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Vertrauensschadenversicherung – Deckungsausschluss mittelbare Schäden

OLG Düsseldorf – Az.: I-4 U 101/17 – Urteil vom 21.09.2018

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 30.03.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der W. Invest KG, die ihrerseits mit Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg am 04.09.2009 Rechtsnachfolgerin der 2007 gegründeten W. Invest AG ist. Die W. Invest AG bzw. W. Invest KG war ein Emissionshaus, das im Bereich der geschlossenen Immobilienfonds zu den Marktführern zählte. Die W. Invest AG vereinbarte mit der Beklagten eine Vertrauensschaden-Versicherung für den Zeitraum vom 01.04.2009 bis zum 01.04.2010; wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein vom 01.09.2009 (Anlage K3 im Anlagenband Kläger) verwiesen. Der Versicherung lagen die ABC 2004 Protexx (im Folgenden: ABC 2004) als Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde (Anlage K3 im Anlagenband Kläger). Der Kläger geht aus dieser Versicherung gegen die Beklagte vor.

Mit Schreiben vom 31.03.2010 zeigte die W. Invest KG der Beklagten den Eintritt von Versicherungsfällen an (Anlage K4 im Anlagenband Kläger). Zwei Vorstände der W. Invest AG, von Q. und B., hätten einen Großteil der Beschäftigten der W. Invest abgeworben und mit einzelnen ehemaligen Mitarbeitern Daten gestohlen. Von Q. war bis zum 01.06.2009 Vorstandsmitglied der W. Invest AG. Sein Anstellungsvertrag vom 21.02.2007 (Anlage K15 im Anlagenband Kläger) wurde zunächst mit Aufhebungsvertrag vom 29.05.2009 (Anlage K16 im Anlagenband Kläger) zum 31.12.2009 beendet; mit Schreiben vom 07.10.2009 sprach die W. Invest KG indes die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages aus (Anlage K17 im Anlagenband Kläger). B. war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 05.12.2008 bei der W. Invest AG beschäftigt (Anlage K18 im Anlagenband Kläger), der von ihm mit Schreiben vom 16.09.2009 und von der W. Invest KG mit Schreiben vom 05.10.2009 (Anlage K19 im Anlagenband Kläger) außerordentlich gekündigt wurde. Bei der W. Invest AG bzw. W. Invest KG war ferner auch die Vorstandsassistentin M. beschäftigt, die mit Schreiben vom 20.05.2009 (Anlage K20) kündigte. Daneben kündigten weitere 17 Angestellte der W. Invest AG bzw. W. Invest KG ihre Arbeitsverhältnisse mit Kündigungsschreiben vom 18.05.2009 bis 12.11.2009; drei bei der W. Treuhand AG angestellte Mitarbeiter kündigten mit Schreiben vom 21.07.2009 bis 29.09.2009, und drei bei der W. Fondsmanagement angestellte Mitarbeiter kündigten mit Schreiben vom 20.06.2009 bis 02.11.2009. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kündigungsschreiben in der Anlage zum Anwaltsschreiben der W. Invest KG vom 10.08.2015 an die Beklagte (Anlage K11 im Anlagenband Kläger) verwiesen. Im zeitlichen Zusammenhang gründete das private Bankhaus B. die B. Invest AG, die ebenfalls als Emissionshaus tätig werden sollte und bei der – neben von Q., B. und M. – diese ehemaligen Mitarbeiter der W. Invest AG bzw. W. Invest KG angestellt wurden. Darüber hinaus verließen in diesem Zeitraum rund 35 Mitarbeiter die W. Invest AG bzw. W. Invest KG und gingen nicht zur B. Invest AG. Die B. Invest AG sollte zum 01.07.2009 ihre Tätigkeit aufnehmen und noch im Jahr 2009 die erste Emission tätigen. An dem Aufbau der B. Invest AG waren auch von Q. und B. beteiligt, die gemeinsam mit den bei der W. Invest AG bzw. W. Invest KG als Leiter Akquisition bzw. Leiterin Konzeption angestellten L. und R. sowie dem Vorstandsmitglied der W. Treuhand AG und Geschäftsführerin der W. Forderungsmanagement GmbH P.-E. am 28.04.2009 den persönlich haftenden Gesellschaftern der B.-Bank eine Präsentation „Aufbau eines Emissionshauses für geschlossene Immobilienfonds“ (Anlage K21 im Anlagenband Kläger) vorstellten. Schon zuvor hatte sich von Q. mit Schreiben vom 02.04.2009 (Anlage K22) an die persönlich haftenden Gesellschafter der B.-Bank gewandt.

Mit E-Mail vom 15.04.2009 (Anlage K23 im Anlagenband Kläger) verschickte M. an von Q. die aktuelle Satzung der W. Invest AG (Anlage K24 im Anlagenband Kläger) und den aktuellen Gesellschaftsvertrag der W. Fondsmanagement GmbH, die von von Q. der B.-Bank zur Verfügung gestellt wurden; wegen des Inhalts der Satzung der B. Invest AG wird auf die Anlage K25 im Anlagenband Kläger verwiesen. Mit E-Mail vom 30.04.2009 verschickte M. an ihre private E-Mail-Adresse die Vertragsdatenbank der W. Invest KG (Anlage K26 im Anlagenband Kläger). Am gleichen Tag schickte sie sich per E-Mail auch den Kostenstellenplan der W. Invest AG.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 23.04.2010 die Deckung ab, unter anderem weil kein unmittelbarer Schaden vorgetragen worden sei (Anlage K5 im Anlagenband Kläger). Auch auf das Anwaltsschreiben vom 29.06.2010 (Anlage K6 im Anlagenband Kläger) blieb die Beklagte mit Schreiben vom 05.07.2010 und 13.09.2010 (Anlagen K7 und K8 im Anlagenband Kläger) bei ihrer ablehnenden Haltung. Bis zum 31.10.2015 verzichtete sie auf die Einrede der Verjährung.

