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Kfz-Kaskoversicherung – Verletzung Aufklärungs­obliegenheit bei Verkehrsunfallflucht

LG Bielefeld – Az.: 6 O 283/15 – Urteil vom 07.11.2017

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.750,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 31.03.2015 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 376,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2015 freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 27% und die Beklagte 73%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht als Rechtsnachfolgerin Ansprüche aus einer Vollkaskoversicherung gegen die Beklagte geltend. Der Rechtsvorgänger der Klägerin unterhielt seit dem Jahr 2008 bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung zu der Versicherungsschein-Nr. xxx mit einer Selbstbeteiligung in Höhe von 300,00 Euro, aus der nun wegen eines Verkehrsunfalls vom 02.12.2014 in I. Ansprüche gegen die beklagte Versicherung geltend gemacht werden. Daneben bestand eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.

Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung der Beklagten in der Fassung vom 01.07.2008 zu Grunde.

Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlagen zur Klageschrift gereichten Vertragsunterlagen sowie die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) der Beklagten Bezug genommen (Anlage A1 und A2).

Am 02.12.2014 gegen 12.00 Uhr verursachte der Rechtsvorgänger der Klägerin einen Verkehrsunfall auf der Straße B. in 32052 I.. Er fuhr mit dem bei der Beklagten versicherten Pkw BMW mit dem amtlichen Kennzeichen xxxx gegen einen geparkten Pkw Renault Clio der Geschädigten G. mit dem amtlichen Kennzeichen xxx, der an der Straße am B. in I. abgestellt worden war.

Die verständigte Polizei suchte gemäß den Angaben in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bielefeld zum Az. xxx gegen 11.45 Uhr den Rechtsvorgänger der Klägerin auf, der zugab, den Unfall verursacht zu haben.

Das AG Herford verurteilte ihn daraufhin mit Strafbefehl vom 12.03.2015 wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60,00 Euro.

Nach dem Unfall gab die Beklagte ein Sachverständigengutachten in Auftrag, um den Schaden am Pkw BMW mit dem amtlichen Kennzeichen xxx zu ermitteln. Das beauftragte Sachverständigenbüro V. kam zu dem Ergebnis, dass die Bruttoreparaturkosten für den Austausch des beschädigten Lenkgetriebes bei 4.657,40 Euro brutto lagen. Auf das als Anlage A4 zur Akte gereichte Gutachten des Sachverständigenbüros V. wird Bezug genommen.

Bei dem Pkw des Rechtsvorgängers der Klägerin erfolgte eine Reparatur, bei der das Lenkgetriebe ausgetauscht wurde. Trotz Reparatur kam es zu Fehlermeldungen am Pkw des Rechtsvorgängers der Klägerin, weswegen er eine weitere Stellungnahme eines Sachverständigen einholte.

In der Stellungnahme des Sachverständigen C. vom 04.03.2015 hieß es, dass neben dem Lenkgetriebe auch die Lenksäule als schadensbedingtes Ersatzteil ausgetauscht werden müsse. Auf die als Anlage A5 zur Akte gereichten Stellungnahme des Sachverständigen C. wird Bezug genommen.

Im März 2015 ließ der Rechtsvorgänger der Klägerin seinen Pkw erneut reparieren, wobei nun die Lenksäule ausgetauscht wurde. Die Reparaturkosten beliefen sich damit insgesamt auf 7.525,49 Euro.

Mit Schreiben vom 20.03.2015 unter Fristsetzung zum 30.03.2015 forderte der Prozessbevollmächtigte des Rechtsvorgängers der Klägerin die Beklagte auf, die Reparaturkosten in Höhe von 7.525,49 Euro zu begleichen, was die Beklagte mit Schreiben vom 11.05.2015 endgültig ablehnte.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Begleichung der Reparaturkosten in Höhe von 7.525,49 Euro abzüglich der 300,00 Euro vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung.

Demgegenüber beglich die Beklagte den Schaden der durch den Unfall Geschädigten G. in Höhe von insgesamt 2.011,17 Euro. Diesen Betrag forderte die Beklagte mit Schreiben vom 17.07.2015 unter Fristsetzung zum 31.07.2015 von der Klägerin erfolglos ein.

