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Vortäuschung Versicherungsfall bei behaupteter mutwilliger Beschädigung eines Kraftfahrzeugs

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 8/20 – Urteil vom 11.12.2020

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Januar 2020 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 178/18 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner am 16. Oktober 2018 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hat der im Jahre 1960 geborene Kläger, ein frühpensionierter Polizeibeamter, die Beklagte auf Entschädigung wegen Vandalismus aus einer Fahrzeugversicherung in Anspruch genommen. Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit dem 14. September 2016 eine Kfz-Versicherung mit eingeschlossener Vollkaskoversicherung im „Nix-Passiert-Tarif“ (Versicherungsschein Nr. XXXXXXXXXXXX, Anlagenband Kläger) für das Fahrzeug VW EOS mit dem amtlichen Kennzeichen XX-X XXXX und der Fahrzeug-Ident-Nr. XXXXXXXXXXXXXXXXX. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung – AKB (Stand November 2016) zu Grunde. Zu den versicherten Gefahren in der Vollkaskoversicherung zählt u.a. die Beschädigung, die Zerstörung, der Verlust oder der Totalschaden des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch Unfall sowie durch mut- oder böswillige Handlungen (Vandalismus) von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen (C.3 AKB). Die vereinbarte Selbstbeteiligung in der Vollkaskoversicherung beträgt 300,- Euro.

Am 4. Januar 2018 zeigte der Kläger bei der Polizeiinspektion K. an, dass das versicherte Fahrzeug von Unbekannten beschädigt worden sei (Bl. 8 GA). Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Februar 2018 mit, dass das Verfahren mangels Täterermittlung eingestellt wurde (Bl. 9 GA). Der Kläger meldete den Schaden der Beklagten und holte bei der Autohaus B. GmbH, einem VW-Vertragshändler, einen Kostenvoranschlag über die voraussichtlichen Reparaturkosten ein, der als Fahrzeugdaten das amtliche Kennzeichen XX-X XXXX, die Fahrgestell-Nr./ldent-Nr. XXXXXXXXXXXXXXXXX, das Erstzulassungsdatum 11. April 2012 und die Farbe Horizon Blue Metallic ausweist und mit einem Reparaturkostenbetrag von 9.897,30 Euro netto schließt (BI. 10 ff. GA). Ausweislich eines vom Kläger nach wiederholter Aufforderung der Beklagten vorgelegten Kaufvertrages will dieser das Fahrzeug mit der vorgenannten Fahrgestellnummer am 5. September 2016 von einem Herrn M. I. in E. bei einem Kilometerstand von 25.920 als unfallfrei zum Kaufpreis von 12.200,- Euro erworben haben (Bl. 76 GA). Nach einem von der Beklagten vorgelegten Gutachten der Firma CarExpert vom 16. April 2014 wurde durch den Kfz-Sachverständigen J. Q. ein Fahrzeug der Marke VW EOS mit derselben Fahrgestell-Nummer XXXXXXXXXXXXXXXXX, demselben Erstzulassungsdatum 11. April 2012 und der Farbe Horizon Blue Metallic bei einer Laufleistung von 27.000 km nach einem Verkehrsunfall (Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug) nach Kaskogesichtspunkten begutachtet (Bl. 61 ff. GA); nach den dortigen Feststellungen hatten das Gurtstraffersystem und die Frontairbags ausgelöst, das Fahrzeug war zum Besichtigungszeitpunkt noch nicht repariert, aufgrund der hergangsbedingten Schäden nicht fahrbereit und eine wirtschaftlich sinnvolle Notreparatur sowie ein Probelauf des Motors waren als nicht möglich bezeichnet worden, der Wiederbeschaffungswert war mit 19.650,- Euro (brutto) und der Restwert mit 4.260,- Euro (brutto) bewertet worden; die geschätzten Reparaturkosten mit 50.000,– Euro. Die Beklagte beauftragte eine Firma … pp. GmbH mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens; darin ermittelte der Gutachter einen Wiederbeschaffungswert von 12.195,12 Euro (netto) und einen Abzug von 250,- Euro für Vorschäden. Nach umfangreichem Schriftverkehr mit dem Kläger lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 4. Mai 2018 die Regulierung mit der Begründung ab, dass der Kläger keinen geeigneten Beweis für einen Vandalismusschaden angetreten habe. Eine außergerichtliche Aufforderung zur Zahlung durch Schreiben eines vom Kläger sodann beauftragten Rechtsanwalts Dr. H. vom 11. Juni 2018 blieb erfolglos ebenso wie die erneute Aufforderung vom 21. August 2018 durch den derzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Vortäuschung Versicherungsfall bei behaupteter mutwilliger Beschädigung eines Kraftfahrzeugs
(Symbolfoto: Von FotoBob/Shutterstock.com)

