LG Dortmund – Az.: 2 O 330/10 – Urteil vom 20.01.2011
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 5.008,36 € die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung für das Objekt I-Straße … in S unter Einbeziehung der VGB 88 der Beklagten. In Erweiterung von § 1 Abs. 3 VGB 88 sind durch Ziffer 3 des Versicherungsschein „Weiteres Zubehör und sonstige Grundstücksbestandteile“ unbegrenzt mitversichert.
Am 16.07.2010 kam es infolge eines Unwetters zu Schäden am versicherten Objekt, die die Beklagte teilweise regulierte. Gegenstand des Rechtsstreites ist ein Schaden, der durch Eindringen in das Wasser in die Einliegerwohnung entstanden ist. Zu der Einliegerwohnung führt eine Treppe, an deren Fuß sich ein Gully für den Wasserablauf befindet. Der Eingangsbereich der Einliegerwohnung liegt auf der gleichen Höhe wie der Gully.
Die Klägerin behauptet: Durch Hagelniederschlag, der aus ca. golfballgroßen Hagelkörnern bestanden habe, sei der Eingangsbereich vor der Einliegerwohnung bis etwa zur Höhe der ersten Stufe von Hagelkörnern bedeckt gewesen. Mithin hätten diese Hagelkörner auch den dort befindlichen Abfluss bedeckt. Durch die Abdeckung mit Hagelkörnern sei der Abfluss nicht mehr in Funktion gewesen, so dass durch die Hagelkörner eine – wenn auch nur temporäre – Beschädigung des Abflusses in Form der Funktionsbeeinträchtigung entstanden sei. Die Folge sei gewesen, dass die sintflutartigen Regenfälle, die sich dem Hagelschauer angeschlossen hätten, in dem Eingangsbereich vor der Einliegerwohnung stauten und durch die Abdeckung der Hagelkörner nicht in den Abfluss fließen konnten. Als Folge habe sich das Wasser den Weg in die Einliegerwohnung gesucht und diese vollständig unter Wasser gesetzt.
Sie sieht in diesem Geschehensablauf einen nach § 8 Nr. 3 i. V. m. mit Nr. 2 c und 2 a VGB 88 gedeckten Versicherungsfall.
Mit der Klage macht sie als Teilschaden unstreitige Trocknungskosten geltend.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.088,36 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet den behaupteten Geschehensablauf, insbesondere die Abdeckung des Gullys durch Hagel und sieht darin aber auch keinen gedeckten Versicherungsfall, weil der Hagel nicht unmittelbar zu einem Sachschaden geführt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie der Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein weiterer Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen des Wasserschadens in der Einliegerwohnung des versicherten Objektes zu, weil auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin behaupteten Geschehensablaufes kein gedeckter Versicherungsfall vorliegt. Trotz der Deckungserweiterung auf sonstige Grundstücksbestandteile fehlt es an einem bedingungsgemäßen Schaden, den der vom Kläger behauptete Hagelniederschlag verursacht hat. Denn in Rechtsprechung und Literatur ist unbestritten, dass nicht jeder adäquat durch Hagel verursachte Schaden am versicherten Objekt zu einer Entschädigungspflicht des Gebäudeversicherers führt. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Hagel die zeitlich letzte Ursache für einen Gebäudeschaden war, der Hagel mithin unmittelbar zu einem Schaden geführt hat (OLG Saarbrücken, VersR 2010, 624; OLG Köln r+s 1995, 390; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 4 VGB 2008 Rdn. 1). Dies wird auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Sie meint indes, dass der Hagel einen solchen unmittelbaren Schaden dadurch verursacht hat, dass er zu einer Abdeckung des Gullys vor dem Eingang zur Einliegerwohnung und mithin zu einer Funktionsunfähigkeit des Wasserablaufs geführt habe, worin sie – die Klägerin – einen Schaden an Bestandteilen des Grundstücks sieht. Diese Auffassung geht indes fehl. Der Wasserablauf als mitversicherter Grundstücksbestandteil hat weder eine Substanzverletzung erlitten, was unter den Parteien unstreitig ist, noch stellt seine Abdeckung durch Hagel eine einem Schaden gleich zu setzende Funktionsbeeinträchtigung dar. Dabei darf es keiner Entscheidung, ob Funktionsbeeinträchtigungen ohne Substanzbeschädigung einen Sachschaden darstellen können. Für die temporäre Abdeckung durch Hagel ist dies jedenfalls abzulehnen. Der Wasserablauf ist auch nicht funktionsunfähig geworden. Vielmehr haben äußere Umstände verhindert, dass das Wasser in den an sich funktionsfähigen Gully einfließen konnte. Der vom Kläger behauptete Geschehensablauf ist nicht anders zu werten, als wenn der Gully durch Abstellen von Gegenständen abgedeckt worden wäre und dadurch der Wasserablauf verhindert oder erschwert worden wäre. Auch dahin läge keine Funktionsunfähigkeit des Wasserablaufes jedenfalls keine solche, die einem Sachschaden gleichzusetzen wäre (Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 4 VGB 2008 Rdn. 5; LG Bielefeld VersR 2005, 115). Zu einem Sachschaden hat vielmehr erst der Wassereintritt in die Einliegerwohnung geführt, so dass der Hagel zwar ursächlich für den Schaden war, jedoch nicht die nach den Bedingungen erforderliche zeitlich letzte Ursache für den Schaden in der Einliegerwohnung gesetzt hat, da zeitlich danach noch aufgestautes Regenwasser eine weitere Ursache für den Gebäudeschaden war.
Die Klage musste somit mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen werden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und deren Abwendung beruht auf §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.