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Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung – Verletzung Kardinalpflichten Versicherungsmakler

OLG Celle – Az.: 8 U 107/19 – Urteil vom 02.10.2019

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. April 2019 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt mit ihrer Klage die Beklagte als Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer einer Versicherungsmaklerin nach deren rechtskräftiger Verurteilung und anschließender Insolvenz auf Schadensersatz in Anspruch.

Zwischen der seinerzeit als Versicherungsmaklerin tätigen, inzwischen in Insolvenz befindlichen N. I. B. GmbH mit Sitz in H. (nachfolgend: Versicherungsnehmerin) und der Beklagten bestand ein Vertrag über eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Ob diesem Vertrag die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (VH …) der Beklagten (Anlage K 1; alle Anlagen, soweit nicht anders angegeben, im Anlagenband Klägerin; nachfolgend: AVB H.) oder die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (VSH.B.1…) der N. Versicherungen (nachfolgend: AVB N.) nebst Risikobeschreibung und Besonderen Bedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Versicherungsvermittlern (VSH.B.2…; jeweils Teil des Anlagenkonvoluts B 1, Bl. 51 ff. d. A.) zugrunde liegen, ist streitig. Beide Bedingungswerke enthalten in § 4 Nr. 5 (AVB H.) bzw. Ziffer 4.5 (AVB N.) folgenden Leistungsausschluss:

„Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die Ansprüche [AVB N.: auf Haftpflichtansprüche,]

wegen Schadenstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten) oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung;“

Die Klägerin ist ein in Kalifornien ansässiges Filmproduktionsunternehmen. Sie bzw. die mit ihr verbundene R. E. Inc. beabsichtigte im Jahr 2009 die Durchführung eines Investitionsprojekts, welches die Produktion von fünf Filmen zum Gegenstand hatte. Die Finanzierung der Kosten in Höhe von 148 Millionen USD sollte durch die F. & Co. SA mit Sitz in L. (nachfolgend: F.) erfolgen. Auf Vermittlung des Herrn Dr. B. H. wurde die Versicherungsnehmerin von der Klägerin bzw. der R. E. Inc. beauftragt, zur Absicherung der F. ein Versicherungsverhältnis über ein Performance Bond zu beschaffen; dabei handelt es sich um eine Erfüllungsgarantie des Inhalts, dass die zu produzierenden Filme innerhalb einer bestimmten Frist einen Erlös einspielen, der das eingesetzte Kapital der Investoren deckt. Die Versicherungsnehmerin benannte der Klägerin bzw. der R. E. Inc. die S. C. O. SA (nachfolgend: C. O.), ein großes, alteingesessenes s. Versicherungsunternehmen, als möglichen Versicherer und Herrn A., der eine vermeintlich von der C. O. ausgestellte Vollmacht (Anlagen K 3 und BK 1, Bl. 253 f. d. A.) vorgelegt hatte, als deren Ansprechpartner. Mit Schreiben vom 4. Februar 2010 (Anlage K 4) forderte (vermeintlich) die C. O. die Versicherungsnehmerin auf, die Zahlung einer vollständig rückzahlbaren („fully refundable“) Kaution in Höhe von 240.000,00 USD auf ein Treuhandkonto eines luxemburgischen Finanzdienstleisters zu veranlassen. Die Versicherungsnehmerin leitete dieses Schreiben an die Klägerin weiter, die die Kaution im Februar 2010 auf das Treuhandkonto zahlte.

Im weiteren Verlauf wurde das Investitionsvolumen auf 300 Millionen USD für nunmehr zehn Filme erweitert. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 (Anlage K 7) forderte (vermeintlich) die C. O. die Versicherungsnehmerin auf, die Zahlung einer weiteren Kaution in Höhe von 240.000,00 USD auf ein Treuhandkonto einer Rechtsanwältin in Portugal zu vermitteln. Dieses Schreiben leitete die Versicherungsnehmerin ebenfalls an die Klägerin weiter, die auch diese Kaution auf das Treuhandkonto zahlte.

