Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Rechte und Herausforderungen für Versicherte
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie lange dauert die Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung?
- Was passiert, wenn die Erwerbsunfähigkeit während der Wartezeit eintritt?
- Wer muss beweisen, wann die Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist?
- Welche Rolle spielen ärztliche Gutachten bei der Feststellung des Zeitpunkts der Erwerbsunfähigkeit?
- Ab wann beginnt die Leistungspflicht der Versicherung nach Ablauf der Wartezeit?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Augsburg
- Datum: 04.04.2023
- Aktenzeichen: 095 O 3213/19
- Verfahrensart: Zivilverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Versicherungsnehmer, der Leistungen aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung beansprucht. Der Kläger argumentiert, seine Erwerbsunfähigkeit sei nach der vereinbarten Wartezeit eingetreten und basiert auf wiederkehrenden gesundheitlichen Problemen.
- Beklagte: Versicherungsgesellschaft, die die Ansprüche des Klägers abweist, da die Erwerbsunfähigkeit aus ihrer Sicht bereits innerhalb der Wartezeit eingetreten ist.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger hat eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, die eine Wartezeit von fünf Jahren vorsieht. Nach Ablauf dieser Wartezeit machte der Kläger Ansprüche geltend, die von der Beklagten abgelehnt wurden, da diese behauptet, die Erwerbsunfähigkeit sei bereits vor Ablauf der Wartezeit eingetreten. Der Streitpunkt war, ob der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor oder nach der Wartezeit erfolgt ist.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Wartezeit als Risikoausschluss zu werten ist, und wenn ja, wer die Beweislast für den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit innerhalb oder außerhalb der Wartezeit trägt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht entschied zugunsten des Klägers, und die Beklagte wurde verurteilt, die geforderten Leistungen zu zahlen.
- Begründung: Das Gericht legte dar, dass die Wartezeit einen Risikoausschluss darstellt. Daher liegt die Beweislast bei der Beklagten, nachzuweisen, dass die Erwerbsunfähigkeit innerhalb der Wartezeit eingetreten ist. Die Beklagte konnte diese Beweislast nicht erfüllen.
- Folgen: Die Beklagte wurde zur Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente und zur Befreiung von der Beitragspflicht verurteilt. Das Urteil soll Rechtssicherheit im Hinblick auf die Ausgestaltung von Wartezeiten in Versicherungsverträgen schaffen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Rechte und Herausforderungen für Versicherte
Die Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung ist ein entscheidender Zeitraum, der oft über die tatsächliche Leistungsgewährung entscheidet. Während dieser Zeit müssen Versicherte verschiedene gesundheitliche Anforderungen erfüllen, um später Leistungen bei Erwerbsunfähigkeit in Anspruch nehmen zu können. Die Dauer der Wartezeit und die Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, können dabei stark variieren, was die Wahl der richtigen Versicherung komplex machen kann.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Antragsprozess, der fristgerecht und vollständig erledigt werden muss, um spätere finanzielle Engpässe zu vermeiden. In der Folge wird ein konkreter Fall betrachtet, der Licht auf die Herausforderungen und Rechte der Versicherten während der Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung wirft.
Der Fall vor Gericht
Wartezeit in Erwerbsunfähigkeitsversicherung als Risikoausschluss bestätigt

Das Landgericht Augsburg hat in einem wegweisenden Urteil die Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung als Risikoausschluss eingestuft. Der Fall betraf einen Versicherungsnehmer, der seit Dezember 2012 eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung mit einer fünfjährigen Wartezeit unterhielt.
Streit um Leistungspflicht nach Operation
Die Versicherungsgesellschaft hatte die Leistung mit der Begründung verweigert, dass die Erwerbsunfähigkeit bereits während der Wartezeit – nach einer Operation am 27. April 2017 – eingetreten sei. Der Versicherungsnehmer hingegen machte geltend, die Erwerbsunfähigkeit sei erst ab März 2018 und damit nach Ablauf der Wartezeit eingetreten.
