Skip to content

Wohngebäudeversicherung – Entschädigung eines sturmbedingt beschädigten Gartentores

Sturmschaden an Gartentor: Klägerin erhält nur teilweise Recht vor Gericht.

Im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung hat die Klägerin von der Beklagten Leistungen wegen eines Sturmschadens an ihrem Gartentor eingefordert. Nachdem die Beklagte bereits Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.199,40 Euro geleistet hat, wurde im zweiten Rechtszug nur noch über die Kosten der Wiederherstellung des Gartentores verhandelt. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass eine vollständige Erneuerung des Tores erforderlich gewesen sei, da auch der linke Flügel des Tores von Sturmschäden betroffen sei. Die Beklagte hingegen argumentierte, dass der linke Torflügel bereits zuvor unter erheblichem Verschleiß gelitten habe und keine weiteren Schadensersatzleistungen geschuldet seien.

Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab und befand, dass sämtliche sturmbedingten Schäden am Gartentor bereits vollständig abgegolten seien. Die Klägerin legte daraufhin Berufung ein und forderte eine vollständige Erneuerung des Tores. Das Berufungsgericht gab der Klägerin teilweise Recht und entschied, dass die Beklagte insgesamt 950,60 Euro zur Entschädigung des Sturmschadens am Gartentor zu zahlen habe. Die Beklagte hatte bereits Zahlungen in Höhe von 1.199,40 Euro geleistet, wovon 749,58 Euro als Zeitwertschaden und 449,82 Euro als Neuwertspitze ausbezahlt wurden.

Die Eintrittspflicht der Beklagten für den Sturmschaden am Gartentor war demnach außer Zweifel, da das Gartentor gemäß der Versicherungsbedingungen als „Zaun“ mitversichert war. Das Berufungsgericht bestätigte jedoch, dass nur der rechte Torflügel sturmbedingt beschädigt wurde und somit auch nur für diesen Flügel ein Anspruch auf Schadensersatz besteht. Die Kosten für eine vollständige Erneuerung des Tores, wie von der Klägerin gefordert, seien nicht gerechtfertigt und daher nicht erstattungsfähig. […]

OLG Saarbrücken – Az.: 5 U 30/22 – Urteil vom 17.02.2023

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. Februar 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 37/20 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 950,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17. Mai 2019 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 82 Prozent und die Beklagte zu 18 Prozent. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 71 Prozent und die Beklagte zu 29 Prozent.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 3.290,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Wohngebäudeversicherung - Entschädigung eines sturmbedingt beschädigten Gartentores
(Symbolfoto: sylv1rob1/Shutterstock.com)

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen wegen eines Sturmschadens aus einer Wohngebäudeversicherung; im zweiten Rechtszug sind nur noch die Kosten der Wiederherstellung eines Gartentores gegenständlich. Sie unterhält bei der Beklagten unter der Versicherungs-Nr. … einen Versicherungsvertrag über eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert, versichert ist das Hausanwesen … in …, u.a. gegen die Gefahren „Sturm und Hagel“. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VGB 2000/Wohnfläche, Stand: 1. Januar 2008, Anlage B1; im Folgenden nur: „VGB“) zugrunde. Am 23. September 2018 kam es im Bereich des versicherten Anwesens zu einem bedingungsgemäßen Sturmereignis; dabei wurde das rechte Torelement des Gartentores aus dem Scharnier gerissen. Die Klägerin meldete der Beklagten diesen Schaden sowie einen Wassereintritt im Bereich eines Fensters; wegen der Beschädigungen am Gartentor reichte sie einen Kostenvoranschlag der Firma S. GmbH vom 18. Oktober 2018 über 4.790,- Euro (netto) = 5.700,10 Euro (brutto) ein (Bl. 13 ff. GA). Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige L. nahm eine Ortsbesichtigung vor und bezifferte die schadensbedingten Reparaturkosten in seinem Bericht vom 31. Oktober 2018 auf 1.499,40 Euro brutto (Bl. 30 ff. GA). Die Beklagte, die zuvor bereits Ansprüche der Klägerin wegen des Wassereintritts abgelehnt hatte, wies nach Bestellung der klägerischen Prozessbevollmächtigten (Schreiben vom 19. Februar 2019) wegen der Beschädigung des Gartentores unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehaltes von 300,- Euro einen Betrag in Höhe von 749,58 Euro als Zeitwertschaden zur Auszahlung an (Schreiben vom 20. Februar 2019, Bl. 20 GA), eine weitere Zahlungsfrist (Schreiben vom 2. Mai 2019, Bl. 22 GA) auf den 16. Mai 2019 verstrich zunächst fruchtlos. Nachdem die Klägerin mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 14. Juni 2020 unter Beifügung eines Lichtbildes mitteilte, dass das Gartentor instandgesetzt worden sei (Bl. 43 f. GA), zahlte die Beklagte einen Betrag von 449,82 Euro als Neuwertspitze aus, weitere Leistungen lehnte sie ab (Bl. 45 GA).

