Wenn ein Mensch einen Unfall erleiden muss, dann sind die Folgen nicht selten äußerst weitreichend. Neben den körperlichen Verletzungen können auch finanzielle Schwierigkeiten entstehen, da der Mensch in der Zeit der unfallbedingten Verletzung ja außer Stande ist, seiner Arbeitstätigkeit und damit der Erwerbsgenerierung nachzugehen. Um die finanziellen Folgen abzumildern gilt in Deutschland ausdrücklich das Lohnfortzahlungsgesetz im Krankheitsfall.
Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber die Verpflichtung innehat, den Arbeitnehmer auch im Krankheitsfall für einen Zeitraum von maximal sechs Wochen das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Der Arbeitnehmer kann in dieser Zeit seine Krankheit respektive die Verletzung auskurieren und anschließend weiter seiner Arbeit nachkommen. Für angestellte Arbeitnehmer ist dies ein wahrer Segen, doch Selbstständige haben dieses Privileg nicht inne. Bei der selbstständigen Arbeit entsteht der Anspruch auf Lohn nur dann, wenn zuvor eine Dienstleistung oder Arbeitsleistung erbracht wurde.
Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass – wenn ein Selbstständiger nicht arbeiten kann – auch kein Umsatz erzielt werden kann.
Der Schaden entsteht durch das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber
Wenn ein Unfall entsteht und ein Unfallverursacher schuldhaft handelte, dann besteht für den Unfallverursacher die Verpflichtung des Schadensersatzes. Für angestellte Arbeitnehmer bedeutet dies, dass durch die Heilungskosten kein finanzieller Schaden entstehen kann. Auch im Hinblick auf den Arbeitslohn ist der Arbeitnehmer selbst rechtlich nicht als Geschädigter anzusehen, da er sein Gehalt für sechs Wochen weiter beziehen kann.
In einer derartigen Fallkonstellation ist der Geschädigte der Arbeitgeber, da dieser den Lohn trotz der ausbleibenden Arbeitsleistung des Arbeitnehmers weiter zahlen muss. Der Arbeitgeber muss dementsprechend einen Nachweis über den entstandenen Schaden bei dem Versicherungsgeber des Unfallverursachers einreichen. Die „AU“, also der vielberühmte „gelbe Schein“ des Arbeitnehmers ist hierfür Beweis genug.
Bei Selbstständigen ist der Sachverhalt erheblich komplizierter
Anders als bei angestellten Arbeitnehmern kennen Selbstständige keine Lohnfortzahlung, welche zur Berechnung der Schadengrundlage dienlich zurate gezogen werden kann. Der Selbstständige ist somit auch rechtlich gesehen im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall als Geschädigter anzusehen, allerdings ist die Vorlage der AU in diesem Fall nicht ausreichend. Dies rührt daher, dass die AU dem Grunde nach lediglich die Arbeitsunfähigkeit des Selbstständigen attestiert. Die Höhe des konkret erlittenen Schadens, den der Selbstständige durch den Unfall erlitten hat, wird jedoch durch die AU nicht attestiert. Rechtlich gesehen ist dementsprechend der entstandene Schaden nicht bewiesen, da der Selbstständige durch eine spätere Mehrarbeit in der Theorie zumindest den finanziellen Ausfall ausgleichen kann. In einem derartigen Fall hätte der Selbstständige durch den Unfall überhaupt keinen finanziellen Schaden erlitten und dementsprechend auch keinen Anspruch auf einen Verdienstausfall bzw. Schadenersatz.
Die erhöhten Beweisanforderungen im Falle von Selbstständigen sind in der Vergangenheit bereits häufiger in gerichtlichen Auseinandersetzungen thematisiert wurden. Das OLG München hat sich mit einem äußerst repräsentativen Fall auseinandersetzen müssen, in dem ein Selbstständiger seine vermeintlichen Einnahmeeinbußen durch die reine Vorlage der AU beweisen wollte. Der Selbstständige, welcher im Bereich der Telekommunikation tätig ist, behauptete, dass er aufgrund einer durch einen Unfall entstandenen Prellung des Beines seiner selbstständigen Tätigkeit nicht nachgehen konnte und aus diesem Grund auch Einnahmeeinbußen hatte. Das OLG München folgte der Argumentation des Selbstständigen jedoch nicht, da im Verlauf des Prozesses auch bekannt geworden ist, dass der Selbstständige trotz der unfallbedingten Prellung am Bein noch in der Lage gewesen ist, rund 2000 Kilometer mit dem eigenen Auto zurückzulegen. Dementsprechend wäre eine reine telefonische selbstständige Tätigkeit laut Ansicht des Gerichts ebenfalls zumutbar gewesen, sodass der Unfallverursacher keine Pflicht zum Ersatz der Verdienstausfälle hat. Vielmehr sah das Gericht den Verdienstausfall des Selbstständigen als selbstverschuldet an und wies die Klage des Selbstständigen zurück.
Der kausale Zusammenhang der unfallbedingten Verletzungen mit der selbstständigen Tätigkeit ist für die Beweisführung in einem Verdienstausfallprozess überaus entscheidend. Ein selbstständiger Texter, der sich aufgrund eines Verkehrsunfalls beide Hände gebrochen hat, wird keine Probleme bei der Beweisführung haben und dementsprechend Verdienstausfall gegenüber dem Unfallverursacher geltend machen können.