Der Kläger hat behauptet, die im Einzelnen namentlich benannten Mitarbeiter hätten sich in Schlüsselpositionen befunden, von Q. und B. hätten sie gezielt abgeworben, um der B.-Bank den günstigen Aufbau eines Emissionshauses und die Übernahme des Geschäftsbereiches der W. Invest AG bzw. W. Invest KG inkl. Kunden und Geschäftskontakte ohne besondere Anstrengungen zu ermöglichen und die W. Invest AG bzw. W. Invest KG zu schädigen. Zuvor hätten diese Mitarbeiter keine Wechselabsichten gehabt und hätten ohne die Abwerbeaktion auch nicht gekündigt, zumal sich das Unternehmen Ende 2008 nicht in finanziellen Schwierigkeiten befunden habe und eine schwierige finanzielle Situation sowie die kriminellen Aktivitäten von Professor Dr. Sch. 2009, der unstreitig nicht die Mitarbeiter schädigte, noch gar nicht bekannt gewesen seien. Die Initiative zur Errichtung der B. Invest AG sei von von Q. und B. ausgegangen, die trotz eines bestehenden Anstellungsverhältnisses Pläne zur Errichtung, Ausstattung und Umsetzung der Geschäftsstrategie eines konkurrierenden Emissionshauses gefördert und in sittenwidriger Weise eine Vielzahl qualifizierter Mitarbeiter abgeworben hätten, nachdem auf ihre Initiative hin erst die Möglichkeit zu einer solchen Abwerbung geschaffen worden sei, und sie der B.-Bank zugesagt hätten, das Personal für die B. Invest AG bei der W.-Gruppe abzuwerben.

Ferner hat der Kläger behauptet, mit Wissen, Wollen und auf Veranlassung von von Q. und B. seien zahlreiche Geschäftsgeheimnisse enthaltende Daten der B.-Bank zugespielt worden, so, wie im Schreiben vom 02.04.2009 (Anlage K22 im Anlagenband Kläger) angekündigt, das Organisationshandbuch der W. Invest KG (Anlage K30 im Anlagenordner Kläger) und die Vertriebspartnerliste (Anlage K31 im Anlagenordner Kläger), die im Rahmen staatsanwaltlicher Ermittlungen bei der B. Invest AG aufgefunden worden seien.

Der Kläger hat schließlich behauptet, ihm bzw. der Insolvenzschuldnerin sei ein vorsätzlich herbeigeführter Vermögensschaden in Höhe von mindestens 4,25 bzw. 4,5 Millionen Euro entstanden. Der Wert des Organisationshandbuches habe mindestens 2 Millionen Euro und der Wert der Vertriebspartnerliste mindestens 500.000 Euro betragen; dies stelle einen unmittelbar entstandenen Schaden dar, zumal das Geschäftsmodell weiterhin funktioniere und betrieben werde und auch der größte Teil der Vertriebspartner noch existiere und weiterhin geschlossene Immobilienfonds vertreibe. Darüber hinaus habe sich der Wert der W. Invest KG durch den „putschartigen“ Entzug der besonders qualifizierten und kurzfristig nicht ersetzbaren Mitarbeiter drastisch verringert, da die Qualifikation der Mitarbeiter einen erheblichen Teil des Substanzwertes des Unternehmens darstelle. Da insgesamt auch lediglich ein Versicherungsfall vorliege, so dass der vereinbarte Selbstbehalt in Höhe von 250.000 Euro nur einmal in Abzug zu bringen sei, habe er einen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe der gesamten Versicherungssumme von 4 Millionen Euro.