Die Klägerin, die mit ihrer Klage erstinstanzlich auf Zahlung von insgesamt 5.286,36 Euro angetragen hat, darunter weitere 3.290,60 Euro für das beschädigte Gartentor (Bl. 7 GA), hat die Ansicht vertreten, es sei außer dem anlässlich des Sturmereignisses herausgerissenen rechten Flügel auch eine Erneuerung des linken Flügels des Tores erforderlich gewesen, da beide Flügel mit weißen Brettern gefüllt gewesen seien und nur so ein einheitliches Erscheinungsbild hergestellt werden könne. Die Bretter seien stets gestrichen worden, das Gartentor habe nicht unter Verschleiß gelitten, die Farbe sei insgesamt durch den Sturm und herumfliegende Gegenstände und Äste abgeblättert. Sofern Rechnungen der klägerischen Prozessbevollmächtigten durch die Rechtsschutzversicherung beglichen worden seien, sei die Klägerin ermächtigt, die Forderung im eigenen Namen zur Zahlung an sich selbst geltend zu machen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten mit der Ansicht, den Schaden betreffend das Gartentor bereits vollumfänglich reguliert zu haben, nachdem zunächst der Zeitwert und sodann auch die Neuwertspitze entschädigt worden seien. Weitergehende Beträge schulde sie nicht, nachdem der linke Torflügel durch den Sturm in keiner Weise beschädigt worden sei und bereits zuvor unter erheblichem Verschleiß gelitten habe.

Das Landgericht Saarbrücken hat den von der Beklagten beauftragten Gutachter als Zeugen vernommen und ein schriftliches Sachverständigengutachten nebst Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. (BI. 128 ff., 177 ff. GA) eingeholt. Mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 212 ff. GA), auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat es die Klage abgewiesen und sich insbesondere hinsichtlich des Gartentores auf den Standpunkt gestellt, sämtliche nachgewiesenermaßen sturmbedingt daran entstandenen Schäden seien durch die von ihr geleisteten Zahlungen bereits vollumfänglich abgegolten.

Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung wendet sich die Klägerin – nur – gegen die landgerichtlichen Feststellungen zur Höhe des Sturmschadens am Gartentor. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass eine vollständige Erneuerung des Tores geschuldet sei, wobei allerdings auch die Kosten des von ihr eingeholten Angebotes der Firma S. angesetzt werden müssten, dessen Reparatur die Beklagte schulde, und nicht lediglich die vom Sachverständigen ausgeworfenen niedrigeren, aus ihrer Sicht auch nicht nachvollziehbaren Kosten für ein gleichwertiges Tor.

Die Klägerin beantragt (wörtlich, Bl. 229 GA):

Unter teilweiser Abänderung des Urteils vom 25. Februar 2022, Az. 14 O 37/20, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 3.290,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 233 GA), die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 24. August 2020 (BI. 104 GA) sowie des Senats vom 15. Februar 2023 (Bl. 306 f. GA) verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat wegen des – unstreitigen – Versicherungsfalles und der dadurch hervorgerufenen Beschädigungen am Gartentor einen vertraglichen Anspruch auf Entschädigung, der sich nach Maßgabe des in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens ursprünglich auf 2.450,- Euro (brutto) belief und der nach den von der Beklagten vorprozessual geleisteten Zahlungen in Höhe von 749,58 Euro und 449,82 Euro sowie unter Berücksichtigung des vereinbarten Selbstbehaltes von 300,- Euro jetzt noch in Höhe von 950,60 Euro fortbesteht.