In der Folgezeit kam es zu Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und der F., woraufhin das Investitionsprojekt abgesagt wurde. Die Klägerin forderte die C. O. im Dezember 2011 zur Rückgewähr der Kautionen auf. Mit E-Mail vom 13. Dezember 2011 teilte die C. O. der Klägerin mit, sie habe mit den Performance Bonds nichts zu tun, die Unterschriften auf den Versicherungsunterlagen seien gefälscht. Ferner stellte sich heraus, dass die von Herrn A. vorgelegte Vollmacht der C. O. gefälscht war. Ein Versuch der Klägerin, die Kautionen von den Treuhändern zurückzuerhalten, blieb erfolglos.

Die Klägerin nahm daraufhin die Versicherungsnehmerin vor dem LG Hamburg – 319 O 103/12 – auf Schadensersatz in Anspruch. Das LG Hamburg verurteilte die Versicherungsnehmerin mit Urteil vom 6. März 2013 (Anlage K 13) antragsgemäß zur Zahlung von 480.000,00 USD. Auf die Berufung der Versicherungsnehmerin änderte das OLG Hamburg – 4 U 57/13 – das erstinstanzliche Urteil mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 18. Juli 2016 (Anlage K 14) teilweise ab und verurteilte die Versicherungsnehmerin zur Zahlung von 240.000,00 USD nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Juni 2012. Zur Begründung führte das OLG Hamburg aus, die Klägerin sei befugt, Ansprüche der R. E. Inc. geltend zu machen. Zwischen dieser und der Versicherungsnehmerin sei ein Maklervertrag im Sinne von § 98 HGB, § 59 Abs. 1, § 61 Abs. 1 VVG geschlossen worden. Ihre Pflichten aus diesem Vertrag habe die Versicherungsnehmerin verletzt, wodurch der Klägerin bzw. der R. E. Inc. ein Schaden in Höhe von 480.000,00 USD entstanden sei. Die R. E. Inc. müsse sich allerdings ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen. Zur Pflichtverletzung heißt es in dem Urteil des OLG Hamburg unter 4.:

„Die Pflichten aus diesem Vertrag hat die Beklagte schuldhaft verletzt. Mit insoweit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte aus dem geschlossenen Vermittlungsvertrag verpflichtet gewesen ist, in Bezug auf die in Aussicht genommene Versicherung und die handelnden Personen nachzuforschen, zu beraten und aufzuklären. Dass die Beklagte auch nur nachgeforscht hätte, ob die C. O. bereit war, die Performance Bonds auszustellen und die Versicherung für ein ganz erhebliches Risiko zu übernehmen, hat die Beklagte nicht einmal vorgetragen. Die Beklagte hat auf Grund von früheren Verbindungen zu Prof. K. und Dr. H. deren Angaben vertraut und diese ungeprüft an ihre Vertragspartnerin weitergegeben bzw. geduldet, dass diese gegenüber ihrer Vertragspartnerin gemacht wurden. Obwohl zumindest die Person des Herrn A. der Beklagten und ihren Mitarbeitern nicht aus früheren Geschäften bekannt war, hat diese sämtlichen Angaben vertraut und auch diese an ihre Vertragspartnerin weitergegeben bzw. geduldet, dass diesen ohne nähere Nachfragen vertraut wurde. Letztlich liegt die schwerwiegendste Verletzung der Beklagten aber darin, dass diese nicht nachgeprüft hat, ob die Zahlung einer Kaution für die Ausfertigung der Performance Bonds dem üblichen Vorgehen in solchen Fällen entspricht, ob die verlangte Summe der Höhe nach angemessen und begründet war und was es mit den ‚Zahlstellen‘ auf sich hatte. Immerhin handelte es sich hierbei um zwei Personen, die bislang weder von den Vertragspartnern in die Verhandlungen eingebunden waren noch sonst gehandelt hatten und in keinerlei Zusammenhang zu dem beabsichtigten Geschäft standen.“

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29. September 2016 (Anlage K 15) setzte das LG Hamburg die von der Versicherungsnehmerin an die Klägerin aufgrund des Urteils des OLG Hamburg zu erstattenden Kosten auf 320,19 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. September 2016 fest.