Beweislast liegt beim Versicherer
Das Gericht stellte klar, dass die Beweislast für den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit während der Wartezeit beim Versicherer liegt. Die Wartezeit sei nicht als hinausgeschobener Versicherungsbeginn, sondern als Risikoausschluss zu verstehen. Wie in der Krankenversicherung diene die Wartezeit der Risikominimierung des Versicherers, um Erkrankungen auszuschließen, die bereits vor Vertragsschluss bestanden.
Sachverständiger bestätigt späteren Eintritt der Erwerbsunfähigkeit
Der medizinische Sachverständige bestätigte in seinem Gutachten, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers zwischen April 2017 und März 2018 deutlich verschlechtert hatte. Während nach der Operation zunächst noch eine Homeoffice-Tätigkeit von mehr als drei Stunden täglich möglich gewesen wäre, sei dies ab März 2018 aufgrund häufiger Infekte, psychischer Belastungen und weiterer Verschlechterungen nicht mehr der Fall gewesen.
Umfangreiche Leistungspflicht der Versicherung
Das Gericht verurteilte die Versicherung zur Zahlung einer monatlichen Erwerbsunfähigkeitsrente mit jährlicher Erhöhung um 3% sowie zur Befreiung von der Beitragspflicht rückwirkend ab März 2018. Die Rente steigt von anfänglich 1.207 Euro auf aktuell 1.358,49 Euro und ist bis November 2049 zu zahlen. Die Versicherung muss zudem Verzugszinsen ab März 2019 leisten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Landgericht Augsburg stellt klar, dass die Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung einen Risikoausschluss darstellt und nicht einen hinausgeschobenen Versicherungsbeginn. Dies bedeutet, dass die Versicherung beweisen muss, dass die Erwerbsunfähigkeit bereits während der Wartezeit eingetreten ist, wenn sie die Leistung verweigern will. Das Gericht stärkt damit die Position der Versicherten und schafft Rechtssicherheit bei der Beweislastverteilung in Streitfällen über den Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung mit Wartezeit abgeschlossen haben, stärkt dieses Urteil Ihre Position als Versicherter erheblich. Die Versicherung muss Ihnen jetzt beweisen, dass Ihre Erwerbsunfähigkeit bereits in der Wartezeit eingetreten ist, wenn sie die Leistung ablehnen will – nicht Sie müssen beweisen, dass die Erwerbsunfähigkeit erst später eingetreten ist. Auch eine schrittweise Verschlechterung Ihres Gesundheitszustands spricht für Sie: Solange Sie während der Wartezeit noch eingeschränkt arbeitsfähig waren, etwa im Homeoffice, gilt die volle Erwerbsunfähigkeit erst als später eingetreten. Bei Ablehnung Ihres Leistungsantrags sollten Sie prüfen lassen, ob die Versicherung den Zeitpunkt der Erwerbsunfähigkeit ausreichend nachgewiesen hat.
Benötigen Sie Hilfe?
Wenn Ihre Erwerbsunfähigkeitsversicherung die Leistung verweigert, steht Ihnen durch das aktuelle Urteil eine starke rechtliche Position zu. Unsere Anwälte prüfen die Beweisführung Ihrer Versicherung und setzen Ihre Ansprüche durch. Die jahrelange Erfahrung in der Durchsetzung von Versicherungsansprüchen ermöglicht uns eine präzise Einschätzung Ihrer individuellen Situation. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie lange dauert die Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung?
Die Wartezeit in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung unterscheidet sich je nach Versicherungsart und Anbieter. Bei der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente gilt eine allgemeine Wartezeit von 5 Jahren. Zusätzlich müssen Sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben.
Besondere Wartezeiten
Eine besondere Wartezeit von 20 Jahren gilt, wenn Sie bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und dies ununterbrochen fortbesteht. Dies betrifft beispielsweise Fälle von angeborenen Behinderungen oder Gesundheitsschäden durch Unfälle im Kindesalter.
Private Erwerbsunfähigkeitsversicherungen
Bei privaten Erwerbsunfähigkeitsversicherungen können die Wartezeiten variieren. Einige Versicherer bieten im Rahmen von zeitlich begrenzten Aktionen Verträge mit vereinfachten Gesundheitsfragen an, bei denen eine Wartezeit von fünf Jahren gilt. Unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit ist dabei häufig von der Wartezeit ausgenommen.