Die Beklagte hat behauptet, die Angestellten der W. Invest AG bzw. W. Invest KG hätten nicht von Q. oder B. abgeworben, sondern sie hätten das Unternehmen aus eigenem Antrieb aufgrund dessen wirtschaftlicher Probleme, die bereits Ende 2008 bestanden hätten und wegen der auch der Rechtsformwechsel vorgenommen worden sei, sowie der kriminellen Machenschaften des Unternehmensinhabers Professor Dr. Sch., der im April 2015 wegen gewerbsmäßiger Untreue in 327 Fällen rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von achteinhalb Jahren verurteilt wurde, sowie dessen Führungsstils verlassen, was sich unter anderem aus der eidesstattlichen Versicherung vom 21.12.2009 der ehemaligen Angestellten Be. (Anlage B5 im Anlagenband Beklagte) ergebe. Bonuszahlungen seien unterblieben oder verschoben worden, Gerüchte über unlautere Geschäftspraktiken von Professor Dr. Sch. hätten die Runde gemacht und unter den Angestellten habe es eine große Verunsicherung und schlechte Arbeitsatmosphäre gegeben. Jedenfalls habe es – wie auch das Schreiben von von Q. vom 02.04.2009 (Anlage K22 im Anlagenband Kläger) zeige – kein beharrliches Einwirken von von Q. oder B. gegeben; solche Handlungen seien auch nicht konkret dargetan worden. Selbst bei einer unterstellten Abwerbung hätte dies zu keinem Schaden geführt, da die Mitarbeiter auch so ihre Arbeitsverträge gekündigt hätten. Auch habe von Q. sowohl Professor Dr. Sch. als auch der Personalleiterin von Wechselüberlegungen vieler Mitarbeiter bereits vor der Initiative der B.-Bank berichtet. Mit Nichtwissen hat die Beklagte das Zuspielen von Geschäftsgeheimnissen bestritten und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass schon nicht vorgetragen sei, wie es dazu konkret gekommen sein soll. Unerheblich sei es, dass sich M. Unterlagen per E-Mail geschickt habe, da solches aufgrund der häufigen Heimarbeit üblich gewesen sei. Auch hätten von Q. und B. wechselwillige Mitarbeiter angewiesen, keine Informationen oder Dokumente mit zum neuen Arbeitgeber zu nehmen. Dem Kläger sei jedenfalls kein Schaden entstanden, da das gesamte Geschäftsmodell ohnehin praktisch zum Erliegen gekommen sei und das Organisationshandbuch und die Vertriebspartnerliste, die auch ohnehin völlig veraltet seien, nunmehr wertlos seien. Auch hinsichtlich des Weggangs der Mitarbeiter sei ein unmittelbarer Vermögensschaden vom Kläger nicht dargetan, da es Angestellten immer frei stehe, das Arbeitsverhältnis zu kündigen und der Unternehmenswert der W. Invest KG bereits durch den gewerbsmäßigen Betrug von Professor Dr. Sch. und die Finanzkrise ab 2007 gemindert gewesen sei. Die Beklagte hat schließlich die Ansicht vertreten, dass eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 1 Nr. 1 ABC 2004 nicht dargetan worden sei, der Selbstbehalt hinsichtlich jeder der vom Kläger behaupteten 26 unerlaubten Handlungen in Abzug gebracht werden müsse, und dass ein Anspruch ohnehin verjährt sei, weil der Mahnbescheid vom 30.10.2015 mangels Bestimmtheit des geltend gemachten Anspruchs keine verjährungshemmende Wirkung gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen erstinstanzlichen Vortrags und der von den Parteien vor dem Landgericht gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 30.03.2017 und die in den Entscheidungsgründen enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mit diesem Urteil vollumfänglich abgewiesen. Zwar sei die Klage zulässig, da es sich nicht um eine Teilklage handele, da der Kläger nicht einen Teil seiner Ansprüche geltend mache, sondern alle Ansprüche. Die Klage sei aber unbegründet. So habe der Kläger die einzelnen Handlungen, die zu einem Schaden geführt haben sollen, nicht hinreichend substantiiert dargetan. Jede behauptete Abwerbung sei eine eigenständige Handlung, zu denen jedoch in keinem der Fälle konkret etwas vorgetragen worden sei. Auch sei nicht dargetan, wie die Vertriebspartnerliste zur B. Invest AG gelangt sei; der bloße Versand an eine private Adresse führe noch nicht zu einem Schaden. Auch sei nicht vorgetragen, wie das Organisationshandbuch an die B. Invest AG gelangt sein solle. Darüber hinaus sei auch der angebliche Schaden des Klägers nicht hinreichend beziffert. So sei unklar, welche Schlüsselfunktionen welcher Mitarbeiter gehabt hätten, welchen Wert welcher Mitarbeiter gehabt habe und wie der Kläger zu der Gesamtsumme gelangt ist. Mitarbeiter seien grundsätzlich nicht wertbildend, da sie den Arbeitgeber wechseln können. Auch sei die Berücksichtigung etwaiger Ersparnisse durch den Weggang von Mitarbeitern nicht ersichtlich. Ferner sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Stellen nicht neu hätten besetzt werden können. Auch sei zu beachten, dass die Mitarbeiter das Unternehmen sukzessive verließen. Unklar sei, woraus sich konkret ein Schaden ergeben solle, da der Verlust des Know-How kein direkter Vermögensschaden sei, sondern allenfalls mittelbare Auswirkungen habe. Schließlich sei auch ein Schaden durch die Weitergabe der Vertriebspartnerliste nicht vorgetragen. Es sei unklar, was damit passiert sein solle. Auch sei allenfalls ein mittelbarer Schaden entstanden, der nicht vom Versicherungsschutz erfasst sei. Ein entsprechender gerichtlicher Hinweis sei aufgrund der bereits von der Beklagten geäußerten Bedenken nicht erforderlich gewesen. Schließlich sei ein Anspruch mangels hinreichender Individualisierung im Mahnbescheid auch verjährt. Zwar sei in dem Mahnbescheid die Schadensnummer aufgeführt, jedoch sei nicht ersichtlich, für welche der 26 unerlaubten Handlungen welche Summe konkret begehrt werde. Dies gehe auch nicht aus der vorgerichtlichen Korrespondenz hervor. Dies sei aber erforderlich, da es sich nicht lediglich um einen Anspruch handele, den der Kläger geltend mache.

Mit seiner gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten form- und fristgerechten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Es liege ein einheitlicher Versicherungsfall vor, der substantiiert vorgetragen sei, und nur ein Schaden, nämlich die Minderung des Unternehmenswertes. Dies folge aus der Serienschadenklausel. Auch stünden die unerlaubten Handlungen in Tateinheit, nämlich im Hinblick auf die Mitwirkung an der Gründung des Konkurrenzunternehmens. Unerheblich sei, wann welches Gespräch geführt wurde, weil Be. B. als Drahtzieher der Abwerbeaktion bezeichnet habe, wegen des Schreibens von von Q. vom 02.04.2009, der Präsentation bei der B.-Bank am 28.04.2009 und des Umstands, dass die Gründung des Konkurrenzunternehmens nur durch das kurzzeitige Abwerben von Schlüsselmitarbeitern möglich gewesen sei. Er habe lediglich einen Mindestschaden dargelegt, nämlich die Wertminderung des Unternehmens durch Gründung eines Konkurrenzunternehmens und Wegnahme der Handlungsfähigkeit durch Entzug der Mitarbeiter, was zu einer unmittelbare Minderung des Unternehmenswertes geführt habe, und Entzug der Geschäftsunterlagen (Vertriebspartnerliste / Organisationshandbuch). Der Wert des einzelnen Mitarbeiters sei nicht erheblich, da eine Vielzahl von Mitarbeiter betroffen gewesen sei, die nicht hätten ersetzt werden können. Gehaltseinsparungen und Lohnnebenkosten seien nicht ins Gewicht gefallen. Soweit sich die Beklagte auf einen Ausschluss für mittelbare Schäden berufe, sei diese Klausel zu unbestimmt und deshalb unwirksam.