Die Klägerin behauptet, dass der Unfall am 02.12.2014 gegen 12.00 Uhr aus einer Unachtsamkeit heraus passiert sei. Der Rechtsvorgänger der Klägerin sei ca. eine halbe Stunde an der Unfallstelle verblieben, um auf die Geschädigte T. G. zu warten. Dabei sei er von einer Nachbarin beobachtet worden. Er sei dann zu sich nach Hause gefahren, um der Geschädigten einen Zettel mit seinen Kontaktdaten schreiben zu können. Gegen 13.20 Uhr sei dann die Polizei bei ihm eingetroffen, um ihm mit dem Tatvorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu konfrontieren.

Neben dem -unbestrittenen – Schaden am Lenkgetriebe, dessen Reparatur -ebenfalls unstreitig – 5.050,66 Euro brutto kostete, sei auch der Austausch der Lenksäule erforderlich, die aufgrund des Unfalls beschädigt sei.

Sie ist der Ansicht, dass das Verlassen des Unfallortes und die ausgefüllte Schadensanzeige nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten führe.

Die Klägerin beantragt,

1.  Die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.225,49 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.050,66 Euro ab dem 31.03.2015 sowie aus 1.824,17 Euro ab dem 05.05.2015 zu zahlen.

2.  Die Beklagte weiter zu verurteilen, sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 376, 52 Euro nebst Zinsen in Höhe vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2015 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte, die Klägerin zu verurteilen, an sie 2.011,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2015 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Unfallhergang mit Nichtwissen. Die Lenksäule sei nicht beschädigt worden, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen V. ergebe.

Die Beklagte meint, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin gezielt und arglistig eine unvollständige Schadensanzeige an die Beklagte übermittelt habe, was zur Leistungsfreiheit der Beklagten führe. Gemäß E. 8.2 AKB sei es irrelevant, ob die Aufklärungspflichtverletzung kausal gewesen sei.

Der Anspruch in Höhe von 2.011,17 Euro bestehe, weil die Beklagte gemäß E.8.3 AKB bis zu einem Betrag in Höhe von 2.500,00 Euro leistungsfrei sei, sodass sie den Schaden der Geschädigten G. nicht hätte regulieren müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 13.04.2016 (Bl. 113 d.A.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen S. vom 28.02.2017 sowie auf das Sitzungsprotokoll betreffend die mündliche Anhörung des Sachverständigen vom 26.09.2017 (Bl. 182ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bielefeld – Az. xxxx – ist vom Gericht  beigezogen worden. Auf den Inhalt der Ermittlungsakte wird verwiesen.

Die Klageschrift ist der Beklagten am 15.07.2015 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die zulässige Widerklage ist hingegen unbegründet.

I.

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1) teilweise begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch in Höhe von 4.750,66 Euro aus A.2.7. AKB, § 1922 BGB.

a) Unstreitig ist der Pkw der Klägerin am Lenkgetriebe aufgrund des Geschehens am 02.12.2014 beschädigt worden. Es handelte sich dabei um einen Unfall nach A.2.3.3.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht jedoch nicht davon überzeugt, dass das Unfallereignis vom 02.12.2014 zu einer Beschädigung der Lenksäule des Pkws der Klägerin führte.

Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen S. – die in Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen V. stehen – auch in Anbetracht der Einwendungen der Klägerin sowie der entgegenstehenden Stellungnahme des Sachverständigen C.. Der Sachverständige S. führt in seinem schriftlichen Gutachten aus, dass es wahrscheinlich ist, dass die Lenksäuleneinheit des Pkw der Klägerin schon vor dem Unfallereignis vom 02.12.2014 einen Defekt aufwies und erst durch die aufgrund des Unfalls stattgefundene Reparatur bemerkt wurde.

Die vom Sachverständigen S. für seine Schlussfolgerung angeführten Umstände überzeugen. Der Sachverständige setzt sich mit den vorangegangenen Sachverständigengutachten der Sachverständigen V. und C. auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass zunächst keine Fehlercodes, die die Lenksäule betreffen, vom Sachverständigen V. gefunden wurden, während der Sachverständige C. Fehlercodes im Boardcomputer dokumentierte. Dies erscheint dem Sachverständigen S. auch plausibel, da nach dem Austausch des Lenkgetriebes die Toleranzpaarung der Bauteile so beeinflusst worden sein kann, dass der schon vorher wahrscheinlich vorhandene Defekt zu Tage trat.

