Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- LG Köln: Aufrechnung von Courtagehaftung mit Provisionsansprüchen in der Maklerinsolvenz – Versicherer setzt sich durch
- Die Courtage-Rahmenvereinbarung zwischen Makler und Versicherer: Grundlage der späteren Provisionsstreitigkeiten
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Forderungen des Insolvenzverwalters
- Verteidigung des Versicherers: Kündigung, fehlende Betreuungsleistung und die entscheidende Hilfsaufrechnung
- Entscheidung des Landgerichts Köln: Klage des Insolvenzverwalters wird abgewiesen – Aufrechnung des Versicherers erfolgreich
- Begründung des Gerichts: Nur ein Teil der Provisionsansprüche des Insolvenzverwalters anerkannt
- Anspruch auf Betreuungsprovision verneint: Fehlende Betreuungsleistung nach Insolvenzeröffnung entscheidend
- Die zentrale Frage der Aufrechnung: Zulässigkeit nach § 95 InsO und § 387 BGB
- Vertragliche Abtretungsklausel (§ 8 Courtagezusage) stand der Aufrechnung nicht entgegen
- Insolvenzrechtliche Bewertung: Vorrang des § 95 InsO bei der Aufrechnung
- Durchführung der Aufrechnung: Vollständiges Erlöschen der klägerischen Forderungen
- Ergebnis des Urteils: Keine Zahlungspflicht des Versicherers durch erfolgreiche Aufrechnung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Courtagehaftung im Zusammenhang mit Versicherungsvermittlung?
- Wie wirkt sich eine Insolvenz auf Provisionsansprüche und Courtagehaftung eines Versicherungsmaklers aus?
- Was bedeutet Aufrechnung im Insolvenzrecht und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
- Welche Rolle spielen Rahmenvereinbarungen und individuelle Vertragsbedingungen bei der Beurteilung von Provisionsansprüchen und Haftungsfragen?
- Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Versicherungsvermittler selbst Versicherungsnehmer ist?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 19 O 214/15 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Köln
- Datum: 30.01.2018
- Aktenzeichen: 19 O 214/15
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Insolvenzverwalter über das Vermögen der G Consulting AG (einer Maklergesellschaft)
- Beklagte: Versicherungsunternehmen (ursprünglich AS, später B-Konzern AG), das von der Schuldnerin vermittelte Verträge hatte
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Insolvenzverwalter forderte von einem Versicherer Provisionszahlungen für nach Insolvenzeröffnung aus vor der Insolvenz vermittelten Verträgen entstandene Ansprüche der insolventen Maklergesellschaft. Der Versicherer hatte jedoch vor Insolvenzeröffnung entstandene Forderungen (Courtagehaftung) gegen die Maklergesellschaft.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob ein Versicherer seine vor der Insolvenz einer Maklerfirma entstandenen Forderungen gegen die nach der Insolvenz entstandenen Provisionsansprüche der Maklerfirma (vertreten durch den Insolvenzverwalter) aufrechnen darf, insbesondere unter Berücksichtigung vertraglicher und insolvenzrechtlicher Vorschriften.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Klage des Insolvenzverwalters ab. Die geltend gemachten Provisionsansprüche der insolventen Maklerfirma wurden durch Aufrechnung mit Forderungen des Versicherers für erloschen erklärt.
- Begründung: Das Gericht bestätigte einen Teil der Provisionsansprüche des Klägers, lehnte aber die Betreuungsprovisionen mangels erbrachter Leistungen ab. Diese bestätigten Ansprüche waren jedoch durch die Hilfsaufrechnung des Versicherers mit dessen älteren Courtagehaftungsansprüchen vollständig erloschen. Die Aufrechnung war auch unter Berücksichtigung insolvenzrechtlicher Vorschriften zulässig.
Der Fall vor Gericht
LG Köln: Aufrechnung von Courtagehaftung mit Provisionsansprüchen in der Maklerinsolvenz – Versicherer setzt sich durch
Das Landgericht Köln hat in einem Urteil vom 30. Januar 2018 (Az.: 19 O 214/15) entschieden, dass ein Versicherungsunternehmen berechtigt sein kann, seine vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entstandenen Courtagehaftungsansprüche gegen eine Maklergesellschaft mit Provisionsansprüchen aufzurechnen, die erst nach Insolvenzeröffnung zugunsten der Insolvenzmasse entstanden sind.

Dies gilt auch dann, wenn die Provisionsansprüche aus Verträgen stammen, die die Maklergesellschaft noch vor ihrer Insolvenz vermittelt hatte. Entscheidend waren hierbei die insolvenzrechtlichen Regelungen zur Aufrechnung, insbesondere die §§ 95 und 96 der Insolvenzordnung (InsO), sowie die Auslegung spezifischer Vertragsklauseln.
Die Courtage-Rahmenvereinbarung zwischen Makler und Versicherer: Grundlage der späteren Provisionsstreitigkeiten
Den Hintergrund des Rechtsstreits bildete eine im Mai 2003 geschlossene Courtage-Rahmenvereinbarung zwischen der später insolventen Finanzdienstleistungsgesellschaft (im Folgenden: die insolvente Maklerfirma) und dem beklagten Versicherungsunternehmen, vertreten durch eine Rechtsvorgängerin. Diese Vereinbarung regelte die Details der Courtageansprüche für die von der Maklerfirma vermittelten oder betreuten Versicherungsverträge.
Wichtige Punkte dieser Vereinbarung umfassten:
- Courtagezahlungen (§ 3): Die Maklerfirma erhielt Provisionen für vermittelte und betreute Verträge gemäß einer gesonderten Vergütungsregelung. Bei einer Vertragsübernahme sollte die Abschlusscourtage dem ursprünglichen Makler zustehen, während die „laufende Courtage“ an den übernehmenden Makler gezahlt werden sollte.
