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Verkehrsunfall – Regresshaftung Fahrzeugführer bei fehlender Fahrerlaubnis

Fahren ohne Führerschein: Versicherer erfolgreich im Regressstreit

Verkehrsunfälle gehören leider oft zum Alltag. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die den Hergang und die Folgen eines Unfalls beeinflussen können. Eine besondere Situation ergibt sich, wenn der beteiligte Fahrzeugführer nicht über eine gültige Fahrerlaubnis verfügt. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Fahrzeughalter, respektive dessen Versicherung, dennoch für Schäden aufkommen muss. Das Thema der Regresshaftung ist komplex und bedarf einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall dazu näher beleuchtet.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 C 448/22 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Der Beklagte haftet als Fahrzeugführer ohne gültige Fahrerlaubnis für den Verkehrsunfall und die daraus entstandenen Schäden.
  2. Die fehlende Fahrerlaubnis stellt eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung dar, weshalb die Klägerin (Versicherung) nicht von der Leistungspflicht befreit ist.
  3. Die Klägerin kann 30% des Schadens im Wege des Regresses vom Beklagten verlangen, da auch das Verhalten des Unfallgegners (überhöhte Geschwindigkeit) für den Unfall mitursächlich war.
  4. Der Beklagte hat gegen die doppelte Rückschaupflicht vor dem Abbiegevorgang verstoßen, was ihm als Mitverschulden anzulasten ist.
  5. Das Gericht konnte keine Verletzung der Blinkerpflicht durch den Beklagten feststellen.
  6. Der Unfallgegner war mit überhöhter Geschwindigkeit (105 km/h statt 100 km/h) unterwegs und hat gegen weitere Verhaltensregeln verstoßen.
  7. Die Höhe des Regressanspruchs beträgt aufgrund der Mitverschuldensquote 5.000 EUR nebst Zinsen.

➜ Der Fall im Detail


Verkehrsunfall mit ungültiger Fahrerlaubnis führt zu Regressstreit

Der Sachverhalt des Urteils geht auf einen Verkehrsunfall im Jahr 2018 zurück. Der Beklagte, mitversichert in der Kfz-Haftpflichtversicherung des Klägers, verursachte einen Unfall beim Linksabbiegen, während er die vorausfahrende Fahrzeugkolonne überholte. Knackpunkt des Falles: Der Beklagte besaß zum Unfallzeitpunkt keine gültige Fahrerlaubnis für Deutschland. Die Kaskoversicherung des Unfallgegners übernahm den Schaden und forderte anschließend Regress von der Klägerin (Versicherung). Diese wiederum nahm den Beklagten in Regress und forderte 5.000 Euro.

Streitpunkte: Kausalität, Obliegenheitsverletzung und Mitverschulden

Der Beklagte argumentierte, die fehlende Fahrerlaubnis habe keine Auswirkung auf den Unfallhergang gehabt und das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis sei lediglich fahrlässig gewesen. Zudem trug er vor, dass der Unfallgegner mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei und damit ein Mitverschulden trage.

Entscheidung: Regressanspruch der Versicherung begründet

Das Amtsgericht Lörrach gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 5.000 Euro nebst Zinsen. Das Gericht stellte fest, dass die fehlende Fahrerlaubnis eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung darstellte, da der Beklagte sich keine Gedanken über die Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis gemacht hatte. Dies schließe die Leistungsfreiheit der Versicherung nicht aus.

Haftungsquote und Höhe des Regressanspruchs

Zwar wurde dem Beklagten ein Mitverschulden des Unfallgegners zugestanden, da dieser mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr und gegen Überholverbote verstieß. Dennoch blieb die Betriebsgefahr des Beklagten aufgrund der Missachtung der Rückschaupflicht relevant. Das Gericht setzte die Haftungsquote auf 30/70 zu Lasten des Unfallgegners fest. Von den entstandenen 23.125 Euro Schaden konnte die Versicherung somit 30% (6.847,50 Euro) im Wege des Regresses zurückfordern. Durch die Quotelung der grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung (20% Eigenanteil der Versicherung) und die Deckelung des Regressanspruchs nach KfzPflVV ergab sich schlussendlich ein Betrag von 5.000 Euro.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter Regresshaftung im Kontext von Kfz-Unfällen?

