Wohngebäudeversicherung: Verpflichtungen des Versicherers bei Totalverlust durch Brandschaden
Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Az: 16 U 151/20) befasst sich mit der Frage, welche Verpflichtungen ein Wohngebäudeversicherer bei einem Brandschaden mit Totalverlust des Hauses gegenüber den Versicherungsnehmern hat. Die Kläger verlangten von dem Beklagten, dass er ihnen finanzielle Entschädigung sowie den Ersatz einiger Kosten erstattet, die aufgrund des verlorenen Gebäudes auf sie zukommen.
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Übersicht
- 1 Wohngebäudeversicherung: Verpflichtungen des Versicherers bei Totalverlust durch Brandschaden
- 1.1 Umfang der finanziellen Entschädigung und zu erstattender Kosten
- 1.2 Erfüllung der Zahlungsansprüche und Ersatz weiterer Schäden
- 1.3 Aufteilung der Kosten des Rechtsstreits und Vollstreckbarkeit des Urteils
- 1.4 Gründe
- 1.5 A. Neuwertspitze
- 1.6 B. Mietausfall
- 1.7 C. Zinsen
- 1.8 D. Feststellung betreffend weiterer gebäudebezogener Positionen
- 1.9 E. Verzögerungsschaden
Umfang der finanziellen Entschädigung und zu erstattender Kosten
Das Gericht entschied, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, an die Kläger eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 312.348,82 € sowie 37.800,- € nebst ausgerechneter Zinsen entsprechend den im Urteil angegebenen Zinssätzen zu zahlen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Beklagte für bestimmte Kosten, die den Klägern im Zuge der Durchführung des Bauvorhabens entstanden sind, aufzukommen hat.
Dazu gehören unter anderem die Mehrwertsteuer für beauftragte Gewerke von bis zu 122.468,55 €, Aufräum- und Abbruchkosten von bis zu 27.727,- € brutto, etwaige Mehrkosten für eine Prüfung eines Kachelofens von bis zu 1.342,97 €, für eine zentrale Lüftungsanlage von bis zu 13.950,30 € brutto sowie die Kosten einer Tiefgründung für das geplante Bauvorhaben.
Erfüllung der Zahlungsansprüche und Ersatz weiterer Schäden
Das Urteil stellt zudem fest, dass der Beklagte gegenüber den Klägern verpflichtet ist, weiteren monatlichen Mietausfall bis zur Erfüllung der tenorierten Zahlungsansprüche oder bis zur Rechtskraft einer Entscheidung darüber (je nachdem, was früher eintritt) zu ersetzen. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beklagte sämtlichen weiteren Schaden, insbesondere Baukostensteigerungen bis zum Beginn des geplanten Bauvorhabens, der aufgrund der Nichtzahlung des Betrages von 312.348,82 € ab dem 14. Dezember 2019 entstanden ist und noch entstehen wird, ersetzen muss.
Aufteilung der Kosten des Rechtsstreits und Vollstreckbarkeit des Urteils
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Beklagte 90% und die Kläger als Gesamtschuldner 10%. Das Urteil wurde als vorläufig vollstreckbar erklärt, wobei die Parteien die Möglichkeit haben, die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden.
Dieses Urteil bietet Einblicke in die Verpflichtungen eines Wohngebäudeversicherers bei einem Brandschaden und zeigt auf, welche Entschädigungen und Kostenersatzansprüche den Versicherungsnehmern zustehen können. Es ist wichtig, sich bei solchen Fällen rechtzeitig und fachkundig beraten zu lassen, um angemessene Entschädigungen und Ersatzleistungen geltend machen zu können.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 16 U 151/20 – Urteil vom 13.09.2021
Auf die Berufungen der Parteien wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 17. Dezember 2020 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 312.348,82 € sowie 37.800,- € nebst ausgerechneter Zinsen von 1.968,47 € sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 312.348,82 € und 1.400,- € ab dem 14. Dezember 2019 und auf weitere 16.800,- € ab dem 16. Januar 2021 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die im Zuge der Durchführung des Bauvorhabens auf die beauftragten Gewerke entstandene Mehrwertsteuer zu erstatten, dies bis zu einem Betrag von maximal 122.468,55 €.

Es wird weiter festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Aufräum- und Abbruchkosten zu einem Gesamtbetrag bis 27.727,- € brutto, ferner etwaige Mehrkosten für eine Prüfung eines etwaigen Kachelofens von bis zu 1.342,97 €, einer zentralen Lüftungsanlage von bis zu 13.950,30 € brutto sowie die etwa notwendigen Kosten einer Tiefgründung für das geplante Bauvorhaben zu erstatten, wenn und soweit diese Kosten angefallen sind, dies jeweils mit der Maßgabe, dass eine Erstattung binnen eines Monats nach Rechnungsvorlage zu erfolgen hat, ferner die Kosten für Dichtungsmaßnahmen des Bauwerkes, der Außenwände, Fenster und Decken zu einem Betrag von bis zu brutto 36.791,13 €, wenn der Rohbau fertiggestellt bzw. die Fenster eingebaut sind.
Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern weiteren monatlichen Mietausfall bis zur Erfüllung der hier eingangs tenorierten Zahlungsansprüche oder bis zur Rechtskraft einer Entscheidung darüber (je nachdem, was früher eintritt) zu ersetzen.
Schließlich wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen weiteren Schaden, insbesondere Baukostensteigerungen bis zum Beginn des gemäß diesem Rechtsstreit geplanten Bauvorhabens zu ersetzen, der ihnen aus der Nichtzahlung des Betrages von 312.348,82 € ab dem 14. Dezember 2019 entstanden ist und noch entstehen wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Beklagte 90% und die Kläger als Gesamtschuldner 10%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die Kläger verlangen die Zahlung der Brutto-Neuwertspitze nebst Brutto-(Mehr-) Kosten sowie Entschädigung weiteren Mietausfalls und Verzugsschadens aus der Wohngebäudeversicherung.
Die in … wohnhaften Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks in …. Dieses war mit einem 1873 flachgründend … errichteten, teilunterkellerten und stetig modernisierten Haus bebaut, welches ein dauerhaft vermietetes Erdgeschoss mit einer Nutzfläche von 170,25 m² und ein Obergeschoss mit zwei Ferienwohnungen von 34,24 m² und 81,46 m² aufwies (vgl. Gutachten L., Anlage K 10, S. 21, 24, 31) und beim Beklagten unter Einbeziehung von dessen VGB 2008-SL (Version 04/2010, Anlage K 2) versichert ist.
Am 30. April 2018 wurde das Gebäude durch einen Blitzschlag und nachfolgenden Brand sowie Löschwassereinfluss total beschädigt. Ein von den Klägern eingeholtes Baugrundgutachten vom 15. Oktober 2018 (2. Abschnitt, Nr. 6 im Anlagenkonvolut K 14, Leitzordner) empfahl für ein ggf. mit (15 m²) Teilkeller zu errichtendes Haus eine Tiefgründung auf Bohrpfählen;
bei einer Flachgründung auf einer Stahlbetonplattengründung sei mit erheblichen Setzungen sowie mit Schiefstellungen zu rechnen; inwieweit ein nicht unterkellertes Wohnhaus flach gegründet werden könne, sei abhängig von den Lasten bzw. der Lastverteilung (S. 9), dann sei eine detaillierte Setzungsberechnung auf der Basis der Gebäudestatik erforderlich.
Im Sachverständigenverfahren ermittelten Mitte Dezember 2018 die Gutachter L. (für den Beklagten, Anlage K 10) und S. (für die Kläger, Anlage K 9) bei einem
Sachschaden von netto 315.213,17 € bzw. 337.218,55 € (gemittelt 326.215,86 €)
übereinstimmend einen
Neuwert von netto 772.141,89 € bzw. 877.562,85 € brutto (einschließlich Aufräum- und Abbruchkosten, Mehrkosten aufgrund Preissteigerung, Mehrkosten durch behördliche Auflagen und 21 Monaten Mietausfallschaden (Zusammenstellung in den Anlagen K 6 und K 7; danach Neuwertschaden ohne Aufräumkosten und Mietausfall 689.441,88 €).
Die Aufräumkosten bezifferten sie dabei übereinstimmend auf 23.300,- € netto (27.727 € brutto) den Mietausfall, gerechnet auf 21 Monate auf 29.400,- €.
Mehrkosten durch zusätzlichen Gründungsaufwand berücksichtigten sie (ungeachtet der Anmerkung, dass der ursprüngliche Gebäudetyp des … Hauses in seiner tragenden Struktur und der Lasteintragung in den Boden mit einem neuzeitlichen Massivbau nicht vergleichbar sei) zunächst nicht, da für den jetzigen Objektstandort kein Nachweis für die Erforderlichkeit einer Tiefgründung und deren Umfang vorliege (L. S. 54).
Der Beklagte, der nach einem rasch selbst eingeholten Gutachten (das nach Angaben des Klägers [Anlage B 1, Bl. 32] von der Wiederverwendbarkeit der backsteinernen Bodenplatte von 1873 ausgehe) bereits am 12. Juni 2018 280.434,17 € auf den Zeitwert und 8.400,- € auf den Mietausfall gezahlt hatte, zahlte am 31. Januar 2019 weitere 34.778,41 € sowie 2.484,67 € Zinsen (4 % auf den Sachschaden ab dem Schadenstag, Abrechnung Anlage K 8).
Ein am 22. Februar 2019 geführtes Gespräch, in dem die Kläger im Hinblick auf den Erhalt der Neuwertspitze ihre Neubauvorstellungen erörtern wollten, blieb ohne Ergebnis, da der Beklagte, vertreten durch die Vorstandsvorsitzende, erst aufgrund einer vorliegenden Baugenehmigung über das Vorliegen der Voraussetzungen entscheiden wollte. Der Kläger beschwerte sich daraufhin mit einem Schreiben vom 24. Februar 2019 (Anlage B 1, Bl. 31) beim Aufsichtsratsvorsitzenden des Beklagten.