- Courtagehaftung (§ 4): Eine zentrale Klausel bestimmte eine Rückzahlungsverpflichtung der Maklerfirma für bereits ausgezahlte Courtagen. Diese Haftung trat ein, wenn die ausgezahlte Courtage 50 % der tatsächlich vom Kunden gezahlten und endgültig beim Versicherer verbliebenen Beiträge überstieg, beispielsweise weil Versicherungsbeiträge nicht oder nicht vollständig entrichtet oder zurückerstattet wurden. Eine Ausnahme von dieser Haftung bestand nur bei Eintritt eines Versicherungsfalls.
- Verrechnungsklausel und Abtretungsverbot (§ 8): Alle gegenseitigen Forderungen zwischen der Maklerfirma und dem Versicherer bzw. dessen Konzerngesellschaften sollten auf einem Kontokorrentkonto einer bestimmten Konzerngesellschaft des Versicherers (hier AS genannt) verrechnet werden. Zu diesem Zweck galten Forderungen einer Konzerngesellschaft gegen die Maklerfirma als unwiderruflich an die AS abgetreten, und umgekehrt wurden Verbindlichkeiten einer Konzerngesellschaft gegenüber der Maklerfirma als von der AS übernommen betrachtet. Davon abgesehen war eine Abtretung von Forderungen durch die Maklerfirma untersagt.
- Vergütungsregelung: Diese sah unter anderem eine laufende Courtage für Lebensversicherungsverträge von 2 % der gezahlten Beiträge vor, wenn die Vertragslaufzeit mehr als ein Jahr betrug und die Zahlung nicht an den Beitragseinzug gekoppelt war. Für die Betreuung des Bestandes nach Beendigung der ursprünglichen Zusage war eine laufende Courtage vorgesehen, vorausgesetzt, der Kunde wünschte keine anderweitige Betreuung.
Bereits zum 11. September 2008, also vor der Insolvenzeröffnung, standen dem Versicherungsunternehmen gegenüber der insolventen Maklerfirma unstreitige Courtagehaftungsansprüche in Höhe von mindestens 84.685,14 EUR zu. Diese resultierten aus der Differenz zwischen den an die Maklerfirma ausgezahlten Abschlussprovisionen und den bis dahin tatsächlich verdienten, deutlich geringeren Provisionen für zehn Lebensversicherungsverträge. Eine Besonderheit war hier, dass die insolvente Maklerfirma bei diesen zehn Verträgen selbst die Versicherungsnehmerin war.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Forderungen des Insolvenzverwalters
Mit Beschluss vom 30. April 2009 eröffnete das Amtsgericht Heidelberg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Maklerfirma. Der nun klagende Insolvenzverwalter wurde bestellt, und die Maklerfirma stellte ihre Geschäftstätigkeit vollständig ein.
Der Insolvenzverwalter forderte vom Versicherungsunternehmen die Zahlung verschiedener Provisionsansprüche für die Geschäftsjahre 2011 und 2012. Diese waren in Jahreskontoauszügen einer Konzerngesellschaft des Versicherers für die insolvente Maklerfirma ausgewiesen und beliefen sich auf:
- Für 2011: Betreuungsprovision 10.727,53 EUR; Erwerbsprovision 25,89 EUR; Abschlussprovision 21.965,11 EUR; Verwaltungskostenzuschuss 6.602,45 EUR (Gesamt: 39.320,98 EUR).
- Für 2012: Betreuungsprovision 10.097,50 EUR; Erwerbsprovision 15,72 EUR; eine weitere Betreuungsprovision 16,08 EUR; Abschlussprovision 23.764,54 EUR; Verwaltungskostenzuschuss 7.129,33 EUR (Gesamt: 41.023,17 EUR).
Die Gesamtforderung des Insolvenzverwalters betrug somit 80.344,15 EUR.
Unstreitig war zwischen den Parteien, dass die geltend gemachten Erwerbs- und Abschlussprovisionen sowie die Verwaltungskostenzuschüsse auf Basis der Courtagezusage entstanden waren. Sie rührten ausschließlich von dynamischen Erhöhungen („Dynamik“) bei Versicherungsverträgen her, die vor der Insolvenzeröffnung vermittelt worden waren. Neue Verträge wurden nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr akquiriert.
Der Insolvenzverwalter argumentierte, ihm stünden die ausgewiesenen Provisionsansprüche vollumfänglich zu, auch die Betreuungsprovision, da diese seiner Ansicht nach nicht an tatsächliche Betreuungsleistungen gekoppelt sei. Die vom Versicherungsunternehmen hilfsweise erklärte Aufrechnung mit den Courtagehaftungsansprüchen sei rechtlich unbeachtlich. Zur Begründung führte er an, dass das Versicherungsunternehmen diese Ansprüche gemäß § 8 der Courtagezusage an die Konzerngesellschaft AS abgetreten habe. Zudem schließe § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine solche Aufrechnung im Insolvenzfall aus.
Verteidigung des Versicherers: Kündigung, fehlende Betreuungsleistung und die entscheidende Hilfsaufrechnung
Das Versicherungsunternehmen beantragte die Abweisung der Klage. Es trug vor, die Geschäftsverbindung bereits zum 27. Oktober 2008 gekündigt zu haben, was der Insolvenzverwalter jedoch bestritt. Weiterhin bestritt das Versicherungsunternehmen den Anspruch auf Betreuungsprovisionen, da unstreitig keine Betreuungsleistungen mehr erbracht worden seien. Für den Fall, dass das Gericht die Forderungen des Insolvenzverwalters dennoch als bestehend ansehen sollte, erklärte das Versicherungsunternehmen hilfsweise die Aufrechnung mit seinen bereits erwähnten Courtagehaftungsansprüchen in Höhe von mindestens 84.685,14 EUR.