Der Kläger, der im Jahre 2006 wegen eines Körperverletzungsdelikts zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Bl. 64, 92 d.A.14 O 199/09), hatte ab dem Jahre 2002 mehr als 30 Gebrauchtfahrzeuge aus England und den USA nach Deutschland eingeführt; in diesem Zusammenhang wurden gegen ihn mehrere staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahrenen, u.a. wegen gewerbsmäßigen Betrugs, eingeleitet, die zu keiner Verurteilung führten; zumindest ein Verfahren wurde nach § 154 StPO eingestellt (Bl. 64, 120 ff. bzw. Bl. 92, 137 f. in 14 O 199/09). Bereits wiederholt machte er gegenüber Versicherern Entschädigungsleistungen wegen angeblicher Vandalismusschäden an Fahrzeugen geltend, die ihrerseits jeweils umfänglich in Form von Kratzern und/oder Einstichstellen beschädigt worden sein sollen. Im Februar 2008 rechnete er einen ähnlichen Schaden bei seinem damaligen Kaskoversicherer für ein Fahrzeug Mercedes CL 320 Sportcoupé fiktiv mit 9.940,- Euro ab; dieser Schaden wurde reguliert. Einen weiteren angeblichen Vandalismusschaden mit ähnlichem Schadensbild aus August 2008 in Höhe von 6.990,- Euro für ein Fahrzeug Porsche Boxster machte er erfolgreich gerichtlich geltend (Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 1. März 2011 – 14 O 199/09). Im damaligen Rechtsstreit hatte der Kläger die Mutmaßung geäußert, sein Ex-Schwiegervater sei nach Trennung von seiner Ehefrau für diese Taten und weitere Sachbeschädigungen an seinen Kraftfahrzeugen verantwortlich (Bl. 3, 33 d.A. 14 O 199/09).

Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung der Netto-Reparaturkosten gemäß Kostenvoranschlag in Höhe von 9.897,30 Euro, die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Kosten, insbesondere der Umsatzsteuer auf die Nettoreparaturkosten, sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 455,42 Euro geltend gemacht. Zur Begründung hat er behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei vor dem 15. Dezember 2017 unbeschädigt und in gutem Zustand gewesen, es weise den werkseitigen Originallack in Braun auf und es sei nach den Feststellungen des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen unfallfrei. Es sei zwischen dem 15. Dezember 2017 und dem 3. Januar 2018 durch Vandalismus beschädigt worden; praktisch das gesamte Fahrzeug sei durch zahlreiche tiefe Kratzer in unterschiedlicher Form, Aussehen und Richtung mit einem offensichtlich spitzen bzw. scharfkantigen Gegenstand beschädigt worden. Die Beschädigungen habe er erstmals bemerkt, nachdem er das Fahrzeug gewaschen habe; zum Urheber heißt es in der Klageschrift, der Kläger wisse nicht, wer sein Fahrzeug zerkratzt habe, weil er bei der Verursachung der Beschädigungen nicht zugegen gewesen sei (Bl. 7 GA). Die Beklagte hat unter Hinweis auf das Gutachten der CarExpert vom 16. April 2014 Zweifel an der Identität des von ihrem Sachverständigen besichtigten beschädigten Fahrzeugs und des versicherten Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer XXXXXXXXXXXXXXXXX geäußert; letzteres habe, wie aus diesem Gutachten ersichtlich, seinerzeit einen Totalschaden erlitten und sei „blau-metallic“ lackiert gewesen, auch schon damals sei die Identitätsprüfung nicht nur anhand des Aufklebers an der B-Säule vorgenommen worden sondern auch anhand der eingeschlagenen Nummer im Motorraum und/oder der Windschutzscheibe. Sollte es sich jedoch um ein und dasselbe Fahrzeug handeln, sei dieses jedenfalls massiv vorbeschädigt gewesen, so dass die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert überstiegen; allenfalls könne der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes verlangt werden. Ohnehin fehle es am Versicherungsfall einer mut- oder böswilligen Beschädigung. Soweit das Fahrzeug nach Darstellung des Klägers an nahezu allen Fahrzeugteilen jeweils relativ geringfügig beschädigt worden sei, sei ein solches Schadensbild untypisch für einen Vandalismusschaden, bei dem es dem Täter nicht darauf ankomme, möglichst nahezu an allen Fahrzeugteilen das Fahrzeug zu beschädigen, sondern typischerweise scharfkantige oder spitze Gegenstände, z.B. beim Vorbeilaufen, am Fahrzeug entlang gezogen würden. Demgegenüber habe der vorliegende Schaden erkennbar den Sinn, eine möglichst hohe Reparaturkostenkalkulation gemäß Gutachten zu erreichen, während der tatsächliche Reparaturaufwand, weil es sich letztlich nur um optische Beeinträchtigungen handele, gering sei.

Das Landgericht Saarbrücken hat Beweis erhoben durch Vernehmung der vom Kläger zum Zustand des Fahrzeugs am 15. Dezember 2017 benannten Zeugin A.; außerdem hat es die Akten des Rechtsstreits 14 O 199/09 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Mit dem zur Berufung angefallenen Urteil, auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat es die Klage abgewiesen. Ihr fehle es schon am ausreichenden Nachweis eines Versicherungsfalles; denn es lasse sich insoweit schon nicht feststellen, dass die streitgegenständlichen Schäden von ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild als bedingungsgemäßer Vandalismusschaden zu werten seien, weil sie augenscheinlich darauf angelegt seien, mit einem relativ geringen Beschädigungsaufwand einen kalkulatorisch hohen Reparaturaufwand zu verursachen. Der Versicherer brauche auch dann nicht zu zahlen, wenn es ihm gelinge, konkrete Tatsachen nachzuweisen, die die Annahme einer Vortäuschung des Versicherungsfalles mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen; auch diesbezüglich stünden mehrere Tatsachen fest, nachdem der Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach vergleichbare Schäden geltend gemacht und abgerechnet habe. Davon abgesehen, sei der Vortrag des Klägers zur Schadenshöhe unschlüssig, weil dieser vor vollständiger und fachgerechter Reparatur des Fahrzeugs nur Anspruch auf die Differenz aus Wiederbeschaffungs- und Restwert habe und dazu trotz Rüge der Beklagten nichts vorgetragen habe.

Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein früheres Begehren in vollem Umfange weiter. Nunmehr behauptet er, von seiner psychisch kranken und nach seiner Auffassung auch gefährlichen geschiedenen Frau verfolgt zu werden, die an einer Borderline-Störung leide, mit der er seit dem Jahre 2004 insgesamt ca. 30 Gerichtsverfahren geführt habe, und die er als Urheberin von – seit 2004 – ca. 40 Sachbeschädigungen an seinen jeweiligen Fahrzeugen vermute; dies habe er bereits in der Klage und in der Verhandlung vor dem Landgericht ausführlich dargelegt. Soweit das Landgericht ihm unterstelle, die Beschädigungen an seinem Fahrzeug selbst herbeigeführt zu haben, sei das für ihn nicht akzeptabel, noch nie in seinem Leben habe er eine Sachbeschädigung oder einen Betrug begangen, auch in allen Verfahren mit seiner geschiedenen Ehefrau habe er immer die Wahrheit gesagt, die strafrechtliche Verurteilung wegen Körperverletzung beruhe auf einem von ihm zur „Schadensbegrenzung“ abgegebenen falschen Geständnis. Die im Wesentlichen auf „Amtsermittlungen“ gestützte Entscheidung des Landgerichts sei absolut überraschend für ihn gewesen, zumal er in dem früheren Rechtsstreit, den das Landgericht durch Beiziehung der Akten eingeführt habe, bei vergleichbarer Ausgangslage vor demselben Richter obsiegt habe; dadurch fühle er sich vom Gericht geradezu vorgeführt. Die Kratzer seien entgegen dem Landgericht auch nicht lediglich oberflächlich, auch wenn sie nicht sehr auffällig seien. Aus den Schadensfällen habe er auch nichts verdient; seine beschädigten Fahrzeuge habe er bislang immer zum Restwertgebot verkauft, auch vorliegend sei er lediglich ein weiteres Mal das Opfer. Rechtsfehlerhaft sei auch die weitere Einschätzung des Landgerichts zur Berechnung der Entschädigung, weil er jedenfalls beabsichtige, das Fahrzeug reparieren zu lassen, wie auch sein Feststellungsantrag zeige.

Der Kläger beantragt (Bl. 147 GA): das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14. Januar 2020, Az. 14 O 178/18, aufzuheben und wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.897,30 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. September 2018 zu zahlen;

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte außerdem verpflichtet ist, dem Kläger auch die im Zuge einer Reparatur des Vandalismusschadens anfallenden weiteren Kosten, insbesondere in Gestalt der Umsatzsteuer auf die Nettoreparaturkosten, zu ersetzen;

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 455,42 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.144,70 Euro, hilfsweise 7.680,- Euro, hilfsweise 7.375,12 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. September 2018 zu zahlen;

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte außerdem verpflichtet ist, dem im Falle der Reparatur des Vandalismusschadens die anfallenden Reparaturkosten inklusive Umsatzsteuer zu ersetzen;

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 455,42 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt (Bl. 179 GA), die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 3. Dezember 2019 (Bl. 101 ff. GA) sowie des Senats vom 27. November 2020 (Bl. 309 f. GA) verwiesen. Der Senat hat dem Kläger in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben, sich persönlich zu äußern, und er hat die Akten des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 199/09 – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung. Das Landgericht hat die Klage, die im Berufungsrechtszug zulässigerweise um einen lediglich mit einer abweichenden Entschädigungsberechnung begründeten und daher jedenfalls als sachdienlich anzusehenden Hilfsantrag erweitert wurde (§§ 263, 533 ZPO), zu Recht abgewiesen, weil – unbeschadet der vom Landgericht angestellten Überlegungen zum Nachweis des Versicherungsfalles und der konkreten Modalitäten der Schadensberechnung – hier aufgrund zahlreicher unstreitiger oder bewiesener Umstände mit der notwendigen Gewissheit feststeht (§ 286 ZPO), dass die Beschädigungen am Fahrzeug des Klägers, für die er Entschädigung beansprucht, von diesem selbst oder von ihm beauftragten Personen vorsätzlich herbeigeführt wurden. Schon deshalb scheiden jedwede Entschädigungsansprüche des Klägers aus dem Versicherungsvertrag aus.