Der Kläger beantragt unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 30.03.2017, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.000.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I.

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger keine unzulässige Teilklage erhoben hat.

1.

Es ist unzulässig, aus einem komplexen Schadensereignis verschiedene Schadensgruppen dem Gericht wahlweise oder gar beliebig zur Ausfüllung des Betrages einer Teilklage zur Disposition zu stellen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 – VI ZR 228/82 -, juris). So könnte es auch hier liegen: Der Kläger trägt vor, der Unternehmenswert habe sich durch den Entzug der Mitarbeiter und die Weitergabe der vertraulichen Daten um mindestens 4,5 Millionen Euro gemindert, ohne diese Zahl weiter aufzugliedern und dies dann in ein Verhältnis zu stellen (Bl. 39 GA). Es liegt dabei durchaus nahe, hier nach dem Klägervortrag unterschiedliche Schadensgruppen anzunehmen, da einerseits die Handlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin durch den Weggang von Mitarbeitern beeinträchtigt und andererseits ein Konkurrent durch den Empfang von Geschäftsgeheimnissen gestärkt worden sein soll; dass diese Geschäftsgeheimnisse bei der Insolvenzschuldnerin nicht mehr vorlagen, trägt der Kläger nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Zudem trägt der Kläger selbst vor, dass er den Wert des Organisationshandbuches und der Vertriebspartnerliste ersetzt verlangt (Bl. 107 GA) und diesbezüglich einen Wert von zumindest 2.000.000 Euro bzw. 500.000 Euro ansetzt (Bl. 39 GA). Damit differenziert der Kläger selber in verschiedene Schadensgruppen und trägt der Sache nach mehrere Versicherungsfälle vor: Gemäß § 2 Nr. 1 ABC 2004 ist der verursachte und entdeckte Schaden der Versicherungsfall. Auch nach dem Vortrag des Klägers liegen an sich mindestens drei Schäden vor, nämlich die Verluste des Organisationshandbuches und der Vertriebspartnerliste sowie der Wertverlust durch den Abgang der Schlüsselmitarbeiter. Dies gilt auch bei Berücksichtigung der Serienschadenklausel gemäß § 3 Nr. 2 ABC 2004. Nach dieser stellen mehrere Schäden einen Versicherungsfall dar, wenn die schadenursächlichen Handlungen in Tateinheit stehen, wobei als Fall der Tateinheit auch gilt, wenn im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang durch mehrere Handlungen gleichartige Rechtsgüter in gleichartiger Begehungsweise verletzt werden.

Das Abwerben der 24 Mitarbeiter stellt jeweils eine selbständige schadensursächliche Handlung dar, die aber gemäß § 3 Nr. 2 Satz 4 ABC 2004 zu einer Tateinheit zusammengefasst werden können, sodass dahingestellt bleiben kann, ob diesbezüglich mehrere Schäden entstanden und damit mehrere Versicherungsfälle gegeben sind. Etwas anderes gilt aber hinsichtlich der Weitergabe der vertraulichen Daten. Diesbezüglich trägt der Kläger, soweit er überhaupt konkret etwas darlegt, eine unterschiedliche Begehungsweise im Vergleich zum Abwerben der Mitarbeiter vor, da Dokumente bei der Insolvenzschuldnerin entwendet und der B. Invest AG zur Verfügung gestellt worden sein sollen. Dies ist vom tatsächlichen Handeln her etwas völlig anderes, als Mitarbeiter zu einem Wechsel zu einem Konkurrenten zu veranlassen und nicht mehr gleichartig – auch wenn die Mitarbeiter bei einem Wechsel Know-How mitnehmen. Auch sind nach dem Vortrag des Klägers nicht gleichartige Rechtsgüter betroffen, da der Weggang der Mitarbeiter die tatsächliche Handlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin betrifft, während sich der Verlust der Geschäftsgeheimnisse auf das Geheimhaltungsinteresse der Insolvenzschuldnerin bezieht.

Das Verständnis des Klägers, der in den Mittelpunkt stellt, dass von Q. und B. einem Konkurrenten bei der Etablierung eines Konkurrenzunternehmens unter Einbeziehung von Sach- und Personalmitteln der Insolvenzschuldnerin geholfen haben, ist zu weitgehend und kann keine Verletzung „gleichartiger“ Rechtsgüter in „gleichartiger“ Weise rechtfertigen. Regelmäßig liegt es im Interesse des Versicherungsnehmers, die Serienschadenklausel nicht zu weit auszulegen, da so gegebenenfalls die Versicherungssumme mehrmals zur Verfügung steht, wenn die unterschiedlichen Vermögensschäden in unterschiedlichen Versicherungsperioden entdeckt werden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass so Selbstbehalte gegebenenfalls mehrfach anfallen. Eine Serienschadenklausel ist als Risikobegrenzungsklausel grundsätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (BGH, Urteil vom 17. September 2003 – IV ZR 19/03 -, Rn. 21, juris).

2.

Allerdings mag sich auf den Unternehmenswert auch auswirken, dass ein Konkurrent nun mit qualifizierten Mitarbeitern und mit Geschäftsgeheimnissen ausgestattet dasteht, während das eigene Unternehmen um eine entsprechende Handlungsfähigkeit beraubt ist. Da der Kläger letztlich dann ausdrücklich nur diesen einzigen Schaden geltend macht, nämlich die Minderung des Unternehmenswertes, der seiner Ansicht nach aus einem „Gesamtkomplex“ und als Einheit zu verstehenden Vorgang entstanden sein soll, liegt eine unzulässige Teilklage noch nicht vor.

II.