Auf den Antrag der Kläger vom 24. März 2019 (Anlage K 12) wurde ihnen unter dem 24. Juni 2019 die Baugenehmigung (Anlage K 13) für ein auf dem Grundstück unmittelbar neben dem alten Standort gelegenes, um 90° gedrehtes Haus ohne Keller mit drei Wohneinheiten und Nutzflächen von 172,35 m² (Erdgeschoss) und 137,72 m² (Obergeschoss, Wohnung 2 64,11 m², Wohnung 3 69,78 m², Flur 3,84 m²) erteilt. Auf der Grundlage eines vom Bautechnischen Büro D. im Juni 2019 erstellten Leistungsverzeichnisses und dessen Angebotsauswertung unterzeichneten der Kläger und der Zeuge N. am 11. November 2019 einen – nach dem Text endgültigen, verbindlichen, nicht widerruf- oder kündbaren und nicht dem Rücktritt unterliegenden – Auftrag für den Wiederaufbau des Wohngebäudes zu einer Angebotssumme brutto von 756.296,27 €, wobei die Bruttopreise für alle anderen als die Rohbauarbeiten, die N. angeboten hatte, den Preisen entsprachen, die in selbstständigen Angeboten der jeweiligen Handwerksunternehmen (Anlagenkonvolut K 14) enthalten waren, deren Annahme der – im Vertrag auch als Bauleiter vorgesehene – Herr D. den Klägern empfohlen hatte; eine Position für eine Pfahlgründung (die nach einem Angebot vom 28. Mai 2019 [1. Abschnitt Nr. 10 im Anlagenkonvolut K 14] 22.575,- € netto, 26.864,25 € brutto kosten sollte) enthielt der Vertrag nicht (der Nachtrag im Angebot N. über 15.233,37 € netto bezieht sich nicht auf diese, sondern auf eine Fundamenteinschalung, die im Falle einer Tiefgründung notwendig sei, vgl. Schreiben des Architekten vom 27. September 2019 im Anlagenkonvolut K 14 dem Auftrag nachgeheftet).
Die Unterlagen reichten die unterdes anwaltlich vertretenen Kläger mit Schreiben vom 15. November 2019 (Anlage K 11) beim Beklagten ein und ließen die Zahlung weiterer 562.349,68 € (877.562,85 € brutto abzüglich gezahlter 315.217,17 €) bis zum 3. Dezember 2019 verlangen. Nachdem die Kläger auf Nachfragen des Beklagten zuletzt am 9. Dezember 2019 weitere Bauzeichnungen, Grundrisse, Ansichten und Lagepläne (Anlagen K 21 bis K 23) vorgelegt hatten, reagierte der Beklagte – auch auf zunächst auf den 13. und dann auf den 31. Dezember 2019 verlängerte Fristen – nicht mehr.
Mit ihrer im Januar 2020 eingereichten Klage haben die Kläger die Zahlung von 562.349,48 € (brutto-Neuwert 877.562,84 € ./. Zeitwertzahlung 315.213,17 € [das ist um die auf den inzident mitverlangten Mietausfall gezahlten 8.400,- € zu hoch]) nebst 4 % Zinsen vom 15. November 2019 bis 3. Dezember 2019 und seither in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie die Feststellung verlangt, dass der Beklagte ihnen zum Ersatz sämtlicher aus der Nichtzahlung dieses Betrages entstandenen und entstehenden Schadens verpflichtet sei. Sie haben geltend gemacht, das geplante Haus, dessen Wiederherstellung sie mit Baugenehmigung und Auftrag sichergestellt hätten, sei von gleicher Art und Zweckbestimmung, sodass der Beklagte die Neuwertspitze schulde, und das auch ohne weiteres brutto und einschließlich von Aufräum- und Abbruchkosten sowie Mehrkosten infolge behördlicher Auflagen; hilfsweise (Bl. 40) haben sie hinsichtlich dieser Kosten Feststellung begehrt. Ebenso gebühre ihnen der sachverständig festgestellte weitere Mietausfall. Da sie mangels restlicher Zahlung des Beklagten den Wiederaufbau nicht durchführen könnten, entstünden ihnen weitere Schäden, etwa Mietausfall, und müssten sie mit einer weiteren Verteuerung der Baukosten rechnen; beides habe ihnen der Beklagte aus Verzug zu ersetzen (Bl. 10).
Der Beklagte hat demgegenüber gemeint, er habe bereits vollständig reguliert. Beim Zeitwert seien Restwerte in Abzug zu bringen (Bl. 25, 57). Ein weiterer als der regulierte Mietausfallschaden sei nicht dargetan (Bl. 25), insbesondere nicht, dass die Mieter das Gebäude geräumt zurückgegeben hätten (Bl. 54). Die Aufräum- und Abbruchkosten sowie die Mehrkosten infolge behördlicher Auflagen könnten gemäß § 13 Nr. 4 VGB-SL 2008 nur auf Nachweis erstattet werden, der nicht vorliege (Bl. 55f.). – In Ansehung der Neuwertspitze fehle es an einer Wiederherstellung in gleicher Art und Zweckbestimmung an derselben Stelle, letzteres schon deswegen, weil das Gebäude um 90° gedreht werde; im Übrigen seien die brutto-Grundflächen (EG 217 m², OG 217 m², DG 120 m²) größer und erfordere das neue Gebäude eine neue Zuwegung sowie – allein schon deshalb sei nach OLG Hamm, 6 U 154/96, keine Gleichartigkeit gegeben – eine Tiefengründung (Bl. 25, 57); daneben gebe es Differenzen bei der Fläche der Estrich- und Fliesenarbeiten (Bl. 57). Auch sei die Wiederherstellung nicht sichergestellt; für alle anderen Arbeiten als das Einschalen und den Rohbau hätten andere Unternehmen als der Zeuge N. Angebote abgegeben, ein Abschluss N.s mit jenen werde bestritten, dies zumal, da nach den von ihm, dem Beklagten, eingeholten Informationen das Ingenieurbüro sich um die weiteren Aufträge kümmern solle (Bl. 26). Auch könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwischen der Bausumme und den gutachterlich ermittelten Beträgen eine Differenz von 91.866,67 € bestehe, die die Kläger nicht gut zur freien Verwendung erhalten könnten (Bl. 27). Entsprechend habe er, der Beklagte, was den verlangten Verzugsschaden angehe, auch nichts schuldhaft verzögert; der Feststellungsantrag sei ohnehin mangels Interesses schon nicht zulässig (Bl. 30).
Das Landgericht hat den Zeugen N. vernommen. Dieser hat (Protokoll vom 19. November 2020, S. 2, Bl. 77) erklärt,
er sei Generalunternehmer und alleiniger Vertragspartner des Klägers; er werde die weiteren Firmen einsetzen, sobald er sie brauche, sobald er also die Maurer- und Betonarbeiten ausgeführt habe. Die anderen Unternehmen hätten alle ein Leistungsverzeichnis ausgefüllt. Er werde dem Dachdecker Bescheid geben, wenn der beginnen könne. Wer allerdings den Vertrag mit beispielsweise diesem geschlossen habe, dazu habe er keine genaue Ahnung.
Darauf hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Kläger 310.843,41 € ([619.036,58 € netto-Entschädigung ./. 315.213,17 € Zahlung =] 303.823,41 € auf das Haus und [15.400,- € 11 x 1.400,- € ./. 8.400,- € =] 7.000,- € auf den Mietausfall) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Dezember 2019 zu zahlen, und festgestellt, dass er verpflichtet sei, an die Kläger Mehrwertsteuer von 117.616,95 €, Mehrkosten durch behördliche Auflagen von 83.782,81 und Aufräum- und Abbruchkosten von 27.727,- € zu zahlen, soweit sie angefallen seien, ferner den Klägern Mietausfall von monatlich 1.400,- € ab dem 14. Dezember 2019 bis zur Erfüllung des Zahlungsantrages zu erstatten.
Die Kläger, so hat es ausgeführt, könnten derzeit eine Entschädigung von 619.036,58 € netto verlangen. Sie hätten die Wiederherstellung sichergestellt. Substantielle Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich des vorgelegten Bauvertrages seien nicht dargetan; der Zeuge N. habe seine Einsetzung als Generalunternehmer bestätigt und, dass er zunächst die Rohbauarbeiten zu erbringen habe; die Kammer habe, auch wenn die Angaben des Zeugen N. dazu nicht vollständig stimmig gewesen seien, keine Bedenken, dass im Anschluss daran auch die weiteren Gewerke beauftragt würden. Der geplante Neubau sei – mit drei Wohnungen in einem vollwertigen Erdgeschoss und einem ausgebauten Dachgeschoss – auch von gleicher Art und Zweckbestimmung; Veränderungen der Grundflächen seien ebenso unerheblich wie die Drehung des Gebäudes, und auf die Linienführung der Zuwegung komme es erst recht nicht an. Dass der Neubau auch ohne Keller eine Tiefgründung erfahre, mache aus dem Neubau kein anderes Wohnhaus; das sei nur der mitversicherten technischen Fortentwicklung geschuldet, und anders als in dem zitierten Fall des OLG Hamm (Tiefgründung anstelle eines Hauses auf gewachsenem Fels und Trümmerschutt) gebe es hier keinen Austausch des Baugrundes, der den Neubau als ein aliud erscheinen lassen könne. Der Beklagte habe nach Rechnung des BGH die volle Neuwertspitze auch dann zu zahlen, wenn die tatsächlichen Aufwendungen – wie hier – geringer seien, dies auch ohne Kürzung um Restwerte, die nach den bindenden sachverständigen Feststellungen wirtschaftlich nicht zu gewinnen seien. – Die Mehrwertsteuer könnten die Kläger indes noch nicht beanspruchen, weil sie noch nicht angefallen sei, § 13 Nr. 6 VGB 2008-SL; das benachteilige einen Versicherungsnehmer nicht unangemessen, weil die Steuer erstattet werde, sobald sie entrichtet worden sei, andernfalls er möglicherweise sogar unziemlich bereichert werde, und auch mit dem zugewandten Nettobetrag könne der Versicherungsnehmer mit der Neuherstellung beginnen.