Nachdem die Klägerin gegen die Versicherungsnehmerin Insolvenzantrag gestellt hatte, wurde am 16. Dezember 2016 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K 17). Mit Schreiben vom 20. Januar 2017 (Anlage K 18) wandten sich die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Beklagte und forderten diese zum Ausgleich der titulierten Forderung auf. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 24. Januar 2017 (Anlage K 19) eine Zahlung mit der Begründung ab, der Schaden sei durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht worden, weshalb sie leistungsfrei sei. Am 9. Februar 2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Versicherungsnehmerin eröffnet.

Die Klägerin hat gemeint, der Versicherungsnehmerin sei lediglich eine fahrlässige Pflichtverletzung vorzuwerfen.

Sie hat beantragt,

 

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 240.000,00 USD nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 12. Juni 2012 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, darüber hinaus an sie 320,19 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, darüber hinaus an sie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.792,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, der vom OLG Hamburg titulierte Schadensersatzanspruch beruhe auf einer wissentlichen Pflichtverletzung der Versicherungsnehmerin.

Das Landgericht hat die Akten 319 O 103/12 des LG Hamburg (= 4 U 57/13 OLG Hamburg) beigezogen. Sodann hat es mit Urteil vom 11. April 2019 (Bl. 198 ff. d. A.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte sei gemäß § 4 Nr. 5 AVB H. bzw. Ziffer 4.5 AVB N. leistungsfrei, weil die Versicherungsnehmerin die ihr als Versicherungsmaklerin obliegenden Pflichten wissentlich verletzt habe. Bei den Pflichten, die die Versicherungsnehmerin nach den bindenden Feststellungen des OLG Hamburg verletzt habe, handele es sich um Kardinalpflichten. Weitergehender Vortrag der für die wissentliche Pflichtverletzung darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten sei daher nicht erforderlich gewesen. Dass das OLG Hamburg ein hälftiges Mitverschulden der Klägerin angenommen habe, stehe einer wissentlichen Pflichtverletzung ebenso wenig entgegen wie die Behauptung der Klägerin, bei dem Performance Bond habe es sich um eine neue Vertragsart gehandelt, für die sich übliche Praktiken noch nicht herausgebildet hätten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Die Klägerin macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht die Verletzung von Kardinalpflichten und damit eine zum Leistungsausschluss führende wissentliche Pflichtverletzung angenommen. Eine Überprüfung der (vermeintlichen) notariell beglaubigten Vollmacht sei gerade aufgrund der Beglaubigung nicht erforderlich und auch nicht möglich gewesen. Zudem seien die Kautionszahlungen nicht von Herrn A., sondern (vermeintlich) von den Vorständen der C. O. angefordert worden. Die Üblichkeit der Kautionszahlungen habe nicht geprüft werden müssen, weil es angesichts der Besonderheiten der geplanten Transaktion keine Maßstäbe für eine Üblichkeit gegeben habe. Zudem habe der Umfang des Versicherungsrisikos eine gründliche und mit entsprechenden Kosten verbundene Prüfung durch den angefragten Versicherer erfordert, was die Zahlung einer Kaution plausibel habe erscheinen lassen. Die Kaution habe auch verhindert, dass die Klägerin ihre Versicherungsanfrage parallel bei weiteren Mitbewerbern stellte. Eine Überprüfung der Treuhänder sei angesichts deren Person nicht erforderlich gewesen. Der Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin habe weder ein Pflichtbewusstsein noch ein Pflichtverletzungsbewusstsein gehabt. Schließlich handele die Beklagte treuwidrig, wenn sie nunmehr eine wissentliche Pflichtverletzung annehme, während im Haftpflichtprozess eine Pflichtverletzung in Abrede genommen worden sei. Im Übrigen habe das Landgericht Beweisanträge übergangen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover, Az. 6 O 48/17, verkündet am 11. April 2019, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 240.000,00 USD nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. hieraus seit dem 12. Juni 2012 zu zahlen,

2. darüber hinaus an die Klägerin 320,19 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. hieraus seit dem 6. September 2016 zu zahlen,

3. darüber hinaus an die Klägerin vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.792,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Klägerin verhalte sich ihrerseits widersprüchlich, weil sie die im Haftpflichtprozess gegen die Versicherungsnehmerin erhobenen Vorwürfe nunmehr relativiere.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die vom Landgericht beigezogenen Akten des Haftpflichtprozesses gegen die Versicherungsnehmerin lagen weiterhin vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Weder beruht das angefochtene Urteil auf Rechtsfehlern im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Direktanspruch gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 100, § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB, § 98 HGB, § 59 Abs. 1, § 61 Abs. 1 VVG zu.