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch dem Grunde nach bereits hinreichend dargetan hat, wobei der Senat dies im Ergebnis offen lassen kann. Gemäß § 1 Nr. 1 ABC 2004 hat die Beklagte den versicherten Unternehmen die Schäden an ihrem Vermögen zu ersetzen, die von Vertrauenspersonen durch Handlungen, die nach den gesetzlichen Vorschriften über unerlaubte Handlungen zum Schadensersatz verpflichten, vorsätzlich und unmittelbar verursacht wurden.

1.

Soweit der Kläger an Handlungen von von Q., B. und M. anknüpft, handelt es sich allerdings um solche von Vertrauenspersonen im Sinne von § 13 ABC 2004, da es ausreichend ist, dass zum Zeitpunkt der (angeblichen) Schadensverursachung ein Arbeits- bzw. Dienstvertrag bestand. Jedenfalls weit überwiegend müssen sich die angeblichen und nicht weiter konkretisierten Abwerbehandlungen von von Q. und B. vor ihrem Ausscheiden Anfang Oktober 2009 zugetragen haben, da ein Großteil der Kündigungen von Mitarbeitern zuvor ausgesprochen wurde. Auch die vom Kläger herangezogenen E-Mails hat M. vor ihrer Kündigung versandt.

2.

Der Kläger hat selbst mit der Berufungsbegründung trotz entsprechender Ausführungen im landgerichtlichen Urteil und trotz Beanstandung durch die Beklagte konkrete unerlaubte Handlungen der Vertrauenspersonen nur rudimentär dargetan. Auch im weiteren Verfahrensverlauf hat er seinen diesbezüglichen Vortrag trotz Hinweises des Senates in der mündlichen Verhandlung nicht ergänzt.

a)

Dabei ist unerheblich, ob ein Anspruch gemäß § 93 Abs. 2 AktG als Schadensersatzanspruch im Sinne von § 1 Nr. 1 ABC 2004 anzusehen ist und ob das UWG in der hier gegebenen Konstellation, in der die Vertrauenspersonen an sich nicht im Wettbewerb mit der W. Invest AG bzw. W. Invest KG standen, überhaupt anwendbar ist. Denn jedenfalls dürfte ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB zumindest grundsätzlich denkbar und nicht von vorneherein ausgeschlossen sein aufgrund eines möglichen rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Gesellschaft, wobei der Senat auch dies letztlich offen lässt und lediglich zu Gunsten des Klägers als zutreffend unterstellt.

b)

Konkrete Einwirkungshandlungen von von Q. und B. auf die Angestellten der Insolvenzschuldnerin hat der Kläger indes schon nicht dargetan. Er hat lediglich abstrakt und pauschal behauptet, diese hätten in sittenwidriger Weise Mitarbeiter abgeworben und sie zur Kündigung ihres Anstellungsverhältnisses und zum Wechsel zur B. Invest AG bewegt. In keinem Einzelfall ist konkret dargelegt, wann welches Gespräch mit welchem Inhalt geführt worden sein soll, obwohl es offensichtlich erheblich ist, was von Q. und B. konkret gegenüber den Mitarbeitern erwähnt haben sollen. So macht es einen Unterschied, ob lediglich unverbindlich auf eine andere Betätigungsmöglichkeit hingewiesen wurde, oder ob ein gemeinsamer und abgestimmter Wechsel verabredet wurde.

Allerdings ist der Kernvorwurf des Klägers – nämlich die komplette Auslösung der Akquisitionsabteilung und Konzeptionsabteilung der W. Invest AG bzw. W. Invest KG und Einbringung dieser das Kerngeschäft tragenden Abteilungen bei einem Konkurrenten und damit die sogenannte „putschartige Übernahme des gesamten Geschäfts und Geschäftsbetriebs“ – durch die Vorlage der Präsentation vom 28.04.2009 (Anlage K21 im Anlagenband Kläger) und insbesondere des Schreibens von von Q. vom 02.04.2009 (Anlage K22 im Anlagenband Kläger) wohl noch hinreichend konkretisiert, da daraus hervorgeht, dass jedenfalls von Q. für einen Konkurrenten der W. Invest AG, in deren Vorstand er seinerzeit noch war, ein Konkurrenzunternehmen aufbauen und dafür auf das Personal der W. Invest AG zurückgreifen wollte. Die einzelnen Abwerbegespräche könnten dann lediglich als unselbständige Teile dieser Gesamthandlung anzusehen sein, die aufgrund der gemeinsamen Zielsetzung untrennbar miteinander verbunden sind. Aus den nachfolgenden Ausführungen unter III. kann der Senat auch dies dahingestellt lassen.

c)

Der Senat kann schließlich auch offen lassen, ob Handlungen von M., die wegen unerlaubter Handlung zum Schadensersatz verpflichten, ausreichend dargetan sind: Der Kläger bezieht sich dazu lediglich auf drei von M. versandte E-Mails vom 15.04.2009 (Anlage K23 im Anlagenband Kläger) und 30.04.2009 (Anlagen K26 und K28 im Anlagenband Kläger), die indes entweder an von Q. oder an sie selbst gerichtet waren. Einen Kontakt von M. zur B.-Bank (welchen?) behauptet der Kläger selber nicht. Auch eine Einbindung von M. in den Plan von von Q. legt der Kläger nicht dar. Er bezieht sich in diesem Zusammenhang lediglich auf die Entwendung und Weitergabe vertraulicher Informationen; anderes macht der Kläger in Bezug auf M. nicht geltend. Schäden, die durch den Verlust oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen entstehen, sind indes gemäß § 5 Nr. 2 ABC 2004 von der Leistungspflicht der Beklagten ausgeschlossen, so dass selbst dann, wenn eine schadensersatzpflichtige unerlaubte Handlung von M. unterstellt wird, keine diesbezügliche Einstandspflicht der Beklagten besteht.

An der Wirksamkeit des Ausschlusses bestehen keine Zweifel; solche werden vom Kläger – anders als hinsichtlich des Ausschlusses von mittelbaren Schäden – auch nicht vorgebracht.