Wartezeiten bei besonderen Versicherungsmodellen
Manche Versicherer verzichten auf Gesundheitsfragen und setzen stattdessen eine dreijährige Wartezeit an. Dies kann für Personen interessant sein, die aufgrund von Vorerkrankungen sonst keine Versicherung abschließen könnten. Bei der Nutzung von Nachversicherungsgarantien gilt bei einigen Anbietern eine Wartezeit von drei Jahren nach der Erhöhung der Versicherungssumme.
Was passiert, wenn die Erwerbsunfähigkeit während der Wartezeit eintritt?
Tritt die Erwerbsunfähigkeit während der vereinbarten Wartezeit ein, besteht kein Anspruch auf Versicherungsleistungen. Die Wartezeit stellt einen Risikoausschluss dar und dient der Risikominimierung des Versicherers.
Rechtliche Einordnung der Wartezeit
Die Wartezeit ist als Risikoausschluss zu verstehen, nicht als hinausgeschobener Versicherungsbeginn. Der Versicherer muss dabei beweisen, dass der Versicherungsfall vor Ablauf der Wartezeit eingetreten ist. Dies unterscheidet sich von der normalen Beweislastverteilung bei Vorvertraglichkeit.
Ausnahmen und Besonderheiten
Bei einem Unfall während der Wartezeit können Sonderregelungen gelten – viele Versicherer sehen hier eine Ausnahme vom Risikoausschluss vor. Die genauen Bedingungen sind in den jeweiligen Versicherungsbedingungen festgelegt.
Fristberechnung
Die korrekte Berechnung der Wartezeit ist entscheidend. Die Frist wird nach den Regelungen des BGB (§§ 187 bis 193) berechnet. Wenn beispielsweise eine fünfjährige Wartezeit am 1. Dezember beginnt, endet sie am 30. November des fünften Jahres.
Moderne Entwicklung
In der aktuellen Versicherungslandschaft sind Wartezeiten bei Erwerbsunfähigkeitsversicherungen selten geworden. Frühere Sonderaktionen einzelner Versicherer, die Wartezeiten gegen vereinfachte Gesundheitsprüfungen anboten, sind mittlerweile eingestellt worden.
Wer muss beweisen, wann die Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist?
Die Beweislast für den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit liegt beim Versicherungsnehmer. Als versicherte Person müssen Sie nachweisen, dass Sie die Voraussetzungen für die Leistungen aus der Versicherung erfüllen.
Umfang der Beweispflicht
Sie müssen als Versicherter eine detaillierte Darstellung Ihrer beruflichen Tätigkeiten vor und nach dem behaupteten Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vorlegen. Dazu gehört eine umfassende Beschreibung, welche konkreten Tätigkeiten Sie nicht mehr ausüben können.
Erforderliche Nachweise
Für einen erfolgreichen Nachweis der Erwerbsunfähigkeit sind folgende Dokumente besonders wichtig:
- Medizinische Unterlagen und Gutachten
- Detaillierte Tätigkeitsbeschreibungen
- Behandlungsdokumentation von Fachärzten
- Nachweise über Therapien und Rehabilitationsmaßnahmen
Besonderheiten der Nachprüfung
Wenn die Versicherung bereits Leistungen erbringt und im Rahmen einer Nachprüfung die weitere Erwerbsunfähigkeit überprüft, kehrt sich die Beweislast um. In diesem Fall muss die Versicherungsgesellschaft beweisen, dass keine Erwerbsunfähigkeit mehr vorliegt.
Welche Rolle spielen ärztliche Gutachten bei der Feststellung des Zeitpunkts der Erwerbsunfähigkeit?
Ärztliche Gutachten sind das zentrale Beweismittel zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeit. Sie dokumentieren den Gesundheitszustand und bewerten die Arbeitsfähigkeit anhand objektiver medizinischer Kriterien.