Die Bemessung des Verdienstausfalls
Für Selbstständige gibt es die Möglichkeit, den entstandenen Verdienstausfall auf der Grundlage von
- Sachverständigengutachten
- Ersatzkraftkosten
berechnen zu lassen. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass zunächst zwischen dem abstrakten Verdienstausfall sowie dem konkreten Verdienstausfall unterschieden werden muss. Der abstrakte Verdienstausfall bezeichnet dabei die Prognose des entstandenen Verdienstes bei einer normal ausgeführten Arbeitstätigkeit des Selbstständigen ohne das Unfallereignis. Diese Art der „Berechnung“ bezieht sich dabei auf die wahrscheinliche Höhe des entstandenen Verdienstes während hingegen der konkrete Verdienstausfall den tatsächlich entstandenen Verdienstausfall beziffert. Für den konkreten Verdienstausfall können entstandene Kosten für das Engagement einer Ersatzkraft oder ein nachweisbarer Wert von bereits vorliegenden Aufträgen des Selbstständigen herangezogen werden.
Ein Selbstständiger muss sich definitiv zunächst im Vorwege dafür entscheiden, welche Art der Verdienstausfallberechnung gewünscht wird. Beide Varianten gleichzeitig zur Berechnung des Verdienstausfalls geltend zu machen ist rechtlich nicht zulässig. Vielmehr ist es jedoch durchaus rechtlich zulässig, die beiden Berechnungsformen in das sogenannte Haupt- sowie Hilfsvorbringen in ein entsprechendes Verhältnis zueinander zu stellen.
Sollte es zu einem gerichtlichen Verfahren kommen sind zunächst die §§ 252 Bürgerliches Gesetzbuch sowie 287 Zivilprozessordnung von entscheidender Bedeutung. Der Selbstständige als Geschädigter muss in dem Gerichtsverfahren so konkret wie möglich Anhaltspunkte dafür liefern, dass die Prognose der Höhe des Verdienstausfalls erstellt werden kann. Das Gericht darf jedoch keine überhöhten Anforderungen an den Selbstständigen stellen. Vielmehr wird in dem Verfahren dann auch eine Prüfung erfolgen, inwieweit der „Betrieb“ des Selbstständigen eine Entwicklung ohne den vorausgegangenen Unfall genommen hätte und welche Rahmenbedingungen für den gewohnten Ablauf der Auftragsbearbeitung bzw. der Umsatzgenerierung vorhanden sein müssen. Dies ist stets als Einzelfallprüfung anzusehen.
Die persönlich von dem Geschädigten vorgebrachten spekulativen Prognosen sowie Einschätzungen im Hinblick auf die Umsatzgenerierung der Zukunft sowie der zukünftigen Entwicklung des „Betriebes“ können von dem Gericht nicht berücksichtigt werden.
Wenn der Selbstständige als Geschädigter einen Verdienstausfall nachträglich zugesprochen bekommt und dementsprechend eine Versteuerungspflicht eintritt, so besteht für den Unfallverursacher auch die Verpflichtung zum Ausgleich der steuerlichen Zahlungen.
Den Verdienstausfall eines Selbstständigen im Zuge eines Verkehrsunfalls geltend zu machen ist in der Regel ausschließlich auf dem gerichtlichen Wege möglich. Zwar ist es wünschenswert, dass der Unfallverursacher direkt vor Ort gegenüber der Polizei sein Verschulden zugibt, doch sieht die Realität bedauerlicherweise nur zu häufig anders aus.
Die Polizei sollte in einem derartigen Unfall immer zurate gezogen werden. Zwar gibt es Bundesländer, in denen die Polizei bei einem simplen Verkehrsunfall nicht mehr ausrückt, doch ist sie bundesweit im Fall eines Personenschadens dazu verpflichtet. Das Polizeiprotokoll hat in einem späteren Gerichtsverfahren eine wichtige Beweisfunktion.
Es ist auf jeden Fall ratsam, dass sich der Selbstständige als Geschädigter einen anwaltlichen Beistand für die Durchsetzung der Ansprüche auf dem gerichtlichen Weg sucht. Da die Bemessung des Verdienstausfalls eine überaus komplexe Angelegenheit ist und überdies auch die Beweispflicht bei dem Geschädigten liegt raten wir daher stets dazu, erst einmal eine ausführliche anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Hierfür sollte nicht irgendein Rechtsanwalt zurate gezogen werden, da die Erfolgsaussichten im Einzelfall auch von der anwaltlichen Fachkompetenz sowie dessen Erfahrung abhängig gemacht werden müssen. Wir sind eine überaus erfahrene Rechtsanwaltskanzlei und haben ein sehr großes Team an Fachanwälten, welche sich sehr gern Ihres Falles annehmen. Selbstverständlich übernehmen wir im Fall einer Mandatierung zunächst erst einmal die Kommunikation mit dem Unfallverursacher und versuchen, die Angelegenheit außergerichtlich in Ihrem Sinne beizulegen. Sollte dies keinen Erfolg mit sich bringen übernehmen wir selbstverständlich auch sehr gern die anwaltliche Vertretung in dem erforderlichen Gerichtsverfahren, um Ihre Ansprüche auf diesem Wege für Sie durchzusetzen. Kontaktieren Sie uns einfach und vereinbaren Sie mit uns einen Termin.