Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Streit um Wohngebäudeversicherung: Aktuelles Urteil zu Schadensersatzansprüchen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Neuwertentschädigung bei der Wohngebäudeversicherung?
- Welche Anforderungen stellt die Versicherung an ein Ersatzgebäude?
- Welche baulichen Veränderungen sind beim Wiederaufbau erlaubt?
- In welchen Fristen muss der Wiederaufbau erfolgen?
- Welche Rechtsmittel habe ich bei Ablehnung der Neuwertentschädigung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Memmingen
- Datum: 20.04.2018
- Aktenzeichen: 35 O 1111/16
- Verfahrensart: Zivilprozess wegen Versicherungsansprüchen
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Vertragsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer eines Hausgrundstücks und Versicherungsnehmer einer Wohngebäudeversicherung. Er argumentiert, dass die neu errichteten Garagen der Art und der Zweckbestimmung des abgebrannten Schuppens entsprechen und beantragt eine weitere Entschädigung für den Ersatzbau.
- Beklagte: Versicherer des Klägers. Sie lehnen eine weitere Zahlung ab, argumentierend, dass das Ersatzgebäude nicht der Art und Zweckbestimmung des ursprünglichen Schuppens entspricht.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger besaß ein durch Feuer zerstörtes Lagergebäude, das durch eine Versicherung gedeckt war. Er errichtete nach dem Brand drei Fertiggaragen und forderte von der Versicherung die Zahlung des Neuwertanteils.
- Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage war, ob die neu errichteten Garagen denselben Charakter und Zweck wie das abgebrannte Versichertengebäude hatten und somit einen Anspruch auf die Neuwertentschädigung rechtfertigen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den verlangten Neuwertanteil.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die strikte Wiederherstellungsklausel des Versicherungsvertrages nicht erfüllt war, da die neu errichteten Garagen weder der gleichen Art noch der gleichen Zweckbestimmung des alten Schuppens entsprachen. Die Differenzen in Struktur und Nutzbarkeit schließen eine Neuwertentschädigung aus.
- Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen und erhält keinen weiteren Versicherungsbetrag für den Ersatzbau. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung der strengen Bedingungen der Wiederherstellungsklausel in Versicherungsverträgen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Streit um Wohngebäudeversicherung: Aktuelles Urteil zu Schadensersatzansprüchen
Die Wohngebäudeversicherung spielt eine wesentliche Rolle im Bereich der Risikoabsicherung für Immobilienbesitzer. Sie schützt vor finanziellen Verlusten durch Schäden am Gebäude, sei es durch Feuer, Wasser oder andere Elementarereignisse. Zentrale Begriffe in diesem Kontext sind die Wiederbeschaffungskosten und der Neuwertanteil, die darüber entscheiden, wie viel Schadensersatz eine Versicherung im Fall von Gebäudeschäden leistet. Im Rahmen der Versicherungsbedingungen ist klar geregelt, welche Reparaturkosten übernommen werden und wie sich die Deckungssumme berechnet.
Bei der Wiedererrichtung eines beschädigten Gebäudes stellen sich oft komplexe Fragen rund um den Versicherungsschutz und mögliche Versicherungsansprüche. Insbesondere die Differenz zwischen Erneuerungskosten und tatsächlich gezahlten Beträgen kann zu Streitfällen führen. Im Folgenden wird ein aktueller Fall beleuchtet, der wichtige Aspekte dieser Herausforderungen und die daraus resultierenden rechtlichen Fragen aufzeigt.
Der Fall vor Gericht
Lagergebäude durch Fertiggaragen ersetzt – Neuwertentschädigung abgelehnt

Ein Brand zerstörte am 22. März 2015 einen Lager- und Abstellschuppen auf dem Grundstück des Eigentümers in A. Der zum Lagern landwirtschaftlicher Geräte und Traktoren genutzte Schuppen war bei der Versicherung zum gleitenden Neuwert versichert. Nach der Schadensmeldung ermittelte ein Sachverständiger der Versicherung Wiederherstellungskosten von 34.632,51 Euro brutto.