Aufgrund dessen scheiden auch Ansprüche wegen der angeblichen Entwendung des Organisationshandbuchs und der Vertriebspartnerliste grundsätzlich aus.

III.

Der Kläger hat jedenfalls einen der W. Invest AG bzw. W. Invest KG entstandenen und von der Versicherung erfassten Schaden nicht dargelegt.

1.

Schäden wegen des Verlustes oder Verrats von Geschäftsgeheimnissen sind gemäß § 5 Nr. 2 ABC 2004 von der Leistungspflicht der Beklagten ausgeschlossen. Aufgrund dessen ist auch unerheblich, dass ein diesbezüglicher Schaden ohnehin nicht dargetan ist: Es ist schon unklar, wofür der Kläger die angeblichen Werte des Organisationshandbuches und der Vertriebspartnerliste geltend macht. So ist nicht vorgetragen, ob der Insolvenzschuldnerin das Handbuch und die Liste ganz abhandengekommen sind, so dass sie neu erstellt werden müssten, oder ob der Kläger geltend machen will, dass die B. Invest AG lediglich eigene Investitionen in dieser Höhe erspart hat. Dass dadurch ein korrespondierender Schaden der Insolvenzschuldnerin in bestimmter Höhe entstanden ist, ist weder dargetan, noch sonst ersichtlich.

Anders als der Kläger meint, sind nicht nur mittelbare Schäden wegen des Verlustes oder Verrats von Geschäftsgeheimnissen ausgeschlossen, sondern auch unmittelbare Schäden. Die Aufzählung in § 5 Nr. 1 ABC 2004 nach dem Wort „mittelbar“ ist keine Klarstellung dieses Begriffs, auch wenn andere AVB so aufgebaut sein mögen. Dies folgt daraus, dass ein Hinweis auf bloße Beispiele in der Klausel fehlt. Sämtliche Aufzählungspunkte stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Dafür spricht auch, dass es unpassend wäre, Schäden wegen der Verletzung geistigen Eigentums als mittelbare Schäden zu verstehen, da dadurch ohne weiteres auch unmittelbare Schäden entstehen können. Schließlich spricht die Überschrift des Absatzes „[Mittelbare Schäden, immaterielle Vermögenswerte, Zinsen]“ dagegen, dass lediglich mittelbare Schäden von der Leistungspflicht der Beklagten ausgenommen werden sollen.

2.

Auch im Übrigen ist ein Vermögensschaden der Insolvenzschuldnerin nicht dargetan, so dass es der Senat dahingestellt lassen kann, ob die angebliche – und nicht weiter konkretisierte – Verschaffung des Organisationshandbuchs und der Vertriebspartnerliste trotz § 5 Nr. 2 ABC 2004 als untrennbarer Teil eines Gesamtvorgangs „putschartige Übernahme“ versichert sind.

a)

Dabei ist es unerheblich, dass der Kläger lediglich einen Mindestschaden geltend macht – er müsste nichtsdestotrotz dartun, wie hoch das Vermögen der Insolvenzschuldnerin vorher und wie hoch es nachher war. Daran fehlt es. Die bloß pauschale und nicht weiter konkretisierte Behauptung, durch die sogenannte „putschartige Übernahme“ sei der Unternehmenswert auf null gebracht worden, weil das Unternehmen nach dem Weggang der Mitarbeiter handlungsunfähig geworden sei, genügt dafür nicht. Abgesehen davon, dass unstreitig lediglich ein Teil der Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen haben, zur B. Invest AG wechselten, kann von einer – ohnehin nicht konkretisierten – „Handlungsunfähigkeit“ schon deshalb keine Rede sein, weil das Unternehmen auch nach dem Weggang der diversen Mitarbeiter im Herbst 2009 bis zur Insolvenz im Dezember 2013 weiter tätig war. Das Vermögen und der Wert der Insolvenzschuldnerin nach dem hier streitgegenständlichen Geschehen ist nicht dargetan; darüber hinaus fehlt es auch an einer konkreten Darlegung des vorherigen Vermögens und Wertes des Unternehmens vor dem angeblichen Eintritt des Versicherungsfalls. Dies wäre aber erforderlich, um den Wertverlust durch den Weggang qualifizierter Mitarbeiter bemessen zu können. Auch ist unklar und weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, wie die vom Kläger nur pauschal behauptete Minderung des Unternehmenswertes zustande kommen soll; dessen Berechnungsgrundlage (wirklicher Wert des lebenden Unternehmens einschließlich der stillen Reserven und gegebenenfalls des Goodwill) ist von den Parteien und insbesondere dem Kläger nicht dargelegt worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Auf seinen unzureichenden Vortrag wurde der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die B.-Bank eigene Aufwendungen erspart habe, stellt auch dies keinen Schaden der Insolvenzschuldnerin dar, da eine – unterstellte – Ersparnis von Aufwendungen eines Dritten keinen Einfluss auf ihr Vermögen und den Unternehmenswert hatte; zumindest ist solches weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Darüber hinaus fehlt es auch diesbezüglich an konkretem Vortrag zu den ersparten Werten.