Derzeit unbegründet sei das Zahlungsbegehren hinsichtlich der Mehrkosten aus Preissteigerung, derjenigen nach EEV, EEWG, BImschG sowie der Aufräum- und Abbruchkosten. Diese seien zwar dem Grunde nach ersatzfähig, setzten jedoch nach § 13 Nr. 4 VGB 2008-SL den Nachweis voraus; insoweit sei aber die hilfsweise erhobene Feststellungsklage zulässig und begründet.
Zu ersetzen sei auch der von den Sachverständigen übereinstimmend mit 29.400,- € ermittelte Mietausfall. Dafür bedürfe es angesichts des vorliegenden Totalschadens und des fehlenden Daches nicht der Räumung der Mietsache. Allerdings hätten die Kläger, die zunächst Ersatz für 11 Monate (5 Monate Sachverständigenverfahren, 6 Monate Planungsphase) verlangen könnten, die Wiederherstellung schuldhaft verzögert und hätten etwa früher einen Bauantrag stellen können. Ihre Verantwortung ende aber mit dem Eintritt des Schuldnerverzuges am 14. Dezember 2019, da zu dieser Zeit aus netto Neuwertschaden von 619.036,58 € und Mietausfall von 15.400,- € noch 310.823,41 € offen gewesen seien, weswegen auf einen entsprechenden Verzugsschaden bis zur Erbringung der geschuldeten Zahlung zu erkennen gewesen sei. Feststellung des Verzugsschadens könnten die Kläger schließlich mangels Bestimmtheit des Antrages – es fehle an der Bestimmung des Verzugseintritts – nicht verlangen.
Hiergegen richten sich die – wechselseitigen – Berufungen der Parteien.
Der Beklagte, der die vollständige Abweisung der Klage erreichen will, rügt, entgegen dem Landgericht könne nicht von einer Sicherstellung der Verwendung der Entschädigungsleistung ausgegangen werden. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der vorgelegte Bauvertrag ein Scheinvertrag sei. Der Zeuge N. habe, was die Kläger nicht einmal bestritten hätten, mit weiteren Unternehmern keine Verträge geschlossen, und habe, wenn er nicht wisse, wer sie mit wem geschlossen habe, auch keine Ahnung von deren Inhalt und Höhe (Bl. 142f.). Der Verweis des Landgerichts auf die vorbereitenden Kosten und die dazu vorgelegten Rechnungen reiche nicht aus (Bl. 144), ebenfalls nicht die für die weiteren Gewerke vorgelegten bloßen Angebote/Ausschreibungen (Bl. 145). Die erforderliche Prognose lasse sich nicht stellen, auch, weil dem Vertrag kein konkretes Leistungsverzeichnis zugrunde liege und das geschuldete Werk nicht ausführlich beschrieben sei (Bl. 172f.).
Was die – weiterhin in Abrede genommene – Gleichartigkeit des neuen Gebäudes angehe, habe das Landgericht seinen, des Beklagten, Hinweis übergangen, dass die Addition der Bodenflächen in den Ausschreibungsunterlagen mit 345 m² über die Angaben im Bauantrag (310 m²) hinausgehe und auch die Massen für Fliesen und Bodenbeläge von 418 m² nicht übereinstimmten (Bl. 145). Unrichtig sei auch, dass die Tiefengründung dem technischen Fortschritt geschuldet sei; richtigerweise sei diese, wie eingewandt, bei einem Wiederaufbau an derselben Stelle (der schon wegen der Drehung um 90° nicht vorliege) nicht notwendig. All das und auch der Verzicht auf den Teilkeller sowie die Veränderung der Zuwegung zeige, dass die Kläger ein völlig anderes Gebäude planten (Bl. 145ff.).
Ohnehin müsse der Differenzbetrag von 91.866,87 € zwischen den sachverständig ermittelten Gesamtkosten und dem Bauvertrag abgesetzt werden; dem BGH (Urteil vom 20. April 2016, IV ZR 415/14) zufolge solle einem Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung nicht zur freien Verwendung zustehen (Bl. 147).
Was den zuerkannten Mietausfall angehe, habe sich das Landgericht nicht mit seinem, des Beklagten, Vortrag auseinandergesetzt, dass unklar geblieben sei, wann die Mietzahlungen eingestellt worden seien und sich der Mietausfallschaden nach mietrechtlichen Vorschriften bestimme (Bl. 148f.).
Was den Feststellungsausspruch im Übrigen angehe, sei die Feststellungsklage schon nicht zulässig; ohne einen Nachweis dieser Positionen fehle es an einer rechtlichen Beziehung aus einem konkreten Sachverhalt (Bl. 149ff.).
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil gegen die Angriffe des Beklagten und begehren ihrerseits, teils erweiternd, weitergehende Zahlung auf die Neuwertspitze und den Mietausfall sowie weitergehende Feststellungen bezüglich des Ersatzes für eine Tiefgründung und Verzugsschäden.
Sie bringen vor, sie könnten bereits jetzt Zahlung der vollen Mehrwertsteuer auf alle sachverständig festgestellten Kostenpositionen verlangen. §§ 13 Nr. 6 VGB 2008-SL sei intransparent und unwirksam; es sei unklar, ob für das Anfallen der Mehrwertsteuer auf die ursprüngliche Herstellung oder auf die Wiederherstellung abgestellt werden solle, unklar sei auch das Verhältnis dieser Klausel zur Wiederherstellungsklausel, deren Zweck es gebiete, dem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Versicherungsnehmer neben den zur Wiederherstellung erforderlichen Mitteln auch sogleich die Umsatzsteuer zur Verfügung zu stellen (Bl. 125ff.). Unwirksam sei, was die Mehrkosten infolge von Veränderungen öffentlich-rechtlicher Vorschriften angehe, auch § 8 Nr. 1 a) VGB 2008-SL („tatsächlich entstandene Mehrkosten“), eine Regelung, die in eklatantem Widerspruch dazu stehe, dass für die Neuwertspitze kein Kostennachweis erforderlich sei (Bl. 128). Nur vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass sich das Landgericht bei den Beträgen für Mehrkosten vertan habe (Bl. 127: um 8 € bei den BImSchG-Kosten und bei denen für behördliche Auflagen [83.782,81 € sei der Gesamtbetrag aller Mehrkosten], weshalb Berichtigung beantragt werde.
In Ansehung des Mietausfalls sei ihnen, den Klägern, entgegen dem Landgericht keine schuldhafte Verzögerung der Wiederherstellung vorzuwerfen. Sie hätten im Oktober 2018 ein Baugrundgutachten eingeholt, der Versuch einer Klärung im Februar 2019 sei erfolglos geblieben, und trotz unzureichender Regulierung hätten sie im Mai 2019 das Büro D. mit der Ausschreibung beauftragt und nach dessen Auswertung Ende September nach einem guten Monat den Bauvertrag abgeschlossen. Soweit das Landgericht auf die Möglichkeit eines Bauantrages schon im Dezember abstellen wolle, habe zu dieser Zeit noch gar nicht festgestanden, ob und welche weitere Regulierung der Beklagte vornehmen werde. Alle Verzögerungen gingen zu Lasten des Beklagten, der folglich Mietausfall ab dem Brandschadensdatum bis zur Fertigstellung schulde (Bl. 129f.). Zu einem Anspruch auf 29.400,- € bis Januar 2020 (auf die allerdings bereits 8.400,- € gezahlt sind) komme ein solcher für die – derzeit – 12 weiteren Monate bis Januar 2021 von (1.400,- € x 12 =) 16.800,- € (Bl. 131).
Was den Verzugsschaden angehe, bedürfe es im Antrag keines konkreten Datums zum Verzugseintritt. Aus der Klagschrift ergebe sich, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung – nämlich an dem vom Landgericht auch selbst herangezogenen 14. Dezember 2019 – bereits Verzug vorgelegen habe. In der Sache sei der Verzugsschaden mit Hinweis auf den Mietausfall und die Teuerung hinreichend begründet worden (Bl. 131f.).
Zu erweitern sei die Klage um die vom Landgericht zu Recht für erstattungsfähig gehaltene Tiefgründung, die im Gutachten (s. S. 9: Mehrkosten erst nach Vorlage statischer Berechnungen und weiterer Baugrunduntersuchungen ermittelbar) erwähnt, aber nicht mitgerechnet worden sei (Bl. 132).
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1.
den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 553.949,87 € (877.562,84 € brutto-Neuwert abzüglich Zahlungen des Beklagten in Höhe von 280.434,76 € und 8.400,- € am 12. Juni 2018 und 34.778,41 € am 31. Januar 2019) zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 4 % auf 542.199,39 € (brutto-Zeitwert S.) vom 30. April 2018 (Schadenstag) bis 12. Juni 2018 (Zahlung Beklagter 280.434,76 € und 8.400,- €), in Höhe von 4 % auf 218.586,22 € vom 1. Februar 2018 bis 13. Dezember 2019 (Verzugseintritt, auch hinsichtlich Neuwertspitze) und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 553.949,67 € ab dem 14. Dezember 2019 abzüglich am 31. Januar 2019 gezahlter Zinsen in Höhe von 2.484,76 €;
2.
a) den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger weiteren Mietausfallschaden i.H.v. 16.800,- € (12 Monate à 1.400,- € vom Februar 2020 bis Januar 2021) zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (16. Januar 2021, Bl. 134);
b) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern weiteren Mietausfall in Höhe von 1.400,- € monatlich ab dem Januar 2021 bis zur Fertigstellung des gemäß diesem Rechtsstreit geplanten Bauvorhabens zu zahlen;
3.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die notwendigen Kosten eine Tiefgründung des gemäß diesem Rechtsstreit geplanten Bauvorhabens zu erstatten;
4.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen Schaden, insbesondere Baukostensteigerungen bis zum Beginn des gemäß diesem Rechtsstreit geplanten Bauvorhabens zu ersetzen, der ihn aus der Nichtzahlung des Betrages gemäß Klageantrag zu 1 bereits entstanden ist und noch entstehen wird, hilfsweise, ab dem 14. Dezember 2019 entstanden ist und noch entstehen wird;
hilfsweise (in dem Umfang, in dem der Senat die vorstehenden Anträge ganz oder teilweise für nicht begründet erachtet und an dem Tenor des angefochtenen Urteils festhält), die Zahlungsmodalitäten des Feststellungsausspruchs dahingehend zu konkretisieren, dass eine Zahlung binnen eines Monats nach Rechnungsvorlage zu erfolgen hat.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Der Beklagte bringt zur Berufung der Kläger vor, die teilweise neu gefassten und neuen Hilfsanträge seien unzulässig (Bl. 164ff.). Was die Zinsen seit Schadensanzeige angehe, so sei der Zinslauf gehemmt, da die Bank erst mit Schreiben vom 31. Mai 2018 (Anlage K 25, Bl. 46) die maßgeblichen Bankverbindungen mitgeteilt habe (Bl. 266).
