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Unwirksame Beitragserhöhung Krankenversicherung

LG Berlin – Az.: 7 O 221/17 – Urteil vom 12.07.2018

1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer … unwirksam sind und die Klägerin nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet ist:

– im … 400 die Erhöhungen zum 01.01.2014 um € 60,26, zum 01.01.2015 sowie zum 01.01.2017 um € 113,87.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 3.214,14 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 2.713,56 ab dem 01.02.2017 und aus € 500,58 ab 19.08.2017 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a) der Klägerin zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie vor dem 01.02.2017 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerin auf die unter 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) die nach 3.a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2017 zu verzinsen.

4. Es wird festgestellt, dass die Erhöhung des Selbstbehalts im … 400 zum 01.01.2015 um € 100,00 unwirksam ist.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und Auslagen in Höhe von € 1.317,57 freizustellen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

7. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 8 % und die Beklagte 92 % zu tragen.

8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 %. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund dieses Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist mit der Beklagten durch einen privaten Krankenversicherungsvertrag verbunden. Sie verlangt die Feststellung der Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen, die die Beklagte im Tarif … zum 01.01.2012 (Anlagen K7, K8) und zum 01.01.2013 (Anlagen K9, K10) sowie im … 400 zum 01.01.2014 (Anlagen K1, K2), zum 01.01.2015 (Anlagen K3, K4) und zum 01.01.2017 (Anlagen K5, K6) ausgesprochen hat. Ferner verlangt sie die Feststellung der Unwirksamkeit einer von der Beklagten im … 400 zum 01.01.2015 (Anlage K3) vorgenommenen Erhöhung des Selbstbehalts um € 100,00. Schließlich begehrt sie die sich aus der Unwirksamkeit der Erhöhungserklärungen ergebende Rückzahlung von geleisteten Versicherungsbeiträgen bis einschließlich Juni 2017 zuzüglich Nutzungen und Zinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Die Beitragserhöhungen wurden durch die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 22.12.2016 (Anlage K11) beanstandet. Wegen der Forderungsberechnung wird auf die S. 18 f. und 22 der Klageschrift verwiesen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die streitigen Erhöhungen seien nicht ausreichend begründet. Ihre Wirksamkeit scheitere zudem daran, dass der Treuhänder …, der mit der Überprüfung der Prämienanpassungen für die Zeiträume bis einschließlich 2014 befasst war, und der Treuhänder …, der mit der Überprüfung der Prämienanpassungen ab 2015 befasst war, weder rechtlich noch wirtschaftlich unabhängig gewesen seien, der Treuhänder … außerdem nicht rechtzeitig wirksam bestellt worden sei und der Erhöhung zum 01.01.2015 bereits vor Abschluss der erforderlichen Prüfungen zugestimmt habe sowie daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Beitragserhöhungen nicht vorgelegen hätten.

Die Klägerin beantragt mit der am 18.08.2017 zugestellten Klage,

1. festzustellen, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer … unwirksam sind und die Klägerin nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet ist:

a) im … 400 die Erhöhungen zum 01.01.2014 um € 60,26, zum 01.01.2015 sowie zum 01.01.2017 um € 113,87,

b) im Tarif … die Erhöhungen zum 01.01.2012 um € 1,15 und zum 01.01.2013 um € 9,90,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 3.866,76 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2017 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte

a) der Klägerin zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie vor dem 01.02.2017 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerin auf die unter 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) die nach 3.a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2017 zu verzinsen hat,

4. festzustellen, dass die Erhöhung des Selbstbehalts im … 400 zum 01.01.2015 um € 100,00 unwirksam ist,

5. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und Auslagen in Höhe von € 1.416,10 freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, für die streitgegenständlichen Prämienanpassungen lägen jeweils wirksame Zustimmungserklärungen der Treuhänder … oder … vor. Sie ist der Auffassung, die Unabhängigkeit des Treuhänders im Sinne von § 203 Abs. 2 S. 1 VVG sei nur durch die zuständige Aufsichtsbehörde gem. § 157 VAG (n.F.), nicht aber im Zivilverfahren zu überprüfen. Jedenfalls sei die Unabhängigkeit der hier betroffenen Treuhänder … und … zu bejahen. Die streitgegenständlichen Erhöhungen seien hinreichend begründet. Ferner lägen sowohl die formellen Voraussetzungen der Treuhänderbestellung und -zustimmung als auch die materiellen Erhöhungsvoraussetzungen vor. Es sei nicht zulässig, Prämienerhöhungen anzugreifen, entsprechende Prämiensenkungen jedoch als wirksam hinzunehmen. Im Falle einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung seien für die Zukunft bei der Klägerin verbleibende Vorteile mit den rechtsgrundlos gezahlten Beiträgen zu saldieren. Schließlich hat die Beklagte die Einreden der Verjährung und Verwirkung erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen ist sie nicht begründet.

I.

In einem unter dem Az. 23 O 78/16 geführten Parallelverfahren gegen die hiesige Beklagte hat die Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin mit Urteil vom 10.01.2018 Folgendes ausgeführt:

“A. Zulässigkeit

Die Klage ist insgesamt zulässig … .

Der Feststellungsantrag zu 1. ist … gemäß § 256 Abs. 1 ZPO … zulässig, weil zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob die streitgegenständlichen Tarife mit den erhöhten Beitragssätzen bestehen oder nicht und weil dem Kläger ein schützenswertes rechtliches Interesse an der Klärung der Höhe seiner Beitragsverpflichtung zusteht.

Der Feststellungsantrag zu 3. erweist sich trotz der grundsätzlich vorrangigen Möglichkeit der Leistungsklage als gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, weil davon auszugehen ist, dass sich die Beklagte als Versicherer auch einem – etwa rechtskräftig werdenden – Feststellungstitel beugen und entsprechende Nutzungen an den Kläger auskehren wird, ohne dass hierzu ein weiterer Leistungsrechtsstreit erforderlich würde.

B. Begründetheit

Die Klage hat in vollem Umfang auch in der Sache Erfolg.

I. Antrag zu 1.

Dieser Antrag ist begründet, weil sämtliche streitgegenständlichen Beitragserhöhungen zum 01. Januar 2012, zum 01. Januar 2013, zum 01. Januar 2014 und zum 01. Januar 2016 unwirksam waren, weshalb eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der erhöhten Beiträge weder bestand noch besteht.

