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Wohngebäudeversicherung – Kündigung und Zustimmung des Hypothekengläubigers

 AG Bremen, Az.: 9 C 82/17, Urteil vom 10.08.2017

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2016; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Wohngebäudeversicherung – Kündigung und Zustimmung des Hypothekengläubigers
Symbolfoto: www.BillionPhotos.com / Bigstock

Die zulässige Klage ist begründet. Es besteht in tenorierter Höhe ein vertraglicher Anspruch aus dem fortbestehenden Vertragsverhältnis auch für das Versicherungsjahr 2016/2017.

Die seit 2011 bestehende Wohngebäudeversicherung für die Immobilie K… wurde zum 03.02.2016 nicht rechtswirksam gekündigt, weil der Beklagte seinerzeit die Zustimmungserklärung seines Hypothekengläubigers der Klägerin nicht fristgemäß übermittelt hatte (§ 144 VVG).

Erwägungen aus Treu und Glauben stehen dem nicht entgegen. Zwar wird vertreten, dass der Versicherer gehalten sei, den Versicherungsnehmer bei Eingang einer – bis zum Ende der Nachweisfrist schwebend unwirksamen – Kündigungserklärung auf das Erfordernis der Beibringung der Zustimmungserklärung des Gläubigers hinzuweisen.

Ein Verstoß gegen diese Nebenpflicht macht eine nach § 144 VVG unwirksame Kündigung jedoch nicht nachträglich wirksam, sondern begründet allenfalls einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 249 BGB (pFV), sofern der Versicherungsnehmer nachweisen kann, dass er im Fall des unverzüglichen Hinweises durch die Versicherung (nach unwirksamer Kündigungserklärung), die Zustimmungserklärung des Gläubigers innerhalb der Nachweisfrist noch hätte beibringen können. Weiter muss der Versicherungsnehmer nachweisen, dass er infolge der unterbliebenen Information auch tatsächlich einen Schaden erlitt, wobei § 254 BGB Anwendung findet (Prölls/Martin, 29. A., § 144 VVG, Rn. 5 und 5a).

An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Der Beklagte hat mit etwaigen Gegenansprüchen aus pFV nicht die Aufrechnung erklärt (§ 388 BGB). Zu einem konkreten Schaden wegen Abschluss einer weiteren Versicherung wurde erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Schriftsatznachlass wurde nach dem Hinweis des Gerichts im Termin vom 20.07.2017 jedoch nicht beantragt, weshalb der neue Vortrag zur Doppelversicherung nicht mehr zu berücksichtigen war. Außerdem bliebe der darlegungs- und beweispflichtige Beklagte beweisfällig, dass er bei rechtzeitigem Zugang des Hinweises der Klägerin an seine neue Anschrift die Erklärung des Hypothekengläubigers noch innerhalb der Monatsfrist nach § 144 VVG hätte beibringen können.

Im Übrigen basiert die zitierte Entscheidung des Landgerichts Dortmund, Urt. v. 8.10.1998, 11 S 102/98, NVersZ 2000,145 auf einem sehr speziellen Sachverhalt und ist hier nicht ohne Weiteres übertragbar. Denn in dem dort zu entscheidenden Fall waren nur der Versicherung, nicht aber dem Versicherungsnehmer, die einzelnen Hypothekengläubiger bekannt („Auf der anderen Seite war dem Beklagten nicht bekannt, ob und bei welchem Kreditinstitut der andere Wohnungseigentümer Verträge geschlossen hatte…“). „In Anbetracht dieser Eigentumssituation“ stützte das LG dann ausnahmsweise eine Hinweispflicht auf Treu und Glauben.

Die Rechtslage nach § 19.5 der VGB 2002 (01/08) der mit Unterschrift des Beklagten vom 03.02.2011, Bl. 37 d.A., einbezogenen AGB bzw. gemäß § 144 VVG hätte der Beklagte als Versicherungsnehmer kennen müssen. Ein Vertragspartner ist grundsätzlich nicht gehalten, der anderen Partei (zu seinen Ungunsten) rechtliche Belehrungen zu erteilen.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihrer Hinweisobliegenheit mit dem Anschreiben vom 03.03.2015 (Bl. 52 d.A.) nachkam. Sofern im Kündigungsschreiben des Beklagten tatsächlich eine andere Absenderadresse als im System der Klägerin – entsprechend der ursprünglichen Anschrift des Beklagten H… – bezeichnet wurde, würde dieser Umstand für sich genommen noch keinen Verstoß gegen Treuepflichten begründen. Denn die Versicherung ist nicht verpflichtet, bei jedem Kundenanschreiben einen Abgleich der Adressdaten von sich aus vorzunehmen. Außerdem wurde streitig gestellt, dass in dem nicht zur Akte gereichten Kündigungsschreiben eine neue Anschrift bezeichnet worden sei. Der Beklagte bleibt somit beweisfällig, dass er die Einpflegung seiner neuen Adressdaten schriftlich oder telefonisch erbat. Das Bestätigungsschreiben vom 03.03.2015 nimmt lediglich Bezug auf „Ihre Nachricht vom 03.02.2015“ und auf kein Anschreiben.

Insofern muss nicht mehr geklärt werden, wann dem Beklagten das Informationsschreiben der Klägerin vom 03.03.2015 „stark verspätet“ zuging (vgl. Schreiben des Beklagten vom 19.10.2016); der Zugang des Schreibens (§ 130 BGB) ist im Ergebnis unstreitig erfolgt.

Die Zinsforderung basiert auf den §§ 286, 288 I BGB, da die Jahresprämie vertragsgemäß zum 03.02.2016 zu zahlen und der Leistungszeitpunkt also kalendarisch bestimmt war; eine weiteren Mahnung bedurfte es insofern nicht.

0,72 EUR Auskunftskosten sind hingegen nicht geschuldet, weil die vorgerichtliche Bonitätsprüfung eigenverantwortlich im Interesse der Klägerin erfolgte und durch den Zahlungsverzug des Beklagten nicht zurechenbar veranlasst worden war.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 92, 713 ZPO.

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