Das schriftliche Gutachten wurde vom Sachverständigen S. in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2017 ergänzend erläutert. Der Sachverständige S. stellte im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dar, dass am Fahrzeugmodell der Klägerin „klebende“ Lenkungen auftreten können, dass dieses Problem dem Hersteller BMW bekannt ist und sich auch im Internet auf entsprechenden Foren Betroffene über die „klebenden“ Lenkungen an ihren Pkw des Herstellers BMW austauschen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen S. handelt es sich bei der defekten Lenksäule um ein Problem, welches schon beim Zulieferer entstanden ist.

Das Gericht hat keine Veranlassung, der Einschätzung des Sachverständigen S. nicht zu folgen.

Das Sachverständigengutachten ist frei von Mängeln, in sich schlüssig und weist zudem keine inhaltlichen Widersprüche auf. Es bestehen zudem keine Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen. Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Sachverständige von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist.

c) Der Anspruch der Klägerin ist nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung ausgeschlossen, weil es der Klägerin nicht verwehrt ist, sich auf den Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 VVG i.V.m. E.8.2 AKB zu berufen.

aa) Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nach E.1.6. liegt vor. Nach E.1.6. ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bei der Aufklärung des Schadensfalles mitzuwirken. Dazu gehören vor allem die Abgabe einer vollständigen Schadensanzeige und das Unterlassen, sich nach einem Unfall vom Unfallort zu entfernen. Der Rechtsvorgänger der Klägerin hat ausweislich der zur Akte gereichten Anlage B1 die Frage, ob der Fahrer am Unfallort verblieb, nicht ausgefüllt und damit eine unvollständige Schadensanzeige abgegeben. Dies geschah auch vorsätzlich. Denn das Feld zum Verbleiben am Unfallort ist nicht einfach unbeantwortet geblieben, sodass von einem Übersehen des Feldes im Formular ausgegangen werden könnte. Vielmehr hat der Rechtsvorgänger der Klägerin das auszufüllende Feld aktiv durchgestrichen und so wissentlich eine ordnungsgemäße Beantwortung der Frage unterlassen. Es liegt daneben auch ein unberechtigtes Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB vor. Auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerseite, der Rechtsvorgänger der Klägerin habe nach Hause fahren wollen, um der Geschädigten G. einen Zettel schreiben zu können, entlastet ihn nicht vom Tatvorwurf des § 142 StGB. Auch bei Unterstellung der Richtigkeit des klägerischen Vortrages hat der Rechtsvorgänger den Tatbestand des § 142 StGB durch das Verlassen des Unfallortes verwirklicht.

bb) Die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung entbindet die Beklagte jedoch nicht von ihrer Leistungspflicht. Gem. E.8.2. bleibt die Leistungspflicht der Beklagten bestehen, soweit der Versicherungsnehmer nicht arglistig handelte und er nachweisen kann, dass die Pflichtverletzung nicht weder für den Eintritt der Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich war. So liegt der Fall hier. Es liegt kein arglistiges Handeln vor. Eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Dies muss im Wege einer einzelfallbezogenen Betrachtung des Handelns des Versicherungsnehmers geprüft werden und insbesondere darauf geachtet werden, dass es für die Beurteilung des Handelns des Versicherungsnehmers allein auf den Zeitpunkt ankommt, in dem dieser die Obliegenheit verletzt, hier also die Zeit, zu der der Rechtsvorgänger der Klägerin seiner Pflicht aus § 142 Abs. 2 StGB noch hätte nachkommen können (BGH, Urteil vom 21. 11. 2012 – IV ZR 97/11 – VersR 2013, 175 = r+s 2013, 61). Dafür ist die gerichtliche Überzeugung erforderlich, dass der Versicherungsnehmer sich zu dem Zeitpunkt, zu dem er seine Pflichten nach § 142 StGB erfüllen musste, bewusst der im Interesse des Versicherers liegenden Feststellungen entzogen hat. Die allgemeine Annahme, dass bei jedem Verkehrsunfall, bei dem sich der Fahrer von der Unfallstelle entfernt oder nachträgliche Feststellungen nicht ermöglicht, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrers spricht, ist zu weitgehend. Je nach den Umständen des Einzelfalles muss berücksichtigt werden, welche Anhaltspunkte für oder gegen eine solche Annahme sprechen (Heß/Höke in: Beckmann/Matusche-Beckmann, VersRechts-Handbuch, 3. Aufl., § 29 Rdn. 323; OLG Saarbrücken, Urteil vom 01.02.207 – 5 U 26/16, r+s 2017, 470, beck-online).