1. Die Eintrittspflicht der Beklagten für den Sturmschaden am Gartentor steht dem Grunde nach außer Zweifel. Sie folgt, wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil richtig ausführt, aus Ziff. 2.1 Buchstabe c) und Ziff. 3.4.2 Buchstabe a) VGB (= Anlage B1). Gemäß Ziff. 2.1 VGB werden – sofern, wie hier, entsprechender Versicherungsschutz vereinbart ist – nach Ziff. 1 versicherte Sachen, die durch Sturm, Hagel (siehe Ziffer 3.4) zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen, entschädigt. Dabei sind gemäß Ziff. 3.4.2 Buchstabe a) VGB insbesondere Schäden versichert, die durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes auf versicherte Sachen entstehen. Das ist hier in Ansehung der Beschädigung des Gartentores jedenfalls insoweit der Fall gewesen, als unstreitig dessen rechter Flügel sturmbedingt aus der Verankerung gerissen wurde. Dabei zählte das Gartentor bei Eintritt des Versicherungsfalles auch zu den in der Wohngebäudeversicherung mitversicherten Sachen. Denn gemäß Ziff. 1.2 VGB werden – außer den im Versicherungsschein bezeichneten Gebäuden – ohne besondere Vereinbarung insbesondere auch „Zäune“ als mitversichert betrachtet. Hierunter fällt auch das streitgegenständliche Gartentor, das eine zum Betreten des Grundstücks zwingend notwendige Öffnung in dem ausdrücklich erwähnten Zaun darstellt, in den es eingebaut ist, das einem solchen auch angesichts seiner Beschaffenheit und Bauart vergleichbar ist (vgl. OLG Koblenz, VersR 2012, 565; enger LG Waldshut-Tiengen, VersR 2017, 420 m. krit. Anm. Günther, jurisPR-VersR 10/2016 Anm. 4), und von dem der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, auf dessen Verständnis es bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 – IV ZR 236/20, VersR 2021, 1563, st. Rspr.), ohne weiteres annehmen darf, es werde von dem Begriff „Zäune“ mit umfasst (vgl. auch Günther, Anm. zu LG Waldshut-Tiengen a.a.O, jurisPR-VersR 10/2016 Anm. 4).

2. Der Höhe nach beläuft sich der von der Beklagten zu ersetzende sturmbedingte Schaden auf insgesamt 2.450,- Euro (brutto); nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 300,- Euro und der bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 749,58 Euro und 449,82 Euro (vgl. § 362 Abs. 1 BGB) verbleibt ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 950,60 Euro zur Leistung offen.

a) Nach den hier vereinbarten Versicherungsbedingungen ersetzt die Beklagte bei beschädigten Gebäuden und sonstigen beschädigten Sachen „die notwendigen Reparaturkosten bei Eintritt des Versicherungsfalles zuzüglich einer Wertminderung, die durch die Reparatur nicht auszugleichen ist, höchstens jedoch den Versicherungswert bei Eintritt des Versicherungsfalles; die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Neuwert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird (Ziff. 7.2, 2. Spiegelstrich VGB). „Notwendige“ Reparaturkosten – dazu zählen insbes. Lohn- und Materialkosten – sind solche, die für eine Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlich sind (Senat, Urteil vom 12. April 2006 – 5 U 496/05-53, VersR 2006, 1635; Urteil vom 19. Juni 2019 – 5 U 99/18, VersR 2019, 1289). Das meint grundsätzlich den Betrag, der für den schnellsten, sichersten und zumutbar billigsten Reparaturweg erforderlich ist (Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl., Vor § 74 Rn. 84; vgl. zur Kaskoversicherung BGH, Urteil vom 11. November 2015 – IV ZR 426/14, BGHZ 207, 358: „Aufwendungen…, die ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Betroffener in seiner Lage tätigen würde, um das beschädigte Fahrzeug wieder fachgerecht herzustellen“). Die Ermittlung erfolgt ohne Rücksicht darauf, welche Kosten die Beseitigung des Schadens beim Versicherungsnehmer tatsächlich verursacht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1985 – IVa ZR 109/83, VersR 1985, 354; Senat, Urteil vom 19. Juni 2019 – 5 U 99/18, VersR 2019, 1289; Hoenicke, in: Martin u.a., Sachversicherung 4. Aufl., § 22 Rn. 14 ff.). Deshalb ist es ohne Belang, welchen Betrag der von der Klägerin vorgerichtlich eingereichte Kostenvoranschlag ausweist, oder welche Kosten die Klägerin – die dies nicht offenlegt – tatsächlich für die Reparatur des Tores aufgewandt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob – worüber das Landgericht auch richtigerweise Beweis erhoben hat – die (durchgeführten oder durchzuführenden) Arbeiten, deren Erstattung begehrt wird, nach den dargestellten Grundsätzen zur Schadensbeseitigung notwendig waren und welche Kosten – abstrakt – dadurch veranlasst sind.

