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Verkehrsunfallflucht eines Versicherungsnehmers – Regress der Kfz-Haftpflichtversicherung und Kausalitätsgegenbeweis

LG Hechingen, Az.: 3 S 24/17

Urteil vom 11.10.2017

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Balingen vom 07.04.2017, Az. 3 C 493/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Balingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.000,00 €

Gründe

I.

Der Tatbestand entfällt: §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Bekl. auf Regress verneint.

Zwar verstieß die Beklagte gegen ihre Aufklärungsobliegenheit E 1.3. indem sie den Unfallort verlassen hat, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Verkehrsunfallflucht eines Versicherungsnehmers - Regress der Kfz-Haftpflichtversicherung und Kausalitätsgegenbeweis
Symbolfoto: misuma/Bigstock

Das führt aber nicht dazu, dass die von der Klägerin geltend gemachte Regressforderung besteht. Denn die Beklagte hat den Nachweis der Nichtkausalität gem. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG erbracht. Es steht nämlich zwischen den Parteien außer Streit, dass die Pflichtverletzung für die Feststellung des Versicherungsfalls nicht ursächlich war. Insbesondere konnten Feststellungen dazu getroffen werden, dass die Versicherungsnehmerin Fahrerin war und bei dem Unfall nicht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, was zu einem Verlust des Versicherungsschutzes hätte führen können.

Der Nachweis der Nichtkausalität war der Beklagten auch nicht aufgrund eines arglistigen Verhaltens verwehrt. Eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2009 – IV ZR 62/07, VersR 2009, 968 Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. November 2012 – IV ZR 97/11 Rn. 29, juris). Die Kammer schließt sich der Auffassung an, nach welcher ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nicht ohne weiteres ein arglistiges Verhalten darstellt (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2016, 922; LG Karlsruhe DAR 2017, 468-470). Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, damit stets einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, gibt es nicht (LG Duisburg, Urteil vom 15. März 2013 – 7 S 104/12 m.w.N.).

Die generelle Annahme von Arglist liegt bereits deswegen nicht nahe, weil der Unfallflüchtige in den wenigen Sekunden, die für die Verwirklichung der Obliegenheitsverletzung (Anhalten oder Weiterfahren) zur Verfügung stehen, sich regelmäßig keine konkrete Gedanken darüber machen wird, ob sein Verhalten seiner Versicherung schadet. Dies gilt umso mehr, wenn er bis zum Zeitpunkt der Unfallflucht keine für seinen Versicherungsschutz nachteiligen Umstände zu verschleiern hat. So liegt der Fall hier: Es sind von der Klägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen noch sind solche ersichtlich, die darauf hindeuten, dass die Beklagte durch ihre Flucht Umstände verschleiern wollte, die der Klägerin Möglichkeiten des Regresses geben könnten. Allein an das vorsätzliche Entfernen vom Unfallort kann die Feststellung, dass die Klägerin sich gegen die Interessen ihrer Versicherung wenden wollte, nicht geknüpft werden. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, welchen anderen Verlauf die Regulierung voraussichtlich genommen hätte, wenn die Bekl. die Feststellungen am Unfallort sofort ermöglich hätte.

Aufgrund des Gegenbeweises scheidet ein Regressanspruch aus.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruht auf § § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

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