1.

a) Die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Erhöhungen scheitert allerdings entgegen der Auffassung des Klägers und Klimke (“Anforderungen an die Begründung von Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung”, VersR 2016, 22, 23-24) nicht daran, dass die Beklagte dem Kläger in ihren Erhöhungsmitteilungen nicht jeweils Namen und Anschrift des zustimmenden Treuhänders mitgeteilt hat. Denn § 203 Abs. 5 VVG verlangt lediglich die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung bzw. Änderung. Gründe für die Änderung sind gemäß § 203 Abs. 2 VVG aber nur die nicht nur als vorübergehend anzusehenden Änderungen der Rechnungsgrundlagen (Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten). In § 203 Abs. 5 VVG wird also lediglich das Erfordernis der Mitteilung der materiellen Gründe für die Prämienanpassung aufgestellt, zu denen die Person des Treuhänders nicht gehört.

b) Mehr als zweifelhaft ist allerdings, ob die Beklagte in ihren Erhöhungsmitteilungen die materiellen Gründe für die jeweiligen Neufestsetzungen im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG in ausreichender Weise mitgeteilt hat. Denn eine nur formelhafte Begründung oder eine bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes sind nicht geeignet, das in § 203 Abs. 5 VVG ausdrücklich aufgestellte Begründungserfordernis zu erfüllen, weil dem betroffenen Versicherungsnehmer hierdurch noch nicht einmal eine überschlägige Plausibilitätskontrolle der Rechtmäßigkeit der Beitragsanpassung ermöglicht wird (ebenso: Klimke, a.a.O., S. 23). Die Frage, ob die hier streitgegenständlichen Erhöhungsmitteilungen wegen unzureichender Begründung unwirksam sind, und ob etwaige Begründungsmängel durch die inhaltlichen Ausführungen in der Klageerwiderung (ex nunc) geheilt wurden, muss jedoch nicht entschieden werden, weil sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, dass die Beitragserhöhungen aus anderen Gründen unwirksam waren.

2.

Sämtliche streitgegenständlichen Beitragserhöhungen waren deshalb unwirksam, weil ihnen keine Zustimmungen eines im Sinne der §§ 203 Abs. 2 S. 1 VVG, 12 b Abs. 3 S. 1 VAG a.F. (bzw. § 157 Abs. 1 S. 1 VAG n.F.) von der Beklagten unabhängigen Treuhänders zu Grunde lagen. Die Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders stellt dabei eine im Zivilrechtsstreit ohne jede Einschränkung voll zu überprüfende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Beitragsanpassung dar (dazu unter a)) und im vorliegenden Fall steht bereits nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien fest, dass weder der Treuhänder … noch der Treuhänder … von der Beklagten unabhängig gewesen sind (dazu unter b)).

a) Gemäß § 203 Abs. 2 S. 1 VVG ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat.

Bei der Unabhängigkeit des Treuhänders handelt es sich um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Beitragsanpassung, die im Zivilrechtsstreit in vollem Umfang zu überprüfen ist, soweit der Sachvortrag der Parteien hierzu Anlass bietet (so zutreffend die ganz herrschende Meinung: LG Potsdam, Urt. v. 27.09.2017 – 6 S 80/16 – Rn. 30-33, “juris”; AG Potsdam, Urt. v. 18.10.2016 – 29 C 122/16 – Rn. 19 ff, “juris”; inzident auch: LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.02.2009 – 11 O 4343/04 – UA S. 6 ff, Anlage BLD 54; Boetius, in: MüKo-VVG, Bd. 2, 2. Aufl. 2017, Rn. 553-554 zu § 203 VVG; Marko, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG-Handkommentar, 2. Aufl. 2011, Rn. 18 zu § 203 VVG; Renger, “Über den Treuhänder in der Krankenversicherung”, VersR 1994, 1257, 1259 l. Sp.; Voit, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, Rn. 25, 30, 42 zu § 203 VVG; Wandt, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR-Hdb., 3. Aufl. 2015, § 11 Rn. 66-67).

Auch der Bundesgerichtshof ist, worauf schon das LG Potsdam (a.a.O., Rn. 32) zutreffend hinweist, ganz offenkundig derselben Auffassung, da er in dem mit Urteil vom 12. Oktober 2015 (IV ZR 162/03 – Rn. 34, “juris”) entschiedenen Rechtsstreit nähere Ausführungen zur Unabhängigkeit des Treuhänders lediglich deshalb nicht vorgenommen hat, weil der dortige Kläger “insoweit keine konkreten, auf die Person des Treuhänders bezogenen Bedenken erhoben” hatte. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wären Bedenken erhoben worden, hätte auch eine Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders stattfinden müssen.

Dieses Ergebnis folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 203 Abs. 2 S. 1 VVG, der die Wirksamkeit der Beitragsanpassung nicht etwa von der Zustimmung eines nur “formal bestellten” Treuhänders, sondern ausdrücklich von der Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders abhängig macht.

Es entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, das Erfordernis der Unabhängigkeit als voll prüffähige Voraussetzung für die Wirksamkeit der Beitragsanpassung anzusehen. Denn der Treuhänder ist im Zuge der Deregulierung als Ersatz für den Wegfall der zuvor vorgesehenen aufsichtsbehördlichen Genehmigung von Tarifänderungen eingeführt worden. Seine Einschaltung sollte einen Ausgleich dafür schaffen, dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt (BGH, a.a.O., Rn. 35). Hiermit wäre es unvereinbar, wenn den einzelnen betroffenen Versicherungsnehmern die Möglichkeit entzogen würde, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob derjenige, der vorgeblich in ihrem Interesse die gesetzlich vorgesehene Zustimmung zu Beitragsanpassungen erklärt, tatsächlich vom Versicherungsunternehmen unabhängig ist. Eine derartige Überprüfung ist nicht zuletzt auch wegen des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999 – 1 BvR 2203/98 – Rn. 11 ff, “juris”) zwingend (ebenso: LG Potsdam, a.a.O., Rn. 31).