Streit um Ersatzgebäude und Versicherungsleistung
Der Eigentümer entschied sich, anstelle des abgebrannten Schuppens drei Fertiggaragen zu errichten. Die Kosten dafür beliefen sich auf 34.899,89 Euro. Die Versicherung zahlte insgesamt 12.500 Euro, davon 9.000 Euro für Abbruchkosten und 3.500 Euro für den Zeitwert des Schuppens. Den Differenzbetrag von 31.399,89 Euro verweigerte die Versicherung mit der Begründung, die Fertiggaragen entsprächen weder in Art noch Zweckbestimmung dem ursprünglichen Schuppen.
Bauliche Unterschiede zwischen altem und neuem Gebäude
Das Landgericht Memmingen gab der Versicherung Recht. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger stellte fest, dass erhebliche Unterschiede zwischen dem alten Schuppen und den neuen Fertiggaragen bestehen. Der ursprüngliche Schuppen verfügte über ein Giebeldach und einen Dachboden, während die Fertiggaragen mit einem Flachdach ausgestattet sind. Die Nutzfläche vergrößerte sich von 42,66 auf 48,14 Quadratmeter, was einer Steigerung von etwa 12 Prozent entspricht. Die bebaute Grundfläche wuchs sogar von 37,83 auf 53,94 Quadratmeter – eine Zunahme von rund 30 Prozent.
Verweigerung der Neuwertentschädigung rechtmäßig
Nach den Versicherungsbedingungen besteht ein Anspruch auf den Neuwertanteil nur, wenn das versicherte Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung wiederhergestellt wird. Die baulichen Veränderungen gingen nach Ansicht des Gerichts weit über übliche Modernisierungsmaßnahmen hinaus. Auch die Nutzungsmöglichkeiten haben sich grundlegend verändert: Während im alten Schuppen nur ein größeres landwirtschaftliches Gerät unterstellt werden konnte, bieten die neuen Garagen Platz für drei Fahrzeuge. Das Gericht sah zudem die Möglichkeit einer späteren Vermietung der Garagen im Zusammenhang mit einem nahegelegenen Mehrfamilienhaus.
Da weder Art noch Zweckbestimmung des Ersatzgebäudes mit dem ursprünglichen Schuppen übereinstimmten, wies das Landgericht Memmingen die Klage auf Zahlung der Neuwertentschädigung ab. Die Tatsache, dass die Errichtungskosten der Fertiggaragen unter den veranschlagten Wiederherstellungskosten lagen, änderte daran nichts.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei einem Wiederaufbau nach Gebäudeschaden muss das neue Gebäude dem zerstörten in Art und Zweckbestimmung weitgehend entsprechen, damit ein Anspruch auf die Neuwertentschädigung besteht. Wesentliche Abweichungen wie eine deutlich größere Grundfläche, eine andere Bauweise oder erweiterte Nutzungsmöglichkeiten führen zum Verlust des Neuwertanspruchs. Modernisierungen sind zwar erlaubt, dürfen aber nicht zu einem völlig andersartigen Gebäude führen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Gebäudeeigentümer müssen Sie beim Wiederaufbau nach einem Schadenfall sehr genau darauf achten, dass der Neubau dem ursprünglichen Gebäude in wesentlichen Merkmalen entspricht. Planen Sie größere Änderungen wie den Ersatz eines Schuppens durch Garagen oder eine deutliche Vergrößerung der Nutzfläche, riskieren Sie den Verlust der Neuwertentschädigung – selbst wenn die Baukosten im gleichen Rahmen bleiben. Sprechen Sie daher Ihre Wiederaufbaupläne unbedingt vorher mit der Versicherung ab und lassen Sie sich die Übereinstimmung mit den Versicherungsbedingungen schriftlich bestätigen.