1. Gemäß C.3 der dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (AKB) sind in der Vollkaskoversicherung – neben den Ereignissen der Teilkaskoversicherung – die Beschädigung, die Zerstörung, der Verlust oder der Totalschaden des versicherten Fahrzeugs durch einen Unfall versichert, d.h. ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis, sowie darüber hinaus außerdem mut- und böswillige Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen. Beide Alternativen schließen einander nicht aus, überlagern sich aber teilweise. Bei Einwirkungen von außen, z.B. Zerkratzen von Lack, besteht schon Versicherungsschutz wegen eines Unfalls, ohne dass es auf die Motive des Einwirkenden oder seine Betriebszugehörigkeit ankommt (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, VersR 1997, 1095; OLG Karlsruhe, VersR 2016, 590; Klimke, in: Prölss/Martin, VVG 30. Aufl., A.2.2.2 AKB 2015 Rn. 35). Für die Annahme einer mut- oder böswilligen Handlung muss der Schaden weder „plötzlich“, noch „mit mechanischer Gewalt“ herbeigeführt worden sein; erforderlich ist aber ein Vorsatz des Täters, der aus alleinigem oder wesentlichem Beweggrund darauf abzielt, aus der Lust auf einen dummen Streich (mutwillig) oder aufgrund gezielter Beschädigungsabsicht (böswillig) Sachschäden am Fahrzeug hervorzurufen (Senat, Urteil vom 19. März 2014 – 5 U 70/13; Klimke, in: Prölss/Martin, a.a.O., A.2.2.2 AKB 2015 Rn. 36; Koch, in: Bruck/Möller, VVG 9. Aufl., A.2 AKB Rn. 331). Deshalb ist es im Streitfall nicht richtig, wenn die Beklagte und, ihr folgend, das Landgericht, die Eintrittspflicht wegen des in Rede stehenden Versicherungsfalles in rechtlicher Hinsicht nur unter dem Gesichtspunkt der mut- oder böswilligen Handlung beleuchtet haben. Vielmehr steht, soweit – wie hier – eine Beschädigung des Fahrzeugs von außen her mittels plötzlicher, mechanischer Gewalt behauptet wird, auch der Eintritt des Versicherungsfalles „Unfall“ in Rede (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, VersR 1997, 1095). Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass der Kläger selbst den Sachverhalt nicht dahingehend gewürdigt hat; denn die rechtliche Beurteilung des Streitstoffes hat das Gericht – ggf. nach einem entsprechenden Hinweis, vgl. § 139 Abs. 2 ZPO – selbständig und ohne Bindung an die Ansichten der Parteien vorzunehmen.

2.

Den behaupteten Versicherungsfall – Unfall oder mut- und böswillige Handlung im Sinne von C.3 AKB – muss der Versicherungsnehmer voll beweisen (§ 286 ZPO). Anders als im Falle der Entwendung bedarf es im – hier vorliegenden – Falle der Zerstörung oder Beschädigung eines Kraftfahrzeuges einer Beweisführung mittels des äußeren Bildes von vornherein nicht. Das versicherte Objekt kann zur Feststellung, ob der Versicherungsfall einer mut- oder böswilligen Beschädigung eingetreten ist, besichtigt werden (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, VersR 1997, 1095). Der Beweis ist geführt, wenn eine Beschädigung des Fahrzeugs zu einem konkreten Zeitpunkt nachgewiesen oder unstreitig ist, die nur mit absichtlicher Beschädigung erklärt werden kann (Senat, Urteil vom 19. März 2014 – 5 U 70/13; OLG Köln, RuS 2014, 65; OLG Frankfurt, ZfS 2018, 515; Klimke, in: Prölss/Martin, a.a.O., A.2.2.2 AKB 2015 Rn. 38). Entsprechendes gilt für die Beschädigung oder Zerstörung durch Unfall: Steht fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einen Unfall im versicherten Zeitraum beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Leistungspflicht des Versicherers zu begründen (BGH, Urteil vom 25. November 1963 – II ZR 54/61, VersR 1964, 131, 133 f. = BGHZ 40, 297 ff., dort insoweit nicht abgedruckt; OLG Karlsruhe, VersR 2006, 919; Klimke, in: Prölss/Martin, a.a.O., A.2.2.2 AKB 2015 Rn. 10). Nicht zum Nachweis des Versicherungsfalles zählt dagegen die Frage, ob der Unfall oder die mut- oder böswillige Handlung ohne oder gegen den Willen des Versicherungsnehmers geschah; denn die Unfreiwilligkeit gehört weder zum Unfallbegriff, noch zum Begriff der mut- oder böswilligen (Beschädigungs-)Handlung (BGH, Urteil vom 5. Februar 1981 – IVa ZR 58/80, VersR 1981, 450; Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, VersR 1997, 1095). Den Versicherer trifft die Beweislast, dass der Versicherungsnehmer oder einer seiner Repräsentanten den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben, in vollem Umfang; eine „erhebliche Wahrscheinlichkeit“, wie sie das Landgericht offenbar ausreichen lassen will, genügt nicht (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 – IV ZR 245/96, VersR 1997, 1095). Allerdings darf und muss sich das Gericht hierbei mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Das bedeutet: Die tatrichterliche Beweiswürdigung muss auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen, und die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen dürfen sich nicht als bloße Vermutungen erweisen; eine mathematische, jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist indessen nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 22. November 2006 – IV ZR 21/05, VersR 2007, 1429; Senat, Urteil vom 19. März 2014 – 5 U 70/13).

3.

Hiervon ausgehend, kann vorliegend offen bleiben, ob die vom Kläger behaupteten Beschädigungen an seinem Fahrzeug, die diesem zwischen dem 15. Dezember 2017 und dem 3. Januar 2018 in Gestalt von zahlreichen tiefen Kratzern in unterschiedlicher Form, Aussehen und Richtung mit einem offensichtlich spitzen bzw. scharfkantigen Gegenstand zugefügt worden sein sollen, überhaupt einen „Unfall“ oder eine „mutwillige Beschädigung“ des „versicherten Fahrzeuges“ und damit ein über den vorliegenden Vertrag versichertes entschädigungspflichtiges Ereignis darstellen. Der Senat folgt dem Landgericht nämlich in seiner weiteren Einschätzung, dass dieser zur Begründung eines Versicherungsfalles angeführte Zustand des versicherten Fahrzeugs durch den Kläger oder eine von diesem beauftragte Person bewusst und gewollt herbeigeführt wurde, weil zahlreiche konkrete – unstreitige oder bewiesene – (Indiz-)Tatsachen vorliegen, die in ihrer Gesamtheit diesen Schluss mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit rechtfertigen. Über die in dem angefochtenen Urteil bereits erwähnten Umstände hinaus (LGU, Seite 7) liegen auch noch zahlreiche weitere Auffälligkeiten vor, die sich schon aus den Akten ergeben, auf die auch die Beklagte zuletzt ausdrücklich verwiesen hat, und die bei der gebotenen Gesamtschau die Überzeugungsbildung rechtfertigen, dass eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Kläger oder von ihm beauftragter Personen mit hinreichender Sicherheit feststeht:

a)

Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht ausführt, ist insoweit schon auffällig, dass der Kläger in der Vergangenheit bereits wiederholt vergleichbare angebliche „Vandalismusschäden“ an verschiedenen Fahrzeugen bei unterschiedlichen Versicherungsgesellschaften geltend gemacht und abgerechnet hat. Aus den beigezogenen Akten 14 O 199/09, auf die die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung wiederholt verweist und die der Senat zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, wird ersichtlich, dass der Kläger im Jahre 2008 allein zwei vergleichbare Schäden an unterschiedlichen Fahrzeugen geltend gemacht hat. Gegenstand des damaligen Rechtsstreits war ein behaupteter Vandalismusschaden an einem Porsche Boxster, der sich zwischen dem 14. und dem 18. August 2008 ereignet haben soll und für den – unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung – gutachterlich errechnete Reparaturkosten von 6.990,- Euro geltend gemacht wurden. Aus den Verfahrensakten folgt weiter, dass der Kläger bereits im Februar 2008 einen nahezu identischen Schaden an einem Pkw Mercedes CL 320 Sportcoupé geltend gemacht und ebenfalls fiktiv mit 9.940,- Euro gegenüber seinem Versicherer abgerechnet hatte (Bl. 33/46 d.A. 14 O 199/09). Der Senat teilt die Einschätzung des Erstrichters, dass diese Häufung von Schadensfällen überaus ungewöhnlich ist und auf eine Manipulation durch den Versicherungsnehmer hindeutet. Das gilt entgegen der Ansicht des Klägers gerade auch deshalb, weil sich die drei Schadensfälle hier über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken. Aus dem vorangegangenen Rechtsstreit ist ersichtlich, dass der dortige Versicherer den zeitlich ersten Schaden noch beanstandungsfrei reguliert hatte; erst nach dem zweiten Schadensfall hatte er die Regulierung verweigert und Manipulationsvorwürfe geäußert. Dass ein unredlicher Versicherungsnehmer bei dieser Ausgangslage zuwartet, bevor er – gegenüber einem anderen Versicherer – vergleichbare manipulative Schadensfälle geltend macht, liegt deshalb schlicht nahe und spricht nicht gegen die Annahme eines vorgetäuschten Versicherungsfalles. Demgegenüber erscheint es umgekehrt sogar äußerst fragwürdig, dass derart ähnliche Beschädigungen zunächst wiederholt zugefügt werden, sodann aber, nachdem erstmals Schwierigkeiten bei der Regulierung entstehen, erst nach mehreren Jahren erneut begangen werden, zumal wenn sie – wie hier nach der Darstellung des Klägers im vorliegenden Berufungsverfahren – auf eine ihm bekannte Urheberin aus dem persönlichen Umfeld – seine frühere Ehefrau – zurückgehen sollen, von der er sich nach eigenen Angaben kontinuierlich verfolgt fühlt.

b)

Hinzu kommen in allen hier bekannten Schadensfällen weitere Auffälligkeiten hinsichtlich der Fahrzeuge und ihrer Beschädigungen. Sämtliche (angeblichen) Versicherungsfälle betreffen ältere deutsche Markenfabrikate mit dementsprechend hohen Wiederbeschaffungswerten, die selbst kostenträchtige Reparaturen immer noch wirtschaftlich erscheinen lassen. Die geltend gemachten Schäden sind nach Darstellung des Klägers jeweils ausnahmslos großflächig und, wie die beanspruchten Beträge zeigen, sämtlich geeignet, im Falle ihrer fachgerechten Reparatur – die hier jeweils nicht durchgeführt wurde – sehr hohe Kosten für den Schadensversicherer zu generieren. Zugleich sind sie auch deshalb ungewöhnlich für eine mutwillige Beschädigung durch einen Dritten, weil ihre Zufügung schon angesichts der schieren Menge an Kratzern im Bereich des gesamten Fahrzeuges längere Zeit in Anspruch genommen haben muss und daher für den Täter die Möglichkeit bedingte, sich über einen längeren Zeitraum gezielt über das Fahrzeug „herzumachen“. Andererseits führen sie im Wesentlichen nur zu optischen Beeinträchtigungen, die Fahrbereitschaft der Fahrzeuge und ihre weitere Nutzung, auch durch Veräußerung, werden nicht tangiert, eine wirtschaftliche Verwertung bleibt möglich. Ausweislich des im hiesigen Schadensfall eingeholten Gutachtens der GKK, in dem der schadensbedingte Zustand des Fahrzeugs näher beschrieben wird, ist die Verkehrssicherheit aufgrund der Schäden nicht beeinflusst (Bl. 274 GA). Deshalb liegt die Notwendigkeit einer kostenträchtigen fachgerechten Beseitigung, nicht zuletzt angesichts des hohen Fahrzeugalters, auch nicht zwingend auf der Hand: „Anspruchslose“ Fahrzeugbesitzer können geneigt sein, ein solches Fahrzeug unrepariert weiter zu benutzen, wie dies auch der Kläger immer noch tut, und auch eine kostengünstige Aufbereitung ist – wie allgemein bekannt – bei Schäden dieser Art ohne weiteres möglich. In diesen Fällen oder auch wenn ein solches Fahrzeug unrepariert veräußert wird, was mit den beiden im Jahre 2008 geschädigten Kfz offenbar geschehen und auch vorliegend immer noch möglich ist, kann der Versicherungsnehmer daraus erhebliche wirtschaftliche Vorteile ziehen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Kläger seinen Versicherungsvertrag im Jahre 2008 kurz vor dem Schadensfall zunächst von Teil- auf Vollkaskoversicherungsschutz erweitert hat (Versicherungsschein Bl. 6 d.A. 14 O 199/09) und sodann auch die zunächst vereinbarte Werkstattbindung aufheben ließ, mit der eine fiktive Schadensabrechnung nicht möglich gewesen wäre (Bl. 33/46 d.A. 14 O 199/09). Auch der vorliegende Versicherungsvertrag gestattet dem Kläger eine fiktive Abrechnung des Schadens und, von der Selbstbeteiligung abgesehen, auch ohne erhebliche Nachteile. Soweit die Berufung das unter Hinweis auf den geringeren Restwert in Frage stellt, übersieht sie, dass dem Kläger im Falle der Weiterveräußerung sowohl der Erlös als auch die fiktiv abrechnete Entschädigung verbleiben, wobei erfahrungsgemäß letztere den mit einer Veräußerung im beschädigten Zustand verbundenen Mindererlös deutlich übersteigen wird. Und auch der Hinweis des Klägers auf eine damit verbundene Rückstufung verfängt nicht, weil der vorliegend vereinbarte „Nix-Passiert-Tarif“ eine solche beim ersten Schadensfall im Kalenderjahr gerade nicht vorsieht (Versicherungsschein Ziff. 6, Seite 2/4).