Die hiergegen vorgebrachten Gegenargumente vermögen schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sie an die Stelle der klaren Vorgabe des Gesetzgebers in § 203 Abs. 2 S. 1 VVG willkürlich eine eigene abweichende Wertung setzen. Die Gerichte sind aber nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden, weshalb es nicht angeht, ein eindeutig geschriebenes Tatbestandsmerkmal eines förmlichen Gesetzes (“… sofern ein unabhängiger Treuhänder … zugestimmt hat.”) zu ignorieren. Das Merkmal der Zustimmung durch einen tatsächlich unabhängigen Treuhänder ist angesichts der klaren und zu akzeptierenden Entscheidung des Gesetzgebers als ein zum materiellen Vorliegen der Anpassungsvoraussetzungen hinzutretendes Merkmal für die Wirksamkeit einer Beitragsanpassung anzusehen, also als eines, das kumulativ neben den materiellen Erhöhungsvoraussetzungen vorliegen muss. Schon im Ansatz verfehlt ist deshalb die Kritik von Wiemer/Richter (r+s 2017, 404-406, 404) an der Entscheidung des AG Potsdam (a.a.O.) mit dem Argument, das Amtsgericht hätte prüfen müssen, ob die “Vermutung der fehlenden Unabhängigkeit im Einzelfall dadurch widerlegt werden kann, dass die Prämienanpassung im Übrigen entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erfolgt ist und damit der Treuhänder hätte zustimmen müssen”. Denn das Fehlen einer gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung für die Wirksamkeit der Beitragsanpassung lässt sich nicht durch die Erfüllung der weiteren, kumulativ erforderlichen Voraussetzung “ausgleichen”. Auch der nicht zu leugnende Umstand, dass es bei der inhaltlichen Ausfüllung des Begriffs der “Unabhängigkeit” zu Auffassungsdivergenzen in der Rechtsprechung kommen kann, kann nicht ernstlich als Argument gegen eine zivilgerichtliche Überprüfbarkeit angeführt werden (so aber gleichwohl: Wiemer/Richter, a.a.O., S. 405 r. Sp.): Denn mit der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe sind die Gerichte nicht erst seit Einführung des § 203 Abs. 2 VVG n.F. befasst und rechtliche Schwierigkeiten bei der Auslegung dieser Begriffe dürfen vor dem Hintergrund des Art. 20 Abs. 3 GG nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre Anwendung verweigern. Auch das Argument, es bestehe angesichts der feststehenden materiellen Voraussetzungen für die Erhöhung ein hinreichender Schutz der Versicherungsnehmer schon allein durch die inhaltliche Überprüfbarkeit der Anpassungsentscheidung, weshalb eine Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders nicht erforderlich sei (so Voit, “Der Treuhänder bei Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung”, VersR 2017, 727, 732 r. Sp. – 733, in einer vom Verband der privaten Krankenversicherung beauftragten Stellungnahme in stillschweigender Abkehr von seiner in Prölss/Martin, a.a.O., vertretenen gegenteiligen Ansicht), geht auch deshalb fehl, weil sich mit diesem Argument nicht nur das Merkmal der “Unabhängigkeit” des Treuhänders gewissermaßen weginterpretieren ließe, sondern die Zustimmung des Treuhänders insgesamt. Dass es dem Gesetzgeber allerdings bei der Frage der Wirksamkeit der Erhöhung keineswegs nur um materielle Voraussetzungen ging, sondern sehr wohl auch um formelle Kriterien, lässt sich unschwer dem Absatz 5 des § 203 VVG entnehmen: Denn dort ist eindeutig angeordnet, dass die Änderung erst mit Wirkung zu Beginn des zweiten Monats wirksam wird, der auf die Mitteilung der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt. Daraus folgt: Ohne Begründung gegenüber dem Versicherungsnehmer keine wirksame Beitragsanpassung, mag sie inhaltlich auch noch so sehr geboten gewesen sein.

Nicht nachvollziehbar erscheint auch, weshalb sich aus dem Zusammenspiel von § 155 VAG und § 157 VAG n.F. (entsprechend § 12 b Abs. 1 und Abs. 3 VAG a.F.) ein Argument gegen die gerichtliche Überprüfbarkeit der Unabhängigkeit ergeben soll. Denn der Begriff der “Unabhängigkeit” wird sowohl in § 203 Abs. 2 S. 1 VVG vom Gesetzgeber als Merkmal verwandt als auch in § 12 b Abs. 1 VAG a.F. (bzw. § 155 VAG n.F.) und in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG ausdrücklich in Bezug genommen. Dass sich die fragmentarische Definition der Unabhängigkeit lediglich in § 12 b Abs. 3 VAG a.F. (bzw. § 157 VAG n.F.) findet, lässt dabei entgegen Voit (a.a.O., S. 731; wie neuerdings Voit auch Werber, “Rechtsfragen zur Unabhängigkeit des Prämientreuhänders in der privaten Krankenversicherung”, VersR 2017, 1115, 1116, der sich sogar zu der unhaltbaren These versteigt, es sei überwiegende Ansicht, dass die Unabhängigkeit des Treuhänders lediglich eine gerichtlich nicht überprüfbare Voraussetzung der Bestellung unter Mitwirkung des Aufsichtsamts darstelle) gerade nicht darauf schließen, dass dem Begriff der Unabhängigkeit in §§ 203 Abs. 2 VVG, 12 b Abs. 1 VAG a.F. (bzw. § 155 VAG n.F.) einerseits und in § 12 b Abs. 3 S. 1 VAG a.F. (bzw. § 157 VAG) andererseits eine unterschiedliche Bedeutung zukommen solle. Vielmehr wird durch die Inbezugnahme in § 203 Abs. 2 S. 4 VVG hinreichend klargestellt, dass es sich um ein sowohl im Aufsichtsrecht als auch im Zivilrecht einheitlich zu bestimmendes Tatbestandsmerkmal handelt, dessen Nichtvorliegen neben aufsichtsrechtlichen Konsequenzen zusätzlich auch zivilrechtliche Auswirkungen hat.

Schließlich kann auch der Umstand, dass gemäß § 12 b Abs. 4 VAG a.F. (= § 157 Abs. 2 VAG n.F.) die BaFin in den Vorgang der Bestellung des jeweiligen Treuhänders eingebunden und ggfs. sogar berechtigt ist, die Bestellung eines anderen Treuhänders zu verlangen, nicht als Argument gegen die gerichtliche Überprüfbarkeit der Voraussetzung der Unabhängigkeit herhalten. Denn wenn mit dem Bundesverfassungsgericht (a.a.O., Rn. 13) bereits eine nach altem Recht vorgenommene aufsichtsbehördliche Genehmigung einer Beitragserhöhung (nach voller eigener Prüfung) wegen des verfassungsrechtlichen Erfordernisses des effektiven Rechtsschutzes nichts daran zu ändern vermochte, dass die einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen von den Zivilgerichten überprüft werden konnten und mussten, so hat das erst recht zu gelten, wenn nach neuem Recht der Aufsichtsbehörde bei der Bestellung des Treuhänders lediglich eine Beanstandungsmöglichkeit zusteht.

