Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Online-Banking Betrug: OLG Brandenburg verneint Ansprüche der Bankversicherung gegen Geldempfänger nach Phishing-Attacke
- Ausgangslage: Die Betrugsmasche im Online-Banking und die Rolle des ahnungslosen Geldkuriers
- Der Streit vor Gericht: Wer trägt den Schaden – Bank, Kunde oder Geldempfänger?
- Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg: Klage der Versicherung abgewiesen
- Kernbegründung: Fehlende Ansprüche der Bank gegen den Geldempfänger nach § 812 BGB (Bereicherungsrecht)
- Keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) für die Bank
- Kein Schadensersatzanspruch wegen Geldwäsche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 261 StGB
- Fazit des Gerichts: Kein Anspruchsübergang auf die Versicherung mangels ursprünglichen Anspruchs
- Zulassung der Revision: Grundsätzliche Bedeutung für das Zahlungsdiensterecht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „nicht autorisierte Überweisung“ im Zusammenhang mit Online-Banking-Betrug und warum ist das wichtig?
- Welche Sorgfaltspflichten haben Bankkunden beim Online-Banking und was passiert, wenn diese verletzt werden?
- Was ist Geldwäsche und welche Rolle spielt der § 261 StGB in solchen Fällen?
- Unter welchen Voraussetzungen kann eine Versicherung nach einem Online-Banking-Betrug Geld vom Empfänger zurückfordern?
- Unwissentlich in eine Betrugsmasche geraten: Rechte und Pflichten als „Geldkurier“
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 13 U 5/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 31.01.2018
- Aktenzeichen: 13 U 5/17
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zahlungsdiensterecht, Bereicherungsrecht, Deliktsrecht, Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Versicherungsgesellschaft, die für den Schaden einer Bank aufkam und das Geld vom Empfänger zurückforderte.
- Beklagte: Die Person, auf deren Konto das Geld aus der betrügerischen Online-Überweisung einging.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Bankkunde überwies Geld an den Beklagten, nachdem er durch Betrüger über eine gefälschte Online-Banking-Seite dazu aufgefordert wurde. Die Bank erstattete dem Kunden den Betrag, weil sie die Überweisung für nicht autorisiert hielt. Die Versicherung der Bank, die den Schaden zahlte, verlangte das Geld vom Beklagten zurück.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Bank gegen den Empfänger des Geldes einen Anspruch auf Rückzahlung hatte. Dies hing insbesondere davon ab, ob die Überweisung des Kunden als „nicht autorisiert“ galt und ob der Kunde die Zahlung noch wirksam anfechten konnte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht änderte das Urteil der Vorinstanz ab und wies die Klage der Versicherungsgesellschaft ab. Auch die weitergehende Forderung der Klägerin wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Das Gericht sah keinen Anspruch der Bank gegen den Beklagten, der auf die Versicherung übergegangen sein könnte. Die Überweisung des Kunden wurde als wirksam autorisiert angesehen, da der Kunde selbst handelte, auch wenn er betrogen wurde. Eine Anfechtung gegenüber der Bank war nicht möglich, da die Bank von der Täuschung durch Dritte keine Kenntnis hatte und auch keine haben musste.
- Folgen: Da die Bank nach Ansicht des Gerichts nicht zur Erstattung an den Kunden verpflichtet war, hatte sie auch keinen Anspruch gegen den Beklagten. Die Klage der Versicherung musste daher abgewiesen werden.
Der Fall vor Gericht
Online-Banking Betrug: OLG Brandenburg verneint Ansprüche der Bankversicherung gegen Geldempfänger nach Phishing-Attacke
Ein komplexer Fall von Online-Banking-Betrug, bei dem ein Bankkunde durch eine geschickte Phishing-Attacke zur Überweisung eines fünfstelligen Betrags verleitet wurde, landete vor dem Oberlandesgericht Brandenburg. Im Kern ging es um die Frage, ob die Versicherung der Bank, die ihren Kunden entschädigt hatte, den überwiesenen Betrag vom Empfänger des Geldes zurückfordern konnte. Das Gericht entschied mit Urteil vom 31. Januar 2018 (Az.: 13 U 5/17) zugunsten des Geldempfängers und wies die Klage der Versicherung ab. Entscheidend war dabei die juristische Bewertung, ob die Überweisung des Bankkunden als „nicht autorisiert“ galt und ob die Bank überhaupt verpflichtet war, ihrem Kunden den Schaden zu ersetzen.
Ausgangslage: Die Betrugsmasche im Online-Banking und die Rolle des ahnungslosen Geldkuriers
Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, hatte die V-Bank unter anderem gegen Vermögensschäden aus unberechtigten Überweisungen im Online-Banking versichert. Ein Kunde dieser Bank, Herr S., wurde Opfer einer raffinierten Betrugsmasche.

Unbekannte Täter hatten einen Virus auf seinem Computer installiert. Als Herr S. das Online-Banking nutzen wollte, wurde ihm eine gefälschte Webseite angezeigt, die der echten Seite der V-Bank täuschend ähnlichsah. Auf dieser manipulierten Seite wurde dem Bankkunden eine angebliche Gutschrift von 9.315 Euro angezeigt. Gleichzeitig enthielt die Seite eine fingierte Mitteilung der V-Bank, diese Gutschrift sei ein Irrtum und der Betrag müsse zur „Bereinigung“ auf ein bestimmtes Konto zurücküberwiesen werden.
In dem Glauben, einen Fehler der Bank zu korrigieren, überwies Herr S. die 9.315 Euro auf das angegebene Konto. Dieses Konto gehörte dem späteren Beklagten, einem Mann, der sich auf eine Online-Kleinanzeige für einen Job bei einer fiktiven Firma namens „A… Immobilien“ gemeldet hatte. Seine Aufgabe sollte es sein, angebliche Anzahlungen für Immobilienverkäufe auf seinem Konto entgegenzunehmen, eine Provision von 315 Euro einzubehalten und den Restbetrag von 9.000 Euro bar abzuheben und per Bareinzahlung bei einer anderen Bank ins Ausland weiterzuleiten. Der Kontakt zu seinem vermeintlichen Arbeitgeber erfolgte ausschließlich per E-Mail und Telefon. Der Mann führte die Anweisungen aus.