Entscheidung des Landgerichts Köln: Klage des Insolvenzverwalters wird abgewiesen – Aufrechnung des Versicherers erfolgreich
Das Landgericht Köln wies die Klage des Insolvenzverwalters als zulässig, aber unbegründet ab. Die Kosten des Rechtsstreits wurden anteilig dem Insolvenzverwalter (57 %) und dem Versicherungsunternehmen (43 %) auferlegt.
Begründung des Gerichts: Nur ein Teil der Provisionsansprüche des Insolvenzverwalters anerkannt
Das Gericht stellte zunächst fest, welche Provisionsansprüche dem Insolvenzverwalter dem Grunde nach zustanden. Es erkannte auf Basis der Courtagezusage Ansprüche auf Zahlung der in den Jahreskontoauszügen ausgewiesenen unstreitigen Provisionen (Erwerbs- und Abschlussprovisionen sowie Verwaltungskostenzuschüsse) in Höhe von insgesamt 59.503,04 EUR an.
Anspruch auf Betreuungsprovision verneint: Fehlende Betreuungsleistung nach Insolvenzeröffnung entscheidend
Hingegen sah das Gericht keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Betreuungsprovisionen. Die Begründung hierfür lag darin, dass unstreitig weder die insolvente Maklerfirma noch der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Betreuungsleistungen für die Versicherungsnehmer erbracht hatten. Der Wortlaut der Vergütungsregelung (Ziffer 4) setze jedoch explizit eine solche Betreuungsleistung voraus. Zusätzlich berücksichtigte das Gericht, dass die insolvente Maklerfirma bei denjenigen Verträgen, aus denen das Versicherungsunternehmen seine Courtagehaftungsansprüche herleitete, selbst Versicherungsnehmerin war. Für diese Verträge bestand nach Einstellung des Geschäftsbetriebs kein erkennbarer Betreuungsbedarf mehr.
Der Einwand des Versicherungsunternehmens, die Geschäftsverbindung sei bereits zum 27. Oktober 2008 gekündigt worden, wurde vom Gericht als unerheblich eingestuft. Selbst wenn man den Zugang einer solchen Kündigung unterstelle, blieben die vor diesem Datum vermittelten Versicherungen weiterhin provisionspflichtig. Das Versicherungsunternehmen hatte nicht dargelegt, dass die der Provisionsberechnung zugrunde liegenden Verträge erst nach dem behaupteten Kündigungsdatum vermittelt worden waren.
Die zentrale Frage der Aufrechnung: Zulässigkeit nach § 95 InsO und § 387 BGB
Die vom Gericht anerkannte Forderung des Insolvenzverwalters in Höhe von 59.503,04 EUR war nach Ansicht des Gerichts jedoch durch die vom Versicherungsunternehmen erklärte Hilfsaufrechnung gemäß § 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vollständig erloschen.
Eine Aufrechnungslage nach § 387 BGB lag vor, da das Versicherungsunternehmen Inhaberin der zur Aufrechnung gestellten, unstreitigen zehn Courtagehaftungsansprüche gegen die insolvente Maklerfirma war.
Vertragliche Abtretungsklausel (§ 8 Courtagezusage) stand der Aufrechnung nicht entgegen
Dem Argument des Insolvenzverwalters, die Aufrechnung sei wegen der Regelung in § 8 der Courtagezusage (wonach Forderungen des Versicherungsunternehmens gegen die Maklerfirma „als an die AS abgetreten gelten“ sollten) nicht möglich, folgte das Gericht nicht. Es verwies zur Begründung seiner Ablehnung dieses Einwandes auf bereits in einer früheren Verfügung vom 29. September 2017 erteilte Hinweise, deren genauer Inhalt im Urteilstext selbst nicht weiter ausgeführt wurde.
Insolvenzrechtliche Bewertung: Vorrang des § 95 InsO bei der Aufrechnung
Die erklärte Hilfsaufrechnung war nach Auffassung des Gerichts auch nach § 95 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Insolvenzordnung (InsO) zulässig. Diese Vorschrift erlaubt die Aufrechnung im Insolvenzverfahren unter bestimmten Voraussetzungen. Die von der Norm geforderte „Aufrechnungsanwartschaft“ – also eine Art gesicherte Erwartung auf eine mögliche Aufrechnung schon vor Insolvenzeröffnung – lag hier vor. Die Forderungen des Insolvenzverwalters, gegen die aufgerechnet wurde (Provisionsansprüche für 2011 und 2012), waren noch nicht unbedingt und fällig, bevor die Aufrechnung mit den Forderungen des Versicherungsunternehmens (den bereits im September 2008 bestehenden Courtagehaftungsansprüchen) hätte erfolgen können. Entscheidend war, dass die Courtagehaftungsansprüche des Versicherers bereits vor Insolvenzeröffnung entstanden und fällig waren, während die Provisionsansprüche des Insolvenzverwalters erst nach Insolvenzeröffnung entstanden.
Auch § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO, der bestimmte Aufrechnungen nach Insolvenzeröffnung verbietet (insbesondere wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit zur Aufrechnung erst nach Insolvenzeröffnung durch ein anfechtbares Rechtsgeschäft erlangt hat oder wenn die Forderung des Gläubigers erst nach Insolvenzeröffnung fällig wird und nicht zur Masse gehört), stand der Zulässigkeit der Aufrechnung hier nicht entgegen. Das Gericht begründete dies damit, dass diese Norm im Verhältnis zu § 95 Abs. 1 InsO als nachrangig anzusehen sei und hier die Voraussetzungen des § 95 InsO erfüllt waren (unter Verweis auf juristische Kommentarliteratur, Uhlenbruck, InsO, 14. Auflage, § 95 Rdnr. 2).
Durchführung der Aufrechnung: Vollständiges Erlöschen der klägerischen Forderungen
Das Gericht führte die Aufrechnung sodann konkret durch. Es berücksichtigte dabei die vom Versicherungsunternehmen in einem Schriftsatz vom 28. November 2017 erklärte Tilgungsbestimmung. Die Courtagehaftungsansprüche des Versicherungsunternehmens beliefen sich auf insgesamt 84.685,14 EUR, während die berechtigte Forderung des Insolvenzverwalters 59.503,04 EUR betrug.