Regresshaftung im Kontext von Kfz-Unfällen bedeutet, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung nach der Regulierung eines Unfallschadens die Möglichkeit hat, die geleisteten Zahlungen vom Versicherungsnehmer zurückzufordern. Dies geschieht, wenn der Versicherungsnehmer gegen vertragliche Pflichten (Obliegenheiten) verstoßen hat.

Ein häufiger Fall ist das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis. Laut § 5 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) stellt dies eine Obliegenheitsverletzung dar. Die Versicherung reguliert zunächst die Schäden gegenüber Dritten, kann aber anschließend bis zu 5.000 Euro vom Versicherungsnehmer als Regress fordern.

Bei zusätzlichen Delikten wie Unfallflucht oder Alkoholeinfluss kann der Regressbetrag auf bis zu 10.000 Euro ansteigen, da es sich um mehrere Obliegenheitsverletzungen handelt. Die Versicherung ist in solchen Fällen zwar zur Zahlung verpflichtet, hat aber ein Rückgriffsrecht auf den Versicherungsnehmer.

Die Regresshaftung soll Versicherungsnehmer zu verantwortungsvollem Handeln anhalten und die Versicherung vor unnötigen Kosten durch Fehlverhalten schützen. Sie ist eine zivilrechtliche Folge neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen wie Geld- oder Freiheitsstrafen.

Wie beeinflusst das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis die Versicherungsleistung bei einem Unfall?

Das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis hat erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungsleistung bei einem Unfall:

  • Regressanspruch der Kfz-Haftpflichtversicherung: Gemäß § 5 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) liegt eine Obliegenheitsverletzung vor, wenn der Versicherungsnehmer ohne Fahrerlaubnis fährt. Die Versicherung reguliert zwar zunächst die Schäden gegenüber Dritten, kann aber anschließend bis zu 5.000 Euro vom Versicherungsnehmer als Regress fordern.
  • Erhöhter Regressbetrag bei zusätzlichen Delikten: Wenn weitere Straftaten wie Unfallflucht oder Alkoholeinfluss hinzukommen, kann der Regressbetrag auf bis zu 10.000 Euro ansteigen, da es sich um mehrere Obliegenheitsverletzungen handelt.
  • Leistungsfreiheit der Kaskoversicherung: Die Teil- oder Vollkaskoversicherung ist nicht verpflichtet, die Schäden am eigenen Fahrzeug des Unfallverursachers ohne Fahrerlaubnis zu übernehmen. Der Versicherungsnehmer muss diese Kosten selbst tragen.
  • Strafrechtliche Konsequenzen: Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine Straftat gemäß § 21 StVG und kann mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden.

Zusammenfassend führt das Fahren ohne Fahrerlaubnis dazu, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung zwar zunächst zahlt, aber hohe Regressforderungen stellen kann. Die Kaskoversicherung muss nicht für das eigene Fahrzeug aufkommen. Zudem drohen strafrechtliche Sanktionen für den Fahrzeugführer.

Was bedeutet grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung in Bezug auf Kfz-Versicherungen?

Grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung im Kontext von Kfz-Versicherungen bedeutet, dass der Versicherungsnehmer in besonders schwerwiegender Weise gegen vertragliche Pflichten (Obliegenheiten) verstoßen hat.

Einige Beispiele für grob fahrlässige Obliegenheitsverletzungen sind:

  • Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis
  • Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
  • Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Unfallflucht)
  • Vorsätzliches Herbeiführen eines Unfalls

Die Folgen einer solchen grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung sind:

  • Kfz-Haftpflichtversicherung: Die Versicherung muss zunächst die Schäden Dritter regulieren. Sie kann aber anschließend Regressansprüche in Höhe von bis zu 5.000 Euro gegen den Versicherungsnehmer geltend machen. Bei zusätzlichen Delikten wie Unfallflucht kann der Regress auf bis zu 10.000 Euro steigen.
  • Kfz-Kaskoversicherung: Die Versicherung ist nicht zur Leistung verpflichtet und muss die Schäden am eigenen Fahrzeug des Versicherungsnehmers nicht übernehmen.