Die V-Bank erstattete ihrem Kunden Herrn S. den vollen Betrag von 9.315 Euro. Sie ging davon aus, hierzu verpflichtet zu sein, da sie den Zahlungsvorgang als „nicht autorisiert“ einstufte und das Konto ihres Kunden daher nicht hätte belasten dürfen.
Der Streit vor Gericht: Wer trägt den Schaden – Bank, Kunde oder Geldempfänger?
Die Versicherung der V-Bank, die den Schaden daraufhin der Bank ersetzte, verklagte anschließend den Mann, auf dessen Konto das Geld geflossen war. Sie forderte die Rückzahlung der vollen 9.315 Euro zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Kosten. Die Versicherung argumentierte, der Mann hätte erkennen müssen, dass er an einer Betrugshandlung mitwirkte und sei daher entweder aus unerlaubter Handlung (insbesondere wegen Geldwäsche gemäß § 261 StGB) oder ungerechtfertigter Bereicherung zur Zahlung verpflichtet. Zudem beantragte die Versicherung die Feststellung, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhe.
Der Mann bestritt, von der betrügerischen Herkunft des Geldes gewusst oder dies leichtfertig verkannt zu haben. Er wehrte sich gegen den Vorwurf der Geldwäsche und bezweifelte, dass diese Strafnorm überhaupt einen Anspruch der Versicherung begründen könne.
Das Landgericht Cottbus gab der Klage in erster Instanz teilweise statt und verurteilte den Mann zur Zahlung von 6.520,50 Euro. Es sah in seinem Verhalten eine leichtfertige Geldwäsche, rechnete der Versicherung jedoch ein Mitverschulden des geschädigten Bankkunden Herrn S. an. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Mann (soweit er verurteilt wurde) als auch die Versicherung (um die volle Summe zu erhalten) Berufung ein.
In der Berufungsinstanz bekräftigte die Versicherung ihre Position: Herr S. sei von den Betrügern lediglich als „Werkzeug“ benutzt worden; die Überweisung sei nicht sein wirklicher Wille gewesen. Sie behauptete, Herr S. habe die Zahlung gegenüber seiner Bank angefochten, weshalb die Autorisierung fehle und die Bank zur Erstattung verpflichtet gewesen sei. Der auf sie übergegangene Anspruch der V-Bank aus Nichtleistungskondiktion (einem Bereicherungsanspruch, weil keine wirksame Leistung erfolgte) werde auch nicht durch ein Mitverschulden des Bankkunden gemindert.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg: Klage der Versicherung abgewiesen
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg änderte das Urteil des Landgerichts Cottbus und wies die Klage der Versicherung vollständig ab. Auch die Anschlussberufung der Versicherung, mit der sie die volle Summe gefordert hatte, wurde zurückgewiesen. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden der Versicherung auferlegt. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde jedoch zugelassen.
Kernbegründung: Fehlende Ansprüche der Bank gegen den Geldempfänger nach § 812 BGB (Bereicherungsrecht)
Das OLG sah die Klage als unbegründet an, da die Versicherung nicht ausreichend dargelegt hatte, dass der V-Bank überhaupt ein Anspruch gegen den Mann zustand. Nur wenn ein solcher ursprünglicher Anspruch der Bank bestanden hätte, hätte dieser gemäß § 86 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) auf die Versicherung übergehen können, nachdem diese die Bank entschädigt hatte.
Das Gericht konzentrierte sich zunächst auf einen möglichen Bereicherungsanspruch der V-Bank gegen den Mann gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die sogenannte Nichtleistungskondiktion. Im normalen Überweisungsverkehr erfolgt der Ausgleich bei Fehlern üblicherweise in den jeweiligen Leistungsbeziehungen: also zwischen dem Anweisenden (dem Bankkunden Herrn S.) und seiner Bank (dem Deckungsverhältnis) sowie zwischen dem Anweisenden (Herrn S.) und dem Empfänger der Zahlung (dem Mann, das Valutaverhältnis).
Ein direkter Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Zahlungsempfänger kommt nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich dann, wenn eine wirksame Anweisung des Kunden an seine Bank fehlt. Juristisch spricht man hier von einer fehlenden „Autorisierung“ des Zahlungsvorgangs im Sinne des § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies ist beispielsweise der Fall bei gefälschten Überweisungsaufträgen. Ohne eine solche Autorisierung darf die Bank das Konto des Kunden nicht belasten und kann, wenn sie dennoch zahlt, das Geld direkt vom Empfänger zurückfordern.
Autorisierung der Überweisung durch den Bankkunden als Knackpunkt gemäß § 675j BGB
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass der Bankkunde Herr S. die Überweisung an den Mann wirksam autorisiert hatte. Die Darstellung der Versicherung, Herr S. sei nur ein „Werkzeug“ der Täter gewesen, überzeugte das Gericht nicht. Herr S. habe die Überweisung selbstständig und bewusst vorgenommen. Er handelte nicht unter Zwang, sondern aufgrund einer Fehlvorstellung – er irrte über den Grund seiner Zahlung (die vermeintliche Korrektur eines Bankfehlers). Er wusste, was er tat (eine Überweisung auf das angegebene Konto), irrte sich aber darüber, warum er es tat. Damit war er nach Ansicht des Gerichts kein willenloses Werkzeug, sondern ein klassisches Betrugsopfer, dem ein nicht existierender Zahlungsgrund vorgespiegelt wurde. Die anfängliche Autorisierung der Zahlung war somit wirksam.