Gemäß der Tilgungsbestimmung wurden zunächst die Courtagehaftungsansprüche des Versicherungsunternehmens gemäß Ziffer 1 bis 8 einer bestimmten Anlage (Gesamtsumme: 53.243,54 EUR) vollständig durch Aufrechnung mit der Forderung des Insolvenzverwalters getilgt.
Der verbleibende Teil der Forderung des Insolvenzverwalters (59.503,04 EUR – 53.243,54 EUR = 6.259,50 EUR) wurde mit dem Courtagehaftungsanspruch des Versicherungsunternehmens zu Ziffer 9 der Anlage (ursprünglich 12.544,00 EUR) verrechnet. Dieser Anspruch des Versicherungsunternehmens erlosch dadurch in Höhe von 6.259,50 EUR, sodass hier eine Restforderung des Versicherungsunternehmens in Höhe von 6.284,50 EUR (12.544,00 EUR – 6.259,50 EUR) verblieb.
Da die Gesamtforderungen des Versicherungsunternehmens die berechtigten Forderungen des Insolvenzverwalters überstiegen, waren die Forderungen des Insolvenzverwalters durch die erklärte und vom Gericht als zulässig befundene Aufrechnung vollständig erloschen.
Ergebnis des Urteils: Keine Zahlungspflicht des Versicherers durch erfolgreiche Aufrechnung
Mangels bestehender Forderungen des Insolvenzverwalters gegenüber dem Versicherungsunternehmen nach der erfolgten Aufrechnung war die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Das Urteil unterstreicht die Möglichkeit für Gläubiger, auch im Insolvenzfall unter den Voraussetzungen des § 95 InsO mit ihren Forderungen aufzurechnen, selbst wenn die Gegenforderung der Insolvenzmasse erst nach Insolvenzeröffnung entsteht, sofern eine „Aufrechnungsanwartschaft“ bereits vorlag.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil etabliert, dass ein Versicherungsunternehmen vor der Insolvenz entstandene Courtagehaftungsansprüche gegen einen Versicherungsmakler mit nach Insolvenzeröffnung entstandenen Provisionsansprüchen aufrechnen kann, wenn eine Aufrechnungsanwartschaft bereits vor der Insolvenz bestand. Betreuungsprovisionen können jedoch nur beansprucht werden, wenn tatsächlich Betreuungsleistungen erbracht wurden, was bei Einstellung des Geschäftsbetriebs nach Insolvenzeröffnung typischerweise nicht der Fall ist. Dies stärkt die Position von Versicherern im Insolvenzfall ihrer Vertriebspartner und verdeutlicht die Bedeutung des § 95 InsO, der im Verhältnis zu § 96 InsO vorrangig anzuwenden ist.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Courtagehaftung im Zusammenhang mit Versicherungsvermittlung?
Die Courtagehaftung, oft auch als Provisionshaftung bezeichnet, ist ein wichtiges Konzept im Verhältnis zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern (wie z.B. Maklern oder Vertretern). Sie bezieht sich auf die Verpflichtung des Vermittlers, eine bereits erhaltene Provision (Courtage) ganz oder teilweise an das Versicherungsunternehmen zurückzuzahlen, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag nicht wie erwartet fortbesteht.
Warum gibt es Courtagehaftung?
Stellen Sie sich vor, ein Versicherungsvermittler erhält eine Provision für den erfolgreichen Abschluss eines Versicherungsvertrages. Diese Provision wird oft zu Beginn der Vertragslaufzeit gezahlt und basiert auf der Annahme, dass der Kunde über einen bestimmten Zeitraum versichert bleibt und die Beiträge zahlt. Bleibt der Kunde jedoch nicht versichert – zum Beispiel, weil er den Vertrag kündigt, die Beiträge nicht mehr bezahlt (sodass der Vertrag storniert wird) oder der Vertrag aus anderen Gründen frühzeitig endet –, dann entfällt nachträglich die Grundlage für die ursprüngliche, oft im Voraus gezahlte, volle Provision.
Die Courtagehaftung bedeutet dann, dass der Vermittler einen Teil der erhaltenen Provision zurückzahlen muss, der auf den Zeitraum entfällt, in dem der Vertrag nicht mehr bestanden hat. Es geht also darum, dass die Provision im Verhältnis zur tatsächlichen Laufzeit des vermittelten Vertrages stehen soll.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Rückzahlungspflicht nicht zwangsläufig auf einem Fehlverhalten des Vermittlers beruhen muss. Sie kann auch eintreten, wenn der Kunde aus eigenem Entschluss kündigt oder aus anderen Gründen seine Beiträge nicht mehr zahlt. Die genauen Bedingungen, unter denen eine Provision zurückgezahlt werden muss, sind in der Regel vertraglich zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsvermittler geregelt. Diese Vereinbarungen legen fest, wie lange ein Vertrag mindestens bestehen muss (die sogenannte Haftungszeit oder Stornohaftungszeit) und welcher Anteil der Provision bei vorzeitiger Beendigung zurückzuzahlen ist.
Kurz gesagt: Courtagehaftung ist die Rückzahlungspflicht einer Provision durch den Versicherungsvermittler an das Versicherungsunternehmen, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag vorzeitig endet. Sie dient dazu, die Provisionszahlung an die tatsächliche Laufzeit des Versicherungsvertrages zu koppeln.
Wie wirkt sich eine Insolvenz auf Provisionsansprüche und Courtagehaftung eines Versicherungsmaklers aus?