Gemäß § 115 Abs. 1 VVG setzt in der Haftpflichtversicherung ein Direktanspruch des von einem Versicherungsnehmer geschädigten Dritten gegen den Versicherer voraus, dass

o dem Dritten gegen den Versicherungsnehmer ein Schadensersatzanspruch zusteht,

o der Versicherer seinem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist, § 115 Abs. 1 Satz 2 VVG, und

o einer der drei in § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG geregelten Fälle eingetreten ist.

Dass der Klägerin gegen die Versicherungsnehmerin der Beklagten ein Schadensersatzanspruch zusteht, steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des OLG Hamburg fest. Mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters am 16. Dezember 2016 und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin am 9. Februar 2017 liegen auch zwei der drei in § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG geregelten Fälle vor. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte scheitert aber, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, daran, dass die Beklagte gegenüber der Versicherungsnehmerin nicht zur Leistung verpflichtet, sondern wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung im Sinne von § 4 Nr. 5 AVB H. bzw. Ziffer 4.5 AVB N. leistungsfrei ist.

a) Gemäß § 4 Nr. 5 AVB H. bzw. Ziffer 4.5 AVB N. bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingungen des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Diese Regelung stellt keine (verhüllte) Obliegenheit dar, sondern beinhaltet einen Leistungsausschluss (vgl. BGH, VersR 2006, 106; OLG Karlsruhe, RuS 2018, 70; OLG Hamm, VersR 1996, 1006). Die Vorschrift ändert die Bestimmung des § 103 VVG dahingehend ab, dass einerseits nur der wissentliche Pflichtenverstoß zum Leistungsausschluss führt und andererseits sich das Verhalten des Versicherten nicht auf die Schadensfolgen zu erstrecken braucht (vgl. Lücke in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 4 AVB Verm, Rn. 16).

Der Risikoausschluss gemäß § 4 Nr. 5 AVB ist auch wirksam (vgl. BGH, VersR 2001, 1103; VersR 1991, 176).

Die Vorschrift des § 117 VVG steht dieser Vertragsklausel nicht entgegen. Danach kann sich der Versicherer in der Pflichtversicherung gegenüber dem geschädigten Dritten nicht auf eine Leistungsfreiheit berufen. Das betrifft aber lediglich Obliegenheitsverletzungen, nicht jedoch Risikoausschlüsse (vgl. Klimke in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 117, Rn. 4; Beckmann in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 117, Rn. 12).

b) Die Voraussetzungen von § 4 Nr. 5 AVB H. bzw. Ziffer 4.5 AVB N. liegen vor:

aa) Die Versicherungsnehmerin verletzte die ihr aus dem mit der Klägerin bzw. der R. E. Inc. geschlossenen Maklervertrag obliegenden Pflichten.

Hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung besteht Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut infrage gestellt werden können. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen, als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, VersR 2015, 181).

Für den vorliegenden Rechtsstreit sind danach diejenigen Pflichtverletzungen zugrunde zu legen, auf die das OLG Hamburg die Verurteilung der Versicherungsnehmerin stützte. Das betrifft zum einen die unterbliebene Nachforschung, ob die C. O. überhaupt bereit war, die Performance Bonds auszustellen, zum anderen diejenige hinsichtlich der handelnden Personen, insbesondere bezüglich des der Versicherungsnehmerin bis dahin unbekannten Herrn A., verbunden mit einer ungeprüften Weitergabe der ihr erteilten Informationen und Schreiben an die Klägerin. Ferner betrifft es die unterbliebene Nachprüfung, ob die Zahlung einer Kaution für die Ausfertigung der Performance Bonds dem üblichen Vorgehen in solchen Fällen entspricht, ob die verlangte Summe der Höhe nach angemessen und begründet war und was es mit den „Zahlstellen“ auf sich hatte.

bb) Die vorgenannten Pflichtverletzungen der Versicherungsnehmerin sind als wissentlich im Sinne von § 4 Nr. 5 AVB bzw. Ziffer 4.5 AVB N. anzusehen.

Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz reicht ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (vgl. BGH, VersR 2015, 181; VersR 2006, 106).

Die danach erforderliche Feststellung des direkten Vorsatzes setzt neben der Kenntnis von den aufklärungsbedürftigen Umständen zusätzlich das Wissen und Wollen der Pflichtverletzung voraus. Der Versicherungsnehmer muss die von ihm verletzte Pflicht positiv gekannt und subjektiv das Bewusstsein gehabt haben, gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidrig zu handeln (vgl. BGH, VersR 2001, 1103; VersR 1987, 174; VersR 1959, 691).

Grundsätzlich muss der Versicherer die Voraussetzungen für einen Risikoausschluss beweisen. Dementsprechend muss er auch beweisen, dass der Versicherte seine Pflichten wissentlich verletzte (vgl. BGH, VersR 2015, 181; VersR 1991, 176; Baumann/Gädtke/Henzler in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., 5. AVB-AVG 2011/2013, Rn. 56).

Allerdings kommen zugunsten des Versicherers Beweiserleichterungen zum Tragen, wenn dem Versicherten die Verletzung einer sog. Kardinalpflicht zur Last fällt.

Gehört die verletzte Regel zum Elementarwissen einer versicherten Person, erlaubt allein das grundsätzlich bereits den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung. In diesen Fällen ist es Aufgabe des Versicherten, nach den Regeln der sekundären Darlegungslast die Gründe für den Verstoß plausibel zu machen (vgl. BGH, VersR 2015, 181; Baumann/Gädtke/Henzler in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., 5. AVB-AVG 2011/2013, Rn. 55).

(1) Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon aus, dass die Versicherungsnehmerin jedenfalls mit der unterbliebenen Erkundigung nach der Bereitschaft der C. O., die Performance Bonds auszustellen, und – insbesondere – mit der unterbliebenen Erkundigung in Bezug auf die Kautionen gegen Kardinalpflichten verstieß.

Bei einer Kardinalpflicht handelt es sich um eine elementare berufliche Pflicht, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann (vgl. BGH, VersR 2015, 181).

Die Pflichten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmaklers gehen weit. Er wird als sein Interessen- oder sogar Abschlussvertreter angesehen. Wegen seiner umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich des Versicherungsverhältnisses des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderischer Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden (BGH, Urteil vom 26. März 2014 – IV ZR 422/12, juris, Rn. 25; Urteil vom 22. Mai 1985 – IVa ZR 190/83, juris, Rn. 11). Als Sachwalter des Versicherungsnehmers ist es Aufgabe des Versicherungsmaklers, versicherungsbezogene Wissens- und Erfahrungsdefizite des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer auszugleichen. Dabei handelt es sich nicht um lässliche Nebenpflichten, sondern um elementar wichtige Hauptpflichten, also Kardinalpflichten (Werber, VersR 2007, 1153, unter C. II. 1.).

Die nach den bindenden Feststellungen des OLG Hamburg von der Versicherungsnehmerin verletzte Pflicht, sich nach der Bereitschaft der C. O., die Performance Bonds auszustellen, zu erkundigen, zählt zu den Kardinalpflichten in diesem Sinne. Die Bereitschaft der C. O., die Performance Bonds auszustellen, war unerlässliche Voraussetzung für den von der Versicherungsnehmerin zu vermittelnden Abschluss eines Vertrages. Dass dies vom Versicherungsmakler vor der Veranlassung von Zahlungen des künftigen Versicherungsnehmers an den Versicherer oder von diesem benannte Dritte zu prüfen ist, liegt auf der Hand. Dieses Wissen kann deshalb bei jedem Versicherungsmakler vorausgesetzt werden.