Die grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung stellt somit eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, die den Versicherungsschutz erheblich einschränken oder zu hohen Regressforderungen führen kann.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 116 Abs. 1 S. 1 und 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Regelt die Möglichkeit des Versicherers, sich im Innenverhältnis beim Versicherten regressieren zu können, wenn dieser den Schaden grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht hat. Im konkreten Fall wird darauf Bezug genommen, um die Regresspflicht des Beklagten aufgrund des Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis zu begründen.
  • § 426 Abs. 1 S. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Erlaubt die Aufteilung der Schadenersatzforderungen zwischen mehreren Schädigern. Hier relevant, da der Kläger Ansprüche gegen den Beklagten nach Zahlung an die Kaskoversicherung geltend macht.
  • § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Stellt den grundlegenden Haftungsmaßstab im Straßenverkehr dar, der die Halterhaftung regelt. Hier maßgeblich, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Unfalls Fahrzeughalter war und somit grundsätzlich haftet.
  • § 115 Abs. 1 VVG: Beschreibt, dass der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer im Schadenfall direkt und als Gesamtschuldner neben dem Versicherungsnehmer haftet, was insbesondere bei der Regulierung von Schäden durch die Versicherung von Bedeutung ist.
  • Führerscheinrecht (Kein spezifischer Paragraph, aber relevantes Rechtsgebiet): Im Falle des Beklagten, der ohne gültige Fahrerlaubnis gefahren ist, ein zentraler Punkt, der unter anderem zu Haftungsfragen und Regressansprüchen führt.
  • § 28 Abs. 2 VVG: Spezifiziert die Folgen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten gegenüber dem Versicherer. Es wird diskutiert, ob und inwiefern die fehlende Fahrerlaubnis des Beklagten eine solche Verletzung darstellt und die Versicherung von der Leistungspflicht befreit oder deren Umfang mindert.


Das vorliegende Urteil

AG Lörrach – Az.: 3 C 448/22 – Urteil vom 13.11.2023

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.08.2021 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Regress nach Zahlung auf Schäden nach einem Autounfall.

Der Versicherungsnehmer der Klägerin, Herr K. unterhielt bei der Klägerin für das Fahrzeug Renault Master mit dem amtlichen Kennzeichen (…) eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, worin der Beklagte mitversichert war. Am 21.04.2018 gegen 14.00 Uhr kam es auf der B 34 in Richtung Rheinfelden zu einem Verkehrsunfall. Herr S. überholte nach dem Recyclinghof von Grenzach-Wyhlen kommend in Richtung Herten eine Fahrzeugkolonne. Ca. 500 m vor der Einmündung zur Bahnhofstraße beabsichtigte der Beklagte mit dem bei der Klägerin versicherten Fahrzeug als 1. Fahrzeug der Kolonne in östlicher Fahrtrichtung nach links in einen dort befindlichen Feldweg einzubiegen. Nach Einleitung des Abbiegevorgangs durch den Beklagten kam es zu einem Unfall mit Herrn S. Das Fahrzeug des Herrn S. kam erst im Graben an einem Zaun zum Stillstand. Der Beklagte konnte sein Fahrzeug am linken Fahrbahnrand zum Stehen bringen. Der Beklagte hatte zum Unfallzeitpunkt keine gültige Fahrerlaubnis für Deutschland.

Für das Auto von Herrn S. wurde ein Schadensgutachten eingeholt (AS 21-26). Mit Schreiben vom 19.07.2021 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 5.000 € bis zum 02.08.2021 auf.

Die Klägerin trägt vor, dass Herr S. eine Kaskoversicherung unterhalten habe und diese den Schaden reguliert habe und ihm bei einer Selbstbeteiligung von 300 € 22.825 € ausgezahlt habe. Die Klägerin habe dieser Kaskoversicherung anschließend 15.116,66 € ausgezahlt. Der Beklagte habe gegen die doppelte Rückschaupflicht verstoßen und habe nicht geblinkt. Insgesamt sei bei Herrn S. ein Schaden von 23.125 € entstanden. Der Beklagte habe seine Obliegenheit mit einer gültigen Fahrerlaubnis zu fahren vorsätzlich verletzt.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.08.2021 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die fehlende Fahrerlaubnis keine Auswirkung auf den Unfall Hergang gehabt habe und deshalb nicht kausal gewesen sei. Der Führerschein könne nun einfach umgeschrieben werden. Das Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis sei nur einfach fahrlässig gewesen. Der Beklagte könne sich auf § 117 Abs. 3 S. 2 VVG berufen, weshalb er nicht zur Leistung verpflichtet sei. Hinsichtlich des Unfalls sei Herr S. mit einer überhöhten Geschwindigkeit gefahren und habe dabei gegen § 315c StGB verstoßen.