b) Weder der Treuhänder … noch der Treuhänder … waren im Sinne der §§ 203 Abs. 2 S. 1 VVG, 12 b Abs. 1, Abs. 3 S. 1 VAG a.F. von der Beklagten unabhängig. Die von ihnen erklärten Zustimmungen zu den Beitragsanpassungen sind deshalb ebenso unwirksam wie die Beitragserhöhungen selbst. Dabei spricht in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Landgerichts Potsdam (a.a.O., Rn. 39 ff) viel dafür, diejenigen Beitragserhöhungen, denen der Treuhänder … zugestimmt hat, schon deshalb für unwirksam zu halten, weil sich die Abhängigkeit dieses Treuhänders bereits aus der Gesamtschau der Höhe der von ihm aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte und aus der mit Exklusivität verbundenen Dauerhaftigkeit seiner Tätigkeit als Treuhänder für die Beklagte ableiten lässt. Darauf muss aber entscheidend nicht abgestellt werden. Denn sowohl der Treuhänder … als auch der Treuhänder … sind jedenfalls deshalb als nicht von der Beklagten unabhängig zu bewerten, weil sie sich in den Ziffern 4 bzw. 3 ihrer jeweiligen Treuhändervereinbarungen gegenüber der Beklagten dazu verpflichtet hatten, über die eigentliche Treuhändertätigkeit hinaus auch die Prüfung der Rechnungsgrundlagen bzw. Kalkulationen für neu entwickelte Tarife zu übernehmen.

Denn nach § 12 b Abs. 3 S. 1 VAG a.F. (= § 157 Abs. 1 VAG n.F.) kann ein Treuhänder nur dann als unabhängig angesehen werden, wenn er “keinen Anstellungsvertrag oder sonstigen Dienstvertrag mit dem Versicherungsunternehmen oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen abgeschlossen hat oder aus einem solchen Vertrag noch Ansprüche gegen das Unternehmen besitzt.”

Mit dieser Regelung werden Ausschlusskriterien formuliert, die nicht nur von aufsichtsrechtlicher Bedeutung sind, sondern im Wege einheitlicher Auslegung des Begriffs der Unabhängigkeit in §§ 12 b Abs. 3 und Abs. 1 VAG a.F. (bzw. 157 und 155 VAG n.F.) und 203 Abs. 2 S. 1 VVG auch für die zivilrechtliche Frage der Wirksamkeit der Beitragsanpassung Geltung beanspruchen.

Durch die vorbezeichneten Klauseln in ihren jeweiligen Treuhändervereinbarungen haben die beiden Treuhänder jedoch mit der Beklagten jeweils einen “sonstigen Dienstvertrag” abgeschlossen, wodurch sie nach der zu befolgenden (Art. 20 Abs. 3 GG) gesetzlichen Regelung als von der Beklagten abhängig anzusehen und damit von der Treuhändertätigkeit ausgeschlossen waren.

Dass es sich bei den in den Ziffern 4 bzw. 3 der jeweiligen Treuhändervereinbarungen getroffenen Abreden um Dienstverträge im Sinne der §§ 611 ff BGB handelte, kann nicht ernstlich zweifelhaft sein, da die Treuhänder gegen Honorar die Verpflichtung übernommen hatten, auch die Angemessenheit bzw. die Rechnungsgrundlagen von neu einzuführenden Tarifen zu überprüfen.

Bei den entsprechenden Prüfungspflichten im Rahmen neuer Tarife handelte es sich auch nicht etwa lediglich um Bestandteile der eigentlichen Treuhändertätigkeit, sondern um “sonstige Dienstverträge”. Dieser Bewertung steht der Umstand, dass die entsprechenden Vereinbarungen in dieselbe Urkunde aufgenommen wurden, wie auch die Vereinbarungen über die eigentliche Treuhändertätigkeit, nicht entgegen. Denn wenn bereits die Abfassung in einer einheitlichen Vertragsurkunde das Vorliegen eines “sonstigen” Dienstvertrages ausschließen würde, hätten es Versicherungsunternehmen und Treuhänder in der Hand, selbst handfeste zusätzliche Arbeitsverträge in eine – ansonsten nicht zu beanstandende entgeltliche – Treuhändervereinbarung aufzunehmen und so die gesetzgeberische Intention zu umgehen.

Es trifft entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht zu, dass die im Rahmen der Neueinführung von Tarifen in den Ziffern 4 bzw. 3 der Treuhändervereinbarungen festgelegten Dienstverpflichtungen ohnehin Bestandteil der originären Treuhändertätigkeit seien, weshalb sie nicht als “sonstige” Dienstverhältnisse angesehen werden könnten. Das folgt bereits aus der Formulierung der Treuhändervereinbarungen selbst (“Darüber hinaus wird vereinbart, …”, bzw. “…erklärt sich über seine Treuhändertätigkeit hinaus bereit,…”), durch deren Wortlaut die Beklagte und die Treuhänder sehr deutlich zum Ausdruck bringen, dass es sich um Leistungen handelt, die nicht mehr von der eigentlichen Treuhändertätigkeit umfasst sind, sondern hierüber hinaus gehen und zusätzliche Dienstverpflichtungen begründen.

Auch inhaltlich geht das Argument fehl: Denn die Erarbeitung der Kalkulation für neue Tarife ist Sache des Versicherers und des Verantwortlichen Aktuars, nicht dagegen Sache des Treuhänders. Sie wird auch nicht etwa dadurch zu einer originären Aufgabe des Treuhänders, dass gemäß § 12 b Abs. 2 S. 4 VAG a.F. eine Prämienanpassung bei bestehenden Tarifen insoweit nicht erfolgen durfte und darf, als die Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt der Erstkalkulation unzureichend kalkuliert waren und ein ordentlicher und gewissenhafter Aktuar dies hätte erkennen müssen. Zwar muss der Treuhänder im Rahmen der ihm zugewiesenen Überprüfung von vorgesehenen Beitragserhöhungen selbstverständlich auch prüfen, ob die ursprüngliche Kalkulation in diesem Sinne zutreffend war. Daraus folgt aber entgegen der Ansicht der Beklagten (und auch entgegen der Ansicht von Boetius, a.a.O., Rn. 569) nicht, dass er dienstvertraglich bereits in die Erarbeitung der Erstkalkulation eingebunden werden dürfte (oder gar müsste), wie es jedoch vorliegend gerade der Fall war. Denn ganz gleich, ob der Treuhänder nun an seine Einschätzung im Rahmen der Erstprüfung gebunden ist (so die Beklagte) oder nicht (so der Kläger), ist offenkundig, dass ihn die Beklagte in dem Moment, in dem sie ihm die Prüfung einer beabsichtigten Beitragserhöhung für einen Tarif anträgt, dessen Erstkalkulation er bereits geprüft und gebilligt hat, jedenfalls teilweise zum Richter in eigener Sache macht: Denn wenn ihm beispielsweise im Rahmen der von ihm gegen Honorar (!) übernommenen Überprüfung der Erstkalkulation ein Fehler unterlaufen sein sollte, besteht in dieser Konstellation objektiv die Besorgnis, dass er trotz nachträglichen Bemerkens dieses Fehlers die Beitragserhöhung “durchwinkt”, nur um sich keinem Schadenersatzanspruch der Beklagten auszusetzen. Noch gravierender wäre es in diesem Fall, wenn der Treuhänder tatsächlich, wie die Beklagte meint, bei der Anpassungsprüfung an das Ergebnis seiner – unter Umständen fehlerhaften – Prüfung im Rahmen der Erstkalkulation gebunden sein sollte. Denn dann wäre er – entgegen der klaren Anordnung des § 12 b Abs. 2 S. 4 VAG a.F. – sogar verpflichtet, eine Zustimmung in rechtswidriger Weise zu erteilen, obwohl er zwischenzeitlich die Fehlerhaftigkeit der Erstprüfung erkannt hat. Ein solcher potentieller Interessenkonflikt aber ist mit der Aufgabe der unabhängigen Überprüfung im Interesse der Versicherungsnehmer vollkommen unvereinbar.