Gleiches gilt für die verletzte Pflicht, sich nach der Üblichkeit einer Kautionszahlung, deren Angemessenheit und Begründetheit sowie nach den „Zahlstellen“ zu erkundigen, und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen konnte die Versicherungsnehmerin bei der Klägerin keine Kenntnis darüber voraussetzen, ob die Zahlung einer Kaution mit Blick auf den zu schließenden Versicherungsvertrag üblich oder – bei Fehlen einer üblichen Praxis – sachgerecht war. Der Klägerin diese Kenntnis zu vermitteln, gehörte zu den selbstverständlichen und jedem Versicherungsmakler geläufigen Hauptpflichten der Versicherungsnehmerin. Das setzte aber wiederum voraus, dass sich die Versicherungsnehmerin selbst kundig machte. Das gilt umso mehr, als es sich nach Vortrag der Klägerin bei dem Performance Bond um ein neuartiges Produkt handelte, für dessen Anbahnung und Abschluss es noch keine etablierten Standards gab. Zum anderen war zu klären, ob die Kaution geeignet war, zum Zustandekommen des Versicherungsvertrages, also der Ausstellung der Performance Bonds, beizutragen. Für das Zustandekommen Sorge zu tragen, gehörte wiederum zu den Hauptpflichten der Versicherungsnehmerin.

Nach übereinstimmendem Vortrag beider Parteien stellte die Versicherungsnehmerin dazu aber gar keine Prüfungen an, sondern leitete jeweils erhaltene Schreiben einfach ungeprüft an die Klägerseite weiter.

(2) Die Klägerin hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die den daraus folgenden Vorwurf der wissentlichen Pflichtverletzung der Versicherungsnehmerin infrage stellen können. Im Gegenteil sprechen nach den unstreitigen sonstigen Umständen zusätzlich diverse Anhaltspunkte für eine wissentlich unterlassene Prüfung.

(a) Derartige Anhaltspunkte ergeben sich zunächst aus dem Inhalt der Vollmacht, mit der Herr A. sich gegenüber der Versicherungsnehmerin legitimierte und in der (vermeintlich) die C. O. ihn bevollmächtigte, das Performance Bond in ihrem Namen zu unterzeichnen („to sign the Performance Bond“).

Nach Vortrag der Klägerin handelte es sich bei dem Performance Bond um ein neuartiges Produkt, für dessen Anbahnung und Abschluss es noch keine etablierten Standards gab. Die Versicherungssumme betrug anfänglich immerhin 148 Millionen USD; die Ausstellung eines Performance Bonds war für den Versicherer also mit einem erheblichen Risiko verbunden. Schließlich macht die Klägerin – wenn auch im Kontext der Kautionszahlungen – geltend, dass das Eingehen eines Versicherungsrisikos in dieser Größenordnung sorgfältige Prüfungen durch den Versicherer einschließlich umfangreicher Due Diligence-Maßnahmen erforderte. Dies alles sind Umstände, die hätten erwarten lassen, dass eine Entscheidung über die Ausstellung des Performance Bonds auf Vorstands- oder zumindest gehobener Leitungsebene getroffen würde. Die Erteilung eines „Freibriefs“ an den auch nach dem Wissensstand der Versicherungsnehmerin außerhalb der C. O. stehenden Herrn A. ist insoweit sehr auffällig und zumindest erklärungsbedürftig, was jedem Versicherungsmakler ohne weiteres ins Auge springen musste und deshalb auch der Versicherungsnehmerin bewusst gewesen sein muss.