Der Beklagte hat im Prozess die Einrede der Verjährung erhoben.

Am 23.10.2023 fand mündliche Hauptverhandlung statt. Dabei wurden die Zeugen S., Herr und Frau B. vernommen und der Sachverständige S. erstattete ein Unfallrekonstruktionsgutachten. Auf das Protokoll wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

A) Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Regressanspruch in Höhe von 5.000 € aus den §§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB; 116 Abs. 1; 28 Abs. 2 VVG; 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 KfzPfIVV und den vereinbarten Vertragsbedingungen.

I) Zwischen dem Beklagten und Herrn S. kam es zu einem Autounfall. Der Beklagte haftet dafür gegenüber Herrn S. nach den §§ 7; 17; 18 StVG, da er beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs der Fahrer war und es dabei zu einem Sachschaden beim Fahrzeug des Herrn S. kam. Die Klägerin haftet dafür akzessorisch nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, da Herr K. für dieses Fahrzeug eine Haftpflichtversicherung unterhielt und der Beklagte darin mitversichert war (A.1.2 lit. c) AKB siehe Aktenseite 189). Nach § 115 Abs. 1 S. 4 VVG haften beide als Gesamtschuldner. Dies gilt lediglich für das Außenverhältnis gegenüber Herrn S. Herr S. selbst regulierte den Schaden über seine Kaskoversicherung, welche ihm auf Grundlage des Schadensgutachtens 22.825 € unter Beachtung von 300 € Selbstbeteiligung auszahlte. Dies steht fest aufgrund des Schreibens der Kaskoversicherung (Aktenseite 37). Damit sind die Ansprüche des Herrn S. in dieser Höhe gegen die Klägerin und den Beklagten auf diese Kaskoversicherung übergegangen (§ 86 VVG). Daraufhin zahlte die Klägerin an die Kaskoversicherung von Herrn S. 15.116,66 € unter Annahme einer Haftungsquote des Beklagten von 2/3. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund von des Schreibens vom 19.07.2021 der Klägerin fest (Aktenseite 40). Sie hat darin angegeben diesen Betrag anzuweisen. Aufgrund dessen verbleiben keine Zweifel, dass diese Zahlung auch erfolgte (§ 286 ZPO).

II) Im Innenverhältnis kann die Klägerin gegenüber den Beklagten grundsätzlich Regress verlangen nach den §§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB; 116 Abs. 1 S. 2; 28 Abs. 2 VVG; 5 Abs. 1 Nr. 4 KfzPfIVV. Nach § 116 Abs. 1 S. 2 VVG ist der Beklagte allein verpflichtet, da die alleinige Verpflichtung nach § 116 Abs. 1 S. 1 VVG nicht gilt, da in den Vertragsbedingungen vereinbart wurde, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, nur Personen mit gültiger Fahrerlaubnis fahren zu lassen (D.1.3 AKB siehe Aktenseite 201) und bei Nichteinhaltung die Leistungsfreiheit vereinbart wurde (D.3.1 AKB siehe Aktenseiten 201–202). Dies ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 KfzPfIVV zulässig.

III) Obwohl der Beklagte nicht Versicherungsnehmer war, besteht der Regressanspruch gegen ihn, weil er eine mitversicherte Person war (A.1.2 lit. c) AKB siehe Aktenseite 189). Für mitversicherte Personen finden die Regelungen zu den Pflichten des Versicherungsnehmers sinngemäß Anwendung (F.1 AKB). Mitversicherten Personen gegenüber kann sich der Versicherer auf eine Leistungsfreiheit nur berufen, wenn die der Leistungsfreiheit zugrundeliegenden Umstände direkt in der Person des Mitversicherten vorliegen oder diese Umstände der mitversicherten Person bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren (F.3 AKB). (Höra/Schubach/Kemperdiek, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 5. Auflage 2022, § 13 Rn. 161) Vorliegend ist der Beklagte als mitversicherte Person selbst ohne gültige Fahrerlaubnis gefahren.