Es trifft – ebenfalls entgegen der Ansicht der Beklagten – auch nicht zu, dass mit einem “sonstigen Dienstvertrag” im Sinne von § 12 b Abs. 3 S. 1 VAG a.F. nur besonders exponierte Dienstverträge gemeint seien, im Rahmen derer der Versicherer Weisungen erteilen könne. Das folgt schon daraus, dass nach § 12 b Abs. 3 S. 1 VAG a.F. nur derjenige als unabhängig angesehen werden kann, der aus einem Anstellungs- oder Dienstvertrag keinerlei Ansprüche mehr gegen das Unternehmen besitzt. Das heißt: Der Gesetzgeber schließt auch diejenigen Personen aus, die trotz eines bereits beendeten Anstellungsverhältnisses noch Versorgungsansprüche gegenüber dem Versicherer haben (vgl. Renger, a.a.O.) und schon allein deshalb keinerlei Weisungen mehr unterliegen können. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung ist offenkundig, dass eine Weisungsgebundenheit keine Voraussetzung für die Bejahung eines “sonstigen Dienstvertrages” darstellt.

Unerheblich ist in Anbetracht des durch die zusätzlichen Dienstverpflichtungen entstandenen offenkundigen potentiellen Interessenkonflikts auch, ob es sich bei den hier streitgegenständlichen Tarifen um solche handelt, deren Erstkalkulation die Treuhänder … bzw. … bereits überprüft haben oder nicht. Denn maßgeblich für die Verneinung der erforderlichen Unabhängigkeit ist allein der Umstand, dass die beiden Treuhänder überhaupt die hier beanstandeten sonstigen Dienstverträge mit der Beklagten abgeschlossen haben. Denn schon hierdurch wird die generelle Abhängigkeit der beiden Treuhänder dokumentiert und wurden sie gemäß § 12 b Abs. 3 S. 1 VAG a.F. von ihrem Amt ausgeschlossen. Auf das Vorliegen und die Feststellung eines im konkreten Erhöhungsfall nachzuweisenden Interessenkonflikts kommt es demgegenüber gerade nicht an.

Ohne dass es hierauf noch ankäme, hat der Treuhänder … seine fehlende Unabhängigkeit von der Beklagten auch dadurch dokumentiert, dass er es sich nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 29.11.2017, dort S. 2, Bl. II 136 d.A.) gegen ein von dieser zu zahlendes Honorar vorbehalten hatte, die von ihr an ihre Versicherungsnehmer gerichteten Prämienanpassungsschreiben zu überprüfen. Auch hierdurch kommt klar zum Ausdruck, dass der Treuhänder … sich nicht als von der Beklagten unabhängiger Wahrer der Interessen der Versicherungsnehmer verstand, sondern im Gegenteil als Interessenvertreter der Beklagten, wobei er sich seine diesbezügliche Tätigkeit mehr als angemessen vergüten ließ.

II. Antrag zu 2.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB im Wege der Leistungskondiktion die Rückzahlung der von ihm auf Grund der durch die streitgegenständlichen Erhöhungen bis einschließlich Februar 2016 entrichteten Prämiendifferenzen in unstreitiger Höhe von 2.970,30 EUR nebst anteiligen Verzugszinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 BGB verlangen. Denn infolge der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen (s.o. unter I.) hat der Kläger die entsprechenden Prämiendifferenzen ohne rechtlichen Grund geleistet mit der Folge, dass die Beklagte die Rückerstattung schuldet. Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten greifen nicht durch. Im Einzelnen:

1.

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte im Rahmen des § 812 Abs. 1 BGB auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens bzw. darauf, dass die materiellen Anpassungsvoraussetzungen vorgelegen hätten und dass sie deshalb trotz etwa bestehender Abhängigkeit des Treuhänders materiellrechtlich zur Beitragserhöhung verpflichtet gewesen sei (in diesem Sinne auch Werber, a.a.O., S. 1118).

Denn erstens stellt der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens eine Kategorie des Schadenersatzrechts dar, die sich keinesfalls im Wege freier Rechtsfortbildung auf das Bereicherungsrecht übertragen lässt, und zweitens verfehlt dieser Einwand die klare Vorgabe des Gesetzgebers: Es sei an dieser Stelle wiederholt auf den Wortlaut des Gesetzes verwiesen: “… ist der Versicherer berechtigt, die Prämie (…) neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder (…) der Prämienanpassung zugestimmt hat.” Daraus folgt: Ohne Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders ist der Versicherer selbst dann nicht zur Prämienerhöhung berechtigt, wenn die materiellen Erhöhungsvoraussetzungen eindeutig vorliegen. Ohne diese Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders kann er deshalb auch keine erhöhten Beiträge beanspruchen. Etwa trotz fehlender Zustimmung des unabhängigen Treuhänders oder bei Vorliegen einer Zustimmung lediglich eines abhängigen Treuhänders geleistete Erhöhungsbeiträge darf die Beklagte nicht behalten, sondern muss sie zurückzahlen. Wäre der Gesetzgeber dagegen der Auffassung gewesen, dass es lediglich darauf ankommt, ob die materiellen Anpassungsvoraussetzungen vorliegen, so hätte er sich die Treuhänderzustimmung insgesamt ersparen können.

2.

Der Rückzahlungsanspruch ist auch weder ganz noch teilweise verjährt. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis hätte erlangen müssen.