Bedeutung für die Leistungsbeurteilung
Ein fundiertes ärztliches Gutachten bewertet die konkrete Leistungsfähigkeit im Arbeitsalltag. Dabei wird geprüft, ob Sie weniger als 3 Stunden (volle Erwerbsminderung) oder 3 bis 6 Stunden (teilweise Erwerbsminderung) täglich arbeiten können.
Inhaltliche Anforderungen
Das Gutachten muss detaillierte Angaben enthalten zu:
- Der vollständigen Krankengeschichte
- Aktuellen medizinischen Untersuchungsergebnissen
- Vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
Beurteilungskriterien
Die gutachterliche Bewertung konzentriert sich auf die Fähigkeit zur Ausübung körperlich leichter und geistig einfacher Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei werden auch qualitative Einschränkungen berücksichtigt, die sich auf die Art der noch möglichen Tätigkeiten auswirken.
Zeitliche Komponente
Ein besonderer Fokus liegt auf der Prognose der Erkrankungsdauer. Die Erwerbsminderung muss für mindestens 6 Monate zu erwarten sein. Der Gutachter dokumentiert dabei nicht nur den aktuellen Gesundheitszustand, sondern gibt auch eine fundierte Einschätzung über den voraussichtlichen Verlauf der Erkrankung.
Ab wann beginnt die Leistungspflicht der Versicherung nach Ablauf der Wartezeit?
Die Leistungspflicht der Versicherung beginnt unmittelbar nach Ablauf der Wartezeit, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Die typische Wartezeit beträgt fünf Jahre ab Versicherungsbeginn.
Berechnung des genauen Zeitpunkts
Die Berechnung des Wartezeit-Endes erfolgt nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Wenn der Versicherungsbeginn beispielsweise am 1. Dezember 2024 liegt, endet die Wartezeit am 30. November 2029.
Besonderheit bei Unfällen
Bei Unfällen gilt eine wichtige Ausnahme: Die Wartezeit entfällt komplett, wenn die Erwerbsunfähigkeit durch einen Unfall verursacht wurde. In diesem Fall beginnt die Leistungspflicht der Versicherung sofort, wenn die Erwerbsunfähigkeit innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eintritt.
Voraussetzungen für den Leistungsbeginn
Für den tatsächlichen Start der Leistungen müssen Sie:
- Die Erwerbsunfähigkeit nachweisen
- Nicht mehr in der Lage sein, mindestens drei Stunden täglich einer Beschäftigung nachzugehen
- Einen vollständigen Leistungsantrag mit allen erforderlichen Unterlagen einreichen
Die Versicherung prüft dann im Rahmen einer Erstprüfung Ihren Anspruch. Die Beweislast für das Vorliegen der Erwerbsunfähigkeit liegt bei Ihnen als Versicherungsnehmer.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erwerbsunfähigkeitsrente
Eine monatliche Zahlung aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung, die gezahlt wird, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr arbeiten kann. Die Erwerbsunfähigkeit liegt vor, wenn jemand auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Gemäß § 43 SGB VI muss dafür die Arbeitsfähigkeit auf weniger als 3 Stunden täglich gesunken sein. Beispiel: Ein Büroangestellter kann aufgrund schwerer Erkrankung nicht einmal mehr im Homeoffice 3 Stunden täglich arbeiten.
Wartezeit
Ein vertraglich festgelegter Zeitraum zu Beginn einer Versicherung, in dem trotz Beitragszahlung noch kein vollständiger Versicherungsschutz besteht. Sie dient dem Versicherer als Risikoausschluss, um sich vor Versicherungsfällen zu schützen, die bereits vor Vertragsabschluss absehbar waren. Die Wartezeit ist in § 197 VVG geregelt. Beispiel: Bei einer 5-jährigen Wartezeit muss der Versicherungsfall nach Ablauf dieser Frist eintreten, damit die Versicherung leistet.
Beweislast
Die rechtliche Verpflichtung einer Prozesspartei, bestimmte Tatsachen zu beweisen. Wer sich auf eine für ihn günstige Rechtsfolge beruft, muss die dafür erforderlichen Tatsachen nachweisen. Geregelt in § 286 ZPO. Im Versicherungsrecht muss häufig der Versicherer beweisen, dass Ausschlussgründe vorliegen. Beispiel: Die Versicherung muss beweisen, dass die Erwerbsunfähigkeit bereits während der Wartezeit eingetreten ist.