Keine wirksame Anfechtung der Autorisierung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB
Weiter prüfte das Gericht, ob Herr S. seine Autorisierungserklärung nachträglich wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB hätte anfechten können. Eine erfolgreiche Anfechtung hätte zur Folge gehabt, dass die Autorisierung von Anfang an als nichtig betrachtet worden wäre (§ 142 Abs. 1 BGB), was dann doch zu einer fehlenden Autorisierung geführt hätte.
Das Gericht ließ offen, ob eine Zahlungsautorisierung überhaupt nach den allgemeinen Regeln der §§ 119 ff. BGB anfechtbar ist, da spezielle Regelungen im Zahlungsdiensterecht (wie § 675j Abs. 2 und § 675p BGB zur Unwiderruflichkeit von Zahlungsaufträgen) dem entgegenstehen könnten.
Selbst wenn man eine Anfechtungsmöglichkeit grundsätzlich bejaht, scheiterte sie hier an § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB. Diese Vorschrift regelt die Anfechtung bei Täuschung durch einen Dritten. Ein Dritter ist jemand, der nicht auf Seiten des Erklärungsempfängers (hier: der V-Bank) steht. Die Anfechtung ist in einem solchen Fall ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger (die V-Bank) die Täuschung weder kannte noch kennen musste. Diese Regelung dient dem Schutz des Vertrauens des Erklärungsempfängers in die Gültigkeit der Erklärung.
Das OLG sah die unbekannten Betrüger als solche Dritte an. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr Verhalten der V-Bank zuzurechnen wäre. Die Versicherung hatte trotz eines richterlichen Hinweises nicht ausreichend dargelegt, warum die V-Bank für das Handeln der Betrüger einstehen sollte (z.B. durch Bekanntheit dieser speziellen Betrugsform, Unterlassen von gebotenen Sicherungsmaßnahmen oder Warnhinweisen). Auch dass die V-Bank die Täuschung kannte oder kennen musste, wurde von der Versicherung nicht hinreichend vorgetragen. Ein „Kennenmüssen“ (fahrlässige Unkenntnis) hätte vorausgesetzt, dass sich die Täuschung der Bank geradezu aufdrängen musste, was nicht der Fall war. Eine generelle Pflicht der Bank, in den massenhaft und automatisiert abgewickelten Überweisungsverkehr einzugreifen, bestehe nicht.
Da Herr S. die Überweisung somit wirksam autorisiert hatte und diese Autorisierung auch nicht wirksam – insbesondere nicht gegenüber der Bank – angefochten werden konnte, war der Zahlungsvorgang aus Sicht der V-Bank autorisiert. Folglich war die V-Bank gesetzlich nicht verpflichtet, Herrn S. den Betrag gemäß §§ 675u, 675z BGB zu erstatten. Ein Bereicherungsanspruch der V-Bank gegen den Mann wegen einer vermeintlich „nicht autorisierten“ Zahlung bestand daher nicht.
Keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) für die Bank
Das Gericht verneinte ebenfalls einen Anspruch der V-Bank gegen den Mann aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA gemäß §§ 677 ff., 683 BGB). Ein solcher Anspruch hätte bestehen können, wenn die Bank durch die Erstattung an Herrn S. (und damit möglicherweise die Tilgung eines Bereicherungsanspruchs von Herrn S. gegen den Mann) ein Geschäft des Mannes geführt hätte und dafür Aufwendungsersatz verlangen könnte.
Eine GoA setzt jedoch voraus, dass der Handelnde (hier die Bank) zumindest auch im Interesse des anderen (hier des Mannes) tätig werden will, was als Fremdgeschäftsführungswille bezeichnet wird. Wer aber, wie die V-Bank, ausschließlich in der Absicht handelt, eine eigene (wenn auch nur vermeintliche) Verpflichtung gegenüber einem Dritten (hier Herrn S.) zu erfüllen, handelt ohne diesen Fremdgeschäftsführungswillen. Die Versicherung hatte selbst vorgetragen, dass die Bank erstattete, weil sie sich aufgrund der vermeintlich fehlenden Autorisierung dazu verpflichtet sah. Es war nicht ersichtlich, dass die Bank dabei auch die Interessen des Mannes im Blick hatte.
Kein Schadensersatzanspruch wegen Geldwäsche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 261 StGB
Schließlich prüfte das OLG einen Schadensersatzanspruch der V-Bank gegen den Mann aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 261 StGB (Geldwäsche). Auch diesen Anspruch verneinte das Gericht.
Der V-Bank sei durch die freiwillige Erstattung an Herrn S. kein eigener ersatzfähiger Schaden entstanden, den sie vom Mann hätte fordern können. Die Bank hatte in dem Glauben gehandelt, zur Zahlung verpflichtet zu sein und diese vermeintliche Verpflichtung erfüllt.
Selbst wenn man die Zahlung der Bank als einen durch das Verhalten des Mannes verursachten Schaden ansehen würde, fiele dieser nicht unter den Schutzzweck des § 261 StGB. Die Strafbarkeit der Geldwäsche diene dem Schutz des durch die Vortat (hier den Betrug zum Nachteil von Herrn S.) Geschädigten in seinem Interesse, Ersatzansprüche gegen den Betrüger durchzusetzen, und solle die Verschleierung inkriminierter Vermögenswerte verhindern. Sie schütze jedoch nicht Dritte (wie die V-Bank), die dem unmittelbar Geschädigten freiwillig Ersatz leisten, obwohl sie dazu nicht verpflichtet sind, und deren „Schaden“ letztlich auf einem eigenen Rechtsirrtum beruht.
Unabhängig davon wies das Gericht darauf hin, dass sich die V-Bank, selbst wenn ein solcher Anspruch dem Grunde nach denkbar wäre, ein schwerwiegendes Mitverschulden gemäß § 254 BGB entgegenhalten lassen müsste, das den Ersatzanspruch wohl gänzlich ausschließen würde. Der Bank sei bei der Beurteilung ihrer Erstattungspflicht ein fundamentaler Rechtsirrtum unterlaufen – ein Fehler, der im Kernbereich ihrer Geschäftstätigkeit (den Regelungen des Zahlungsverkehrs) von „erdrückendem Gewicht“ sei.