Wenn eine Partei, zum Beispiel ein Versicherungsunternehmen, in Insolvenz gerät, verändert das die finanzielle Beziehung zu einem Versicherungsmakler erheblich. Der entscheidende Punkt ist dabei, ob ein Provisionsanspruch oder eine Verpflichtung zur Rückzahlung (Courtagehaftung) vor oder erst nach der offiziellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist.
Provisionsansprüche: Vor und nach der Insolvenz
Provisionsansprüche, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, weil Sie zum Beispiel eine Versicherungspolice vermittelt haben und Ihr Anspruch fällig wurde, bevor das Gericht das Verfahren eröffnet hat:
- Diese gelten als sogenannte Insolvenzforderungen. Stellen Sie sich das wie eine lange Schlange von Gläubigern vor, die alle Geld von der insolventen Partei möchten.
- Solche Ansprüche müssen Sie formell beim Insolvenzverwalter anmelden. Der Insolvenzverwalter ist eine vom Gericht eingesetzte Person, die das Vermögen der insolventen Partei verwaltet und verteilt.
- Für Sie als Makler bedeutet das: Sie erhalten aus diesen angemeldeten Forderungen in der Regel nur einen Bruchteil (oft nur wenige Prozent), falls überhaupt etwas übrig bleibt, nachdem vorrangige Kosten und andere Schulden beglichen sind. Dieser Bruchteil nennt sich Insolvenzquote. Die Auszahlung kann lange dauern.
Provisionsansprüche, die erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, weil Sie zum Beispiel im Auftrag des Insolvenzverwalters oder aufgrund laufender Geschäftsbeziehungen, die fortgeführt werden, weiterhin Dienstleistungen erbringen:
- Diese werden als sogenannte Masseschulden bezeichnet. Das sind Schulden, die im Laufe des Insolvenzverfahrens entstehen und für dessen Abwicklung oder eine mögliche Fortführung notwendig sind.
- Masseschulden haben eine höhere Priorität bei der Auszahlung. Sie werden in der Regel vor den alten Insolvenzforderungen bedient und meist vollständig bezahlt, sofern genügend Geld in der Insolvenzmasse (dem verwalteten Vermögen) vorhanden ist.
Courtagehaftung und Aufrechnungsmöglichkeiten
Die Verpflichtung zur Rückzahlung von Provisionen (Courtagehaftung), etwa wenn eine vermittelte Police vorzeitig gekündigt wird, bleibt grundsätzlich bestehen, auch wenn die Partei, an die Sie die Provision zurückzahlen müssten (z.B. der Versicherer), insolvent ist.
- Wenn der Grund für die Rückzahlung (der Storno) vor der Insolvenzeröffnung liegt, ist die Forderung des Insolvenzverwalters gegen Sie eine normale Insolvenzforderung der Masse.
- Wenn der Grund für die Rückzahlung (der Storno) nach der Insolvenzeröffnung liegt (was sehr häufig vorkommt, da viele Policen nach Verfahrenseröffnung storniert werden), ist die Forderung des Insolvenzverwalters gegen Sie eine sogenannte Masseforderung. Diese muss an die Insolvenzmasse zurückgezahlt werden, ähnlich wie eine Masseschuld bezahlt wird.
Die Aufrechnung, also die Verrechnung eigener Provisionsansprüche mit der Courtagehaftung, ist im Insolvenzverfahren nur eingeschränkt möglich.
- Vereinfacht gesagt können Sie Ihre Forderung gegen die insolvente Partei in der Regel nur dann aufrechnen, wenn sowohl Ihr Provisionsanspruch als auch die Rückforderung der Courtagehaftung bereits vor der Insolvenzeröffnung bestanden haben.
- Wenn Ihre Provisionsansprüche „alt“ sind (Insolvenzforderungen) und die Rückforderung der Courtagehaftung „neu“ ist (eine Masseforderung des Verwalters, weil der Storno nach Verfahrenseröffnung war), ist eine Aufrechnung meist nicht möglich. Sie müssten die Masseforderung (Courtagehaftung) an den Insolvenzverwalter zahlen und könnten Ihre alten Provisionsansprüche nur als Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden und würden hiervon voraussichtlich nur die geringe Quote erhalten. Dies soll verhindern, dass einzelne Gläubiger durch Aufrechnung bessergestellt werden als andere.
Was bedeutet Aufrechnung im Insolvenzrecht und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Stellen Sie sich vor, Person A schuldet Person B 100 Euro, und gleichzeitig schuldet Person B Person A 50 Euro. Anstatt dass jeder dem anderen Geld überweist, können sie die Schulden einfach „verrechnen“ oder „aufrechnen“. Person A zahlt dann nur noch die Differenz, also 50 Euro, an Person B. Beide Schulden sind damit erledigt. Aufrechnung bedeutet also, dass sich gegenseitige Geldschulden oder andere gleichartige Ansprüche bis zur Höhe des kleineren Betrags aufheben, ohne dass tatsächlich Geld hin und her fließen muss.
Aufrechnung im Insolvenzverfahren: Besondere Regeln
Wenn über das Vermögen einer Person oder eines Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, ändert sich die Situation grundlegend. Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, das vorhandene Vermögen (die Insolvenzmasse) gerecht unter allen Gläubigern aufzuteilen. Normalerweise erhalten Gläubiger nur einen Teil ihrer Forderungen zurück (die sogenannte Insolvenzquote).
Eine Aufrechnung im Insolvenzverfahren wäre für den Gläubiger, der aufrechnen kann, sehr vorteilhaft. Er würde seine Forderung nicht nur anteilig, sondern vollständig erfüllt bekommen, indem er seine eigene Schuld an den Insolvenzschuldner nicht zahlen muss. Um dieses Vorgehen nicht beliebig zuzulassen und andere Gläubiger zu benachteiligen, gibt es im Insolvenzrecht besondere Regeln, vor allem in den §§ 95 und 96 der Insolvenzordnung (InsO).
Wann ist Aufrechnung trotz Insolvenz möglich?
