Nach Entscheidung vom BGH sind Dashcam-Aufnahmen nunmehr erlaubt
Die Verwendung von den sogenannten Dashcams zur Beweissicherung im Straßenverkehr war stets eine rechtlich höchst umstrittene Angelegenheit. Gerade im Kontext mit einem Verkehrsunfall konnten die Dashcams zwar durchaus schlüssige Hinweise auf den Unfallverlauf geben, doch gab es immer auch die Frage einer möglichen Datenschutzverletzung. Nunmehr hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigt und die Verwendung der Dashcam-Aufzeichnungen zur Aufklärung von Tathergängen bei einem Verkehrsunfall als rechtlich zulässig befunden.
Das Grundproblem bei der Frage
Das Kernelement der Problematik im Hinblick auf die Verwendung von Dashcams im allgemeinen Straßenverkehr liegt im § 6b von dem BDSG (Bundesdatenschutzgesetz). Dieser Paragraf besagt, dass die allgemeine Beobachtung von öffentlich zugänglichen Räumen mittels einer optischen elektronischen Vorrichtung lediglich in einem sehr eng abgesteckten Rahmen zulässig ist. Andere Verkehrsteilnehmer, die sich in diesem öffentlichen Raum des Straßenverkehrs bewegen, könnten aufgrund der Aufzeichnungen sehr leicht identifizierbar sein. Damit wäre auch das individuelle Recht auf die informelle Selbstbestimmung durch die Dashcams berührt.

Vorherige Rechtsprechungen
Bereits das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich in der Vergangenheit mit eben jener Frage auseinandersetzen müssen. Das OLG beschloss seinerzeit mit dem Urteil vom 04. Mai 2016 – Aktenzeichen 4 Ss 543/15 – die Zulässigkeit von Dashcam-Aufzeichnungen, wenn damit besonders schwerwiegende Verkehrsordnungswidrigkeiten verfolgt und aufgeklärt werden könnten. Da das OLG in seinem Urteil jedoch die Frage offen liess, unter welchen genauen Umständen die Dashcam-Aufzeichnungen eines Verkehrsteilnehmers gegen den § 6b BDSG verstößt, musste sich der BGH nochmals mit dieser Frage beschäftigen. Das Urteil des OLG Stuttgart besagt lediglich, dass der §6b Absatz 3 S. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes grundsätzlich nicht das Verwertungsverbot im öffentlichen Bußgeld- und Strafverfahren beinhaltet. Ein Jahr später schloss sich das Landgericht München I mit seinem Beschluss vom 14. Oktober 2016 – Aktenzeichen 17 S 6473/16 – der Ansicht des OLG Stuttgart an. Das LG München schränkte jedoch die Verwertbarkeit der Dashcam-Aufzeichnungen dahingehend ein, dass diese Verwertung an eine umfassende Interessenabwägung geknüpft werden muss.
Auch der Bundesgerichtshof hat diesen Verstoß ausdrücklich bejaht, sich jedoch grundsätzlich auf die Seite des Klägers gestellt. Trotz des datenschutzrechtlichen Verstoßes ist nicht grundsätzlich ein Beweisverwertungsverbot gegeben. In einer zivilprozessrechtlichen Streitigkeit führt die unzulässige oder rechtswidrige Beweiserhebung nicht automatisch zu einem derartigen Verwertungsverbot. Vielmehr jedoch muss zur Klärung der Verwertbarkeitsfrage eine gründliche Güter- sowie Interessenabwägung im Einzelfall erfolgen. Das Interesse derjenigen Person, die als Beweisführer angesehen wird, begründet sich auf sein grundgesetzlich verankertes Recht auf ein rechtliches Gehör sowie seinem zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem Unfallgegner und hat auch ein allgemeines Interesse dahingehend, dass die Zivilrechtspflege funktioniert. Diesem Interesse steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unfallgegners, in diesem Fall der Beweisgegner, im Hinblick auf die informelle Selbstbestimmung bzw. dem Recht auf das eigene Bild. Der BGH sieht in diesem Fall jedoch das Interesse des Beweisführers als übergeordnet an.
Der Entscheidung des BGH lag ein Verkehrsunfall zugrunde. Da sich dieser Unfall in einem öffentlichen Raum ereignet hat, in welchem sich der Unfallgegner aus freiem Willen hineinbegeben hat, geht der BGH von einem Willen zur öffentlichen Wahrnehmung aus. Diese Wahrnehmung ist aus rechtlicher Sicht mit einer Beobachtung gleichzusetzen, welche von jedem anderen Verkehrsteilnehmer durchgeführt werden kann. Bedingt durch den Umstand, dass ein Verkehrsunfall in Bruchteilen einer Sekunde geschieht und sich daraus für den Geschädigten eine Beweisnot ergibt, werden durch die Dashcam-Aufzeichnungen Anknüpfungstatsachen für spätere unfallanalytische Gutachten geschaffen. Diese Anknüpfungstatsachen sind sehr häufig bei einem Verkehrsunfall zur Klärung eines Sachverhalts regelrechte Mangelware.
Es muss in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass die gesetzliche Grundlage des § 142 Strafgesetzbuch (die sogenannte Unfallflucht) den grundsätzlichen Beweisinteressen eines Unfallgeschädigten rechtlich gesehen eine besondere Gewichtung beimessen. Grundsätzlich hat jeder Verkehrsteilnehmer, der durch einen Unfall geschädigt wird, ein Recht auf die eindeutige Feststellung aller beteiligten Personen sowie deren Fahrzeugen nebst der Art der Beteiligung durch die reine Anwesenheit. Der § 34 Straßenverkehrsordnung verpflichtet ohnehin jeden Verkehrsteilnehmer dazu, auf entsprechendes Verlangen den Namen sowie die Anschrift in Verbindung mit dem Fahrzeugschein und dem Führerschein anzugeben. Hinzu kommen noch die entsprechenden Angaben im Hinblick auf die Haftpflichtversicherung.
Für die Zukunft ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Ansicht des Bundesgerichtshofs grundsätzlich durchsetzen wird. Im Hinblick auf Verkehrstraftaten sowie die damit verbundene Ermittlung von Haftungsquoten zur Abwicklung von Verkehrsunfällen wird die Verwendung einer Dashcam höchstwahrscheinlich zunehmen. Die Dashcam repräsentiert die technische Zukunft, während der Datenschutz in dieser Hinsicht noch massiv hinterherhinkt. Der Datenschutz wird sich dieser Entwicklung anpassen müssen, da die Verwendung einer Dashcam nicht den Tatbestand des ansatzlosen Filmens von anderen Verkehrsteilnehmern erfüllt, sondern aus einem ganz bestimmten Anlass zur Wahrung der eigenen Rechte geschieht. Die Dashcam-Aufzeichnungen könnten somit einen großen Beitrag zur allgemeinen Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr leisten, zumal die filmende Person auch stets damit rechnen muss selbst gefilmt zu werden. Mittlerweile gibt es auf dem Markt auch schon Geräte, welche die Aufzeichnungen eigenständig löschen. Diese Geräte sind jetzt schon absolut konform mit dem geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen und können durch den Nutzer lediglich im Bedarfsfall so eingestellt werden, dass die Aufzeichnungen technisch in dem Gerät zum Zwecke der Beweissicherung erhalten bleiben.
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