da eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung vorliege. In dem leer stehenden Haus habe die Heizung vollständig entleert und entleert gehalten werden müssen. Gegen diese Obliegenheit sei vorsätzlich verstoßen worden, sodass es dadurch zum Schadenseintritt gekommen sei.

Wegen des Sach- und Streitstands in seinen weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht bereits unter Zugrundelegung seines eigenen Vorbringens ein Leistungsanspruch gemäß § 1 VVG i.V.m. den Vertragsbedingungen SVEP 2005 nicht zu.

Da der Schadensfall im Jahr 2009 eingetreten ist, ist auf das Versicherungsverhältnis der Parteien das Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 23.11.2007 anzuwenden, Art. 1 EGVVG. Gleichwohl steht dem Kläger auch bei Anwendung der neuen Vorschrift des § 28 Abs. 2 VVG nicht einmal eine gekürzte Versicherungsleistung zu. Er hat nämlich eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung begangen. Nach § 8 Ziff. 2.2 war er verpflichtet, in der seit Oktober 2008 leerstehenden Wohnung die Heizungsanlage komplett von Wasser zu entleeren und entleert zu halten. Gegen diese Verpflichtung hat er bewusst und gewollt verstoßen. Dem Kläger waren die AVB bekannt. Aus diesen ging unzweideutig hervor, dass bei Leerstand die Heizung zu entleeren ist. Der Kläger stellt auch selbst nicht in Abrede die Entleerung der Heizungsanlage bewusst unterlassen zu haben. Darauf, ob er auch den Eintritt eines Schadens erwartete und ihn billigend in Kauf nahm, kommt es nicht an. Entscheidend ist lediglich der vorsätzliche Verstoß gegen die Obliegenheit.

Die Auffassung des Klägers, es habe keine Verpflichtung zur Entleerung der Heizungsanlage bestanden, wird – entgegen der von Kläger verfochtenen Meinung – nicht durch von ihm zitierte Entscheidung des BGH vom 25.6.2008 Az.: IV ZR 233/06 – gestützt. Im Unterschied zu dem vorliegenden Fall gab in dem vom BGH entschiedenen Fall keinen Leerstand des versicherten Gebäudes. Vielmehr lag dem Urteil des BGH ein Sachverhalt zugrunde, bei dem innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten das Haus in unregelmäßigen Abständen vom dortigen Kläger selbst und dessen Freunden und Bekannten benutzt wurde. Vorliegend ist aber durch den Kläger selbst ausdrücklich vorgetragen worden und somit unstreitig, dass das Gebäude seit Oktober 2008 zu Wohnzwecken überhaupt nicht mehr genutzt wurde. Die letzten Mieter waren ausgezogen und hatten das Wohngebäude geräumt. Es lag ein echter Leerstand vor und nicht lediglich eine vorübergehende Nichtbewohnung. Die durch die Maklerin durchgeführten Besichtigungen stellten keine bestimmungsgemäße Nutzung des Gebäudes dar. Somit hätte die Heizungsanlage vollständig entleert und solange entleert gehalten werden müssen, bis eine erneute Nutzung des Wohngebäudes erfolgte.

Da somit ein vorsätzlicher Verstoß gegen die in klarer und eindeutiger Form schriftlich festgelegte Obliegenheit des Klägers vorliegt, beruft sich die Beklagte zu Recht gemäß § 8 Ziff. 4 SVEP 2005 auf vollständige Leistungsfreiheit. Die vollständige Leistungsfreiheit steht bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung auch im Einklang mit der Neuregelung des Versicherungsvertragsgesetzes in § 28 Abs. 2 VVG.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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