Grundsätzlich bleibt das Recht zur Aufrechnung auch im Insolvenzverfahren bestehen (§ 95 InsO). Das ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für die Aufrechnung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden haben.
Die wichtigsten Bedingungen dafür sind:
- Gegenseitigkeit: Es müssen sich zwei Personen gegenüberstehen, wobei die eine dem Insolvenzschuldner etwas schuldet und der Insolvenzschuldner der anderen Person etwas schuldet.
- Gleichartigkeit: Die Schulden müssen sich auf dasselbe beziehen, meist ist das Geld. Sie müssen „gleichartig“ sein.
- Aufrechnungslage vor Insolvenzeröffnung: Die Möglichkeit zur Aufrechnung muss bereits bestanden haben, als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das bedeutet im Wesentlichen, dass beide Ansprüche bereits entstanden und fällig oder zumindest erfüllbar gewesen sein müssen, bevor die Insolvenz begann.
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, können Sie Ihren Anspruch gegen den Insolvenzschuldner durch Aufrechnung mit Ihrer Schuld an ihn „verrechnen“. Das bedeutet für Sie, dass Sie Ihre Forderung in Höhe Ihrer eigenen Schuld erfüllt bekommen und diesen Teil Ihrer Forderung nicht zur Insolvenztabelle anmelden müssen.
Wann ist Aufrechnung im Insolvenzverfahren ausgeschlossen?
Die Aufrechnung ist nach § 96 InsO in bestimmten Fällen ausgeschlossen, auch wenn an sich eine Aufrechnungslage bestanden hätte oder später entsteht. Das dient dazu, Manipulationen und eine Bevorzugung einzelner Gläubiger kurz vor oder nach der Insolvenz zu verhindern.
Die wichtigsten Ausschlussgründe sind:
- Erwerb der Forderung nach Insolvenzeröffnung: Wenn Sie den Anspruch gegen den Insolvenzschuldner erst nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde von jemand anderem übernommen haben. Damit soll verhindert werden, dass Gläubiger ihre voraussichtlich wertlosen Forderungen an Personen verkaufen, die dem Insolvenzschuldner etwas schulden, damit diese aufrechnen können.
- Erwerb der Forderung kurz vor Insolvenzeröffnung bei Kenntnis: Wenn Sie den Anspruch gegen den Insolvenzschuldner kurz vor der Eröffnung des Verfahrens von jemand anderem übernommen haben UND Ihnen dabei die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt war.
- Schuld begründet nach Insolvenzeröffnung oder bei Kenntnis: Wenn Sie erst nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde dem Insolvenzschuldner etwas schuldig geworden sind. Oder wenn Sie bereits davor schuldig geworden sind, Ihnen aber die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekannt war, als die Schuld begründet wurde.
Diese Regeln sollen sicherstellen, dass die Verteilung des Insolvenzvermögens fair abläuft und Gläubiger, die erst im Hinblick auf die drohende oder bereits eingetretene Insolvenz handeln, keine unzulässigen Vorteile erlangen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Aufrechnung ist ein wichtiges Mittel im Insolvenzrecht, das unter bestimmten, streng geregelten Voraussetzungen genutzt werden kann, um sich von einer Schuld an den Insolvenzschuldner zu befreien und gleichzeitig eine Forderung gegen diesen zu „realisieren“, anstatt nur die Insolvenzquote zu erhalten. Die entscheidenden Kriterien sind dabei oft der Zeitpunkt, wann die gegenseitigen Ansprüche entstanden sind und ob Ansprüche nach Kenntnis der Insolvenz erworben oder begründet wurden.
Welche Rolle spielen Rahmenvereinbarungen und individuelle Vertragsbedingungen bei der Beurteilung von Provisionsansprüchen und Haftungsfragen?
Stellen Sie sich vor, jeder Vertrag ist wie ein individuelles Regelbuch für die Geschäftsbeziehung zwischen den beteiligten Personen oder Unternehmen. Sowohl Rahmenvereinbarungen als auch individuelle Vertragsbedingungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie legen fest, welche Rechte und Pflichten jede Seite hat.
Der Rahmen: Rahmenvereinbarungen
Eine Rahmenvereinbarung (wie zum Beispiel eine Courtage-Rahmenvereinbarung im Versicherungsbereich) ist oft wie das Grundgesetz oder das große Regelwerk für eine längere Zusammenarbeit. Sie bestimmt die allgemeinen Prinzipien, die grundlegenden Spielregeln. Hier werden oft Dinge geregelt wie:
- Wie grundsätzlich Provisionen berechnet werden sollen.
- Welche allgemeinen Verantwortlichkeiten und Pflichten bestehen.
- Die grundlegenden Regeln für die Haftung, falls etwas schiefgeht.
Diese Vereinbarungen schaffen eine Basis und Vorhersehbarkeit für die dauerhafte Geschäftsbeziehung. Sie legen den allgemeinen Rahmen fest, innerhalb dessen sich die einzelnen Geschäfte abspielen.
Die Details: Individuelle Vertragsbedingungen
Neben dem Rahmen gibt es die individuellen Vertragsbedingungen. Diese finden sich in den einzelnen Verträgen oder Vereinbarungen, die für jede einzelne Transaktion oder jedes spezifische Geschäft abgeschlossen werden. Sie sind wie die konkreten Regeln und Vereinbarungen für ein einzelnes Spiel innerhalb des großen Regelwerks.
In diesen individuellen Bedingungen können die Details festgelegt werden, die für den spezifischen Fall gelten. Zum Beispiel:
- Die genaue Provisionshöhe oder -berechnung für diesen einen Vertrag.
- Spezifische Aufgaben oder Pflichten, die nur für dieses eine Geschäft gelten.
- Besondere Vereinbarungen zur Haftung, die sich auf diesen Einzelfall beziehen.
Manchmal können individuelle Vereinbarungen die allgemeinen Regeln der Rahmenvereinbarung präzisieren, ergänzen oder in engen Grenzen auch abändern, solange dies rechtlich zulässig ist.