Benötigen Sie Hilfe?
Bei Wiederaufbauplänen nach einem Gebäudeschaden stehen Sie vor komplexen versicherungsrechtlichen Herausforderungen. Unsere erfahrenen Experten im Versicherungsrecht unterstützen Sie dabei, Ihre Ansprüche auf Neuwertentschädigung zu sichern und begleiten Sie von der Planung bis zur Umsetzung Ihres Bauvorhabens. Lassen Sie uns gemeinsam die optimale Lösung für Ihren individuellen Fall finden. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Neuwertentschädigung bei der Wohngebäudeversicherung?
Die Neuwertentschädigung in der Wohngebäudeversicherung umfasst den Betrag, der erforderlich ist, um ein Gebäude in gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wiederherzustellen. Im Gegensatz zur Zeitwertentschädigung erfolgt bei der Neuwertversicherung kein Abzug aufgrund von Alter oder Abnutzung des Gebäudes.
Berechnung und Umfang
Der Neuwertschaden wird auf Basis des „gleitenden Neuwerts“ ermittelt. Dieser setzt sich zusammen aus dem „Wert 1914“ multipliziert mit einem Anpassungsfaktor, der die aktuellen Baupreise berücksichtigt. Die Versicherung deckt dabei:
• Die vollständigen Wiederherstellungskosten des Gebäudes • Aufräumungs- und Abbruchkosten • Bewegungs- und Schutzkosten
Voraussetzungen für die Neuwertentschädigung
Die Auszahlung der vollen Neuwertentschädigung ist an bestimmte Bedingungen geknüpft:
Der Versicherungsnehmer muss innerhalb von drei Jahren nach dem Schadensereignis nachweisen, dass die Entschädigung für den Wiederaufbau verwendet wird. Das neue Gebäude muss in gleicher Art und Zweckbestimmung errichtet werden.
Besonderheiten bei der Auszahlung
Die Versicherung zahlt zunächst den Zeitwert aus. Den übersteigenden Betrag bis zum Neuwert (die sogenannte Neuwertspitze) erhält der Versicherungsnehmer erst nach Nachweis der Wiederherstellung. Wichtig: Der Anspruch auf Mehrwertsteuer besteht nur, wenn diese tatsächlich anfällt – wird nicht wieder aufgebaut, erfolgt zunächst eine Nettoerstattung.
Bei korrekter Ermittlung des Wertes 1914 und regelmäßiger Anpassung bietet die Neuwertversicherung einen unbegrenzten Versicherungsschutz ohne Unterversicherungsrisiko. Die Versicherung muss auch dann die vollständigen Wiederherstellungskosten übernehmen, wenn diese den gleitenden Neuwert übersteigen.
Welche Anforderungen stellt die Versicherung an ein Ersatzgebäude?
Die Versicherung knüpft die Zahlung des Neuwertanteils an zwei zentrale Kriterien: Das neue Gebäude muss in gleicher Art und mit gleicher Zweckbestimmung errichtet werden.
Gleiche Art des Gebäudes
Die bauliche Gestaltung muss nicht identisch sein. Ein moderner Baustil ist zulässig, solange die grundlegende Gebäudeart gewahrt bleibt. Folgende Abweichungen sind erlaubt:
- Ein zweigeschossiges Haus kann eingeschossig wiederaufgebaut werden
- Ein Satteldach kann durch ein Flachdach ersetzt werden
- Die Nutzfläche darf bis zu 40% von der ursprünglichen Fläche abweichen
Gleiche Zweckbestimmung
Die Hauptnutzungsart des Gebäudes muss beibehalten werden. Wenn Sie beispielsweise ein Wohnhaus durch ein anderes Wohnhaus ersetzen, ist die gleiche Zweckbestimmung gegeben. Eine wesentliche Änderung der Nutzungsart ist hingegen nicht zulässig. So hat das OLG München entschieden, dass der Ersatz eines Lagerschuppens durch Garagen nicht der gleichen Zweckbestimmung entspricht, auch wenn beide zum Abstellen von Gegenständen dienen.