Die Mehrwertsteuerklausel in § 13 Nr. 6 sei weder unwirksam noch intransparent. Es sei klar, dass es darauf ankomme, ob bei der Wiederherstellung, nach der die Entschädigung berechnet werde, Mehrwertsteuer anfalle (Bl. 167).
Auch Mietausfall könnten die Kläger über die vereinbarte Haftzeit von 24 Monaten hinaus nicht verlangen (Bl. 169), auch bei sofortiger wunschgemäßer Zahlung würde das Gebäude nicht im Februar 2020 fertiggestellt gewesen sein (Bl. 174). Er, der Beklagte, hafte auch nicht aus Verzug (und auch ohnedies keinesfalls bis zur Fertigstellung, Bl. 176), da er seine Regulierungspflicht ordnungsgemäß erfüllt habe (Bl. 170). Irrig seien die Kläger der Überzeugung gewesen, dass der Beklagte verpflichtet sei, jeglicher Planung irgendeines Gebäudes zuzustimmen und sofort die von den Sachverständigen ermittelten Beträge auszukehren (Bl. 170); es sei ihr Problem, wenn sie erst nach dem Gespräch im Februar 2019 begonnen hätten, eine Wiederherstellung zu planen (Bl. 171).
Was die Baukostensteigerungen angehe, so handele sich um eine doppelte Geltendmachung. Schon im Hauptantrag seien Kostenfolge der Preisentwicklung mit 17.679,69 € brutto enthalten. Aus der Übersicht zur Baupreisentwicklung November 2017 bis November 2020 (Anlage BB 1) ergebe sich ein Sinken der Baukosten (Bl. 179; tatsächlich ist das nach Steigerungen [jeweils gegenüber dem Vorjahresmonat] zwischen 3 % und 4,8 % lediglich für den November 2020 [-0,1 %] der Fall).
II.
Die Berufungen beider Parteien haben teilweise Erfolg, dies allerdings mit dem sehr viel besseren Ende für die Kläger, § 513 Abs. 1 ZPO.
Vorweg: Die teilweise erweiterten und neu gefassten Anträge sind ohne weiteres, insbesondere ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig, § 264 Nr. 2 ZPO. Danach ist es als Änderung der Klage (und nur diese unterläge den Voraussetzungen des § 533 ZPO) nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert wird. Das betrifft auch die neu verlangte Tiefgründung; denn auch diese ist Bestandteil eines letztlich demselben Grunde entspringenden Anspruchs auf die mehr oder weniger komplette Neuwertspitze bzw. die Entschädigung des für den Neubau anfallenden Aufwandes. Es betrifft erst recht den Mietausfall, der von Anfang an Teil des erhobenen Zahlungsanspruchs gewesen ist und nunmehr lediglich infolge des Zeitablaufs erweitert worden ist.
A. Neuwertspitze
Die Kläger haben – bei einem unstreitig entschädigungspflichtigen Totalschaden des versicherten Gebäudes – Anspruch auf Zahlung der Neuwertspitze zu einem Betrag von weiteren 312.348,82 €, §§ 13 Nr. 7 Abs. 1, Nr. 1a), Nr. 4, Nr. 6a), 7 Nr. 1, 8 Nr. 1a) VGB 2008-SL.
Nach § 13 Nr. 7 Abs. 1 VGB 2008-SL erwirbt u. a. in der – hier vorliegenden – gleitenden Neuwertversicherung der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil) nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wieder herzustellen oder wieder zu beschaffen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
1.
Zunächst ist – mit dem Landgericht – das von den Klägern geplante Gebäude von gleicher Art und Zweckbestimmung wie das zerstörte Gebäude.
Die hier vorliegende sog. strenge Wiederherstellungsklausel dient der Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstünde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte. Er kann deshalb keine Entschädigung verlangen, wenn er anstelle des zerstörten Gebäudes ein völlig anderes oder völlig anderen Zwecken dienendes errichtet. Andererseits enthält die Wiederherstellungsklausel kein Modernisierungsverbot. Die Anpassung an technischen Fortschritt, moderne Baumethoden und geänderte Bedürfnisse etwa der Betriebsführung soll nicht verhindert werden. Deshalb ist dem Zweck der Wiederherstellungsklausel hinreichend Rechnung getragen, wenn das neu errichtete Gebäude etwa die gleiche Gesamtgröße hat und etwa gleichartigen Zwecken dient wie das alte (vgl. nur Prölss/Martin-Armbrüster, VVG, Kommentar, 31. Auflage, § 93 Rn. 13 – 15 m.w.N).
In diesem Sinne ist eine Gleichartigkeit vorliegend zwanglos gegeben. Das alte Gebäude verfügte über eine große Wohnung im Erdgeschoss und zwei Ferienwohnungen im Dachgeschoss. So ist auch das neue Gebäude ausgelegt. Das alte Gebäude wies eine Nutzfläche von 170,25 m² im Erdgeschoss und eine Nutzfläche von 115,70 m² im Obergeschoss auf. Das beabsichtigte neue Gebäude soll nach dem Bauantrag eine Nutzfläche von 172,35 m² im Erdgeschoss (+1,23 %) und eine Nutzfläche von 137,72 m² im Obergeschoss (+19,03 %) aufweisen. Damit liegt ein insgesamt im Wesentlichen gleich großes Gebäude vor. Dass das neue Haus keinen Teilkeller mehr haben soll, dass die Zufahrt zu diesem Haus verlegt werden soll und dass es sehr wahrscheinlich – wie aus den bindenden Sachverständigengutachten ersichtlich: weil ein neuzeitlicher Massivbau mit einem 150 Jahre alten Friesenhaus nicht vergleichbar ist (SV L. S. 54) – einer Tiefgründung bedarf, ändert an der maßgeblichen hinreichenden Vergleichbarkeit im Hinblick auf Größe und Zweckbestimmung nichts, erst recht nicht der Umstand, dass das Haus um 90° gedreht werden und damit knapp neben der ursprünglichen Stelle auf ein und demselben versicherten Grundstück zu stehen kommen soll.
2.
Die Kläger haben im Sinne der Bestimmung auch hinreichend sichergestellt, dass sie die Entschädigung zu dem Zweck des geplanten Neubaus verwenden werden.
Die Sicherstellung im Streitfall nach den gegebenen Umständen festzustellen, ist weitgehend Sache des Tatrichters. Sie erfordert eine Prognose in dem Sinne, dass bei vorausschauend-wertender Betrachtungsweise eine bestimmungsgemäße Verwendung hinreichend sicher angenommen werden kann. Dementsprechend bedarf es diesbezüglicher Vorkehrungen, die – auch wenn sie keine restlose Sicherheit garantieren – jedenfalls keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung aufkommen lassen, um Manipulationen möglichst auszuschließen. Das wird beispielsweise anzunehmen sein nach verbindlichem Abschluss eines Bauvertrages mit einem leistungsfähigen Unternehmer, wenn die Möglichkeit der Rückgängigmachung des Vertrages nur eine fernliegende ist, oder wenn von der Durchführung des Vertrages nicht ohne erhebliche wirtschaftliche Einbußen Abstand genommen werden kann (std. Rspr. seit BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 – IV ZR 94/03, Rn. 12f. m.w.N; vgl. auch Prölss/Martin-Armbrüster, a. a. o., § 13 VGB 2010, Rn. 4f.).
An diesem Maßstab gemessen hat der Senat ebenso wenig wie das Landgericht vorliegend Zweifel daran, dass die Kläger die beanspruchten Mittel für den Neubau des geplanten Hauses einsetzen werden, §§ 286, 529 ZPO. Die Kläger haben noch vor dem Vorliegen der Ergebnisse des Sachverständigenverfahrens Baugrunduntersuchungen vornehmen lassen. Sie haben sich nach Vorliegen der Gutachten umgehend bemüht, mit dem Beklagten zu klären, welcher Art das neue Gebäude zu sein hat, um die Voraussetzungen für den Erhalt der Neuwertspitze einzuhalten. Sie haben, nachdem der Beklagte eine diesbezügliche Mitwirkung abgelehnt hatte, von sich aus das Baugenehmigungsverfahren für einen – s.o.: – zur Entschädigung berechtigenden Neubau betrieben. Sie haben sodann – und noch vor dem Erhalt der im Juni 2020 erteilten Baugenehmigung – ein Ingenieurbüro mit der Ausschreibung der erforderlichen Leistungen beauftragt. Sie haben im Anschluss daran einen Bauvertrag unterzeichnet, mit dem sie unwiderruflich bei dem Zeugen N. Rohbauarbeiten in einer Größenordnung von gut 285.000,- € in Auftrag gegeben haben. Der Bauvertrag umfasst weiter betragsmäßig die Leistungen, die sich nach der Ausschreibung als die empfehlenswerten für die weiteren Gewerke erwiesen haben. Nach den von dem Beklagten eingeholten Auskünften sollen diese weiteren Gewerke an andere Firmen vergeben werden, wobei der Zeuge N. auf das Ingenieurbüro D. verwiesen haben soll (Bl. 26).