IV) Die Leistungsbefreiung der Klägerin entfällt nicht nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG. Dafür hätte der Beklagte nachweisen müssen, dass er hinsichtlich seiner Obliegenheitsverletzung ohne gültige Fahrerlaubnis zu fahren, lediglich einfach fahrlässig und nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maß verletzt, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben und dasjenige nicht beachtet hat, was in seiner Lage jedem hätte einleuchten müssen, und damit einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. (BeckOK VVG/Marlow, 20. Ed. 1.8.2023, VVG § 28 Rn. 134) Der Beklagte gab an, dass er sich über die Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis keine Gedanken gemacht habe. Er habe eine Arbeitserlaubnis erhalten, die auch das Führen von Fahrzeugen enthalten habe. Nach diesem Vortrag konnte der Beklagte keine einfache Fahrlässigkeit nachweisen. Dass er sich keine Gedanken über die Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis machte, ist zumindest grob fahrlässig. Das Gericht geht davon aus, dass jeder vernünftig denkende Mensch in einem fremden Land überlegt, ob es ihm gestattet ist mit seiner nationalen Fahrerlaubnis auch in dem fremden Land Kraftfahrzeuge zu führen. Etwas anderes kann im Raum der europäischen Union gelten, weil hier Grenzübertritte mit einer anderen Selbstverständlichkeit vorgenommen werden. Dass die eigene Fahrerlaubnis aber nur für das Land gilt, in der diese ausgestellt wurde, ist den meisten Menschen klar. Wer sich darüber keine Gedanken macht wie der Beklagte, stellt ganz naheliegende Überlegungen nicht an. Hinzu kommt, dass der albanische Führerschein des Beklagten am 12.03.2016 bereits abgelaufen war (Aktenseite 155). Zumindest dieser Umstand stellt eine grobe Fahrlässigkeit dar, wenn er sich in diesem Fall keine Gedanken über eine eigene gültige Fahrerlaubnis gemacht hat.

V) Die Klägerin kann im Wege des Regresses 30 Prozent des Schadens des Herrn S. verlangen, also 6.847,50 €. Nach § 116 Abs. 1 S. 3 VVG kann die Klägerin alle erforderlichen Aufwendungen verlangen. Die Erforderlichkeit der Regulierung richtet sich nach der Pflicht zur Regulierung der Klägerin. Nicht erstattungsfähig sind Aufwendungen aus pflichtwidriger Regulierung des Versicherers (BeckOK VVG/Steinborn, 20. Ed. 1.8.2023, VVG § 116 Rn. 14). Deshalb ist zu ermitteln, in welchem Umfang die Klägerin verpflichtet war, an die Kaskoversicherung des Herrn S. zu zahlen. Auch der Herr S. haftet für den Unfall nach den §§ 7; 17; 18 StVG, da er ein Auto im Betrieb führte und es dabei zu einem Sachschaden beim Auto des Herrn Salih Kelmendi kam. Nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist deshalb eine Haftungsquote zu bilden.

1) Die Klägerin konnte für Herrn S. und der Beklagte konnte für sich nicht nachweisen, dass der Unfall unvermeidbar war (§ 17 Abs. 3 StVG). Bei Herrn S. verbleibt die Möglichkeit, dass er den Überholvorgang früher hätte abbrechen können und beim Beklagten verbleibt die Möglichkeit, dass er vor dem Abbiegen nochmals nach hinten hätte schauen können und bei Sicht des Herrn S. den Abbiegevorgang abbrechen können.

2) Die Klägerin konnte dem Beklagten nachweisen, dass er gegen die doppelte Rückschaupflicht nach § 9 Abs. 1 S. 4 StVO verstoßen hat. Bei einem Verkehrsunfall von einem Linksabbieger mit einem überholenden Fahrzeug spricht schon der Beweis des ersten Anscheins für eine Verletzung von § 9 Abs. 1 S. 4 StVO (OLG Naumburg, NJW-RR 2009, 744; KG, NZV 2005, 413). Der Beklagte konnte diesen Anscheinsbeweis nicht erschüttern, viel mehr bestätigte er, dass er vor dem Abbiegen nicht nochmal nach hinten geschaut hat. Er erklärte, dass er in den Rückspiegel erst geschaut hat, nachdem er den Abbiegevorgang eingeleitet hat. Der Beklagte hätte aber vor dem Einleiten des Abbiegevorgangs nochmals zurückschauen müssen. Dies stimmt auch mit den Feststellungen des Gutachtens überein, wonach die Sicht nach hinten für den Beklagten sehr gut war und der Beklagte eine Sekunde vor der Kollision eingelenkt hat und in diesem Zeitpunkt Herr S. bereits für ihn im Außenspiegel hätte sichtbar sein müssen.