c)

Darüber hinaus weisen alle hier bekannt gewordenen Schadensfälle in geradezu ungewöhnlicher Weise auffällige Gemeinsamkeiten auf, die das Geschehen sprichwörtlich „verdächtig“ machen. So ist jedes Mal unklar geblieben, wann und wo genau die Beschädigungen an dem jeweiligen Fahrzeug durch Dritte verursacht worden sein sollen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger als Schadenszeitraum die Zeit zwischen dem 15. Dezember 2017 und dem 3. Januar 2018 benannt, mithin einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen. Im vorangegangenen Rechtsstreit gab er den Zeitraum zwischen dem 14. und dem 18. August 2008 an und damit immerhin vier Tage, in denen das Fahrzeug überdies wiederholt bewegt und örtlich verändert wurde. Für den erforderlichen Nachweis eines Versicherungsfalles, der in Fällen wie den vorliegenden gerade nicht mit dem Beweis eines „äußeren Bildes“ gleichzusetzen ist, sondern mit Hilfe des beschädigten Fahrzeuges geführt werden kann, mag das möglicherweise noch genügen. Doch ist die Schilderung des Klägers jeweils auffällig unkonkret; sie beschränkt sich stets auf einen absoluten Minimalsachverhalt, der keinerlei zeitliche oder örtliche Eingrenzung ermöglicht, dadurch im Nachhinein nicht mehr nachprüfbar ist und so insbesondere dem Versicherer auch jeden Ansatzpunkt für etwaige Ermittlungen zu einer möglichen Manipulation von vornherein verschließt. Dies mag in einem einzelnen Fall, auch mit Blick auf die grundsätzlich zu vermutende Redlichkeit des Versicherungsnehmers, noch nachvollziehbar sein und akzeptiert werden; in einem – wie hier – wiederholten Maße mit auch im Übrigen sehr auffälligen Parallelen und unter Berücksichtigung der weiteren, ausnahmslos gegen die Redlichkeit des Klägers sprechenden Indizien drängt sich hingegen der Verdacht auf, dass die Abläufe durch eine vage und nicht überprüfbare Tatsachendarstellung bewusst verschleiert werden sollen.

d)