Warum das für Sie wichtig ist
Die genauen Formulierungen in beiden Arten von Vereinbarungen – sowohl in der allgemeinen Rahmenvereinbarung als auch in den spezifischen Einzelverträgen – sind entscheidend. Sie bestimmen im Streitfall oder bei Unklarheiten:
- Ob und in welcher Höhe ein Provisionsanspruch besteht.
- Unter welchen Voraussetzungen eine Haftung eintritt und wer welche Verantwortung trägt.
Allgemeine Aussagen oder gesetzliche Regelungen liefern oft nur einen Grundrahmen. Wie die Beziehung im konkreten Einzelfall geregelt ist, hängt maßgeblich von dem ab, was die beteiligten Parteien schriftlich vereinbart haben. Deshalb ist es so wichtig, die eigenen Verträge und Vereinbarungen genau zu kennen und zu verstehen, denn sie sind die maßgebliche Grundlage für die Beurteilung Ihrer Rechte und Pflichten.
Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Versicherungsvermittler selbst Versicherungsnehmer ist?
Wenn jemand, der beruflich Versicherungen für andere vermittelt (also ein Versicherungsagent oder -makler), gleichzeitig selbst als Kunde eine Versicherung abschließt, entsteht eine besondere Konstellation. Diese Person nimmt zwei Rollen ein: die des Vermittlers und die des eigenen Versicherungsnehmers.
Mögliche Interessenkonflikte
Ein Versicherungsvermittler hat die Aufgabe, die Interessen seiner Kunden oder des Versicherungsunternehmens (je nach Art der Vermittlung) zu vertreten und neutral zu beraten. Wenn dieselbe Person aber gleichzeitig selbst der Kunde ist, steht das eigene Interesse an diesem speziellen Versicherungsvertrag im Vordergrund. Dieses eigene Interesse kann in Konflikt geraten mit den Pflichten, die man als Vermittler gegenüber anderen Kunden oder dem Versicherer hat. Es könnte zum Beispiel der Anschein entstehen, dass die Auswahl oder Gestaltung des eigenen Vertrages eher von persönlichen Vorteilen als von objektiven Kriterien geleitet wurde.
Rechtliche Besonderheiten
Für Versicherungsvermittler und Versicherungsnehmer gelten rechtlich unterschiedliche Regeln und Pflichten. Wenn eine Person beide Rollen innehat, kann das Auswirkungen darauf haben, wie bestimmte rechtliche Fragen behandelt werden.
- Umgang mit Geldflüssen und Haftung: Die Abwicklung von Prämienzahlungen oder Provisionen ist bei Vermittlern und Kunden klar geregelt. Wenn aber der Vermittler der Kunde ist, laufen diese Geldflüsse bei derselben Person zusammen. Dies kann die Beurteilung der Verantwortlichkeit (Haftung), zum Beispiel im Zusammenhang mit der Weiterleitung von Kundengeldern oder Provisionen (oft als „Courtagehaftung“ bezeichnet), komplizierter machen. Es ist nicht immer eindeutig, nach welchen Regeln die Haftung in dieser Doppelrolle zu beurteilen ist.
- Beweislast im Streitfall: In einem rechtlichen Streitfall muss oft eine Partei beweisen, dass etwas richtig oder falsch gelaufen ist (das nennt man „Beweislast“). Ein Vermittler hat aufgrund seiner Tätigkeit viel spezifisches Wissen über Versicherungen und Vertragsbedingungen. Wenn dieser Vermittler der Kunde ist, wird ihm dieses Wissen zugerechnet. Das kann dazu führen, dass die Beweislast in einem Streitfall anders verteilt ist, als wenn ein normaler Kunde beteiligt wäre. Es kann schwieriger sein, sich auf Unwissenheit zu berufen.
Einfluss auf die Seriosität
Grundsätzlich ist es nicht ungewöhnlich oder per se unseriös, wenn ein Vermittler selbst Versicherungen nutzt. Dies kann sogar Vertrauen schaffen, da es zeigt, dass er an die Produkte glaubt. Allerdings kann die Doppelrolle, insbesondere wenn die Abgrenzung der Rollen oder die Handhabung von Interessenkonflikten nicht transparent ist, Fragen aufwerfen oder den Eindruck von mangelnder Neutralität hinterlassen. Dies kann die wahrgenommene Seriosität und Vertrauenswürdigkeit der Vermittlungstätigkeit beeinflussen, vor allem wenn es zu Unstimmigkeiten oder Problemen kommt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Courtagehaftungsanspruch
Ein Courtagehaftungsanspruch ist die rechtliche Forderung eines Versicherungsunternehmens gegenüber einem Versicherungsvermittler (z. B. einem Makler), bereits gezahlte Provisionen (Courtage) ganz oder teilweise zurückzufordern, wenn der zugrundeliegende Versicherungsvertrag nicht wie erwartet fortbesteht. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Kunde die Versicherungsbeiträge nicht zahlt oder der Vertrag vorzeitig endet. Die genaue Rückzahlungspflicht und ihre Bedingungen werden gewöhnlich in vertraglichen Vereinbarungen zwischen Versicherer und Vermittler geregelt, zum Beispiel in einer Courtage-Rahmenvereinbarung. Ein Courtagehaftungsanspruch dient dazu, die Provision an die tatsächlich erbrachte Versicherungsleistung zu koppeln.