b) Auf Grundlage des in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens, das das Landgericht im Ausgangspunkt völlig zu Recht seinem Erkenntnis zugrunde gelegt hat und gegen dessen Richtigkeit und Vollständigkeit auch unter Berücksichtigung der im Berufungsrechtzug wiederholten Einwände der Klägerin keine durchgreifenden Bedenken bestehen (§ 529 Abs. 1 ZPO), belaufen sich die ersatzfähigen Kosten zur Wiederherstellung des Gartentores auf 2.450,- Euro (brutto).

aa) Für die Höhe der Entschädigung ist nach allgemeinen Grundsätzen der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet. Hierbei kommt der Klägerin die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute; danach gilt, dass wenn – wie hier – unter den Parteien streitig ist, wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, das Gericht hierüber unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheidet. Das gilt insbesondere für die in Rede stehende Frage der Schadenshöhe nach einem Versicherungsfall (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2013 – IV ZR 224/13, VersR 2014, 104). Im Rahmen des § 287 ZPO sind an die Substantiierung des Vorbringens geringere Anforderungen zu stellen. Das Gericht muss nötigenfalls den Schaden schätzen, soweit das möglich ist. Insoweit müssen allerdings greifbare Anhaltspunkte für eine Schadenschätzung vorliegen; das richterliche Ermessen darf nicht völlig in der Luft schweben (BGH, Urteil vom 21. Januar 1977 – IV ZR 132/74, VersR 1976, 379; Beschluss vom 13. November 2013 – IV ZR 224/13, VersR 2014, 104). Wie hoch die Beweisanforderungen anzusetzen sind, hat der Tatrichter im Einzelfall zu entscheiden; dabei kann im Rahmen der Prüfung nach § 287 ZPO auch berücksichtigt werden, ob die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers erschüttert ist (BGH, Urteil vom 11. November 1987 – IVa ZR 137/86, VersR 1988, 75; Senat, Urteil vom 16. Juni 2019 – 5 U 99/18, VersR 2019, 1289).

bb) Danach sind hier, unbeschadet der schon erstinstanzlich erhobenen und dort im Rahmen der Gutachtenergänzung angemessen behandelten Einwände der Klägerin lediglich erstattungsfähige Wiederherstellungskosten in Höhe von 2.450,- Euro (brutto) nachgewiesen, die freilich – nach Abzug des Selbstbehaltes und der erbrachten Teilzahlungen – auch in voller Höhe erstattungsfähig sind.