Darauf deuten auch die wechselnden und widersprüchlichen Angaben des Klägers zum (mutmaßlichen) Verursacher des Schadens hin. Anders als die Berufung es darstellt, hatte der Kläger erstinstanzlich zunächst ausdrücklich behauptet, er wisse nicht, wer die Beschädigungen an seinem Fahrzeug herbeigeführt habe (Bl. 7 GA); auf die entsprechende Aussage in der Klageschrift weist die Beklagte zu Recht hin. Erstmals mit der Berufung behauptet er nunmehr, offenbar im Anschluss an einen erstinstanzlich geäußerten Verdacht seiner dort als Zeugin vernommenen Lebensgefährtin, seine frühere Ehefrau, die psychisch krank und gefährlich sei und die ihn seit langem „verfolge“ sei mutmaßlicher Urheber der Beschädigungen. Ob dieser neuerliche Vortrag, dem die Beklagte dezidiert entgegengetreten ist, zutrifft, bedarf hier keiner Klärung. Denn konkrete Tatsachen, die auf eine Beschädigung des Fahrzeugs gerade durch die frühere Ehefrau des Klägers hindeuten, hat dieser nicht vorgetragen; allein die behauptete Erkrankung und die dargestellten – lange zurückliegenden – angeblichen Vorfälle würden auch in der Gesamtschau einen solchen Schluss nicht zulassen. Deshalb wirft der Kläger dem Landgericht auch vergeblich eine Verletzung der Hinweispflicht vor, deren Beachtung ihn schon damals zu entsprechendem Vortrag und Beweisantritt veranlasst hätte; alle jetzt vorgetragenen Umstände können vielmehr als wahr unterstellt werden, eine abweichende Beurteilung rechtfertigen sie nicht. Dies gilt zumal sich der Kläger auch schon im vorangegangen Rechtsstreit in ähnlicher Weise widersprüchlich verhalten, in der Sache jedoch in durchaus auch erheblichem Maße abweichend geäußert hatte. Damals hatte er bei der Erstattung der polizeilichen Schadensanzeige nach eigener Darstellung Wert daraufgelegt, keinen Verantwortlichen für den Schaden zu benennen; demgegenüber hatte er im Rechtsstreit sodann die Vermutung geäußert, dass sein „Ex-Schwiegervater“ die Sachbeschädigungen begehe (Bl. 3, 33 d.A. 14 O 199/09). Auf diese offenkundigen Widersprüche in seiner Darstellung geht der Kläger mit keinem Wort ein. Weder erläutert er nachvollziehbar, weshalb er zunächst keine Angaben zum (mutmaßlichen) Urheber machte, noch, warum dies im vorliegenden Verfahren nicht mehr der Ex-Schwiegervater, sondern die – erstmals von der Zeugin A. erwähnte – frühere Ehefrau gewesen sein soll. Der Hinweis seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, der Kläger wolle sich nicht weiteren (gerichtlichen) Verfahren seiner Ehefrau aussetzen, die aus solchen Äußerungen entstehen könnten, übersieht schon, dass der Kläger in einem – wie hier – rechtlich geordneten Verfahren einen solchen Verdacht durchaus äußern dürfte, ohne die erwähnten Konsequenzen fürchten zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 – VI ZR 79/11, VersR 2012, 502; Senat, Urteil vom 16. Februar 2011 – 5 U 384/10-61, OLG Report Mitte 31/2011 Anm. 7); im Übrigen erklärt aber auch das nicht, dass er diesen Verdacht zunächst gar nicht, später dann aber sehr beharrlich und mit drastischen, seine frühere Ehefrau in ein sehr schlechtes Licht rückenden Worten ausgebreitet hat. Vielmehr legen auch diese Diskrepanzen im Sachvortrag und dessen kontinuierliche Anpassung an die jeweiligen prozessualen Gegebenheiten die Annahme nahe, dass diese Umstände vornehmlich deshalb bemüht werden sollen, um einen selbst verursachten Schadensfall als mutwillige Beschädigung erscheinen zu lassen, die frühere abweichende Darstellung aus dem vorangegangenen Rechtsstreit aber nicht mehr genau erinnerlich oder der Zeugin A. nicht bekannt war.

e)

Beachtlich sind des Weiteren die bis zuletzt verbleibenden Zweifel an der Herkunft und dem Zustand des versicherten Fahrzeuges, die die Beklagte auch schon dazu veranlasst haben, die Identität des von ihrem Gutachter in Augenschein genommenen beschädigten Fahrzeugs in Frage zu stellen. Mit dem Versicherungsvertrag hat die Beklagte den Versicherungsschutz – nur – für das Fahrzeug mit der Fahrgestell-Nr. XXXXXXXXXXXXXXXXX übernommen. Aus dem vom Kläger vorgelegten Kaufvertrag geht hervor, dass dieser ein „unfallfreies“ Fahrzeug mit dieser Fahrgestellnummer, der Erstzulassung 11. April 2012 und einem Kilometerstand von 25.920 am 5. September 2016 erworben haben will. Obschon nach seiner Behauptung das Fahrzeug den „Originalfarbton braun“ aufweisen soll, findet sich in der von ihm selbst eingeholten und vorgelegten Reparaturkalkulation des Autohauses B. (Bl. 10 ff. GA), in der sich auch Angaben zum Fahrzeug befinden, die, wie bei vertragsgebundenen Markenwerkstätten üblich und allgemein bekannt ist, aus der Herstellerdatenbank entnommen wurden und die als Einträge u.a. „Erstzulassung 11. April 2012“ und Farbe „Horizon blue metallic“ aufweisen. Schon diese Diskrepanz ist auffällig. Hinzu kommt, dass die Beklagte ein Gutachten der Firma Car-Expert vorgelegt hat, wonach ein Fahrzeug mit eben dieser Fahrgestellnummer, der Erstzulassung 11. April 2012, einem Kilometerstand von 27.000 und der Farbe „blau metallic“ am 16. April 2014 Gegenstand einer Schadensbegutachtung gewesen ist, bei der ein Totalschaden festgestellt wurde. Wenngleich der Kläger bezweifelt, dass das seinerzeit von der Firma Car Expert begutachtete Fahrzeug mit dem in seinem Eigentum befindlichen Fahrzeug identisch sei, ist damit jedenfalls die Herkunft des versicherten Fahrzeugs, für das vorliegend eine Entschädigung beansprucht wird, mehr als fragwürdig. Umstände, die geeignet wären, dies aufzuklären, hat der Kläger auch mit der Berufung nicht vorgebracht; insbesondere vermochte er nicht ansatzweise nachvollziehbar zu erläutern, warum die von ihm vorgelegte Reparaturkostenkalkulation auf Fahrzeugdaten zur Fahrgestell-Nr. des versicherten Fahrzeuges verweist, die nach seiner eigenen Darstellung nicht zutreffen. Auch diese verbleibenden Zweifel nähren den Verdacht einer Manipulation durch den Kläger, die erfahrungsgemäß mit Fahrzeugen dubioser Herkunft besonders profitabel ist; dieser Verdacht steht hier nach den gegebenen Umständen weiterhin unwiderlegt im Raum.