Aufrechnung im Insolvenzverfahren
Die Aufrechnung ist ein Rechtsmittel, mit dem zwei Personen, die sich gegenseitig Geld schulden, diese Forderungen miteinander verrechnen können, sodass nur die Differenz gezahlt werden muss. Im Insolvenzverfahren gelten für die Aufrechnung besondere Vorschriften (§§ 95, 96 InsO), die sicherstellen, dass die Gläubiger gleich behandelt werden und keiner durch Aufrechnung bessergestellt wird, der Forderungen erst nach Insolvenzeröffnung erworben oder begründet hat. Eine Aufrechnung ist nur zulässig, wenn die gegenseitigen Ansprüche bereits vor Insolvenzeröffnung bestanden und fällig waren (Aufrechnungsanwartschaft). Diese Regeln schützen die Insolvenzmasse und alle Gläubiger vor unzulässigen Vorteilen einzelner Beteiligter.
Aufrechnungsanwartschaft
Die Aufrechnungsanwartschaft bedeutet, dass ein Schuldner bereits vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Voraussetzungen für eine Aufrechnung erfüllen muss, damit er sein Recht zur Verrechnung von Forderungen auch im Insolvenzverfahren wirksam geltend machen kann (§ 95 Abs. 1 InsO). Konkret heißt das: Beide Forderungen – die eigene und die des Insolvenzschuldners – müssen vor der Insolvenzeröffnung entstanden und fällig gewesen sein, und die Möglichkeit zur Verrechnung muss bereits bestanden haben. Ist dies gegeben, kann der Gläubiger seine Schuld durch Aufrechnung erfüllen, ohne die Forderung formell in der Insolvenz anzumelden. Ohne Aufrechnungsanwartschaft ist die Aufrechnung im Insolvenzverfahren ausgeschlossen.
Masseforderung
Eine Masseforderung ist eine Forderung, die erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht und die für die Verwaltung und Abwicklung der Insolvenzmasse erforderlich ist (§ 55 InsO). Solche Forderungen haben Vorrang vor Insolvenzforderungen, weil sie zum Beispiel Kosten für die Fortführung des Geschäftsbetriebs oder notwendige Leistungen betreffen. Im Fall eines Versicherungsvermittlers können Provisionsansprüche, die erst nach Insolvenzeröffnung entstehen, als Masseforderungen behandelt werden. Masseforderungen werden voll befriedigt, sofern genügend Insolvenzmasse vorhanden ist, im Gegensatz zu Insolvenzforderungen, die meist nur anteilig (Insolvenzquote) bezahlt werden.
Courtage-Rahmenvereinbarung
Eine Courtage-Rahmenvereinbarung ist ein grundsätzlicher Vertrag zwischen einem Versicherungsvermittler (z. B. Makler) und einem Versicherungsunternehmen, der die allgemeinen Bedingungen für die Zahlung und Rückzahlung von Provisionen (Courtage) regelt. Diese Vereinbarung legt beispielsweise fest, welche Arten von Provisionen gezahlt werden, wie Haftungsregelungen für Rückzahlungen ausgestaltet sind und unter welchen Umständen Verrechnungen oder Abtretungen zulässig sind. Sie bildet die vertragliche Grundlage für alle späteren einzelnen Vermittlungsgeschäfte und schafft Transparenz sowie Rechtssicherheit für beide Parteien. Dabei ist die genaue Ausgestaltung entscheidend für die Berechtigung von Provisionsansprüchen und Courtagehaftungen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 95 Insolvenzordnung (InsO): Regelt die Zulässigkeit der Aufrechnung im Insolvenzverfahren. Danach ist eine Aufrechnung mit Forderungen gegen die Insolvenzmasse erlaubt, wenn die Forderung vor Insolvenzeröffnung entstanden und fällig war und eine Aufrechnungsanwartschaft vorlag. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bestätigte, dass die Courtagehaftungsansprüche des Versicherers vor Insolvenzeröffnung entstanden und fällig waren, sodass eine Aufrechnung mit später entstandenen Provisionsansprüchen des Insolvenzverwalters zulässig war.
- § 96 Insolvenzordnung (InsO): Verbietet bestimmte Aufrechnungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, insbesondere wenn Forderungen erst nach Insolvenzeröffnung fällig werden oder anfechtbar sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl der Insolvenzverwalter sich auf dieses Verbot berief, sah das Gericht § 96 InsO als nachrangig zu § 95 InsO an, da hier eine Aufrechnungsanwartschaft vorlag, weshalb die Aufrechnung zulässig blieb.
- § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Definiert die Voraussetzungen für eine gültige Aufrechnung, nämlich das Bestehen gegenseitiger Forderungen, die erfüllbar und gleichartig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass sowohl die Courtagehaftungsansprüche als auch die Provisionsansprüche aufrechnungsfähig sind, wodurch eine wirksame Aufrechnung zwischen den beiden Forderungen möglich war.
- § 389 BGB: Legt fest, dass eine Aufrechnungserklärung dazu führt, dass die Forderungen bis zur Höhe des niedrigeren Betrags erlöschen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Durch die Aufrechnungserklärung des Versicherers erloschen die Forderungen des Insolvenzverwalters vollständig, da die Courtagehaftungsansprüche höher bewertet wurden.
- Vertragliche Abtretungsklausel (§ 8 der Courtagevereinbarung): Bestimmte Forderungen wurden an eine Konzerngesellschaft (AS) abgetreten, während eine Abtretung der Maklerforderung ausgeschlossen war. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht entschied, dass diese Klausel der Aufrechnung nicht entgegenstand, da die Forderungen des Versicherers gegen die Maklerfirma weiterhin aufrechnungsfähig blieben.
- Vertragsrechtliche Bestimmungen zu Courtage und Courtagehaftung (insbesondere § 4 und § 3 der Courtagerahmenvereinbarung): Regeln die Höhe und Rückzahlungsverpflichtungen von Courtagen im Falle von Rückerstattungen oder fehlenden Beitragszahlungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verpflichtung zur Rückzahlung von Courtagen begründete die Courtagehaftungsansprüche des Versicherers, welche vor Insolvenzeröffnung entstanden und Grundlage der Aufrechnung waren.
Das vorliegende Urteil
LG Köln – Az.: 19 O 214/15 – Urteil vom 30.01.2018
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