3) Die Klägerin konnte dem Beklagten nicht nachweisen, dass der Beklagte keinen Blinker gesetzt hat und so gegen § 9 Abs. 1 S. 1 StVO verstoßen hat. Der Beklagte sagte aus, dass er den Blinker setzte und die Zeugin B. konnte dies bestätigen. Auch nach dem Gutachten reagierte Herr S. schon vor dem Beginn des Abbiegevorgangs auf den Beklagten. Es kann angenommen werden, dass Herr S. das Blinklicht des Beklagten wahrgenommen hat. Es steht somit sogar nach § 286 ZPO fest, dass der Beklagte geblinkt hat.

4) Der Beklagte konnte der Klägerin nachweisen, dass Herr S. mit einer überhöhten Geschwindigkeit von zumindest 105 km/h gefahren ist, obwohl lediglich 100 km/h erlaubt waren. Zur Überzeugung dieser Tatsache konnte das Gericht aufgrund des Sachverständigengutachtens kommen (§ 286 ZPO). Aufgrund der Anknüpfungstatsachen (Auslaufweg 40-42 Meter; 24,5 Meter Bremsblockierspur; 2 Sekunden Reaktionszeit vor dem Unfall) kam der Gutachter zu dem Ergebnis einer Auffahrgeschwindigkeit von 80 km/h +/- 5 km/h und einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von 110 km/h +/- 5 km/h. Das Gutachten geht von den relevanten Anknüpfungstatsachen aus und zieht nachvollziehbare Schlussfolgerungen. Es kommt zu dem Ergebnis aufgrund der Simulation des Unfallgeschehens unter Berücksichtigung der Anstoßkonstellation, wie sie sich aus den Schäden und dem Spurenbild ergibt, aber auch unter Berücksichtigung des gesamten Auslaufverhaltens der beiden Fahrzeuge in der Sekundärkollision mit dem Zaun. Damit kann das Gutachten dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass Herr S. mit 105 km/h gefahren ist und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat.

5) Der Beklagte konnte der Klägerin nachweisen, dass Herr S. gegen § 5 Abs. 2 S. 1 und Abs. 7 StVO verstoßen hat. Herr S. durfte den Beklagten nicht überholen. Der Beklagte kündigte seine Absicht links abzubiegen mit der Blinkanlage und dem Abbremsen an, weshalb Herr S. nach § 5 Abs. 7 StVO nicht links überholen durfte. Außerdem kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass Herr S. den Gegenverkehr beim Überholen des Beklagten nicht mehr überblicken konnte, da auf Höhe des Beklagten eine Rechtskurve anfing und Herr S. darin keinen Einblick mehr hatte. Herr S. hätte die Überholung deshalb abbrechen müssen (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß, 27. Aufl. 2022, StVO § 5 Rn. 24). Schutzzweck von Überholverboten ist nicht nur der Schutz des Gegenverkehrs, sondern auch der Schutz des zu Überholenden (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß, 27. Aufl. 2022, StVO § 5 Rn. 13).

6) Einen Verstoß gegen § 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. b) StGB konnte dem Herrn S. nicht nachgewiesen werden. Bei einer bloßen Geschwindigkeitsüberschreitung von 5 km/h kann keine grobe Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit festgestellt werden. Außerdem waren die Überholungen bis zum Beklagten laut Gutachten gut überschaubar. Erst ab dem Beklagten begann die Rechtskurve die eine Überschauung der Verkehrslage verhinderte.

6) Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge ist hinsichtlich beider Parteien die Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Beklagten ist die Missachtung der Rückschaupflicht und hinsichtlich des Herrn S. die leicht überhöhte Geschwindigkeit (5 km/h) und der Verstoß den Überholvorgang nicht abgebrochen zu haben zu berücksichtigen. Allein bei Berücksichtigung der Verstöße des Herrn S. kann angenommen werden, dass beim Beklagten die Betriebsgefahr zu berücksichtigen bleibt und dieser zumindest zu 20 Prozent zu haften hat (OLG Düsseldorf VersR 1973, 372). Hinzukommt aber in diesem Fall, dass der Beklagte selbst gegen die Rückschaupflicht verstoßen hat. Bei einem gewöhnlichen Unfall eines Linksabbiegers mit einem Überholenden nimmt die Rechtsprechung eine Haftungsverteilung von 50/50 bis zu 1:2 zu Lasten des Überholers an (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 17. Auflage 2022, Rn. 161). Die Haftungsverteilung in diesem Fall muss zwischen diesen Werten liegen, da dem Herrn S. noch eine leichte Geschwindigkeitsüberschreitung nachgewiesen werden konnte. Deshalb kommt das Gericht zu einer Haftungsquote von 30/70 zu Lasten des Herrn S.