(b) Anhaltspunkte für eine wissentliche Pflichtverletzung ergeben sich ferner aus der ersten Kautionsanforderung (vermeintlich) durch die C. O. vom 4. Februar 2010. Diese war in mehrfacher Hinsicht auffällig:

(aa) Das entsprechende Schreiben war vermeintlich auf einem Briefbogen der C. O. erstellt. Der Sitz der C. O. ist im Fuß des Schreibens mit „S. C. D. V.“ angegeben. In der Datumszeile oberhalb des Betreffs ist der Ort demgegenüber als „S. C. D. V.“ angegeben. Da zwanglos davon ausgegangen werden kann, dass die Verantwortlichen der C. O. wussten, wie sich der Ort ihres Sitzes schreibt, gab die doppelte Abweichung („d.“ mit einem oder mit zwei „l“, „V.“ mit oder ohne Akzent) Anlass zu einer Überprüfung. Eine derartige Überprüfung, beispielsweise auf der Internetseite der G. C. O. oder bei Google Maps, hätte im Übrigen zu der Erkenntnis geführt, dass beide Schreibweisen falsch waren; richtig heißt der Ort „S. C. d. V.“. Lediglich der Vollständigkeit halber sei insoweit ergänzt, dass eine Recherche auf der Internetseite der G. C. O. auch ergeben hätte, dass die Namen der vermeintlichen Unterzeichner des Schreibens falsch geschrieben waren. Richtigerweise heißen diese J. M. S. F. und F. J. A. L.

(bb) Die Anforderung einer Kaution war zudem für sich genommen erläuterungsbedürftig. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin erschließt sich der Sinn und Zweck dieser Kaution nicht ohne weiteres. Die Klägerin begründet die Kautionsanforderung zum einen damit, dass der Ausstellung des Performance Bonds eine umfangreiche und kostenintensive Prüfung habe vorangehen müssen. Diese Begründung trägt indes nicht. Denn die Kaution sollte für den Fall, dass das Performance Bond nicht zustande kam, vollständig zurückgezahlt werden. Die C. O. hätte daher für ihren – in diesem Fall vergeblichen – Prüfungsaufwand keine Vergütung erhalten, und zwar unabhängig davon, ob eine Kaution gezahlt wurde oder nicht. Gleiches gilt, soweit die Klägerin die Kaution damit begründet, dass eine Anfrage der Klägerin bzw. der R. E. Inc. bei mehreren Versicherern verhindert werden sollte. Auch dieser Zweck hätte nur erreicht werden können, wenn die Kaution zumindest bei einem Abbruch der Verhandlungen durch die Klägerin bzw. die R. E. Inc. verfallen wäre, nicht aber mit einer vollständig rückzahlbaren Kaution.

Dass der Versicherungsnehmerin dies nicht auffiel, lässt sich nur mit einer vollständig unterlassenen Prüfung erklären. Dass darin ein Verstoß gegen Kernpflichten eines zur Anbahnung eines Versicherungsvertrages hinzugezogenen Versicherungsmaklers liegt, ist jedem Angehörigen dieser Berufsgruppe klar.

(cc) Auffällig war auch, dass das Schreiben mit der Kautionsanforderung von der Vorstandsebene der C. O. stammte. Bei der Kautionsanforderung handelte es sich letztlich nur um eine vorbereitende Maßnahme für den beabsichtigten Vertragsschluss. Dass diese vorbereitende Maßnahme unter anderem vom Präsidenten der C. O. unterzeichnet wurde, während für die eigentliche Unterzeichnung des Performance Bonds Herrn A. eine Vollmacht erteilt worden war, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar.

Auch dies kann der Versicherungsnehmerin nur bei einer vollständig unterlassenen Prüfung verborgen geblieben sein. Damit verstieß die Versicherungsnehmerin wiederum gegen die jedem Angehörigen dieser Berufsgruppe bekannten Kernpflichten eines Versicherungsmaklers.

(dd) Entsprechendes gilt für den Umstand, dass die Kaution an einen in Luxemburg ansässigen Treuhänder gezahlt werden sollte. Infrage stellen könnte man bereits, warum die Kaution überhaupt an einen Treuhänder gezahlt werden sollte; die C. O. dürfte über eine ausreichende Seriosität und Liquidität verfügt haben, um eine Kaution selbst zu verwahren. Zumindest war aber erläuterungsbedürftig, warum ein in Luxemburg ansässiger Treuhänder gewählt wurde; es hätte nähergelegen, einen Treuhänder in S., also am Sitz der C. O., einzuschalten.