Fazit des Gerichts: Kein Anspruchsübergang auf die Versicherung mangels ursprünglichen Anspruchs
Da nach eingehender Prüfung kein Anspruch der V-Bank gegen den Mann festgestellt werden konnte – weder aus Bereicherungsrecht, noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Deliktsrecht (Geldwäsche) – konnte folglich auch kein solcher Anspruch auf die Versicherung übergehen. Die Klage der Versicherung musste daher in vollem Umfang abgewiesen werden.
Zulassung der Revision: Grundsätzliche Bedeutung für das Zahlungsdiensterecht
Das OLG Brandenburg hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dies geschah gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), da der Fall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Insbesondere die Fragen zur Anfechtbarkeit von Zahlungsautorisierungen im Online-Banking und die Voraussetzungen einer solchen Anfechtung im Kontext der speziellen Regelungen des Zahlungsdiensterechts bedürfen nach Ansicht des Gerichts einer höchstrichterlichen Klärung, um zur Bildung und Festigung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. Es bleibt abzuwarten, ob die Versicherung von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und der Fall dem Bundesgerichtshof zur endgültigen Entscheidung vorgelegt wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei Online-Banking-Betrug durch Phishing-Attacken müssen Geldkuriere, die nichts von der betrügerischen Herkunft des Geldes wussten, keine Rückzahlung an die Bank oder deren Versicherung leisten. Das OLG Brandenburg entschied, dass ein Bankkunde, der aufgrund einer Täuschung freiwillig Geld überweist, diesen Zahlungsvorgang rechtlich wirksam autorisiert hat – selbst wenn er über den wahren Grund der Zahlung getäuscht wurde. Die Bank war daher nicht zur Erstattung des Betrages an ihren Kunden verpflichtet und konnte folglich auch keinen Anspruch gegen den Geldempfänger geltend machen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „nicht autorisierte Überweisung“ im Zusammenhang mit Online-Banking-Betrug und warum ist das wichtig?
Im Zusammenhang mit Online-Banking-Betrug versteht man unter einer „nicht autorisierten Überweisung“ eine Zahlung, die von Ihrem Bankkonto ausgeführt wurde, ohne dass Sie diese Zahlung tatsächlich und wirksam veranlasst oder ihr zugestimmt haben. Das bedeutet, die Bank hat Geld überwiesen, obwohl die Anweisung dazu nicht von Ihnen als Kontoinhaber stammt oder Ihre Zustimmung erschlichen wurde, beispielsweise durch Betrug.
Das Konzept der „nicht autorisierten Überweisung“ ist zentral und sehr wichtig, weil das deutsche Gesetz (insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch, BGB) hier klare Regeln zur Haftung aufstellt. Für Sie als Bankkunde bedeutet das:
Der Grundsatz: Bank haftet bei nicht autorisierter Überweisung
Grundsätzlich gilt: Wenn eine Überweisung von Ihrem Konto nicht autorisiert war, muss Ihnen die Bank den abgebuchten Betrag vollständig und unverzüglich erstatten. Das ist eine wichtige Schutzvorschrift für Bankkunden, die in Europa einheitlich geregelt ist (basierend auf der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2). Die Beweislast, also die Pflicht nachzuweisen, dass eine Zahlung autorisiert war oder der Kunde grob fahrlässig gehandelt hat, liegt dabei zunächst bei der Bank.
Die Rolle Ihres Verhaltens: Fahrlässigkeit des Kunden
Dieser grundsätzliche Schutz hat allerdings Grenzen, die mit Ihrem eigenen Verhalten als Bankkunde zusammenhängen. Als Bankkunde haben Sie die Pflicht, sorgfältig mit Ihren Zugangsdaten und Sicherheitsverfahren (wie PINs, TANs, Zugangs-Apps etc.) umzugehen und diese zu schützen.
- Fahrlässigkeit: Wenn eine nicht autorisierte Überweisung aufgrund Ihrer Fahrlässigkeit möglich wurde – zum Beispiel, weil Sie Ihre Zugangsdaten nicht sorgfältig genug geschützt haben – kann das Ihre Rechte beeinträchtigen.
- Grobe Fahrlässigkeit: Besonders gravierend ist die grobe Fahrlässigkeit. Das liegt vor, wenn Sie grundlegende Sicherheitsregeln in einem besonders schweren Maße missachtet haben. Ein typisches Beispiel ist, wenn Sie auf eine offensichtliche Phishing-E-Mail hereinfallen, Ihre Online-Banking-Daten auf einer gefälschten Webseite eingeben und/oder eine Transaktion freigeben, die Sie nicht selbst veranlasst haben, obwohl die Situation verdächtig war oder die Bank klar vor solchen Methoden gewarnt hat.
Konsequenzen für die Haftung
Wird eine Überweisung als nicht autorisiert eingestuft:
- Ohne oder mit einfacher Fahrlässigkeit des Kunden: Die Bank muss den Betrag grundsätzlich erstatten.
- Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Kunden: Kann die Bank die Erstattung verweigern und der Kunde muss den entstandenen Schaden ganz oder teilweise selbst tragen. Das Gesetz sieht vor, dass der Kunde in diesem Fall für den gesamten Verlust haftet.
Für Sie ist das Verständnis von „nicht autorisierter Überweisung“ daher entscheidend: Es definiert den Ausgangspunkt Ihrer Rechte im Betrugsfall – nämlich den Anspruch auf Erstattung durch die Bank. Gleichzeitig zeigt es auf, wie wichtig es ist, die eigenen Sicherheitsvorkehrungen im Online-Banking ernst zu nehmen, da grobe Fahrlässigkeit dazu führen kann, dass dieser Schutz entfällt.
Welche Sorgfaltspflichten haben Bankkunden beim Online-Banking und was passiert, wenn diese verletzt werden?