Maßgebliche Kriterien
Bei der Beurteilung der Gleichartigkeit spielen mehrere Faktoren eine Rolle:
- Der umbaute Raum ist wichtiger als die reine Wohnfläche
- Die Gesamtbetrachtung aller Parameter ist entscheidend
- Modernisierungen sind grundsätzlich zulässig
Wenn Sie einen Neubau planen, ist es ratsam, die Baupläne vorab mit der Versicherung abzustimmen. Die strengen Anforderungen dienen dem Schutz der Versicherung vor missbräuchlicher Verwendung der Versicherungsleistung.
Welche baulichen Veränderungen sind beim Wiederaufbau erlaubt?
Die Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung enthalten in der Regel eine strenge Wiederherstellungsklausel, die den Rahmen für zulässige Veränderungen beim Wiederaufbau festlegt.
Grundprinzip der Wiederherstellung
Der Wiederaufbau muss dem ursprünglichen Gebäude in Art und Zweckbestimmung entsprechen. Die Neuwertversicherung deckt dabei grundsätzlich keine Aufwendungen ab, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes verursacht werden.
Zulässige Abweichungen
Kleinere Veränderungen sind durchaus möglich. Wenn Sie beispielsweise einen altersgerechten Wohnbereich einrichten möchten, weil Sie dies aufgrund Ihrer persönlichen Situation benötigen, werden die Versicherer dies in der Regel akzeptieren.
Grenzen der Veränderungen
Folgende Änderungen sind nicht zulässig:
- Eine erhebliche Vergrößerung der Wohnfläche, wie etwa von 200m² auf 308,78m²
- Die Umwandlung eines Einfamilienhauses in ein Mehrfamilienhaus
- Grundlegende Änderungen der Baustruktur, die über die ursprüngliche Zweckbestimmung hinausgehen
Zeitliche Vorgaben
Der Wiederaufbau muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen. Üblicherweise beträgt diese Frist drei Jahre nach dem Schadensfall. Bei Überschreitung dieser Frist riskieren Sie, dass nur der Zeitwert statt des Neuwerts ausgezahlt wird.
Die Sicherstellung des Wiederaufbaus erfordert eine realistische Prognose, dass die Entschädigung bestimmungsgemäß verwendet wird. Der Wille zur Wiederherstellung muss ernsthaft zum Ausdruck kommen.
In welchen Fristen muss der Wiederaufbau erfolgen?
Die Wiederherstellung eines versicherten Gebäudes muss innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt werden. Diese Frist ist entscheidend für den Anspruch auf die Neuwertspitze, also die Differenz zwischen Zeitwert und Neuwert des Gebäudes.
Voraussetzungen für die Fristwahrung
Für die Sicherstellung der Wiederherstellung innerhalb der Dreijahresfrist müssen Sie zwei wesentliche Bedingungen erfüllen:
- Eine erteilte Baugenehmigung muss vorliegen – die bloße Beantragung reicht nicht aus.
- Ein verbindlicher Kauf- oder Werkvertrag muss abgeschlossen sein, der die Errichtung des Gebäudes mit rechtlicher Bindungswirkung festlegt.
Besonderheiten bei der Wiederherstellung
Die Wiederherstellung muss nicht zwingend am ursprünglichen Standort erfolgen. Wenn die Wiederherstellung an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, können Sie das Gebäude auch an einem anderen Ort innerhalb Deutschlands wiedererrichten.
Fristverlängerung und Ausnahmen
In bestimmten Fällen kann die dreijährige Frist verlängert werden:
Individuelle Vereinbarungen mit dem Versicherer sind möglich, etwa wenn die Regulierung des Schadens länger dauert. Typische Verlängerungen betragen sechs bis zwölf Monate.