(c) Anhaltspunkte für eine wissentliche Pflichtverletzung ergeben sich schließlich aus der zweiten Kautionsanforderung vom 21. Dezember 2010. Diese war ebenfalls in mehrfacher Hinsicht auffällig:

(aa) Der für dieses Schreiben verwendete Briefbogen enthielt – anders als bei der ersten Kautionsanforderung vom 4. Februar 2010 – im unteren Teil keinerlei Angaben zur Gesellschaft und damit nicht einmal eine Anschrift des (vermeintlichen) Absenders des Schreibens. Dies ist zumindest im geschäftlichen Schriftverkehr äußerst ungewöhnlich.

(bb) Das Schreiben enthielt nur eine Unterschrift; im Vergleich zu dem Schreiben vom 4. Februar 2010 fehlte die des Präsidenten S. F. Zwar mag eine weitere Unterschrift auf diesem Schreiben grundsätzlich entbehrlich gewesen sein. Die abweichende Handhabung gegenüber dem (vermeintlich) auch vom Präsidenten der C. O. unterzeichneten Schreiben vom 4. Februar 2010 war aber jedenfalls auffällig.

(cc) Der Betreff des Schreibens vom 21. Dezember 2010 lautet „New Performance Bond – B. E. Group“. Was eine B. E. Group mit dem von der Versicherungsnehmerin anzubahnenden Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin bzw. der R. E. Inc. und der C. O. zu tun hatte, erschließt sich nicht und hätte der Versicherungsnehmerin Anlass zu weiteren Erkundigungen geben müssen.

(dd) Erläuterungsbedürftig war auch, warum für diese Kautionszahlung nunmehr eine Rechtsanwältin in Portugal als Treuhänderin fungieren sollte. Einen einleuchtenden Grund für die Einbeziehung einer weiteren Person aus einem weiteren Land, zu dem die Beteiligten in keiner Beziehung standen, gab es nicht.

(ee) Auch diese Umstände konnten der Versicherungsnehmerin nur entgehen, weil sie – bewusst – entgegen der ihr bekannten Pflicht eines Versicherungsmaklers insgesamt von jeder Prüfung absah und ihre Mitwirkung tatsächlich auf die Stellung einer bloßen Übermittlungsbotin reduzierte.

(3) Soweit die Klägerin beanstandet, das Landgericht habe ihren Beweisantritt dazu übergangen, dass der Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin kein Pflichtbewusstsein und kein Pflichtverletzungsbewusstsein gehabt habe, ist dem nicht zu folgen. Denn ausgehend von der Annahme einer Kardinalpflichtverletzung hätte es der Klägerin zunächst oblegen, Tatsachen vorzutragen, die die Gründe für den Pflichtenverstoß nachvollziehbar machten. Daran fehlt es.

Im Übrigen ist die Tatsache, dass die Versicherungsnehmerin sämtliche Schriftstücke ungeprüft weiterleitete, unstreitig.

cc) Soweit die Klägerin meint, die Beklagte sei unter dem Gesichtspunkt eines Rechtsmissbrauchs gehindert, sich auf den Ausschlussgrund der wissentlichen Pflichtverletzung zu berufen, kann dem nicht gefolgt werden.

Selbst wenn die Beklagte – was die Klägerin zwar behauptet und unter Beweis gestellt, aber nicht näher substantiiert hat – maßgeblichen Einfluss auf die Prozessführung im Haftpflichtprozess genommen hätte, wäre sie nicht gehindert, im vorliegenden Rechtsstreit anders vorzutragen als die Versicherungsnehmerin im Haftpflichtprozess. Das gilt umso mehr, als die Beklagte gegenüber der Versicherungsnehmerin von Anfang an, etwa mit Schreiben vom 19. Juni 2012 (Anlage B 2, Bl. 76 f. d. A.), die Möglichkeit eines Leistungsausschlusses wegen wissentlicher Pflichtverletzung in den Raum stellte. Wäre die Beklagte danach nicht gehindert gewesen, sich in einem Deckungsprozess der Versicherungsnehmerin auf diesen Leistungsausschluss zu berufen, ist sie damit auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht ausgeschlossen.

2. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und auf Zahlung von Zinsen zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

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