Wenn Sie Online-Banking nutzen, übernehmen Sie bestimmte Pflichten, um Ihren Zugang und Ihr Geld zu schützen. Diese Pflichten sind wichtig, damit Online-Zahlungen sicher bleiben und unberechtigte Zugriffe erschwert werden. Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen Schlüssel zu einem wertvollen Schließfach – Sie müssen sorgfältig damit umgehen, damit niemand Unbefugtes hineinkommt. Ähnlich ist es mit Ihrem Online-Banking-Zugang.
Welche Sorgfalt wird von Ihnen erwartet?
Die wichtigste Pflicht ist, dass Sie Ihre Zugangsdaten wie Benutzername, Passwort oder PIN sowie Ihre TAN-Verfahren (wie per App oder SMS) geheim halten und sicher verwahren.
Konkret bedeutet das zum Beispiel:
- Wählen Sie sichere Passwörter und ändern Sie diese regelmäßig. Nutzen Sie nicht das gleiche Passwort für mehrere Dienste.
- Geben Sie Ihre Zugangsdaten niemals an Dritte weiter, auch nicht an Bankmitarbeiter, die Sie am Telefon oder per E-Mail danach fragen (eine Bank wird das nie tun!).
- Seien Sie misstrauisch bei unerwarteten E-Mails oder Nachrichten (sogenanntes Phishing), die nach Ihren Zugangsdaten fragen oder Sie auffordern, auf einen Link zu klicken, um sich anzumelden. Banken fragen solche Daten nicht auf diesem Weg ab.
- Prüfen Sie die Internetadresse (URL) der Banking-Website genau, bevor Sie Ihre Daten eingeben. Achten Sie auf Tippfehler oder seltsame Adressen.
- Schützen Sie den Computer oder das Smartphone, das Sie für Online-Banking nutzen, mit aktuellen Sicherheitsupdates, einem Virenschutzprogramm und einer Firewall.
- Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Kontoauszüge auf unbekannte Abbuchungen.
- Prüfen Sie bei Überweisungen mit TAN genau die Daten, die Ihnen in der TAN-App oder per SMS angezeigt werden (Empfänger, Betrag).
Es geht darum, dass Sie die notwendige Sorgfalt anwenden, die im Umgang mit so sensiblen Daten und Zugangssystemen vernünftigerweise erwartet werden kann.
Was passiert, wenn diese Pflichten verletzt werden?
Wenn es zu einem Schaden kommt, weil zum Beispiel Geld unerlaubt von Ihrem Konto abgebucht wurde, gilt grundsätzlich erst einmal: Ihre Bank muss Ihnen den Betrag erstatten. Das ist der Regelfall, wenn Sie einen unbefugten Zahlungsvorgang feststellen.
Aber es gibt eine wichtige Ausnahme: Wenn Sie Ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben, kann das Folgen für die Erstattung haben.
- Bei leicht fahrlässigem Handeln: Wenn Sie leicht unvorsichtig waren (z.B. ein nicht ganz optimales Passwort gewählt haben), aber dennoch grundlegend sorgfältig mit Ihren Daten umgegangen sind, muss die Bank den Schaden meist trotzdem ersetzen, eventuell müssen Sie aber einen kleinen Selbstbehalt tragen.
- Bei grober Fahrlässigkeit: Wenn Sie grob fahrlässig gehandelt haben, das heißt, Sie haben grundlegende und offensichtliche Sicherheitsregeln in besonders hohem Maße missachtet, dann können Sie für den entstandenen Schaden ganz oder teilweise selbst haften. Das bedeutet, die Bank muss Ihnen den Betrag unter Umständen nicht oder nur anteilig erstatten. Beispiele für grobe Fahrlässigkeit könnten sein: Sie haben Ihr Passwort auf einen Zettel direkt neben den Computer geschrieben, Sie haben offensichtliche Warnungen in einer Phishing-Mail ignoriert oder Sie haben Ihre Zugangsdaten leichtfertig an Dritte weitergegeben.
Die Unterscheidung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit hängt immer vom Einzelfall ab und wird von den Gerichten betrachtet, wenn es zum Streit kommt. Je sorgfältiger Sie mit Ihren Zugangsdaten und Geräten umgehen, desto besser sind Sie im Falle eines unbefugten Zugriffs geschützt.
Was ist Geldwäsche und welche Rolle spielt der § 261 StGB in solchen Fällen?
Geldwäsche bedeutet vereinfacht gesagt, Geld aus illegalen Quellen so zu behandeln, dass seine wahre, kriminelle Herkunft verschleiert wird. Ziel ist es, dieses „schmutzige“ Geld wie legal verdientes Geld aussehen zu lassen und in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.
Dieses Thema ist besonders relevant, da Gelder aus Betrug, wie zum Beispiel Online-Betrug, oft „gewaschen“ werden, um sie für die Täter nutzbar zu machen.
Der Kern der Geldwäsche: Illegales Geld „reinwaschen“
Im juristischen Sinne handelt es sich nur dann um Geldwäsche, wenn die Vermögenswerte aus bestimmten, im Gesetz aufgeführten schwerwiegenden Straftaten (sogenannte Vortaten) stammen. Dazu gehören viele Formen der organisierten Kriminalität, aber auch Betrug, Erpressung oder Diebstahl in größerem Umfang. Das Geld muss also eine illegale Vorgeschichte haben.
Welche Handlungen fallen unter Geldwäsche nach § 261 StGB?
§ 261 des Strafgesetzbuches (StGB) ist die zentrale Vorschrift, die Geldwäsche unter Strafe stellt. Sie zählt verschiedene Handlungen auf, die dazu dienen, die Herkunft von illegalen Geldern zu verschleiern oder deren Einziehung durch die Behörden zu verhindern.
Dazu gehören zum Beispiel:
- Vermögenswerte aus einer illegalen Vortat zu verbergen oder ihre Herkunft zu verschleiern.