Aus alldem erschließt sich in tatrichterlicher Würdigung zwanglos, dass die Kläger darauf aus sind, das mit erheblichen, sonst verlorenen Mitteln vorangetriebene Bauvorhaben auch tatsächlich umzusetzen. Die Annahme des Beklagten, bei dem vorgelegten Bauvertrag könne es sich um einen bloßen Scheinvertrag handeln, erscheint als fernliegend. Dass der Vertrag, in dem der Zeuge N. als Generalunternehmer sämtliche Leistungen übernommen hat, auch (so plausibel der Zeuge N. zu Protokoll vom 19. November 2020, S. 2, Bl. 77) zur Vorlage bei der Versicherung so gestaltet worden ist, vermag nichts daran zu ändern, dass auch nach den erwähnten Ermittlungen des Beklagten eine Vergabe der weiteren Leistungen im Umfang der Ausschreibung erfolgen soll.
Bei der vorzunehmenden vorausschauend-wertenden Betrachtung ist insoweit nicht zuletzt zu berücksichtigen, dass den Klägern nach den Umständen mehr als das, was sie unternommen haben, auch nicht gut abverlangt werden kann. Im Rahmen des bekanntermaßen von Treu und Glauben bestimmten Versicherungsverhältnisses (vgl. nur Prölss/Martin-Armbrüster, a. a. o., Einleitung I, Rn. 245ff.) ist der Beklagte selbstverständlich gehalten, im Interesse der Realisierung der grundsätzlich versprochenen Neuwertspitze mit den Klägern zu kooperieren. Das schließt es ein, ihnen auf Frage Auskunft darüber zu geben, ob ein von ihnen geplantes Vorhaben die Voraussetzungen für die Erlangung der Neuwertspitze erfüllt oder nicht. Lehnt der Versicherer es – so das Verhalten der Vorstandsvorsitzenden S. nach der nicht infrage gestellten Darstellung des Klägers aus seinem Schreiben vom 24. Februar 2019 (Anlage B 1, S. 3, Bl. 33) – als „völlig abwegig“ ab, vor Erteilung der Baugenehmigung über das Hauskonzept zu verhandeln und stellt er darüber hinaus (vgl. a.a.O., S. 3, Bl. 34) das – s.o.: ohne weiteres billigungswerte – Hauskonzept infrage, so kann von einem Versicherungsnehmer nicht gut erwartet werden, dass er in Unsicherheit darüber, ob sein Versicherer für sein Vorhaben mehr als den bisher ausgekehrten gekürzten Netto-Zeitwert zu zahlen bereit ist, eine unumkehrbare Verpflichtung im Umfang einer derart ungedeckten knapp halben Million € eingeht.
3.
Den Klägern steht daraus ein fälliger Zahlungsanspruch in Höhe von weiteren 312.348,82 € zu, §§ 13 Nr. 1a), Nr. 4, Nr. 6a), 7 Nr. 1, 8 Nr. 1a) VGB 2008-SL.
Nach § 13 Nr. 1a) VGB 2008-SL sind im Versicherungsfall Grundlage der Entschädigungsberechnung bei zerstörten Gebäuden die ortsüblichen Wiederherstellungskosten des Gebäudes (einschließlich der Architektengebühren sowie sonstige Konstruktions- und Planungskosten) bei Eintritt des Versicherungsfalles. Nach § 13 Nr. 6a) VGB 2008-SL wird die Mehrwertsteuer nicht ersetzt, wenn der Versicherungsnehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, und es gilt das gleiche, wenn der Versicherungsnehmer Mehrwertsteuer tatsächlich nicht gezahlt hat. Nach § 8 Nr. 1a) VGB 2008-SL ersetzt der Versicherer die tatsächlich entstandenen Mehrkosten infolge von Veränderungen der öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Gesetze und Verordnungen), die zwischen Errichtung bzw. letztmaliger genehmigungspflichtiger Baumaßnahme am betroffenen Gebäudeteil und dem Versicherungsfall in Kraft getreten sind. Nach § 7 Nr. 1 VGB 2008-SL sind versichert auch die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen Kosten für das Aufräumen und den Abbruch versicherter Sachen sowie für das Wegräumen und den Abtransport von Schutt und sonstigen Resten dieser Sachen zum nächsten Ablagerungsplatz und für das Ablagern und Vernichten. Nach § 13 Nr. 4 VGB 2008-SL ist Berechnungsgrundlage für die Entschädigung versicherter Kosten (Abschnitt A § 7) der Nachweis tatsächlich angefallener Kosten.
Nach diesen Maßgaben können die Kläger allerdings nicht, wie sie verlangen, als Versicherungsleistungen den von den Sachverständigen ermittelten vollen Bruttobetrag von 877.562,84 € beanspruchen, sondern – ausgehend von einem netto Neuwertschaden von 619.036,58 € (Gutachten S., S. 17; K 9) und bereits gezahlter Umsatzsteuer – lediglich (aber auch immerhin)627.561,99 €, woraus sich unter Berücksichtigung der darauf geleisteten Zahlungen des Beklagten von bisher 315.213,17 € (erst rund der Hälfte des fälligen Betrages) ein restlicher Anspruch von 312.348,82 € ergibt. Im Einzelnen:
a)
Zunächst sind nicht erstattungsfähig die mit 14.856,88 € netto (= 17.679,69 € brutto) ermittelten Mehrkosten infolge Preissteigerung.
Gemäß § 13 Nr. 1a) VGB 2008-SL sind maßgeblich die Wiederherstellungskosten bei Eintritt des Versicherungsfalles. Eine Klausel, nach der Mehrkosten durch Preissteigerungen bis zur Fertigstellung ersetzt werden, enthalten die Bedingungen nicht. Vielmehr ist – insoweit ersichtlich kompensatorisch – in § 14 Nr. 3 VGB 2008-SL eine Verzinsung von einem Prozentpunkt unter dem Basiszinssatz, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % bestimmt, und zwar (gemäß lit. a) für den Zeitwert ab der Schadensanzeige und (gemäß lit. b) für die Neuwertspitze ab dem Zeitpunkt der Sicherstellung.
Nichts anderes folgt insoweit auch aus dem Umstand des Sachverständigenverfahrens, in dem derartige Mehrkosten ausgewiesen worden sind. Nach § 15 Nr. 5 Abs. 2 VGB 2008-SL sind die Feststellungen der Sachverständigen verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, dass sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Schon aus dieser Formulierung („Sachlage“) folgt, dass sich die Verbindlichkeit nicht auf die Rechtsfrage erstrecken kann, ob Mehrkosten infolge Preissteigerungen ersatzfähig sind oder nicht (vgl. allgemein auch Prölss/Martin-Voit, a. a. o., § 84 VVG Rn. 21 m.N.).
b)
Nicht ohne weiteres erstattungsfähig sind auch die Aufräum- und Abbruchkosten von 23.300,- € netto (= 27.727,- € brutto), § 7 Nr. 1, 13 Nr. 4 VGB 2008-SL, die des Nachweises bedürfen, an dem es bislang fehlt.
Gemäß § 13 Nr. 4 VGB 2008-SL ist Berechnungsgrundlage für die Entschädigung versicherter Kosten (Abschnitt A § 7) der Nachweis tatsächlich angefallener Kosten unter Berücksichtigung der jeweils vereinbarten Entschädigungsgrenzen. Aus dieser Bestimmung folgt unzweideutig, dass der Ersatz nicht – und zwar weder brutto noch auch nur netto – im Vorwege erfolgt, sondern eben nur auf einen besonderen Nachweis.
In dieser – in ihrem Wortlaut völlig unzweideutigen Regelung – liegt entgegen der Auffassung der Kläger weder eine unangemessene Benachteiligung noch ein Widerspruch zur Wiederherstellungsklausel. Aufräum- und Abbruchkosten entstehen stets zu Beginn einer Wiederherstellung. Zu diesem Zeitpunkt wird regelhaft der Versicherungsnehmer bereits den Zeitwert erhalten haben. Damit stehen ihm regelmäßig ausreichende Mittel für die Begleichung der Aufräum- und Abbruchkosten zur Verfügung. Steht – wie hier – der ersatzfähige Betrag aufgrund des Sachverständigenverfahrens fest, geht er mit einer Beauftragung keinerlei Risiko ein und kann er mit der Vorlage der Rechnung umgehende Regulierung erwarten. Sollte das eine oder andere ausnahmsweise nicht der Fall sein (es also an den nötigen Mitteln oder aber der Feststellung des ersatzfähigen Betrages fehlen), steht es ihm – wie bei jeder konkreten Schadensregulierung – frei, vor der Erteilung eines entsprechenden Auftrags dem Versicherer das eingeholte Angebot zur Billigung und hernach die Rechnung zur Ausgleichung oder Erstattung herzureichen. Daneben hat er die Möglichkeit, nach der nachgewiesenen Erteilung eines Auftrags Abschlagszahlungen zu verlangen, § 14 Nr. 1a) VGB 2008-SL.
c)
Weiter können die Kläger die Erstattung der Mehrwertsteuer nur insoweit verlangen, als sie bisher tatsächlich angefallen ist; das betrifft hier einen Betrag von 8.525,41 €. Das ergibt sich aus § 13 Nr. 6 a) VGB 2008-SL.
aa)
Die Bestimmung ist, wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, nicht unklar, und sie stellt auch in Verbindung mit der Wiederherstellungsklausel keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar.