Wenn Sie die Frist nicht einhalten können, weil beispielsweise:
- Behördliche Genehmigungen sich verzögern
- Finanzierungen noch nicht abschließend geklärt sind
- Schadensuntersuchungen andauern
sollten Sie frühzeitig mit Ihrer Versicherung in Kontakt treten.
Konsequenzen bei Fristversäumnis
Wenn Sie die Frist nicht einhalten, haben Sie grundsätzlich nur Anspruch auf den Zeitwert des Gebäudes. Der Anspruch auf die Neuwertspitze entfällt dann, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die eine Fristverlängerung rechtfertigen.
Welche Rechtsmittel habe ich bei Ablehnung der Neuwertentschädigung?
Bei Ablehnung der Neuwertentschädigung durch die Gebäudeversicherung stehen Ihnen mehrere Rechtsmittel zur Verfügung. Der erste Schritt ist die schriftliche Aufforderung an die Versicherung, unter Fristsetzung die vollständigen Kosten zu übernehmen.
Außergerichtliche Maßnahmen
Der Versicherungsombudsmann fungiert als unabhängige Schlichtungsstelle und prüft Ihren Fall nach objektiven Kriterien. Diese Schlichtung ist für Sie kostenfrei und kann einen Prozess vermeiden. Bei Streitwerten bis 10.000 Euro ist die Entscheidung des Ombudsmanns für die Versicherung bindend.
Beweissicherung und Dokumentation
Zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche können Sie ein selbstständiges Beweisverfahren beim Amtsgericht beantragen. Dies ist besonders wichtig bei Brand- oder Wasserschäden. Ein unabhängiger Gutachter kann dabei die Schadenshöhe objektiv bewerten.
Gerichtliche Durchsetzung
Wenn die außergerichtlichen Maßnahmen nicht zum Erfolg führen, bleibt der Klageweg. Hierbei ist zu beachten:
- Die Wiederherstellungsklausel muss innerhalb von drei Jahren nach dem Schaden erfüllt werden
- Die abstrakte Schadensberechnung ermöglicht es, statt der tatsächlichen Kosten die örtlichen Handwerkerkosten als Grundlage zu verwenden
- Bei der Neuwertentschädigung müssen Sie die zweckmäßige Verwendung der Entschädigung nachweisen können
Ein wichtiges Urteil des BGH (20.07.2011 – IV 4 ZR 148/10) bestätigt, dass Sie die Neuwertspanne auch dann verlangen können, wenn die tatsächlichen Aufwendungen für die Wiederherstellung günstiger als der Neuwert waren.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Gleitender Neuwert
Eine besondere Form der Versicherung, bei der die Versicherungssumme automatisch an die Entwicklung der Baukosten angepasst wird. Dies soll eine Unterversicherung durch steigende Baupreise verhindern. Basierend auf § 93 VVG wird der Versicherungswert jährlich entsprechend dem Baukostenindex angehoben. Beispiel: Ein 2020 für 200.000 Euro versichertes Haus ist 2023 durch die Indexanpassung automatisch für 240.000 Euro versichert.
Neuwertentschädigung
Die vollständige Erstattung der Kosten, die für die Wiederherstellung eines Gebäudes in gleicher Art und Zweckbestimmung erforderlich sind. Sie umfasst sowohl den Zeitwert als auch den Neuwertanteil. Geregelt in § 94 VVG, ist sie an bestimmte Bedingungen geknüpft. Beispiel: Bei einem Brandschaden werden nicht nur die um die Abnutzung reduzierten Kosten ersetzt, sondern die kompletten Kosten für ein neues, gleichwertiges Gebäude.