- Diese Vermögenswerte in Umlauf zu bringen, sie zu tauschen (z.B. in eine andere Währung oder Kryptowährung) oder sie zu übertragen.
- Dabei zu helfen, dass der Täter der Vortat diese Vermögenswerte sichern oder nutzen kann.
Wichtig zu wissen ist: Auch wer selbst nicht an der ursprünglichen Straftat (der Vortat) beteiligt war, kann sich wegen Geldwäsche strafbar machen, wenn er mit dem „schmutzigen“ Geld umgeht und dabei hilft, dessen Herkunft zu verschleiern oder es in den Verkehr zu bringen. Dies betrifft oft Personen, die unwissentlich oder leichtfertig als sogenannte „Finanzagenten“ oder „Money Mules“ agieren, indem sie ihr Konto für Geldtransfers aus Betrugsfällen zur Verfügung stellen.
Welche Strafen drohen?
Wer wegen Geldwäsche nach § 261 StGB verurteilt wird, muss mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Der Regelfall sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.
In besonders schweren Fällen, zum Beispiel wenn die Geldwäsche gewerbsmäßig oder im Rahmen einer Bande begangen wird, kann die Strafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe liegen.
Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 261 StGB
Damit eine Person wegen Geldwäsche nach § 261 StGB belangt werden kann, müssen im Wesentlichen zwei Dinge erfüllt sein:
- Der Geldbetrag oder der Vermögenswert stammt tatsächlich aus einer der im Gesetz genannten illegalen Vortaten (wie zum Beispiel schwerem Betrug oder anderen Verbrechen).
- Die Person, die mit dem Geld umgeht, handelt in der Regel mit Vorsatz. Das bedeutet, sie weiß, dass das Geld aus einer illegalen Vortat stammt, oder sie hält es zumindest für möglich und nimmt dies billigend in Kauf (sie ist sich unsicher, handelt aber trotzdem, um die Transaktion durchzuführen).
Das Gesetz sieht in § 261 Abs. 6 StGB auch eine Strafbarkeit für leichtfertige Geldwäsche vor. Das ist der Fall, wenn jemand die illegale Herkunft des Geldes eigentlich hätte erkennen müssen, dies aber aus besonderer Unvorsichtigkeit nicht getan hat. Für leichtfertige Geldwäsche droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Diese Form der Geldwäsche ist zwar seltener strafbar als die vorsätzliche Variante, zeigt aber, dass auch mangelnde Sorgfalt im Umgang mit fremden Geldern ernste Folgen haben kann, insbesondere bei verdächtigen Transaktionen.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Versicherung nach einem Online-Banking-Betrug Geld vom Empfänger zurückfordern?
Wenn nach einem Online-Banking-Betrug eine Versicherung den Schaden der Bank oder des geschädigten Kunden ersetzt hat, kann diese Versicherung versuchen, das Geld vom Empfänger des Geldes zurückzufordern. Die Versicherung tritt dabei rechtlich an die Stelle (subrogiert) der Bank oder des Kunden, die den Schaden erlitten haben. Sie kann dann die gleichen Ansprüche geltend machen, die die Bank oder der Kunde ursprünglich gegen den Empfänger gehabt hätten.
Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen, auf die sich eine solche Rückforderung stützen kann, sind die ungerechtfertigte Bereicherung und unter Umständen die Unerlaubte Handlung.
Ungerechtfertigte Bereicherung
Stellen Sie sich vor, jemand erhält Geld auf sein Konto, für das es eigentlich keinen gültigen rechtlichen Grund gab, es zu erhalten. Im Gesetz spricht man von ungerechtfertigter Bereicherung, wenn jemand etwas bekommt (hier: das Geld), obwohl ihm rechtlich kein Anspruch darauf zusteht. Da das Geld bei einem Online-Banking-Betrug oft durch eine unrechtmäßige Handlung auf das Konto des Empfängers gelangt, liegt beim Empfänger in der Regel eine solche „ungerechtfertigte Bereicherung“ vor.
Für Sie als Empfänger ist hierbei entscheidend, ob Sie wussten oder hätten wissen müssen, dass das Geld aus einer rechtswidrigen Handlung stammt.
- Ein gutgläubiger Empfänger, der nichts vom Betrug ahnte und auch keinen Grund hatte, daran zu zweifeln, muss das Geld unter Umständen nur insoweit zurückzahlen, wie er noch „bereichert“ ist (also das Geld noch hat oder einen konkreten Vorteil davon hat). Hat er das Geld unwissentlich ausgegeben, kann die Rückforderung eingeschränkt sein.
- Ein bösgläubiger Empfänger, der vom Betrug wusste, ihn billigte oder sogar unterstützte, muss das Geld in der Regel vollständig zurückzahlen, oft sogar mit Zinsen, und kann sich nicht darauf berufen, das Geld ausgegeben zu haben.
Die Versicherung, die den Schaden ersetzt hat, kann diesen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nun gegen den Empfänger geltend machen.
Unerlaubte Handlung
Neben der ungerechtfertigten Bereicherung kann auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung bestehen. Das ist der Fall, wenn der Empfänger des Geldes selbst aktiv und schuldhaft an dem Betrug beteiligt war oder durch sein Handeln den Schaden mitverursacht hat. Stellen Sie sich vor, jemand stellt sein Konto bewusst für Betrügereien zur Verfügung (oft als „Finanzagent“) oder hilft den Betrügern anderweitig.
Wenn der Empfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er bei einer kriminellen Tat hilft oder sich daran beteiligt, kann die Versicherung auch auf dieser Grundlage das Geld zurückfordern. Ein Anspruch aus unerlaubter Handlung kann weitergehende Folgen haben als nur die Rückzahlung des erhaltenen Betrags.
Die Rolle der Versicherung
Wenn die Versicherung den Schaden ersetzt, geht der Anspruch auf Rückzahlung, den die Bank oder der Geschädigte gegen den Empfänger hatte, kraft Gesetz auf die Versicherung über. Die Versicherung kann also die gleichen Forderungen geltend machen, die auch die Bank oder der ursprünglich Betrogene hätte stellen können.