7) Bei Herr S. ist ein Schaden in Höhe von 23.125 € entstanden. Dies steht fest aufgrund des eingeholten Schadensgutachtens. Das einfache Bestreiten des Beklagten war nicht als Anlass zu nehmen dieses zu hinterfragen und ein gerichtliches Gutachten einzuholen. Nach dem Gutachten bestand ein Reparaturaufwand von 54.342 €, ein Wiederbeschaffungswert von 58.905 € und ein Wiederbeschaffungsaufwand von 32.350 €. Daraus ergibt sich nach dem 4-Stufen-Modell des BGH eine Abrechnung nach der 3. Stufe, weil der Wiederbeschaffungswert größer ist als der Reparaturaufwand, welcher größer ist als der Wiederbeschaffungsaufwand (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Wimber, 27. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 46). Deshalb konnte Herr S. nach Veräußerung des Fahrzeugs den Nettowiederbeschaffungswert (weil dieser kleiner ist als der Reparaturaufwand) abzüglich des Restwertes (brutto) verlangen (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Wimber, 27. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 61-64). Damit konnte Herr S. 23.155 € verlangen und die Kaskoversicherung zahlte darauf 22.825 €. Da der Beklagte nur zu 30 Prozent haftet, ist der Anspruch auch nur zu 30 Prozent auf die Kaskoversicherung übergangen, also in einem Wert von 6.847,50 €. Nur in diesem Umfang war die Klägerin verpflichtet zu regulieren.

VI) Nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG ist dieser Betrag noch zu quoteln, weil die Klägerin dem Beklagten keine Vorsätzlichkeit bei der Obliegenheitsverletzung, nicht mit einer gültigen Fahrerlaubnis zu fahren, nachweisen konnte. Der Beklagte muss 80 Prozent dieser Kosten tragen, also 5.478 €.

1) Die Klägerin muss die Vorsätzlichkeit beweisen (BeckOK VVG/Marlow, 20. Ed. 1.8.2023, VVG § 28 Rn. 122) Vorsatz erfordert, das Wollen der Obliegenheitsverletzung im Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm. Er umfasst auch bedingten Vorsatz. Dieser liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und sie billigend in Kauf nimmt, also nicht ernsthaft darauf vertraut, dass der Erfolg ausbleiben werde. (LG Karlsruhe, Urteil vom 20. Dezember 2017 – 19 S 19/17 –, juris) Dies konnte die Klägerin nicht nachweisen. Nach der informatorischen Anhörung des Beklagten verbleibt die Möglichkeit, dass er sich über die Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis keinerlei Gedanken gemacht hat. Damit hat er es auch nicht für möglich gehalten ohne gültige Fahrerlaubnis zu fahren, sondern vielmehr bewusst (grob) fahrlässig gehandelt.

2) Die Obliegenheitsverletzung ist als sehr schwerwiegend anzusehen. Sie rechtfertigt nur eine sehr geringe Leistungskürzung (vgl. AG Bruchsal, Urteil vom 20. Dezember 2016 – 4 C 149/16 –, juris). Das Gericht muss bei der Quotelung folgende Kriterien berücksichtigen: die objektive Bedeutung der Verhaltensvorschrift für die Vermeidung des Risikos, das Gewicht, die Dauer und die Offenkundigkeit des Pflichtverstoßes und die Vorhersehbarkeit seiner Folgen, sowie der konkret erforderliche Aufwand zur Risikovermeidung und die Höhe des drohenden Schadens. Das Erfordernis einer Fahrerlaubnis soll gerade Gefahren von nicht kompetenten Fahrern ausschließen, weshalb es sich um eine sehr wichtige Obliegenheit handelt. Der Verstoß gegen die Obliegenheit dauerte beim Beklagten bereits 2,5 Jahre an, weil er so lange schon ohne gültige Fahrerlaubnis fuhr, was sehr lange ist. Außerdem war der Verstoß offenkundig. Der Beklagte hätte sich einfach über die Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis informieren müssen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände muss der Beklagte den überwiegenden Teil des Schadens tragen. Das Gericht hält eine Quote von 80 Prozent zu für angemessen.