Zwar waren die Rückzahlungsansprüche aus § 812 Abs. 1 BGB jeweils bereits mit der an die Beklagte bewirkten Beitragszahlung entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Allerdings hatte der Kläger zu keinem Zeitpunkt vor dem Jahr 2016 Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis in Bezug auf diejenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Unabhängigkeit der Treuhänder … und … entnehmen ließ. Verjährung scheidet damit aus.

3.

III. Antrag zu 3.

Gemäß § 818 Abs. 1 BGB schuldet die Beklagte zusätzlich zur Rückzahlung der Beitragsdifferenzen auch die von ihr tatsächlich aus diesen Differenzen gezogenen Zinsnutzungen nebst Verzugszinsen. Damit erweist sich auch der Antrag zu 3. als begründet.

IV. Antrag zu 4.

Auch der auf Befreiung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichtete Antrag hat gemäß §§ 280 Abs. 1, 257 BGB Erfolg: Denn durch die Einschaltung nicht unabhängiger Treuhänder und die gleichwohl erfolgten Prämienerhöhungen hat die Beklagte gegenüber dem Kläger Vertragsverletzungen begangen, zu deren Abwehr sich der Kläger anwaltlicher Hilfe bedienen durfte. Auch gegen die Höhe der geltend gemachten Anwaltskosten, die auf Seite 19 der Klageschrift (Bl. I 19 d.A.) berechnet sind, bestehen keine Einwände: Insbesondere ist der Ansatz einer 1,5 fachen Geschäftsgebühr angesichts der Bedeutung des Streitfalls für den Kläger, der Mehrzahl der hier angegriffenen Erhöhungen und der Tatsache, dass es sich um eine versicherungsrechtliche Spezialmaterie handelt, nicht zu beanstanden.”

II.

Den vorstehenden Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung für den vorliegend Sachverhalt an. Folgendes ist zu ergänzen:

1. Gem. den §§ 203 Abs. 2 u. 5 VVG, 155 Abs. 3 VAG hat die Mitteilung der für die Neufestsetzung der Prämie maßgeblichen Gründe zu enthalten, dass (1) eine einseitige Neufestsetzung der Prämie durch den Versicherer gesetzlich vorgesehen ist, wenn (2) sich mindestens eine der beiden für die Prämienkalkulation des jeweiligen Tarifs maßgeblichen Rechnungsgrundlagen – die Versicherungsleistungen oder die Sterbewahrscheinlichkeiten – (3) um den einschlägigen Mindestschwellenwert nach § 155 Abs. 3 u. 4 VAG oder den allgemeinen Versicherungsbedingungen (sog. auslösender Faktor) gegenüber den kalkulierten Werten nicht nur vorübergehend verändert hat, (4) diese Voraussetzungen im betroffenen Fall gegeben sind und (5) dies nach den berichtigten Rechnungsgrundlagen zu der vorgenommenen Veränderung der Prämie berechtigt. Weitere Rechnungsdetails müssen ebensowenig angegeben werden wie die Personalien des unabhängigen Treuhänders, der der Anpassung zugestimmt hat.

Diese Anforderungen erfüllen die vorliegenden – zudem unübersichtlichen – Anpassungserklärungen nicht. Ob der Vortrag in der Klageerwiderung vom 02.10.2017 – dort S. 34 ff. – eine Heilung der Mängel bewirkt hat, mit der Folge, dass alle streitgegenständlichen Erhöhungen gem. § 203 Abs. 5 VVG zum 01.02.2018 wirksam geworden wären, bedarf auch im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.

2. Denn die streitgegenständlichen Beitragserhöhungen sind mangels Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders unwirksam.

a) Die Unabhängigkeit des der Prämienerhöhung zustimmenden Treuhänders ist eine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Vertragsänderung und im Zivilverfahren voll zu überprüfen. Eine entsprechende verwaltungsrechtliche Überprüfung findet schon zum Zeitpunkt der Treuhänderbestellung und erst Recht bezogen auf die maßgeblichen Zeitpunkte der Zustimmungserklärungen regelmäßig nicht statt. Individueller Rechtsschutz der Versicherungsnehmer besteht im Verwaltungsverfahren auch mangels drittschützender Wirkung des § 157 VAG nicht. Verstöße könnten im Verwaltungsverfahren nur zu Sanktionen für die Zukunft führen, ließen vergangene Zustimmungserklärungen aber unberührt.

b) Der Treuhänder ist unabhängig, wenn bei objektiv-generalisierender, verständiger Würdigung das Vertrauen gerechtfertigt ist, er werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen. Er ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer. Seine Einschaltung soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertragsänderungsrecht einräumt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschränkt. Damit dieser vom Gesetz vorgesehene Ausgleich seine Wirkung entfalten kann, ist für die Beurteilung der Unabhängigkeit des vom Versicherer bestellten Treuhänders der Standpunkt der Gesamtheit der Versicherungsnehmer maßgeblich (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 – IV ZR 162/03 -, BGHZ 164, 297-324, juris Rn. 35 m.w.N.).

c) Diese Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Ob die Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders neben den in § 157 Abs. 1 VAG aufgeführten institutionellen Voraussetzungen auch die sog. wirtschaftliche Unabhängigkeit erfasst und welche Anforderungen insofern gegeben sein müssen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die beiden Treuhänder … und … waren zu den Zeitpunkten ihrer streitgegenständlichen Zustimmungserklärungen schon in institutioneller Hinsicht von der Beklagten nicht unabhängig (neben der ZK 23 – a.a.O. – ebenso: LG Limburg a.d. Lahn, Urteil vom 16.02.2018 – 4 O 181/17 -; LG Aschaffenburg, Urteil vom 04.04.2018 – 33 O 125/17 -; LG Hamburg, Urteil vom 18.04.2018 – 314 O 90/17 -; LG Koblenz, Urteil vom 17.05.2018 – 16 O 219/17 -; LG Landshut, Urteil vom 09.05.2018 – 73 O 1526/17 -). Entgegen der von der Beklagten auf den S. 78 ff. der Klageerwiderung vertretenen Auffassung folgt die erkennende Kammer insoweit der ZK 23 (LG Berlin, Urteil vom 10.01.2018 – 23 O 78/16 -, S. 11 ff.), wonach die Unabhängigkeit des Treuhänders jedenfalls dann nicht mehr gegeben ist, wenn zwischen diesem und dem Versicherer weitere dienstvertragliche Vereinbarungen bestehen und der Treuhänder – wie vorliegend – aufgrund vereinbarter Vorprüfungstätigkeiten oder der Bearbeitung/Abwehr von Beanstandungen der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Leistungen nach § 203 Abs. 2 VVG zum Richter in eigener Sache oder zum Sachwalter des Versicherers wird (vgl. auch § 155 Abs. 3 S. 4 VAG).