Auch die Schätzung eines Mindestschadens gemäß § 287 ZPO ist mangels konkreter Angaben zum Vermögen und/oder Wert der Insolvenzschuldnerin nicht möglich.

b)

Auf einen abstrakten Wert des Unternehmens, also der Insolvenzschuldnerin, ist nach dem Vortrag des Klägers ohnehin nicht abzustellen. Dem steht die vom Kläger angeführte ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zum sogenannten Reflexschaden nicht entgegen. Zwar hat der Gesellschafter eines Unternehmens insoweit grundsätzlich keinen Anspruch darauf, einen Ausgleich durch Leistung in sein Privatvermögen geltend zu machen, als er in der Weise einen Schaden erleidet, dass dieser sich lediglich als „Reflex“ eines bei der Aktiengesellschaft eingetretenen Schadens darstellt, der den inneren Wert der Unternehmensanteile um den Schadenbetrag mindert (BGH, Urteil vom 20. März 1995 – II ZR 205/94 -, BGHZ 129, 136-177, Rn. 66 m.w.N.). Der Ausgleich solcher mittelbarer Schäden, die allein auf der Schädigung der Gesellschaft beruhen, kommt in das Privatvermögen des Gesellschafters nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 21. März 2013 – III ZR 260/11 -, BGHZ 197, 75-93, Rn. 35 m.w.N.). Um einen solchen Reflexschaden geht es nach dem Vortrag des Klägers hier aber nicht, da der Kläger einen den versicherten Unternehmen entstandenen Schaden schon nicht dargelegt hat; insbesondere fehlt jeglicher Vortrag dazu, inwiefern sich die Vermögensbilanz der versicherten Unternehmen vermindert hätte. Der Kläger stellt – abgesehen von dem Wert des Organisationshandbuchs und der Vertriebspartnerliste, vgl. dazu die vorstehenden Ausführungen unter 1. – lediglich auf eine Verringerung des Unternehmenswertes ab, ohne einen zugrunde liegenden Schaden darzulegen, hinsichtlich dessen ein Anspruch der betroffenen Unternehmen in Betracht kommen könnte. Von daher ist der Ausgangspunkt der Rechtsprechung zum sogenannten Reflexschaden hier nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1995 – II ZR 205/94 -, BGHZ 129, 136-177, Rn. 66). Dass eine Minderung des – wie bereits ausgeführt auch nicht hinreichend dargelegten – Unternehmenswertes immer ein sogenannter Reflexschaden ist, der allein beim Unternehmen und nicht bei den Gesellschaftern eintritt, hat der Bundesgerichtshof so nicht entschieden.

Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich somit allenfalls ein Schaden der Unternehmensinhaber, also der Aktionäre der W. Invest AG bzw. der Gesellschafter der W. Invest KG, da ihnen das Unternehmen gehört und ihre Anteile dann gegebenenfalls weniger wert sind. Ein solcher Vermögensschaden ist aber nicht versichert, da ausdrücklich lediglich der Schaden der versicherten Unternehmen selbst versichert ist.

c)

Darüber hinaus hat der Kläger lediglich einen mittelbaren Schaden vorgetragen, der indes gemäß §§ 1 Nr. 1, 5 Nr. 2 ABC 2004 nicht zu ersetzen ist. Denn der Kläger beruft sich darauf, dass der Unternehmenswert durch den Weggang der Schlüsselmitarbeiter verringert worden sei. Dass die Angestellten der Insolvenzschuldnerin gekündigt haben, ist jedoch auf ihren eigenen Willensentschluss zurückzuführen und damit nicht mehr unmittelbare Folge einer Einwirkung durch von Q. und B.; ohne die jeweiligen individuellen Willensentschlüsse der betroffenen Mitarbeiter hätten die ohnehin nicht konkretisierten Einwirkungshandlungen von Q. und B. keine Auswirkungen gehabt. Dass diese die kündigenden Angestellten zum Weggang gezwungen hätten, ist weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Im Übrigen wäre auch ein etwaiger Wertverlust der Insolvenzschuldnerin lediglich ein mittelbarer Schaden. Eine gesetzliche, von der Rechtsprechung entwickelte oder in der Literatur anerkannte Definition des Begriffs „mittelbarer Schaden“ gibt es nicht, so dass dessen Inhalt im Wege der Auslegung aus dem jeweiligen Vertrag, insbesondere der Haftungsbegrenzungsklausel selbst zu ermitteln ist (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 75/09 -, Rn. 13, juris). Bei der Abgrenzung reiner Vermögensschäden ist zu prüfen, auf welche Vermögensinteressen die Vertrauensperson primär nachteilig eingewirkt hat – soweit daraus weitere Nachteile resultieren, handelt es sich um bloß mittelbare Vermögensschäden. Beispielsweise besteht der unmittelbare Schaden bei Vermögensdelikten in dem Nachteil, der dem Unternehmen durch den Betrug oder die Untreue primär zugefügt wird. Kann das Unternehmen aufgrund dieser Vermögensminderung andere geschäftliche Transaktionen nicht durchführen, so handelt es sich bei dem dadurch entgangenen Gewinn um einen mittelbaren Schaden (Looschelders, VersR 2013, 1069, 1071). Entsprechend liegt es auch hier: Der Verlust an Arbeitskräften und Know-How, den die Insolvenzschuldnerin erlitten hat, und der beispielsweise zu Ausgaben für Headhunter etc. führt, ist der unmittelbare Schaden, während Auswirkungen auf den Wert des Unternehmens lediglich mittelbarer Natur sind.

Die Klausel ist insoweit auch nicht unwirksam. Zwar ist höchstrichterlich entschieden, dass ein Deckungsausschluss für mittelbare Schäden in den Vertrauensschadensversicherungsverträgen der Notarkammern unwirksam ist (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 75/09 -, juris). Dabei ist der BGH jedoch nicht davon ausgegangen, dass die Klausel zu unbestimmt ist, wie der Kläger in der Berufungsbegründung vorträgt. Vielmehr ist der BGH von einer unangemessenen Benachteiligung ausgegangen, weil die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wäre. Dabei hat der BGH allein auf den Zweck der Pflichtversicherung abgestellt: Die Einführung der Versicherungspflicht beruhte auf der Überlegung, dass der Notar als Träger eines öffentlichen Amtes Funktionen ausübt, die aus dem Aufgabenbereich des Staates abgeleitet sind, während andererseits seine Zahlungsfähigkeit von seinen persönlichen Vermögensverhältnissen abhängt, was für den Geschädigten schwer erträglich ist und eine Erweiterung der Versicherungspflicht in Ergänzung des Staatshaftungsrechts erfordert. Durch die Gruppenanschluss- und Vertrauensschadenversicherung habe der Gesetzgeber den Vermögensschutz sicherstellen wollen, den die Staatshaftung bei Amtspflichtverletzungen anderer Amtsträger schafft; diese Funktion eines der Staatshaftung vergleichbaren Schutzes der Geschädigten werde durch den generellen Ausschluss einer Deckung mittelbarer Schäden gefährdet (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 75/09 -, Rn. 31 f., juris).

