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Wohngebäudeversicherung: Einsichtsrecht des Versicherungsnehmers in ein Schadensgutachten

OLG Karlsruhe, Beschluß vom 26.04.2005, Az.: 12 W 32/05

Leitsätze

Hat in der Gebäudeversicherung der Versicherer ein Schadensgutachten eingeholt, so hat er auf Verlangen dem Versicherungsnehmer Einsicht zu gewähren.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter deren Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 16.04.2005 – 5 O 208/04 – wie folgt abgeändert:

Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin T zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt, soweit er die Verurteilung der Beklagten zur Vorlegung des vom Sachverständigen Dipl. Ing. G. bezüglich des Brandschadens vom 01./02.12.2002 am Grundstück S-Straße in P. gefertigten Gutachtens begehrt.

Im Übrigen wird die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.

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Gründe

Der Antragsteller, der Insolvenzverwalter einer Versicherungsnehmerin der Antragsgegnerin, bei der eine Gebäudeversicherung für ein Hausanwesen in P. besteht, begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage anlässlich eines Brandschadens im Dezember 2002. Mit der beabsichtigten Klage strebt der Antragsteller die Verurteilung der Antragsgegnerin, die ein Schadensgutachten eingeholt hat, zur Auskunft über die Schadenshöhe und Vorlegung des Gutachtens sowie Zahlung eines der Höhe nach noch zu bestimmenden Ersatzes an. Die Antragsgegnerin verweigert Leistungen wegen noch nicht abgeschlossener polizeilicher Ermittlungen. Das Landgericht hat die nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie entgegen der Auffassung des Landgerichts rechtzeitig erhoben worden. Der angefochtene Beschluss ist dem Antragsteller am 18.03.2005 zugestellt worden. Die Beschwerde ist am 18.04.2005 beim Landgericht eingegangen. Damit war die Beschwerdefrist des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO gewahrt (§§ 569, 221, 222 Abs. 1, §§ 187, 188 Abs. 2 BGB).

Die Beschwerde ist nicht begründet, soweit das Landgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für seinen Zahlungsantrag versagt. Da bislang seitens der Antragsgegnerin die Prüfung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen und auch keine Ablehnung des erhobenen Anspruchs erklärt worden ist, drohen Rechtsverluste aus § 12 VVG nicht. Eine wirtschaftlich denkende Partei würde im eigenen Kosteninteresse vor Erhebung der Zahlungsklage nach Auswertung des Schadensgutachtens und ev. weiterer Erhebungen die Frage klären, in welcher Höhe aus ihrer Sicht Ansprüche geltend gemacht werden können. Zudem kann der Antragsteller insoweit nicht „Ersatz“ verlangen, sondern ihm steht allenfalls ein Anspruch auf die bedingungsgemäße Versicherungsleistung zu.

Keine Erfolgsaussicht besteht für das Begehren auf „Auskunft über die Schadenshöhe“. Eine wertende Zusammenfassung des Schadensgutachtens kann der Beklagten weder nach dem Gesetz noch aus Vertrag abverlangt werden. Auch insoweit ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

Erfolgsaussicht besteht allerdings insoweit, als der Antragsteller Vorlegung des Schadensgutachtens verlangt. Der Antragsteller kann nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Vorlegung des Sachverständigengutachtens von der Beklagten verlangen. Dabei kann dahinstehen, ob sich ein solcher Anspruch aus § 810 BGB ergibt. Denn der Anspruch folgt bereits aus dem Versicherungsvertrag.

Der Versicherungsnehmer selbst kann zwar auch Ermittlungen über Ursache und Höhe des Schadens anstellen, er wird aber in der Regel von der Zuziehung eines Sachverständigen, welcher die Höhe des Schadens bewertet, absehen müssen, denn solche Kosten werden ihm nach § 66 Abs. 2 VVG nicht erstattet. Diese Vorschrift geht erkennbar davon aus, dass dem Versicherungsnehmer Kosten der Ermittlung und Feststellung des ihm entstandenen Schadens nur bei Vorliegen besonderer Umstände entstehen; nur wenn ihre Aufwendung nach diesen Umständen geboten war, hat der Versicherer sie zu erstatten. Das beruht auf der Erwägung, dass der Versicherer die Höhe der vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Schäden ohnehin nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im pflichtgemäßen Interesse aller Versicherungsnehmer prüfen und zu diesem Zwecke den Schaden bewerten muss. Er ist dazu auch besser in der Lage als der Versicherungsnehmer; denn er muss zahlreiche gleichartige Schadensfälle regulieren und hat deshalb Vergleichsmöglichkeiten und Erfahrungen, verfügt über fachkundige Mitarbeiter und regelmäßig über Geschäftsverbindungen zu Sachverständigen. Seine Schadensermittlung stellt in der Regel eine ausreichende Verhandlungsgrundlage für die Schadensregulierung dar und macht meistens eigene Aufwendungen des Versicherungsnehmers überflüssig. Ist der Versicherungsnehmer in dieser Weise auf die Schadensermittlung des Versicherers angewiesen, dann muss er, damit seinerseits Waffengleichheit herrscht, auch Einsicht in das Ergebnis des Sachverständigen erhalten (OLG Saarbrücken VersR 1999, 750).

§ 17 Abs. 2 AFB steht der Vorlegungspflicht selbst dann nicht entgegen, wenn seine tatsächlichen Voraussetzungen hier erfüllt wären. Die Vorschrift betrifft lediglich die Zahlung der Entschädigung.

Die Vorlegung selbst erfolgt – ohne dass der Senat hierzu Verbindliches aussprechen muss – in entsprechender Anwendung des § 811 BGB und kann wahlweise auch durch Überlassung einer Kopie des Sachverständigengutachtens erfüllt werden.

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