3. Mangels wirksamer Treuhänder-Zustimmungen fehlt den streitgegenständlichen erhöhten Beitragszahlungen der Klägerin der Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, was einen entsprechenden Rückzahlungsanspruch begründet.

a) Dem kann nicht mit Erfolg der Treuwidrigkeitseinwand (“dolo agit qui petit, quod statim redditurus est”) entgegen gehalten werden, die Klägerin müsse die zurück gezahlten Beträge sofort wieder an die Beklagte erstatten. Das ist nicht der Fall. Inwieweit die Beklagte berechtigt ist, für die Zukunft neue bzw. wiederholte Beitragserhöhungen vorzunehmen, hängt von den anzuwendenden Grundlagen der Prämienkalkulation ab und steht derzeit nicht fest. Dem Rückzahlungsanspruch steht ferner nicht entgegen, dass die Klägerin Prämiensenkungen hingenommen hat („Rosinenpickerei“). Denn jede Prämienanpassung ist hinsichtlich ihrer Wirksamkeit eigenständig zu beurteilen.

b) Der von der Beklagten vorgebrachte Einwand, im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung seien künftig bei der Klägerin verbleibende Vorteile zu saldieren, entbehrt hinreichender Substanz.

aa) Voraussetzung einer solchen Saldierung wäre, dass derartige künftige Vorteile (z.B. Altersrückstellungen) dem jeweiligen Versicherungsnehmer bestandskräftig zugeflossen sind und bei diesem schon aktuell ein bezifferbarer Vermögensvorteil verbleibt (BGH, Urteil vom 25. März 2015 – VIII ZR 38/14 -, juris Rn. 19). Erlangt im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB ist etwas erst dann, wenn es sich aufgrund des Bereicherungsvorgangs im Vermögen des Bereicherten konkret manifestiert und dadurch eine gegenständliche, also verwertbare Verbesserung der Vermögenslage eingetreten ist (Sprau in Palandt, BGB, 77. Aufl., § 812 Rn. 8).

bb) Dass die Klägerin hier infolge ihrer rechtsgrundlosen Beitragszahlungen etwas in dieser Weise erlangt hat, ist nicht dargelegt. Die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Beitragserhöhungen hat auf die Leistungsverpflichtung der Beklagten, insbesondere die Risikotragung für anfallende Krankheitskosten der Klägerin, keinen Einfluss. Die Beklagte muss die vertraglich geschuldeten Leistungen ohne den unwirksamen Erhöhungsbetrag erbringen. Die behaupteten Altersrückstellungen (Sparprämien) begründen derzeit noch keinen hinreichend manifesten Vermögensvorteil zu Gunsten der Klägerin. Denn es ist nicht vorhersehbar, ob, wann und in welchem Umfang die Klägerin in den Genuss von Altersrückstellungen kommen wird. Der Vertrag kann durch Kündigung oder Tod vorzeitig beendet werden. Die künftige Höhe des wirtschaftlichen Vorteils hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere von den Kapitalerträgen ab, die die Beklagten mit ihren Anlagen erzielt und die auch negativ ausfallen können. Schließlich ist nicht ersichtlich, inwieweit die behaupteten Altersrückstellungen aktuell verwertbar wären, so dass ein bezifferbarer Vermögensvorteil bei der Klägerin nicht festgestellt werden kann.

4. Die geltend gemachten Ansprüche sind nicht verjährt. Der Verjährung unterliegen können gem. § 194 Abs. 1 BGB nur die bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche, nicht hingegen die festzustellenden Rechtsverhältnisse. Einschlägig ist die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB, die gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB am Schluss des Jahres beginnt, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Soweit das OLG Köln (BLD 7) in einem vergleichbaren Fall die Vollendung der Verjährung bejaht hat, ist nicht ausgeführt, welche Tatsachenkenntnis verjährungsauslösend wirken soll. Im Falle eines Bereicherungsanspruchs beginnt die Verjährung, wenn der Gläubiger Tatsachen kennt (oder grob fahrlässig nicht kennt), aus denen sich das Fehlen des rechtlichen Grundes für die Leistung ergibt (Ellenberger in Palandt, BGB, 77. Aufl., § 199 Rn. 27, 33 m.w.N.). Diese Voraussetzungen können hier hinsichtlich der fehlenden Unabhängigkeit der Treuhänder … und … nicht vor der anwaltlichen Beratung durch den Klägervertreter bejaht werden, die nicht vor 2016 stattgefunden hat. Die Erhöhungserklärungen der Beklagten haben zwar die notwendige Tatsachenkenntnis hinsichtlich der unzureichenden Begründung, nicht aber hinsichtlich der fehlenden Unabhängigkeit der Treuhänder verschafft. Eine Nachforschungsobliegenheit “ins Blaue hinein” bestand für die Klägerin ebenfalls nicht.

5. Ansprüche der Klägerin auf Feststellung der Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen und Rückzahlung von Beiträgen sind – insoweit folgt die Kammer der von der ZK 23 vertreten Auffassung nicht – allerdings verwirkt, soweit die Beitragsanpassungen nicht innerhalb von 3 Jahren seit ihrem Inkrafttreten beanstandet worden sind, § 242 BGB. Dies betrifft die Erhöhungen im Tarif TV 42 zum 01.01.2012 und 01.01.2013.

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment (zu a)) ein Umstandsmoment (zu b)) voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 9). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – XI ZR 298/17 -, Rn. 9, juris)

a) Das „Zeitmoment“ ist dann verwirklicht, wenn seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, ein längerer Zeitraum verstrichen ist. Die erforderliche Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, konkrete Fristen lassen sich nicht generell bestimmen. Vielmehr sind die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des vom Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Auflage, § 242, Rn. 93, m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat für den Fall der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel in einem langjährigen Gasversorgungsverhältnis erkannt, dass eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges vorliegt, wenn der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhung geltend macht (BGH, Urteil vom 6. April 2016, – VIII ZR 79/15, Rn. 20, m.w.N.). Diese Störung des Vertragsgefüges ist nach Auffassung des BGH im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise zu beheben, dass der Gasabnehmer die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht mehr geltend machen kann, wenn sie nicht innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnungen, in denen die Preiserhöhungen erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (BGH, a.a.O., Rn. 21). Die Kammer verkennt nicht, dass die unmittelbare Übertragung dieser Grundsätze auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt nicht in Betracht kommt, da keine Preisanpassung auf AGB- rechtlicher Grundlage in Frage steht.