(1) Aus dem vom Landgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W., der dem Senat seit vielen Jahren als erfahrener und fachkompetenter Gutachter für Schäden an Gebäuden bekannt ist, folgt, dass – unbeschadet des von der Klägerin eingewandten, wesentlich höheren Kostenvoranschlages oder von ihr tatsächlich durchgeführter Maßnahmen zur Wiederherstellung – die vollständige Erneuerung des beschädigten unter Einbau eines vergleichbaren neuwertigen Gartentores einen Kostenaufwand in Höhe dieses Betrages erforderte. Die in jeder Hinsicht nachvollziehbare Kalkulation des Sachverständigen berücksichtigt angemessene Kosten der Demontage des beschädigten Tores sowie der Montage eines neuen, baugleichen feuerverzinkten Gartentores, das den Zweck der früheren Konstruktion, ohne Rücksicht auf ihre damalige Herkunft oder von der Klägerin in der Senatsverhandlung erneuerte, auf (geringfügige) Maßunterschiede gestützte Bedenken, ersichtlich in gleicher Weise erfüllt. Der durch diese Maßnahmen veranlasste Betrag entspricht damit wirtschaftlich gesehen dem „Neuwert“ des Tores, der bedingungsgemäß (Ziff. 7.2, 2. Spiegelstrich VGB) die Obergrenze der Entschädigung bei der Beschädigung versicherter Sachen bildet. Eine – von der Klägerin für sich reklamierte – „Reparatur“ des alten Gartentores nach Maßgabe des von ihr eingereichten Angebotes über 4.790,- Euro (netto) = 5.700,10 Euro (brutto) hat der Sachverständige dagegen in seinem Ergänzungsgutachten als „unwirtschaftlich“ bezeichnet (Bl. 180 GA), was dem Senat angesichts dessen Alters und des von dem Sachverständigen anhand der Lichtbilder überzeugend beurteilten Zustandes (Bl. 142 ff., 180 GA) ohne weiteres einleuchtet; das gilt insbesondere auch, soweit es sich entsprechend der Darstellung der Klägerin bei dem früheren Tor um eine „Einzelanfertigung“ gehandelt haben sollte, weil dieses nach den Feststellungen des Sachverständigen hier durch das von ihm ermittelte baugleiche Tor ohne erkennbaren Nachteil für die Klägerin ersetzt werden kann. Deshalb sind die Kosten einer Reparatur des beschädigten Tores, soweit sie den Wert einer fachgerechten Neuherstellung übersteigen, von der Beklagten nicht zu erstatten. Auch zu den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die Kalkulation, die diese mit ihrer Berufung lediglich wiederholt, hat der Sachverständige schon in seiner erstinstanzlichen Gutachtenergänzung für das Landgericht sehr eingehend und auch aus Sicht des Senats vollkommen nachvollziehbar Stellung genommen, weshalb die darauf gestützten Feststellungen im Berufungsverfahren nunmehr ohne weiteres zugrunde gelegt werden können.

(2) Jedoch hat die Klägerin, entgegen der auf diese korrekten tatsächlichen Feststellungen gestützten Rechtsansicht des Landgerichts, unter diesen Umständen auch einen Anspruch auf die gesamten Kosten der Beschaffung eines neuen Tores und nicht lediglich eines einzelnen Torflügels. Lassen – wie hier – wirtschaftliche Gesichtspunkte eine „Reparatur“ durch den Austausch der gesamten beschädigten Sache vorzugswürdig erscheinen, weil die Wiederherstellung allein der beschädigten Einzelteile mit höheren Kosten verbunden wäre, so müssen dann auch die gesamten – insgesamt niedrigeren – Kosten für diesen Austausch vom Versicherer ersetzt werden und nicht lediglich Teile davon. Auch das folgt aus dem vertraglichen Leistungsversprechen der Beklagten, das bei einer „Beschädigung“ versicherter Sachen – von der auch in einem Fall wie dem vorliegenden auszugehen ist, vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2019, 754 – den Ersatz der „notwendigen Reparaturkosten…, höchstens jedoch den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles“ verspricht. Denn die vertragliche Begrenzung der Reparaturkosten auf den Neuwert, die die Beklagte hier für sich beansprucht und die auch die Berechnung des Sachverständigen richtigerweise zugrunde legt, fußt auf der Erwägung, dass ein ordentlicher Kaufmann, wenn er nicht gerade unter Kapitalmangel leidet, die Sache dann nicht reparieren, sondern eine neue Sache erwerben würde (vgl. Hoenicke, in: Martin u.a., a.a.O., § 22 Rn. 41). Dementsprechend bilden die Kosten der Anschaffung einer neuen Sache – und nicht lediglich von Teilen einer solchen – die Höchstgrenze, bis zu der die Beklagte Erstattung der Reparaturkosten schuldet, ggf. abzüglich etwaiger Restwerte, zu denen hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich ist. Die davon zu unterscheidende und streitig diskutierte Frage, ob es der Klägerin zuzumuten wäre, im Falle einer Reparatur – nur – des beschädigten Torflügels verbleibende Abweichungen insbesondere der Farbe zum möglicherweise unbeschädigt gebliebenen weiteren Torflügel hinzunehmen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 12. April 2006 – 5 U 496/05-53, VersR 2006, 1635), stellt sich dagegen unter solchen Umständen von vornherein nicht.