Ob und in welchem Umfang eine Rückforderung durch die Versicherung erfolgreich ist, hängt stark von den genauen Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, wie der Empfänger an das Geld kam und ob er von der Herkunft des Geldes wusste oder hätte wissen müssen. Die Nachweislast dafür, ob der Empfänger bösgläubig war, liegt dabei in der Regel bei der Versicherung.
Unwissentlich in eine Betrugsmasche geraten: Rechte und Pflichten als „Geldkurier“
Wenn Sie unwissentlich in eine Betrugsmasche geraten sind und dabei als „Geldkurier“ fungierten, befinden Sie sich in einer schwierigen Lage. Oft werden Personen von Betrügern dazu gebracht, Geldbeträge entgegenzunehmen und weiterzuleiten, ohne zu wissen, dass dieses Geld aus Straftaten stammt.
Strafrechtliche Folgen
Die Hauptgefahr in solchen Fällen liegt im Verdacht der Geldwäsche. Geldwäsche bedeutet im Kern, Geld oder andere Vermögenswerte, die aus illegalen Quellen stammen, in den legalen Wirtschaftskreislauf einzubringen, um deren Herkunft zu verschleiern.
Nach deutschem Recht (§ 261 Strafgesetzbuch) macht sich unter anderem strafbar, wer Geld oder Vermögenswerte annimmt oder weiterleitet, die aus bestimmten Straftaten (sog. „Vortaten“) stammen, um deren illegale Herkunft zu verschleiern oder zu verhindern, dass die Herkunft aufgedeckt wird.
Wichtig ist dabei die Frage des Wissens oder zumindest der Annahme über die illegale Herkunft des Geldes. Wer tatsächlich unwissentlich gehandelt hat und keinerlei Anhaltspunkte für die illegale Herkunft hatte, begeht in der Regel keine vorsätzliche Geldwäsche. Auch eine fahrlässige Geldwäsche ist nach dem Gesetz nur in engen Grenzen möglich, wenn man die illegale Herkunft des Geldes grob fahrlässig nicht erkannt hat. Die Beweislast, dass man unwissentlich gehandelt hat, kann in der Praxis jedoch eine Herausforderung darstellen.
Wenn Sie von den Behörden kontaktiert werden (z.B. Polizei, Staatsanwaltschaft), haben Sie das Recht zu schweigen. Sie sind nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten. Eine Kooperation mit den Ermittlungsbehörden kann jedoch hilfreich sein, um Ihre Unwissenheit darzulegen und Beweise dafür vorzulegen.
Zivilrechtliche Forderungen
Neben möglichen strafrechtlichen Ermittlungen können auch die Opfer des Betrugs zivilrechtliche Forderungen gegen Sie geltend machen. Sie könnten von Ihnen die Rückzahlung des erhaltenen Geldes verlangen, da Sie dieses Geld ohne rechtlichen Grund erhalten und weitergeleitet haben. Dies geschieht oft auf Grundlage des sogenannten Bereicherungsrechts.
Auch in diesem Fall ist es wichtig, Ihre Situation darzulegen. Wenn Sie beweisen können, dass Sie unwissentlich gehandelt haben und das Geld bereits an die Betrüger weitergeleitet haben, kann dies Ihre Position beeinflussen. Allerdings kann es sein, dass Sie auch ohne eigenes Verschulden zivilrechtlich zur Rückzahlung verpflichtet sind, wenn das Geld unrechtmäßig an Sie gelangt ist.
Ihre Möglichkeiten
Als Person, die unwissentlich in eine solche Masche geraten ist, ist es entscheidend, Ihre Position klar darzulegen.
- Dokumentieren Sie alles: Sammeln Sie alle Kommunikationen mit den Betrügern, Kontoauszüge und andere relevante Unterlagen.
- Legen Sie Ihre Sicht der Dinge dar: Schildern Sie, wie Sie in die Situation geraten sind und dass Sie von der illegalen Herkunft des Geldes nichts wussten. Legen Sie Beweise für Ihre Unwissenheit vor, falls vorhanden.
- Kooperieren Sie (vorsichtig) mit den Behörden: Wenn Sie kontaktiert werden, nehmen Sie die Situation ernst. Denken Sie daran, dass Sie das Recht zu schweigen haben, aber eine Darstellung Ihrer Sichtweise und die Vorlage von Beweisen hilfreich sein können.
- Wehren Sie sich gegen unberechtigte Forderungen: Wenn zivilrechtliche Forderungen gegen Sie erhoben werden, prüfen Sie diese sorgfältig. Ihre Unwissenheit und die Umstände der Geldweiterleitung sind wichtige Punkte für Ihre Verteidigung.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Autorisierung
Autorisierung bezeichnet im Zahlungsverkehr die ausdrückliche und bewusste Zustimmung des Kontoinhabers zu einer Zahlung oder Überweisung gegenüber seiner Bank. Eine Zahlung gilt nur dann als «autorisiert», wenn der Kunde die Transaktion freigegeben hat, etwa durch Eingabe von Sicherheitscodes (TAN) oder andere Verfahren. Fehlt diese Zustimmung, spricht man von einer nicht autorisierten Zahlung, was der Bank bestimmte Erstattungs- und Rückforderungsrechte einräumt (§ 675j BGB). Im vorliegenden Fall war entscheidend, ob Herr S. die Überweisung auf das Betrugskonto tatsächlich selbst gewollt hat oder ob sie ohne seine Zustimmung erfolgte.
Beispiel: Wenn Sie im Online-Banking eine Überweisung bestätigen, etwa mit einer TAN, erteilen Sie der Bank eine Autorisierung für diesen Zahlungsvorgang.
Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 BGB)
Die Nichtleistungskondiktion ist eine Form des Bereicherungsanspruchs, bei der eine Person etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat, weil keine wirksame Leistung erfolgt ist. Das ist etwa der Fall, wenn jemand Geld bekommt, ohne dass eine gültige Zahlungspflicht zugrunde liegt, zum Beispiel wegen fehlender Autorisierung. Nach § 812 BGB muss der ohne Rechtsgrund erlangte Vorteil zurückgewährt werden, damit niemand ungerechtfertigt bereichert wird. Im Online-Banking-Kontext kann die Bank von einem Zahlungsempfänger das Geld zurückfordern, wenn die Überweisung nicht wirksam autorisiert war.
Beispiel: Wenn Ihnen jemand versehentlich Geld überweist, obwohl keine Vereinbarung besteht, müssen Sie diesen Betrag zurückzahlen, weil Sie ohne rechtlichen Grund bereichert wären.
Unerlaubte Handlung
Eine unerlaubte Handlung liegt vor, wenn jemand einem anderen vorsätzlich oder fahrlässig einen rechtswidrigen Schaden zufügt und dafür nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zum Schadensersatz verpflichtet ist (§§ 823 ff. BGB). Im Zusammenhang mit Online-Banking-Betrug kann eine unerlaubte Handlung dann angenommen werden, wenn der Empfänger des Betrugsgeldes aktiv oder zumindest mit Kenntnis und Absicht an der Straftat mitgewirkt hat, etwa als Komplize. Dabei kann die Versicherung den Geldempfänger auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass der Empfänger schuldhaft gehandelt hat.
Beispiel: Wenn jemand wissentlich Betrugsbeträge entgegennimmt, um den Betrug zu erleichtern, macht er sich möglicherweise schadensersatzpflichtig wegen unerlaubter Handlung.
Geldwäsche (§ 261 StGB)
Geldwäsche umfasst strafbare Handlungen, bei denen Vermögenswerte aus einer illegalen Herkunft (z. B. Betrug) durch bestimmte Vorgänge so behandelt werden, dass deren kriminelle Herkunft verschleiert oder eine Einziehung durch Behörden verhindert wird (§ 261 Strafgesetzbuch). Wer wissentlich oder zumindest leichtfertig mit solchem „schmutzigen“ Geld umgeht – etwa es empfängt, überweist oder weiterleitet – macht sich strafbar. Der Tatbestand ist relevant, wenn der Empfänger von Betrugsgeldern diese zur Verschleierung verarbeitet oder deren Herkunft verheimlicht. Auch unwissentliche oder leichtfertige Beteiligung kann strafbar sein.
Beispiel: Jemand erhält Geld aus einem Betrugsfall und zahlt es auf ein anderes Konto ein, um die Herkunft zu verbergen – dies kann als Geldwäsche gelten.
Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Die Geschäftsführung ohne Auftrag beschreibt eine Situation, in der jemand freiwillig und ohne Auftrag für einen anderen ein Geschäft führt und dafür möglicherweise Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann (§§ 677 ff. BGB). Voraussetzung ist, dass der Handelnde im Interesse des anderen handelt und dessen Angelegenheiten übernimmt (Fremdgeschäftsführungswille). Im vorliegenden Fall wollte die Bank zwar einen Betrag an den Kunden erstatten, handelte aber nicht zum Interesse des Zahlungsempfängers. Daher besteht kein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen gegenüber dem Empfänger.
Beispiel: Wenn Sie ohne Auftrag für Ihren Nachbarn dessen Wohnung streichen und dafür Materialkosten haben, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Ersatz fordern. Tun Sie das aber nur, um Ihre eigene Rechtsposition zu sichern, nicht im Interesse des Nachbarn, entfällt Ihr Anspruch.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB (Zahlungsdienste – Autorisierung): Regelt, dass ein Zahlungsdienstleister nur aufgrund einer wirksamen Autorisierung des Zahlungspflichtigen eine Zahlung ausführen darf. Fehlt diese, darf die Bank das Konto nicht belasten und kann das Geld zurückfordern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG stellte fest, dass der Kunde die Überweisung wirksam autorisiert hat, da er bewusst und selbstständig handelte, was einen Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Empfänger ausschließt.
- § 812 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 BGB (Bereicherungsrecht – Nichtleistungskondiktion): Legt fest, dass eine Person zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist, wenn sie durch eine Leistung auf Kosten eines anderen ohne Rechtsgrund bereichert wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die V-Bank hatte keinen Anspruch gegen den Geldempfänger, da die Überweisung autorisiert war und somit kein fehlender Rechtsgrund für die Leistung vorlag.
- § 123 BGB (Anfechtung wegen Täuschung): Ermöglicht die Anfechtung einer Willenserklärung bei arglistiger Täuschung, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere dass der Erklärungsempfänger die Täuschung kannte oder hätte kennen müssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Eine Anfechtung der Zahlungsverfügung scheiterte, weil die fremden Täter als Dritte gelten und die Bank die Täuschung weder kannte noch kennen musste, sodass die Autorisierung nicht nachträglich unwirksam wurde.
- §§ 677 ff. BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag, GoA): Regelt Ansprüche zwischen Personen, wenn jemand ohne Auftrag das Geschäft eines anderen führt und hierfür Aufwendungsersatz verlangt. Voraussetzung ist Fremdgeschäftsführungswille. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bank handelte nicht im Interesse des Geldempfängers, sondern nur zur Erfüllung einer vermeintlichen eigenen Verpflichtung, weshalb kein Anspruch aus GoA gegen den Mann bestand.
- § 86 VVG (Versicherungsvertragsgesetz – Anspruchsübergang): Bestimmt, dass nach Zahlung der Versicherung an den Versicherungsnehmer der Anspruch der letzteren gegen Dritte auf die Versicherung übergeht. Dies setzt einen bestehenden ursprünglichen Anspruch voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die V-Bank keinen eigenen Anspruch gegen den Geldempfänger hatte, konnte dieser nicht auf die Versicherung übergehen, sodass deren Klage gegen den Mann abgewiesen wurde.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 13 U 5/17 – Urteil vom 31.01.2018
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