f)

Letztlich geben auch die aus den Prozessakten ersichtlichen Erkenntnisse zu früheren (Ermittlungs-)verfahren betreffend den Kläger und seine Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen dem Senat Anlass, der Einschätzung des Landgerichts zu folgen und sich mit dem erforderlichen Maß an Gewissheit davon zu überzeugen, dass insbesondere der hier geltend gemachte Versicherungsfall von ihm selbst bzw. in seinem Auftrag herbeigeführt worden ist. Dort war seitens des Versicherers unwidersprochen dargelegt worden, dass der Kläger ab dem Jahre 2002 mehr als 30 Gebrauchtfahrzeuge aus England und den USA nach Deutschland eingeführt habe. Auch dem weiteren Vorbringen, wonach in diesem Zusammenhang gegen den Kläger mehrere staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahrenen, u.a. wegen gewerbsmäßigen Betrugs, eingeleitet worden sind, ist der Kläger nicht entgegengetreten; er hat lediglich darauf hingewiesen, dass diese jeweils nicht zu einer Verurteilung geführt hätten, dass jedenfalls ein Verfahren nach § 154 StPO eingestellt wurde, weil der Kläger anderweitig – zu einer Bewährungsstrafe – verurteilt wurde, ist unstreitig geblieben (Bl. 64, 120 ff. bzw. Bl. 92, 137 f. in 14 O 199/09). Aktenkundig ist schließlich, dass es auch im Verhältnis zu den Erwerbern dieser Fahrzeuge zu Rechtsstreitigkeit gekommen ist. Auch wenn einschlägige Straftaten bei all dem nicht nachgewiesen werden konnten, worauf der Kläger wiederholt hingewiesen hat, belegt dies doch eine langjährige, Verdacht heischende geschäftliche Praxis des Klägers im Umgang mit gebrauchten Fahrzeugen, die ihrerseits unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges geeignet ist, das Bild eines redlichen Versicherungsnehmers nachhaltig zu trüben und den Verdacht einer Vortäuschung des streitgegenständlichen Versicherungsfalles zu untermauern. g)

Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände und Auffälligkeiten des vorliegenden Falles, die zwar jeweils für sich möglicherweise noch zu erklären wären, in der Gesamtschau aber ein eindeutiges, in der Sache überaus fragwürdiges Bild ergeben, sieht es der Senat als erwiesen (§ 286 ZPO) an, dass der geltend gemachte Versicherungsfall, mag man ihn als „Unfall“ oder als „mutwillige Beschädigung“ ansehen, vom Kläger selbst herbeigeführt wurde; jedenfalls aus diesem Grunde ist die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet (§ 81 Abs. 1 VVG; C.1.10 AKB), wie schon das Landgericht in dem angefochtenen Urteil mit knapper, der Sache nach aber vollkommen zutreffender Begründung angenommen hat. Die dagegen erhobenen verfahrensrechtlichen Einwände des Klägers aus der Berufungsbegründung vermögen das ebenfalls nicht zu entkräften. Soweit er geltend macht, das Landgericht habe durch die Verwertung der Erkenntnisse aus dem Vorprozess den Beibringungsgrundsatz verletzt, verkennt er, dass die Berücksichtigung – wie hier – gerichtskundiger Tatsachen (§ 291 ZPO) im Anschluss an ihre – ausweislich des erstinstanzlichen Sitzungsprotokolls ordnungsgemäß erfolgte – Einführung in den Rechtsstreit grundsätzlich zulässig ist. Im Übrigen haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte im Rahmen ihrer Berufungserwiderung mehrfach und zum Teil wiederholt auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen; insbesondere die Beklagte hat dadurch auch erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich dem Standpunkt des Landgerichts anschließt und sich die auf diese Weise eingeführten Tatsachen im Rahmen ihres Vortrags zu eigen machen will; spätestens damit ist dem Beibringungsgrundsatz jedenfalls genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2010 – I ZR 61/09, GRUR-RR 2010, 407). Ebenso wenig war es unzulässig, dass das Landgericht seine Klageabweisung auf diese Erkenntnis stützte, nachdem es im vorangegangenen Rechtsstreit noch die damals verklagte Versicherung zur Leistung verurteilt hatte. Einem Gericht ist es nicht versagt, in einem ähnlich gelagerten Einzelfall bei besserer Erkenntnis abweichend zu entscheiden. Da das Landgericht die Akten des Vorprozesses ordnungsgemäß in den Rechtsstreit eingeführt hatte, geht auch der Vorwurf, es habe sich um eine unzulässige Überraschungsentscheidung gehandelt, von vornherein fehl. Vielmehr ist das klageabweisende Urteil auch nach Überzeugung des Senats in jeder Hinsicht zu Recht ergangen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers war deshalb insgesamt zurückzuweisen.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Soweit der Kläger sein Begehren in der Berufung in zwei wirtschaftlich auf dasselbe Ziel gerichteten Haupt- und Hilfsanträgen weiterverfolgt hat, ist für die Wertbemessung nur einer, und zwar der höhere, maßgeblich. Für die Bewertung des Feststellungsantrages geht der Senat im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens von der Höhe des aus den geltend gemachten Reparaturkosten errechneten Umsatzsteuerbetrages aus.

 

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