Jedem erwachsenen Menschen, der gehalten ist, seine Rechnungen für Leistungen zu bezahlen, die er von Unternehmen bezieht, ist klar, dass dabei Umsatzsteuer anfällt. Das ist so bei einem Restaurantbesuch, das ist so, wenn man etwa Unterhaltungselektronik einkauft, das ist so, wenn man Handwerksleistungen in Auftrag gibt, das ist so, wenn man seine Netflix- oder Mobilfunkrechnung betrachtet. Ebenso klar ist umgekehrt, dass es Vorgänge gibt, bei denen keine Umsatzsteuer anfällt, so etwa bei Eigenleistungen, Freundschaftsdiensten oder Schwarzarbeit. Liest ein Versicherungsnehmer vor diesem selbstverständlichen lebensweltlichen Hintergrund, dass Mehrwertsteuer nicht ersetzt wird, wenn er sie tatsächlich nicht gezahlt hat, so wird sich ihm in einem Zusammenhang, in dem es darum geht, in welchem Umfang sein Versicherer ihm für einen Sachschaden Entschädigung zu leisten hat, zwanglos erschließen, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer davon abhängt, dass sie bei der Reparatur oder Schadensbeseitigung bei ihm auch tatsächlich angefallen ist; denn nur dann hat er eine entsprechende Vermögenseinbuße, die der Kompensation bedarf.
Demgegenüber kann er bei verständiger Lektüre der Bedingungen nicht auf den – von Klägerseite (Bl. 125) mit Nachweisen (Bruck/Möller-Jula, VVG, 9. Auflage, § 12 VHB 2010 [zur Hausratversicherung]; Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Auflage 2015, § 13 VGB 2010 Rn. 8) angeführten Gedanken kommen, es könne möglicherweise auch darauf ankommen, dass die Mehrwertsteuer bei der ursprünglichen Anschaffung gezahlt worden ist. An keiner Stelle der Bedingungen spielt, wie er bei näherer Befassung unschwer erkennen wird, für die Entschädigungsberechnung der Anschaffungswert eine Rolle. Und ein Abstellen darauf ist, wenn denn – erkennbar – die Bedingungen auf die Ermittlung des zu ersetzenden Wiederherstellungsaufwandes abstellen, auch offenbar sinnwidrig. Das gilt umso mehr im Bereich der privaten Wohngebäudeversicherung, da beim Erwerb eines Hausgrundstücks in aller Regel – Ausnahme: bei einem selbst beauftragten Neubau – Mehrwertsteuer nicht anfällt. Zweifel kann man aus Sicht des Senates an den inhaltlich und sachlich völlig klaren Mehrwertsteuerklauseln nur dann haben, wenn man historisch dabei ansetzt, dass vor der im Jahre 2002 (also vor knapp 19 Jahren) eingeführten Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB sich eine versicherte Regulierung vorbehaltlich einer entsprechenden Klausel brutto verstand (vgl. nur Prölss/Martin-Armbrüster, a. a. o., vor § 74 VVG Rn. 102 m.w.N). Dass indes dem bürgerlich-rechtlichen Schadensrecht insoweit keine Leitbildfunktion für das Versicherungsrecht zukommt (BGH, Urteil vom 24. Mai 2016, IV ZR 263/03, VersR 2006, 1066, Rn. 17), weiß ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht und muss er auch nicht wissen und kann daher für sein Verständnis der Bedingungen auch nicht maßgeblich sein.
Der Senat vermag auch nicht der Auffassung (Prölss/Martin-Armbrüster, a. a. o., vor § 74 VVG Rn. 103) zu folgen, dass es der Zweck der Wiederherstellungsklausel gebiete, dem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Versicherungsnehmer die Umsatzsteuer schon bei Sicherstellung der Wiederherstellung zu zahlen. Ein Versicherungsnehmer bedarf für die Realisierung der Reparatur oder Wiederherstellung regelmäßig nicht schon der vollen Vorauszahlung der Mehrwertsteuer. Bauleistungen werden nacheinander ausgeführt. Entsprechend werden auch die zugehörigen Werklohnforderungen sukzessive fällig. Auch sind im Baugewerbe Abschlagsrechnungen üblich. Mit dem vorab auszuzahlenden Zeitwert stehen dem Versicherungsnehmer typischerweise erhebliche Mittel – nämlich 100/119tel = 84,03 % des entstehenden Bruttobetrages – zur Verfügung, und er kann diese Mittel leicht aufstocken, indem er vorliegende (Abschlags-)Rechnungen nach und nach zur Regulierung einreicht. Damit wird ihm in aller Regel genügende Liquidität zur Verfügung stehen.
Eine Erstattung der Mehrwertsteuer ohne entsprechenden Nachweis erscheint darüber hinaus auch deshalb als nicht geboten, sondern vielmehr kontraindiziert, weil andernfalls – worauf insoweit der Beklagte zu Recht verweist – die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Bereicherung des Versicherungsnehmers besteht. Das ist besondere dann der Fall, wenn – wie hier – die veranschlagten Mittel für die Wiederherstellung diejenigen, die sachverständig ermittelt worden sind, unterschreiten. Es besteht kein guter Grund dafür (und ist schon gar nicht nach dem Zweck der Wiederherstellungsklausel geboten), dem Versicherungsnehmer diesen „Mehrwert“ – im vorliegenden Fall wären das nach der Vorstellung der Kläger (742.141,39 [Gutachten netto] ./. 637.543,08 € [Bauvertrag netto] = 120.753,19 € x 19%=) immerhin 22.943,11 € glattweg einfach so zu gewähren.
bb)
Allerdings steht den Klägern Mehrwertsteuer auf jene Leistungen zu, die sie unter Einhaltung der von den Sachverständigen bestimmten Werten einschließlich Mehrwertsteuer bisher bezahlt haben. Das betrifft nach dem Anlagenkonvolut K 15 die Rechnung vom 23. Oktober 2018 für den Bauzaun (Mehrwertsteueranteil 10,40 €), die Rechnungen vom 10. Oktober 2018 (272,19 €) und vom 7. Mai 2019 (180,50 €) für Baugrunduntersuchungen, die Schlussrechnung des Architekten vom 26. Juli 2019 (6.570,82 €) sowie die Ingenieursrechnungen vom 9. Mai 2019 (1.330,- €) und 27. Juli 2019 (161,50 €). Die genannten Beträge summieren sich auf 8.525,41 €.
d)
(Derzeit noch) nicht zu ersetzen sind die ermittelten „Mehrkosten durch behördliche Auflagen“ von netto 33.081,11 € (= brutto 39.366,52 €).
Nach § 8 Nr. 1a) VGB 2008-SL ersetzt der Versicherer die tatsächlich entstandenen Mehrkosten infolge von Veränderungen der öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Gesetze und Verordnungen), die zwischen Errichtung bzw. letztmaliger genehmigungspflichtiger Baumaßnahme am betroffenen Gebäudeteil und im Versicherungsfall in Kraft getreten sind.
Der Wortlaut der Bestimmung – „tatsächlich entstanden“ – lässt klar erkennen, dass die entsprechenden Kostenpositionen real angefallen sein müssen, um ersetzt werden zu können. Das ist hier noch nicht der Fall. Die Positionen können daher allein Gegenstand der gestellten Feststellungsanträge sein.
e)
Es ergibt sich mithin folgende Rechnung:
Wohnhaus netto (Anlage K 9, S. 17) 619.036,58 €
angefallene Mehrwertsteuer 8.525,41 €
fällige Entschädigungsleistung 627.561,99 €
./. Zahlung vom 12. Juni 2018 280.434,76 €
./. Zahlung vom 31. Januar 2019 34.778,41 €
Restforderung 312.348,82 €
f)
Dieser Restbetrag wird, anders als der Beklagte will, nicht etwa deshalb noch gekürzt, weil der von den Klägern vorgelegte Bauvertrag die von den Sachverständigen veranschlagten Kosten nicht erreicht. Unabhängig davon, dass zu dem Betrag noch eine nicht unerhebliche Summe an Mehrwertsteuer und etwa auch noch die zum Nachweis abzurechnenden Kosten kommen können und annehmbar werden und darüber hinaus, wie noch auszuführen sein wird, die Kosten sich auch noch durch eine Tiefgründung erhöhen können, kommt es bei der Gewährung der Neuwertspitze – abgesehen von der Mehrwertsteuer – nicht darauf an, dass der tatsächlich am Ende aufgewandte Betrag auch dem sachverständig ermittelten entspricht. Der BGH hat sich in der Entscheidung vom 20. Juli 2011 (IV ZR 148/10, VersR 2011, 1180) ungeachtet des Wortes „verwenden wird“ in der sog. strengen Wiederherstellungsklausel dahin festgelegt, dass § 15 Nr. 4 Satz 1 VGB 88 aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers dahin auszulegen ist, dass der Versicherer die Neuwertentschädigung hinsichtlich der wiederbeschafften und wiederhergestellten Sachen auch dann zu zahlen hat, wenn die tatsächlichen Aufwendungen günstiger waren als der Neuwert oder sogar den Zeitwert unterschritten (Rn. 15 m.w.N.). Das vom Beklagten für seine Auffassung noch angeführte Urteil des BGH vom 20. April 2016 (IV ZR 415/14, VersR 2016, 850) betrifft den anders gelagerten Fall, dass der Versicherungsnehmer die Neuwertspitze für ein wesentlich größeres Haus hat beanspruchen wollen; die Bemerkung des BGH zur freien Verwendbarkeit als unerwünschtem Vermögensvorteil(Rn. 12) bezieht sich auf das gänzlich andere Problem, ob es die Wiederherstellungsklausel dem Versicherungsnehmer – wie nicht – erlauben soll, beim Neubau eines wesentlich vergrößerten (und damit nicht mehr gleichartigen) Hauses die Neuwertentschädigung gleichsam als Sockel beanspruchen zu dürfen, wenn er nur die durch die Erweiterung oder wesentlichen Veränderungen des Neubaus ausgelösten Mehrkosten selbst trägt.
B. Mietausfall
Den Klägern steht des Weiteren ein Anspruch auf Ersatz ihres Mietausfalls im Umfang von 37.800,- € für die Zeit vom Mai 2018 bis (so beantragt) einschließlich Januar 2021 zu.
1.