Zeitwert
Der aktuelle Wert einer Sache unter Berücksichtigung des Alters und der Abnutzung. Er ergibt sich aus dem Neuwert abzüglich der Wertminderung durch Alter, Abnutzung und technische Entwicklung. Nach § 88 VVG relevant für die Grundentschädigung. Beispiel: Ein 20 Jahre alter Schuppen hat nicht mehr den ursprünglichen Neuwert von 50.000 Euro, sondern nur noch einen Zeitwert von 20.000 Euro.
Wiederherstellungskosten
Die Gesamtkosten, die entstehen, um ein beschädigtes oder zerstörtes Gebäude in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Diese umfassen Material-, Arbeits- und Planungskosten sowie notwendige Nebenkosten wie Architektenhonorare. Grundlage für die Berechnung der Versicherungsleistung nach § 249 BGB. Beispiel: Nach einem Brandschaden werden alle Kosten erfasst, die für einen originalgetreuen Wiederaufbau notwendig sind.
Gleiche Art und Zweckbestimmung
Ein zentrales Kriterium im Versicherungsrecht, das die Übereinstimmung eines Ersatzgebäudes mit dem ursprünglichen Gebäude hinsichtlich Bauweise, Nutzungsmöglichkeiten und Funktion beschreibt. Relevant für den Anspruch auf Neuwertentschädigung gemäß den Versicherungsbedingungen. Beispiel: Ein landwirtschaftlicher Lagerschuppen muss wieder als Lagerschuppen mit vergleichbarer Bauart errichtet werden, nicht als Garage oder Werkstatt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 14 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Dieser Paragraph regelt die Bedingungen, unter denen ein Versicherungsnehmer Anspruch auf Leistungsersatz hat. Insbesondere beschreibt § 14 die Voraussetzungen für die Neuwertentschädigung, die gewährt wird, wenn versicherte Güter nach einem Schadenereignis wiederbeschafft oder wiederhergestellt werden müssen. Dabei muss der Versicherungsnehmer nachweisen, dass die Entschädigung konkret für die Wiederherstellung verwendet wird.Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger auf § 14 Nr. 7 VVG, um einen Neuwertanteil für den Ersatz seines beschädigten Schuppens zu erhalten. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die neu errichteten Fertiggaragen nicht der Art und Zweckbestimmung des ursprünglichen Schuppens entsprechen, weshalb die Voraussetzungen des § 14 Nr. 7 VVG nicht erfüllt sind.
- Strenge Wiederherstellungsklausel: Diese Klausel in Versicherungsverträgen verlangt, dass der Versicherungsnehmer den Schaden in gleicher Art und Weise wiederherstellen muss, um den vollen Neuwertanspruch zu erhalten. Sie dient dazu, dass die Versicherungsleistung nicht für anderweitige Zwecke verwendet wird, sondern exakt zur Wiederherstellung des versicherten Objekts beiträgt.In dem vorliegenden Urteil entschied das Gericht, dass die Fertiggaragen des Klägers nicht der strengen Wiederherstellungsklausel entsprechen, da sie sich in Bauart und Nutzungszweck deutlich vom ursprünglichen Schuppen unterscheiden. Dadurch konnte der Kläger den vollen Neuwertanspruch nicht geltend machen.
- BGH-Urteil vom 21.02.1990 – IV ZR 298/88: Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) präzisiert die Anforderungen an die Wiederherstellung im Rahmen der Neuwertentschädigung. Der BGH betont, dass die Ersatzleistung sich auf den tatsächlichen Schaden beschränkt und keine Änderungen oder Modernisierungen umfassen darf, die über die reine Wiederherstellung hinausgehen.Das Gericht im vorliegenden Fall berief sich auf dieses Urteil, um zu begründen, dass die vom Kläger errichteten Fertiggaragen eine modernisierte Version des ursprünglichen Schuppens darstellen. Da die Garagen nicht als gleiche Art des Baus angesehen wurden, konnte die Versicherung die Neuwertentschädigung verweigern.