Solche Umstände des Einzelfalles, die den Schluss rechtfertigen, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin bewusst gegen die Interessen der Beklagten handelte, liegen nicht vor. Der Rechtsvorgänger der Klägerin entfernte sich zwar unerlaubt vom Unfallort. Es spricht aber nichts dafür, dass diese Handlung darauf beruhte, die Beklagte zu schädigen. Die vom Gericht beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bielefeld zum Az. xxxx enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin alkoholisiert war oder unter Medikamenteneinfluss stand. Auf Bl. 1 der beigezogenen Ermittlungsakte wird von der Polizei vielmehr angegeben, dass eine augenscheinliche Verkehrstüchtigkeit vorlag. Aufgrund der geringen Zeitspanne von etwa zwei Stunden zwischen Unfallgeschehen und Einlassung bei der Polizei hätte bei vorliegenden Anzeichen einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit durch Ermittlung der BAK und eine entsprechende Rückrechnung die BAK zum Zeitpunkt der Unfalls ermittelt werden können, wozu die Polizeibeamten vor Ort jedoch keinerlei Veranlassung sahen. Der Rechtsvorgänger der Klägerin ließ sich zudem sofort vor Ort bei der Polizei ein und deckte so seine Fahrereigenschaft und sein Verlassen des Unfallortes selbst auf.

Die Klägerin kann zur Überzeugung des Gerichts den Kausalitätsgegenbeweis führen. Die Pflichtverletzung hat sich nicht kausal auf den Eintritt oder die Feststellungen des Versicherungsfalles ausgewirkt.

Der Eintritt des Versicherungsfalles – der Zusammenstoß der Pkw – entstand zeitlich schon vor der Pflichtverletzung und wirkte sich auf den Schadeneintritt schon nicht aus. Denn kausal ist eine Handlung dann, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Schadenseintritt entfiele (conditio-sine-qua-non). Auch beim Verbleib des Rechtsvorgängers der Klägerin am Unfallort hätte dies keinen Einfluss auf den Unfallhergang gehabt.

Auch für die Feststellung des Versicherungsfalles besteht keine Ursächlichkeit. Denn der Rechtsvorgänger legte seine Fahrereigenschaft vor Ort bei der Polizei offen, was er in der Schadensanzeige noch einmal wiederholte. Es hätten keine weitergehenden Feststellungen getroffen werden könnten, hatte er den Unfallort nicht verlassen. Auch das vollständige Ausfüllen der Unfallanzeige hätte der Beklagten keine Feststellungsvorteile gebracht. Denn weder die Identität des Fahrers oder sein Verursachungsbeitrag sind in irgendeiner Weise unklar geblieben.

Die Pflichtverletzung war ebenfalls für den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten nicht ursächlich. Denn es liegen keine Umstände vor, die auf eine Leistungsfreiheit der Beklagten hindeuten. Allein der Umstand eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort stellt kein Indiz für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit dar (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 01.02.2017 – 5 U 26/16).

d) Die Höhe des Anspruchs beträgt 4.750,66 Euro. Die Reparatur des Lenkgetriebes kostete unstreitig 5.050,66 Euro brutto, wovon vertragsgemäß die 300,00 Euro Selbstbeteiligung in Abzug zu bringen sind.

2.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB seit dem 31.03.2015.

II.

Der Klageantrag zu 2) ist begründet.

1.

Der Klägerin steht aus Schadensersatzgesichtspunkten gem. § 280 Abs. 1 BGB die Freistellung von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 376,52 Euro zu. Rechtsanwaltskosten gegen die eigene Kaskoversicherung sind zu ersetzen, wenn die Beauftragung des Prozessbevollmächtigen dazu diente, die Aufwendungen zur Wiederherstellung einer zerstörten Sache geltend zu machen (BGH, Urteil vom 18. 01. 2005 – VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112, beck-online).

2.

Der Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Widerklage ist unbegründet. Die Beklagte kann sich nicht auf Leistungsfreiheit gem. E.8.3. berufen, da kein arglistiges Handeln nach E.8.2. vorliegt, wie unter I.1.b)bb) bereits festgestellt. Damit war sie verpflichtet den Schaden der Geschädigten G. in Höhe von 2011,07 Euro auszugleichen.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

V. Der Streitwert wird auf 9.236,56 Euro festgesetzt, § 45 Abs. 1 GKG.

 

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