Zu einem Betrag von 25.200,- € folgt dies aus einem vertraglichen Anspruch in Höhe von 33.600,- €, §§ 9 Nr. 1 a), 13 Nr. 5, VGB 2008-SL i.V.m. Klausel Top-8 Nr. 2 (Versicherungsschein S. 1), auf den (was die Kläger weiterhin rechnerisch nicht berücksichtigen) die Teilleistung des Beklagten von 8.400,- € anzurechnen ist.
Nach § 9 Nr. 1a VGB 2008-SL ersetzt der Versicherer den Mietausfall einschließlich fortlaufender Mietnebenkosten, wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalles zu Recht die Zahlung der Miete ganz oder teilweise eingestellt haben. Nach § 13 Nr. 5 ersetzt der Versicherer den versicherten Mietausfall bis zum Ende der vereinbarten Haftzeit. Diese Haftzeit beträgt nach der erwähnten Klausel „bis zu 24 Monate seit Eintritt des Versicherungsfalles“. Dieser Termin ist der 30. April 2020.
Den Klägern ist – offensichtlich – seit dem Brand ein Mietausfall für jedenfalls die versicherten zwei Jahre, also von 33.600,- € entstanden. Die Erdgeschosswohnung war für 1.400,- € monatlich dauerhaft vermietet. Infolge des Totalschadens des Hauses, dem u.a. das komplette Dach fehlte, konnten die Kläger keine Miete mehr verlangen, dies schon deshalb nicht, weil sie ihre synallagmatische Verpflichtung, ihren Mietern den Gebrauch der Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu gewähren, § 535 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BGB, nicht ansatzweise mehr erfüllen konnten, und entsprechend konnten die Mieter, die, da sie dort nicht weiter wohnen konnten, ausgezogen sein müssen und mit denen annehmbar ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden ist, die Miete ab dem Brandtag auf 0 € mindern, § 536 BGB (so richtig auch U 13).
Der Erstreckung der Ersatzpflicht auf 24 Monate stehen nicht etwa verbindliche Feststellungen der Sachverständigen entgegen. Diese konnten naturgemäß keine Feststellung über die konkrete Dauer des Wiederaufbaus treffen; ohnehin ist die Frage, ob und in welchem Umfang der Mietausfall auf der Grundlage der Bedingungen ersatzfähig ist, eine Rechtsfrage.
Dem Anspruch kann auch nicht entgegenhalten werden, dass die Kläger die mögliche Wiederbenutzung schuldhaft verzögert hätten, § 9 Nr. 2b VGB 2008. Der Beklagte unternimmt das nicht einmal, sondern hat sich nur damit verteidigt, dass der Mietausfall „nicht dargetan“ sei. Die vom Landgericht statt seiner für eine Kürzung gegebene Begründung überzeugt den Senat nicht recht. Ein Verschulden lässt sich nicht gut daraus herleiten, dass schon nach Vorliegen des Sachverständigenverfahrens ein Bauantrag hat gestellt werden können. Bei einem Schaden in der Größenordnung wie vorliegend ist es nur verständlich, wenn die Kläger zuvor eine Abstimmung mit dem Beklagten versuchen, ebenso verständlich, dass sie nach einem diesbezüglich fruchtlosen Gespräch, in dem sich der Beklagte, wie schon erörtert, vertragswidrig der nötigen Kooperation verweigert hat, einige Zeit brauchten, um sich darüber klar zu werden, wie sie weiter vorgehen. Allein, dass dadurch die von den Sachverständigen knapp und ohne Rücksicht auf die schon durch das – zulässige – Sachverständigenverfahren verstrichene Zeit abstrakt kalkulierten 21 Monate überschritten worden sind, gereicht den Klägern nicht zum Verschulden.
2.
Im Übrigen – wegen weiterer 9 Monate vom Mai 2020 bis (so verlangt) Januar 2021 – folgt der Anspruch auf Ersatz des Mietausfallschadens aus Verzug, §§ 280, 286 BGB. Insoweit steht hier noch die Zeit ab dem Mai 2020 in Rede. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte im Prozess längst jede weitere Leistung ernsthaft und endgültig abgelehnt. Mit den bisher lediglich geleisteten 315.213,17 €, die (s.o. A.) nur etwa die Hälfte des per Dezember 2019 geschuldeten Betrages darstellten, konnten die Kläger einen Neuaufbau des Hauses nicht in Angriff nehmen. Sie durften vielmehr zuwarten, bis ihr Anspruch gegenüber dem Beklagten in einem Maße geklärt wäre, dass sie davon ausgehen konnten, den Neubau im Wesentlichen mit der Versicherungsleistung ins Werk setzen zu können. Der weitere Mietausfall beruht insoweit auf der schuldhaften Zahlungsverweigerung des Beklagten, der ihn füglich bis einschließlich Januar 2021 zu ersetzen hat. Das sind weitere 12.600,- €.
3.
Rechnerisch ergibt sich vertraglicher Anspruch 33.600,00 €
Anspruch aus Verzug 12.600,00 €
Zwischensumme 46.200,00 €
./. Zahlung 8.400,00 €
Fälliger Anspruch auf Mietausfall 37.800,00 €
C. Zinsen
Auf die bis hierhin diskutierten Ansprüche stehen den Klägern Zinsen zu, und zwar in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Im Einzelnen:
Die Kläger hatten Anspruch auf Zinsen in Höhe von 4 % auf 355.615,86 € (gemittelter netto Zeitwert der „puren“ Wiederherstellungskosten 326.215,86 € zzgl. des „festgestellten“ Mietausfalls von [21 x 1.400,- € =] 29.400,- €) für die Zeit vom 30. April 2018 bis zum 12. Juni 2018; dies beruht auf § 14 Nr. 3 VGB 2008-SL. Insoweit ist entgegen dem Einwand des Beklagten auch unbeachtlich, dass erst zu Ende Mai 2018 von der Bank das Konto angegeben worden ist, auf das zu zahlen war. § 14 Nr. 3 a) sieht eine Verzinsung ab der Schadensanzeige vor, und dies zu dem schon erörterten Zweck der Kompensation von Preissteigerungen und ohne Rücksicht darauf, ob die Entschädigungsleistungen gemäß §§ 14 Nr. 1a) VGB 2008 [mit Abschluss der Feststellungen des Versicherers] fällig geworden sind oder nicht; entsprechend hat der Beklagte auch in seiner Abrechnung vom 31. Januar 2019 [Anlage K 8] zwanglos Zinsen ab dem 30. April 2018 gezahlt). Der Anspruch beläuft sich bei 42 Zinstagen auf 1.659,54 €.
Die Kläger hatten ferner Anspruch auf Zinsen in Höhe von 4 % auf 66.781,10 € (355.615,86 € ./. 280.434,76 € ./. 8.400,- €) für die Zeit vom 13. Juni 2018 bis zum 31. Januar 2019, an dem die genannten Abzugsbeträge gezahlt worden sind. Der Anspruch beläuft sich bei 227 Zinstagen auf 1.684,37 €.
Auf diesen Zinsanspruch zum Gesamtbetrag von 3.343,91 € hat der Beklagte am 31. Januar 2019 2.484,87 € gezahlt. Damit sind die vorgenannten Zinsansprüche bis auf einen Restbetrag von 859,04 € erloschen.
Weiter stehen den Klägern Zinsen zu in Höhe von 4% auf 32.002,69 € (66.781,10 € ./. 34.778,41 €) vom 1. Februar 2019 bis zum 13. Dezember 2019. Das sind bei 312 Zinstagen weitere 1.109,43 €.
Beide Beträge zusammen ergeben den – sog. ausgerechneten – Zinsanspruch von 1.968,47 €.
Es verbleibt daneben der Anspruch aus Verzug mit der Zahlung der Neuwertspitze in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 312.348,82 € ab dem 14. Dezember 2019 und der Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen auf den weiter verlangten Mietausfall von 1.400,- € (fällig bis dahin über die bereits abgehandelten Ansprüche hinaus nur der Anspruch für Januar 2020) ab dem 16. Januar 2020 (Rechtshängigkeit, Bl. 134) und von nochmals später verlangtem Mietausfall für die Zeit von Februar 2020 bis Januar 2021 von (12 x 1.400,- € =) 16.800,- € seit dessen Rechtshängigkeit (Tag nach der Zustellung der Berufungsbegründung am 15. Januar 2021 [ERV-Heft]).
D. Feststellung betreffend weiterer gebäudebezogener Positionen
Darüber hinaus können die Kläger die Feststellung verlangen, dass ihnen der Beklagte weitere Positionen zu erstatten hat, sofern diese anfallen.
Entgegen der Einwände des Beklagten sind die (teils hilfsweisen) Feststellungsanträge der Kläger zulässig, §§ 256, 259 ZPO. In Gestalt des vielgestaltigen Anspruchs auf die Neuwertspitze besteht ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis; und ein Interesse daran, den Umfang der ggf. zukünftigen Leistungspflicht des Beklagten feststellen zu lassen, folgt zwanglos schon daraus, dass der Beklagte in Abrede stellt, dass die Kläger überhaupt weitere Ansprüche stellen könnten, im Übrigen daraus, dass ein Interesse an der Hemmung der Verjährung besteht.
1.
Festzustellen ist insoweit zunächst, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Aufräum- und Abbruchkosten einschließlich Mehrwertsteuer zu erstatten, soweit diese Kosten angefallen sind, dies auch mit der im Berufungsrechtszug angebrachten Maßgabe, dass eine Erstattung binnen eines Monats nach Rechnungsvorlage zu erfolgen hat (s.o. A. 3. b).
2.
Festzustellen ist des Weiteren, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die etwa notwendigen Kosten einer Tiefgründung für das geplante Bauvorhaben zu erstatten.
Die diesbezügliche Klageerweiterung ist ohne weiteres zulässig, § 264 Nr. 2 ZPO (s.o. eingangs).