(3) Die von der Beklagten geschuldete Entschädigung umfasst auch den vom Sachverständigen ausgewiesenen Umsatzsteueranteil. Die vereinbarten Versicherungsbedingungen enthalten keine Regelung, die für den – hier gegebenen – Fall der fiktiven Berechnung der Reparaturkosten den Ersatz der Umsatzsteuer ausschließen, wenn deren Zahlung nicht nachgewiesen wurde. Die gesetzliche Bestimmung des Schadensrechts (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB), wonach bei der Beschädigung einer Sache der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit einschließt, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, ist ohne entsprechende Regelung im Versicherungsvertrag nicht ohne weiteres auf die Schadensversicherung anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2006 – IV ZR 263/03, VersR 2006, 1066; Senat, Urteil vom 15. März 2017 – 5 U 20/16, VersR 2018, 873). Auch zu einer den Schaden insoweit ggf. entfallen lassenden Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin (vgl. Armbrüster, in: Prölss/Martin, a.a.O., vor § 74 Rn. 101) ist nichts dargelegt oder sonst erkennbar.

c) Die offene Forderung der Klägerin ist antragsgemäß seit 17. Mai 2019 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 288 Abs. 1 BGB). Die Beklagte, die nach Erhalt des Schadensberichts ihres Sachverständigen vom 31. Oktober 2018 und einer weiteren angemessenen Überlegungsfrist ihre Ermittlungen bezüglich des Gartentores abgeschlossen (Ziff. 11.1 VGB; § 14 VVG) und in ihrem Schreiben vom 20. Februar 2019 zum Ausdruck gebracht hatte, jedenfalls nicht mehr als die dort errechneten Beträge zu schulden, ist durch das Aufforderungsschreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 2. Mai 2019 (Bl. 22 GA) wirksam in Verzug gesetzt worden.

3. Dagegen schuldet die Beklagte der Klägerin nicht die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Gestalt einer Geschäftsgebühr in geltend gemachter Höhe von 413,64 Euro. Als Verzögerungsschaden (§§ 280 Abs. 2, 286 BGB) können diese Kosten nicht beansprucht werden, weil die erstmalige Beauftragung der Prozessbevollmächtigten, die erst zum Anfall der Gebühren geführt hat, spätestens unter dem 19. Februar 2019 (Datum des Bestellungsschreibens, Bl. 18 GA) erfolgte und nicht dargelegt ist, dass sich die Beklagte schon damals wegen berechtigter Ansprüche der Klägerin, d.h. – nur – wegen des Gartentores, im Verzug befand; auf bereits zuvor geltend gemachte Ansprüche wegen des Wassereintritts am Hausanwesen kann nicht abgestellt werden, weil nach der insoweit rechtskräftigen Teilklageabweisung feststeht, dass diese nicht begründet waren. Gleichfalls nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt andere vertragliche Pflichten (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) in Bezug auf die Regulierung des allein noch in Rede stehenden Sturmschadens am Gartentor verletzt hat, die eine Schadensersatzpflicht begründen könnten; vielmehr hat sie – erstmals – mit ihrem Schreiben vom 20. Februar 2019, d.h. nach dem Anfall der Geschäftsgebühr, zum Ausdruck gebracht, weitere als die von ihr für berechtigt erachteten Beträge nicht auskehren zu wollen. Da die Nebenforderung hiernach unbegründet ist, sind daraus auch keine – bei sachgerechter Auslegung des unvollständig gebliebenen Klageantrages ab Rechtshängigkeit (§ 291 ZPO) beanspruchte, §§ 133, 157 BGB – Zinsen aus diesem Betrag geschuldet.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; sie hatte mit Blick auf die unterschiedlichen Gegenstandswerte für beide Instanzen getrennt zu erfolgen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; maßgeblich ist der im Berufungsrechtszug noch streitige Betrag.


Die wichtigsten Aussagen in diesem Urteil sind:

  • Die Eintrittspflicht der Beklagten für den Sturmschaden am Gartentor steht dem Grunde nach außer Zweifel.
  • Der von der Beklagten zu ersetzende sturmbedingte Schaden beläuft sich auf insgesamt 2.450,- Euro (brutto).
  • Nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung und bereits geleisteten Zahlungen verbleibt ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 950,60 Euro zur Leistung offen.
  • Das streitgegenständliche Gartentor fällt unter den Versicherungsschutz als mitversichertes „Zaunelement“ gemäß den Versicherungsbedingungen.
  • Die Klägerin hat nur Anspruch auf Erstattung der tatsächlich angefallenen Kosten für die Wiederherstellung des beschädigten Gartentors.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!