- Prölss/Martin/Armbrüster VVG, § 93 Rn 6: Dieses Werk bietet eine umfangreiche Kommentierung des Versicherungsvertragsgesetzes und erläutert unter anderem die Voraussetzungen und Grenzen der Neuwertentschädigung. Insbesondere wird auf die Anforderungen an die Verwendung der Versicherungsleistung zur Wiederherstellung hingewiesen.Im Urteil vom LG Memmingen wurde auf diese Kommentierung verwiesen, um die Strenge der Wiederherstellungsklausel zu unterstreichen. Das Gericht folgerte daraus, dass die Abweichungen des Neubaus des Klägers von den Versicherungsbedingungen nicht unerheblich sind.
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 91: Dieser Paragraph regelt die Kostenentscheidung in Gerichtsverfahren. Er bestimmt, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, sofern das Gericht nichts anderes entscheidet.In dem vorliegenden Urteil wurde die Klage abgewiesen, und gemäß § 91 ZPO wurde entschieden, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dies stellt sicher, dass die finanzielle Last des Rechtsstreits dem unterliegenden Kläger auferlegt wird.
Weitere Beiträge zum Thema
- Wohngebäudeversicherung – Neuwertentschädigung
Der Versicherungsnehmer kann die Neuwertentschädigung beanspruchen, selbst wenn die tatsächlichen Wiederherstellungskosten des beschädigten Gebäudes geringer als der Neuwert sind. Voraussetzung ist, dass das neu errichtete Gebäude in Größe und Zweck dem zerstörten entspricht, wobei moderne Bauweisen zulässig sind. → → Ansprüche auf Neuwertentschädigung in der Wohngebäudeversicherung - Gebäudeversicherung: Neuwert- und Zeitwertentschädigung
Ein Anspruch auf Neuwertentschädigung besteht nur, wenn das Gebäude innerhalb von drei Jahren nach dem Schadensfall wiederhergestellt wird. Wird diese Frist überschritten, entfällt der Anspruch. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger die fristgerechte Wiederherstellung nicht nachweisen, sodass lediglich der Zeitwertschaden ersetzt wurde. → → Fristen für Neuwertentschädigung und Zeitwertschaden - Wohngebäudeversicherung: Entschädigung für Neuwertschaden
Die Neuwertentschädigung soll es dem Versicherungsnehmer ermöglichen, ein zerstörtes Gebäude durch ein gleichartiges zu ersetzen. Sie ist jedoch ausgeschlossen, wenn das neu errichtete Gebäude erheblich größer ist oder einem anderen Zweck dient. Im vorliegenden Fall wurde die Neuwertentschädigung verweigert, da das neue Gebäude eine um 37 % größere Grundrissfläche aufwies. → → Neuwertschaden und Anspruchsausschluss bei Anpassungen - Gebäudeversicherung – keine Erstattung des Neuwertschadens ohne Wiederaufbau
Die Erstattung des Neuwertschadens setzt den tatsächlichen Wiederaufbau des beschädigten Gebäudes voraus. Ohne Wiederherstellung besteht kein Anspruch auf die Neuwertentschädigung. Das OLG Brandenburg betonte, dass die Versicherungsbedingungen und die Beweislast in solchen Fällen entscheidend sind. → → Voraussetzungen zur Neuwertentschädigung bei Wiederaufbau - Wohngebäudeversicherung – Auszahlung Neuwertspitze bei Neubau
Die Auszahlung der Neuwertentschädigung erfordert die Errichtung eines Gebäudes gleicher Art und Zweckbestimmung. Modernisierungen sind zulässig, solange sie dem ursprünglichen Charakter entsprechen. Im vorliegenden Fall wurde die Neuwertentschädigung zugesprochen, da das neu errichtete Gebäude trotz moderner Bauweise dem zerstörten in Art und Zweck entsprach. → → Bedingungen für Neuwertentschädigung bei Neubauten
Das vorliegende Urteil
LG Memmingen – Az.: 35 O 1111/16 – Endurteil vom 20.04.2018
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