Nach den Angaben der Gutachter (L. S. 54, S. S. 22) können insoweit Mehrkosten entstehen, die im Zuge der Wiederaufbauplanung erfasst werden sollten. Über diese Position ist danach im Sachverständigenverfahren noch keine Feststellung getroffen worden. Gelangen die Gutachter, verfahrensergänzend, dazu, dass – was dem Senat angesichts eines Neubaus in … hoch wahrscheinlich erscheint – eine Tiefgründung notwendig ist, wären die Kosten als notwendige Kosten der Wiederherstellung zu erstatten, und zwar nach der Feststellung mit dem Nettobetrag und nach Ausgleichung der entsprechenden Rechnung auch bezüglich der Mehrwertsteuer.
3.
Festzustellen ist darüber hinaus, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die im Zuge der Durchführung des Bauvorhabens auf die beauftragten Gewerke entstandene Mehrwertsteuer zu erstatten (s.o. A. 3. c).
Bei einem im Sachverständigenverfahren bindend festgestellten maximalen Neuwertschaden ohne Aufräumkosten und Mietausfall von 689.441,88 € netto ergibt sich ein Mehrwertsteuerbetrag von maximal 130.993,96 €. Abzüglich bereits zur Zahlung zuerkannter Mehrwertsteuer von 8.525,41 € verbleibt ein „Deckelbetrag“ von 122.468,55 €.
4.
Festzustellen ist schließlich, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern etwaige Mehrkosten für eine Prüfung eines etwaigen Kachelofens (1.342,97 € brutto) sowie einer etwaigen zentralen Lüftungsanlage (13.950,29 € brutto) sowie Mehrkosten aus der EnEV (betreffend Dichtungsmaßnahmen des Bauwerkes, der Außenwände, Fenster und Decken) zu erstatten, soweit sie anfallen.
Die Positionen sind jetzt noch nicht zu ersetzen, weil (wie oben zu A. 3. d ausgeführt) die Kosten bisher tatsächlich noch nicht entstanden sind. Daraus ergibt sich als Minus der Anspruch auf Feststellung ihrer Ersatzfähigkeit im Falle ihres Anfallens.
Klarstellend ist indes, was das Procedere angeht, darauf hinzuweisen, dass ein rechnungsmäßiger Nachweis nicht unbedingt erforderlich ist, sondern es genügt, dass die Kosten entstanden sind. In § 13 Nr. 4 VGB 2008-SL, der die Nachweispflicht regelt, wird (aus welchen Gründen auch immer abweichend von den Musterbedingungen), nur auf § 7, also die Aufräumkosten, nicht aber auf § 8, die Mehrkosten, verwiesen. Demgemäß wird man bei den bezeichneten Mehrkosten aufgrund Vorschriftenänderungen nach dem Sinn und Zweck auch darauf abstellen können, dass es sich – ungeachtet eines Ausweises in einer Rechnung – um jedenfalls und zwingend entstandene Positionen handelt – solchenfalls wäre das Verlangen eines Nachweises bloße Förmelei – oder ob das nicht der Fall ist – dann ist ein Nachweis erforderlich. Das führt im vorliegenden Fall zu folgendem:
Unter der Position 4.2.2.1, die die Mehrkosten aus der EnEV umfasst, fasst der Sachverständige L. Dichtungsmaßnahmen des Bauwerkes, der Außenwände, Fenster und Decken. Diese Leistungen werden bei der Neuerrichtung des Gebäudes, weil sie von Gesetzes wegen vorgeschrieben sind, zwingend anfallen. Für sie werden, da sie jeweils nur Teilleistungen aus den Maurer- und Zimmererarbeiten darstellen, auch keine separaten Rechnungen erstellt werden; bei den Fenstern wird annehmbar die „Mehrleistung“ noch nicht einmal gesondert in einer Rechnung ausgewiesen. Alles das rechtfertigt es, dass die Position mit dem angegebenen Betrag – freilich ohne Preissteigerungen – von netto 30.916,92 € zum entsprechenden Bruttobetrag von 36.791,13 € zu ersetzen ist, wenn der Rohbau mehrwertsteuerpflichtig fertiggestellt bzw. – was diese betrifft – die Fenster mehrwertsteuerpflichtig eingesetzt worden sind.
Was die (vom Sachverständigen L. [S. 53f.] berechneten und vom Sachverständigen S. übernommenen) weiteren „Mehrkosten aus der 1. BImschGV“ zur Pos. 4.2.2.3 angeht, so wird dort ein Kachelofen für eine Ganzhausheizung angesetzt. Dieser Kachelofen ist indes mit dem nämlichen Betrag von 6.714,84 € bereits Bestandteil der zuvor unternommenen Kostenberechnung [S. 43]. Die auf S. 53 weiterhin Ansatz gebrachten Mehrkosten durch Preissteigerung sind, wie bereits erörtert, nicht zu berücksichtigen. Es verbleibt ein dort geschätzter Betrag für die Prüfung von ca. 20 % des Preises des Kachelofens, mithin ein Betrag von 1.342,97 €. Diese Position wäre nur dann zu ersetzen, wenn die Kläger die tatsächliche Erstellung eines Kachelofens und dessen Prüfung belegen; derzeit ist allerdings – Vortrag dazu halten die Kläger ohnehin nicht – aus den Angeboten, die Bestandteil des Bauvertrages sind, nicht zu ersehen, dass ein Kachelofen überhaupt geplant wäre.
Unter den „Mehrkosten aus dem E“ hat zu Position 4.2.2.2 der Sachverständige L. (S. 52) kalkulatorisch den Einbau einer zentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung angesetzt. Eine solche Lüftungsanlage ist in der Planung vorgesehen. Sie ist Gegenstand des in den Bauvertrag einbezogenen Angebotes der Firma W. vom 23. April 2019 (Anlagenkonvolut K 14, 2. Abschnitt Nr. 3) über 11.993,- € netto. Die bei der Position daneben angesetzten Preissteigerungen sind allerdings, wie schon ausgeführt, nicht zu ersetzen. Entsprechend können die Kläger die sachverständig bestimme Summe von 11.722,97 € netto zu dem entsprechenden Bruttobetrag von 13.950,30 € verlangen, wenn die Kosten entstanden sind.
E. Verzögerungsschaden
Weitestgehend zu Recht begehren die Kläger schließlich die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern weiteren monatlichen Mietausfall sowie sämtlichen weiteren Schaden, insbesondere Baukostensteigerungen zu ersetzen.
Die Ersatzpflicht setzt einen Schadensersatzanspruch aus Verzug des Beklagten voraus. Verzug ist hier am 14. Dezember 2019 eingetreten: Nachdem der Beklagte sich auf das Forderungsschreiben vom 15. November 2019 zur Sache nicht geäußert hat, lag in der klägerseits gewährten Verlängerung der Äußerungsfrist bis zum 13. Dezember 2019 eine verzugsbegründende Mahnung, § 286 Abs. 1 BGB.
1.
Im Hinblick auf den Mietausfall kann auf die Ausführungen zu B. 2. zum Verzug des Beklagten verwiesen werden.
Allerdings ist der Anspruch insoweit – wie das Landgericht („bis zur Erfüllung des Zahlungsantrages“, U 2) im Grunde richtig gesehen hat und zutreffend auch der Beklagte einwendet – begrenzt und erstreckt sich nicht, wie beantragt, bis zur Fertigstellung des Gebäudes. Nach den vertraglichen Vereinbarungen ist die Erstattung des Mietausfalls begrenzt. Sie beträgt auch dann nur 24 Monate, wenn, was immer einmal vorkommen kann, die Wiederherstellung länger dauert. Das allein geht nicht schon zu Lasten des Beklagten. Um den Verzögerungsschaden zu erfassen, ist daher auf den Zeitraum des Verzuges des Beklagten abzustellen, und dieser reicht vom Zeitpunkt seines Eintritts (am 14. Dezember 2019) bis zu dem Zeitpunkt, da die Kläger in der Gewissheit einer Zahlung die Arbeiten am Neubau aufnehmen können, also entweder bis zur Erfüllung der fälligen Zahlungsansprüche oder aber bis zur Rechtskraft einer Entscheidung darüber (denn mit letzterem steht fest, dass der Betrag zwanglos beitreibbar ist).
2.
Zu ersetzen hat der Beklagte darüber hinaus auch die infolge seines Verzuges annehmbar entstehenden Baukostensteigerungen.
Auch insoweit ist die Feststellungsklage zwanglos zulässig. Es ist – schon vorderhand – alles andere als unwahrscheinlich, dass ein solcher Schaden konkret entstehen wird; etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagten als Anlage BB1 vorgelegten Statistik, die eine Absenkung der Baukosten im Vergleich zum Vorjahresmonat lediglich für den November 2020 verzeichnet. Demgegenüber haben die Kläger eine von ihrem Architekten D. bei den baubegleitenden Handwerksfirmen in Auftrag gegebene Kostenfortschreibung (Bl. 201ff.) vorgelegt, aus der sich eine durchschnittliche Preissteigerung von 9,5 % gegenüber den Preisen aus dem Bauauftrag ergibt, die alles andere als implausibel ist, sondern sich vielmehr zwanglos schon aus den allgemeinen bekannten Kostensteigerungen im Baugewerbe während der Corona-Zeit versteht.
Aus der Säumnis des Beklagten wird annehmbar den Klägern auch real ein Schaden entstanden sein: Bei den geschuldeten positiven Erklärungen des Beklagten in dem hier im einzelnen ausgeführten Umfang hätten die Kläger auch die weiteren Gewerke annehmbar zu günstigeren Preisen fest vergeben können, als das jetzt der Fall sein wird.
Bei der späteren Bemessung eines solchen Anspruches wird allerdings, worauf vorsorglich schon hingewiesen werden soll, zu berücksichtigen seien, dass lediglich Baukostensteigerungen ab dem 14. Dezember 2019 zu ersetzen sind. Kalkulierte Baukostensteigerungen ab dem Schadenstag können, wie ausgeführt, nicht verlangt werden; insoweit tritt kompensatorisch die Verzinsungspflicht ein. Entsprechend können auch Baukostensteigerungen aus der Zeit zwischen der Ausschreibung und der Vorlage des Bauvertrages bei der Beklagten nicht berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.