VII) Der Betrag den die Klägerin den Beklagten in Regress nehmen kann ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs 3 S. 1 KfzPfIVV auf 5.000 € gedeckelt.

VIII) Die Leistungsbefreiung der Klägerin entfällt nicht nach § 28 Abs. 3 S. 1 VVG, weil der Beklagte nicht nachweisen konnte, dass die Obliegenheitsverletzung nicht ursächlich für den Versicherungsfall war. Für die fehlende Kausalität ist der Beklagte beweisbelastet (Langheid/Wandt/Wandt, 3. Aufl. 2022, VVG § 28 Rn. 274). Diesen Nachweis konnte er nicht erbringen.

Das Landgericht Köln hat angenommen, dass die Kausalität fehlt, wenn der Führerschein problemlos hätte umgeschrieben werden können (LG Köln, Urteil vom 28.10.2015 – 20 S 11/15). Das ist hier nicht der Fall. Die Umschreibung nach § 31 FeV ist ohne theoretische und praktische Prüfung erst ab dem 01.06.2022 für albanische Führerschein möglich (vergleiche die Fassungen der Anlage 11 FeV vom 18.03.2022 und 23.12.2019). Außerdem gilt das nur für Führerscheine die nach dem 24.01.2017 ausgestellt wurden und damit galt dies nicht für den damaligen Führerschein des Beklagten. Zum Unfallzeitpunkt hätte der Beklagte eine deutsche Fahrerlaubnis beantragen müssen und wäre nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 FeV nicht von den Vorschriften über die Ausbildung befreit gewesen. Obwohl der Beklagte angab, dass er vor dem Unfall bereits einige Zeit auf deutschen Straßen gefahren ist, verbleibt die Möglichkeit, dass der Beklagte nach dem Besuch einer deutschen Fahrschule beim Unfallzeitpunkt eher an die doppelte Rückschaupflicht gedacht hätte, was den Unfall vermieden hätte.

IX) Die Regelung des § 117 Abs. 3 S. 2 VVG ändert an dem bestehenden Anspruch nichts. Diese Norm greift nur in den Fällen des § 117 Abs. 1 und 2 VVG. Das kann nach § 117 Abs. 1 VVG angenommen werden, weil die Klägerin teilweise leistungsfrei wurde, aber die Leistungspflicht gegenüber dem Geschädigten S. bestehen blieb. Nach § 117 Abs. 3 S. 2 VVG konnte Herr S. auch Ersatz von einer anderen Versicherung, seiner Kaskoversicherung, verlangen. Allerdings gelten im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung eine Besonderheit nach § 3 S. 1 PflVG, wonach die Anwendung von § 117 Abs. 3 S. 2 VVG ausgeschlossen ist, wenn das Fahrzeug ohne gültige Fahrerlaubnis geführt wurde, was hier der Fall ist.

X) Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Nach § 116 Abs. 2 VVG begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt wurde. Das war am 19.07.2021. Damit verjährte die Forderung erst mit Ablauf des Jahres 2024 (§§ 195; 199 BGB).

XI) Der Anspruch ist nach den §§ 286 Abs. 1; 288 BGB ab dem 03.08.2021 zu verzinsen, weil der Beklagte mit Schreiben vom 19.07.2021 gemahnt und zu Zahlung bis zum 02.08.2021 aufgefordert wurde. Dadurch geriet der Beklagte in Verzug und hat die Verzugszinsen nach § 288 BGB zu zahlen.

XII) Auf die Vernehmung der Zeugen T., S. und Q. kommt es nicht an. Die Verhandlung ist nicht nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiederzueröffnen. Diese Zeugen wurden lediglich von der Klägerin benannt. Der Rechtsstreit wird von der Klägerin aber vollumfänglich gewonnen. Die Klägerin kann somit durch zusätzliche Vernahme dieser Zeugen keinen Vorteil erlangen und damit kann auch deren rechtliches Gehör nicht verletzt worden sein. Der Ausgang des Rechtsstreits hängt viel mehr nicht von der Vernahme dieser Zeugen ab.

B) Der Beklagte hat die Kosten nach § 91 ZPO zu tragen, da er dem Rechtsstreit unterlegen ist.

C) Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

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