Sachverständigengutachten
Ein von einem qualifizierten Fachexperten erstelltes Gutachten zur Klärung von Fachfragen im Gerichtsverfahren. Der Sachverständige wird vom Gericht bestellt und muss neutral und unabhängig sein (§ 402 ff. ZPO). Seine Einschätzung hat besonderes Gewicht für die richterliche Entscheidung. Beispiel: Ein medizinischer Sachverständiger beurteilt den genauen Zeitpunkt der Erwerbsunfähigkeit anhand der Krankengeschichte.
Verzugszinsen
Zusätzliche Zinszahlungen, die ein Schuldner leisten muss, wenn er eine Geldforderung nicht rechtzeitig bezahlt. Sie betragen bei Verbrauchern 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 BGB). Sie werden ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit und Mahnung oder automatisch 30 Tage nach Fälligkeit berechnet. Beispiel: Zahlt eine Versicherung die Rente verspätet, muss sie zusätzlich Verzugszinsen leisten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1 AVB: In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) wird festgelegt, welche Leistungen der Versicherer erbringt, wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer und nach Ablauf einer vereinbarten Wartezeit von 5 Jahren erwerbsunfähig wird. Bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit verpflichtet sich der Versicherer, eine Rente in der im Versicherungsschein vereinbarten Höhe zu zahlen und die Beitragszahlungspflicht zu übernehmen. Dies ist zentral für den Fall, da die Wartezeit eine entscheidende Rolle bei den Leistungsansprüchen des Klägers spielt.
- § 2 Absatz 1 AVB: Dieser Paragraph konkretisiert die Bedingungen, unter denen eine Erwerbsunfähigkeit anerkannt wird, und definiert, was unter „vollständiger Erwerbsunfähigkeit“ zu verstehen ist. Der Zusammenhang zum vorliegenden Fall ergibt sich aus der Notwendigkeit, die genauen Voraussetzungen für die Leistungsansprüche des Klägers zu prüfen und festzustellen, ob diese erfüllt sind, vor allem in Bezug auf den Zeitraum der Wartezeit und das Eintreten des Versicherungsfalls.
- § 2 Absatz 3 bis 5 AVB: Hier wird geregelt, dass der Versicherer auch bei Eintritt eines Unfalls während der Wartezeit zahlen muss, sofern die versicherte Person innerhalb eines Jahres nach dem Unfall erwerbsunfähig wird. Diese Regelung ist relevant für den Fall, da sie dem Kläger möglicherweise Anspruch auf Leistungen vor Ablauf der Wartezeit einräumt, abhängig von der Umstände des Vorfalls und der gesundheitlichen Situation des Klägers.
- § 9 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Das VVG regelt die Grundlagen des Versicherungsvertragsrechts in Deutschland, einschließlich der Obliegenheiten und Pflichten der Vertragsparteien. Im Kontext dieses Falls muss geprüft werden, welche rechtlichen Verpflichtungen die Beklagte hat und ob diese erfüllt wurden, insbesondere im Hinblick auf die Zahlung von Rentenansprüchen und die Nachweispflicht im Hinblick auf die Eintrittszeitpunkte der Erwerbsunfähigkeit.
- § 287 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph erlaubt dem Gericht, im Schadensersatzrecht den Schadensersatzbetrag nach billigem Ermessen zu schätzen, wenn Beweise schwer zu beschaffen sind. Im Rahmen des Urteils könnte dies relevant sein, um die Höhe der Zahlungen zu bestimmen, falls der Kläger nicht in der Lage ist, alle erforderlichen Nachweise klar und eindeutig zu liefern, was spezifische Herausforderungen bei der Beweisführung um die Wartezeit und das Eintreten der Erwerbsunfähigkeit betreffen könnte.
Das vorliegende Urteil

LG Augsburg – Az.: 095 O 3213/19 – Endurteil vom 04.04.2023
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