Die Argumente hinsichtlich der Pflichtversicherung sind hier jedoch nicht stichhaltig; diese Rechtsprechung kann auf die Vertrauensschadenversicherung für Unternehmen nicht übertragen werden (so auch Looschelders, VersR 2013, 1069, 1071 m.w.N.). Es geht hier um eine freiwillig und im eigenen Interesse abgeschlossene Versicherung, an der auf der Versicherungsnehmerseite typischerweise hoch erfahrene Kaufleute beteiligt sind, die das abzudeckende und abgedeckte Risiko gut überblicken können. Dabei ist dem seit vielen Jahren speziell für Versicherungssachen zuständigen Senat bekannt, dass entsprechende Versicherungen regelmäßig durch große und erfahrene Makler vermittelt werden – so auch hier: Die Versicherung hatte die M. GmbH vermittelt, ein nach eigener Darstellung weltweit führender Industrieversicherungsmakler und Risikoberater. Auf der anderen Seite steht das berechtigte Interesse des Versicherers, die Einstandspflicht nicht ausufern zu lassen, sondern kalkulierbar zu halten. Der Vertragszweck wird durch die Begrenzung auf einen unmittelbaren Vermögensschaden auch nicht gefährdet, da eine Fülle von Fällen verbleibt, in denen Versicherungsschutz besteht, wie insbesondere Untreue, Betrug und Unterschlagung. Eine Aushöhlung des Versicherungsschutzes ist auch weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass eine Gefährdung des Vertragszwecks vorliegt. Eine Beschränkung des Deckungsumfangs, die von gesetzlichen Vorgaben abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 75/09 -, Rn. 29, juris), liegt mangels gesetzlicher Vorgaben für die hier abgeschlossene Versicherung ebenfalls nicht vor.

Bedenken gegen die Transparenz des Ausschlusses mittelbarer Schäden hat der Senat im Ergebnis nicht. Auch wenn dieser Begriff weder gesetzlich noch vertraglich definiert ist und er auch durch Beispiele nicht weiter konkretisiert wird, ist doch durch Auslegung der Vertragsbedingungen hinreichend sicher zu ermitteln, was unter einem mittelbaren Schaden zu verstehen ist, wobei der Ausschluss im Zweifelsfall eng auszulegen ist (vgl. Looschelders, VersR 2013, 1069, 1071). Die Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Schäden ist nicht derart ungewöhnlich oder schwierig, dass die Bedeutung der Klausel nicht zu erkennen ist. Dabei ist hier auch zu berücksichtigen, dass auf Versicherungsnehmerseite nicht lediglich ein geschäftsunerfahrener Verbraucher beteiligt ist, sondern ein gerade auch in finanziellen und geschäftlichen Dingen besonders erfahrenes Unternehmen, das zudem durch einen weltweit führenden Industrieversicherungsmakler und Risikoberater unterstützt und beraten wurde. Dass die Reichweite der Klausel seinerzeit bei Vertragsabschluss trotz der gebotenen sorgfältigen Lektüre der Versicherungsbedingungen nicht erkannt oder gar übersehen worden sein soll, trägt der Kläger auch schon nicht vor.

Ohnehin geht es hier auch gerade nicht um eine Risikoausschlussklausel, sondern angesichts der Formulierung des Leistungsversprechens der Beklagten in § 1 Nr. 1 ABC 2004 um die primäre Risikobeschreibung. Aufgrund dessen hätte der Kläger einen unmittelbar verursachten Vermögensschaden dartun müssen. Dieser ist aber selbst dann nicht ersichtlich, wenn man seinen Vortrag als zutreffend unterstellt. Etwas anderes würde aus den vorstehenden Gründen allerdings auch dann nicht gelten, wenn die Klausel als – ebenfalls eng auszulegende – Risikoausschlussklausel aufgefasst würde.

3.

Denkbar ist, dass die Insolvenzschuldnerin aufgrund des Weggangs der Mitarbeiter Umsatzeinbußen oder andere wirtschaftliche Nachteile erlitten hat – auch dies sind indes mittelbare Schäden, die nach §§ 1 Nr. 1, 5 Nr. 2 ABC 2004 nicht zu ersetzen sind (vgl. Looschelders, VersR 2013, 1069, 1070), und die ebenfalls nicht vom Kläger dargelegt sind.

IV.

Auf eine Verjährung des Anspruchs kommt es daher nicht an. Allerdings dürfte die Zustellung des Mahnbescheids vom 30.10.2015 am 03.11.2015 die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt haben; die Voraussetzungen des § 167 ZPO liegen vor. Aufgrund der vorgerichtlichen Korrespondenz und insbesondere des Anwaltsschreibens vom 10.08.2015 (Anlage K11 im Anlagenband Kläger) war der geltend gemachte Anspruch durch die Angabe im Mahnbescheid hinreichend individualisiert. Die Beklagte wusste, welchen Anspruch der Kläger geltend machen wollte. Ob dieser Anspruch hinreichend dargelegt war, ist für die Frage der Verjährung unerheblich.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat weicht auch nicht von der Entscheidung des BGH vom 20. Juli 2011 (IV ZR 75/09) ab, da ein anderer Sachverhalt gegeben ist.

Der Streitwert beträgt für die zweite Instanz 4.000.000,00 Euro.

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