Ein anerkennenswertes Bedürfnis, bei langfristigen Vertragsverhältnissen, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten (vergl. BGH, Urteil vom 14. März 2012 – VIII ZR 113/11 -, BGHZ 192, 372-384, Rn. 26), besteht aber in gleicher Weise, wenn die “Preisanpassung“ bzw. Beitragsanpassung – wie hier – auf gesetzlicher Grundlage erfolgt. Nach Auffassung der Kammer ist es daher in gleicher Weise geboten, Einwände des Versicherungsnehmers gegen eine Beitragsanpassung dann nicht mehr zuzulassen, wenn er dieser über einen längeren Zeitraum nicht entgegengetreten ist. Den vom Bundesgerichtshof für maßgeblich erachteten Zeitraum von drei Jahren, der im Übrigen der Regelverjährung nach § 195 BGB entspricht, erachtet die Kammer auch für den vorliegenden Fall für sachgerecht.

b) Das „Umstandsmoment“ erfordert es, dass der Verpflichtete sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein (vermeintliches) Recht nicht mehr geltend machen. Ferner muss sich der Verpflichtete aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Das Umstandsmoment ist in der Regel dann erfüllt, wenn der Schuldner im Hinblick auf die nicht Geltendmachung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen hat (Palandt, a.a.O., Rn. 95, m.w.N.).

So liegt es hier. Die Beklagte ist gesetzlich verpflichtet, die Tarife jährlich nach der Entwicklung der Versicherungsleitungen und der Sterbewahrscheinlichkeit der Tarifmitglieder zu überprüfen und ggf. Beitragsanpassungen vorzunehmen (§ 155 Abs. 3 VAG n.F. bzw. § 12b Abs. 2 a.F.). Die aktuellen Beitragshöhen sind daher Grundlage der Kalkulation für die Beiträge des Folgejahres. Die Beklagte hat somit im Vertrauen auf den Bestand vergangener Anpassungen von neuerlichen Erhöhungen abgesehen, die ansonsten notwendigerweise zu erfolgen gehabt hätten. Da eine rückwirkende Beitragserhöhung gem. § 203 Abs. 5 VVG nicht in Betracht kommt, besteht für die Beklagte auch keine Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass – anders als in Fällen einer einmaligen Zahlung – regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die unbeanstandet über einen längeren Zeitraum erbracht werden, bei dem Empfänger in besonderer Weise berechtigtes Vertrauen in den Bestand der Leistungen begründen. Das gilt in verstärktem Maße dann, wenn – wie hier – der Rechtsgrund der regelmäßigen Leistungen darin besteht, die Kosten einer Risikotragung zu decken, die der Zahlungsempfänger fortlaufend aufzuwenden hat. Auch im Hinblick darauf, dass der Versicherungsnehmer eine auskömmliche Kalkulation der Beiträge über die gesamte Vertragslaufzeit erwartet und erwarten darf, ihm nicht verborgen bleiben kann, dass der Versicherer die jeweiligen Tarife für die Folgezeit im Vertrauen auf den Bestand zurückliegender Beitragsanpassungen kalkuliert und er hierdurch, nicht zuletzt durch die Bildung entsprechender Altersrückstellungen, auch profitiert, stellt es sich als illoyale Verspätung dar, wenn Erhöhungen erst mehr als 3 Jahre nach Inkrafttreten angegriffen werden.

Ob die Beklagte davon ausgegangen ist oder ausgehen musste, dass der Kläger von der möglichen Unwirksamkeit der Beitragsanpassung keine Kenntnis habe, schließt die Verwirkung nicht aus (vergleiche BGH, Urteil vom 23. Januar 2018, – XI ZR 298/17, für den Fall der Unkenntnis des Widerrufsrechts). Nichts anderes gilt für den Umstand, dass der Versicherer “die Situation selbst herbeigeführt hat“ weil er einen Treuhänder hinzugezogen hat, der die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt (vergl. BGH, a.a.O., für den Fall der Erteilung einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung). Soweit der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 7. Mai 2014 – IV ZR 76/11) eine abweichende Auffassung vertreten hat, hat er mit Beschluss vom 27. September 2017 – IV ZR 506/15) klargestellt, dass allgemeine Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlerhafte Belehrung über das Widerspruchsrecht einer Anwendung von § 242 BGB entgegenstehe nicht aufgestellt werden können. Dem entsprechend gilt auch hier, dass allein der Umstand, dass die Beklagte einen Treuhänder bestellt hat, der die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, den Einwand der Verwirkung nicht ausschließt.

c) Der Rückzahlungsanspruch besteht daher nur in Höhe von € 3.214,14. Der Betrag setzt sich zusammen aus den Zahlungen der Klägerin auf den Tarif EL 400 für Januar 2014 bis Juni 2017 (42 x € 60,26 = 2.530,92) und für Januar bis Juni 2017 (6 x € 113,87 = 683,22).

d) Verzugszinsen sind in Höhe der mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2016 (K 11) unter Setzung einer 14-tägigen Frist angemahnten € 2.713,56 ab dem – wie beantragt – 01.02.2017 und im Übrigen erst ab Rechtshängigkeit (§ 291 BGB) begründet.

6. Die Erhöhung des Selbstbehaltes im … 400 um € 100,00 zum 01.01.2015 ist aus den vorstehenden Gründen ebenfalls unwirksam, weil deren Wirksamkeit gem. § 203 Abs. 2 S. 2 VVG i.V.m. § 155 Abs. 3 VAG gleichfalls die Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders voraussetzt, die nicht vorliegt. Ob die Anpassung auch deshalb unwirksam ist, weil die notwendige vertragliche Grundlage fehlt (§ 8b AVB i.V.m. § 208 VVG), bedarf daher keiner Entscheidung.

7. Hinsichtlich des Anspruchs auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, der – wie die ZK 23 ausgeführt hat – als Schadensersatzanspruch begründet ist, liegt auch das gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB notwendige Verschulden der Beklagten vor. Zwar stellt sich nicht jede unberechtigte Geltendmachung eines Rechts als schuldhaft dar. Solches ist nur der Fall, wenn der Rechtsstandpunkt des Gläubigers aus dessen Sicht nach Vorprüfung nicht plausibel war (BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 – V ZR 133/08 -, BGHZ 179, 238-249, juris Rn. 20). Das war hier allerdings der Fall. Denn bei einer Prüfung der gesetzlichen Erhöhungsvoraussetzungen hätte es der Beklagten auffallen müssen, dass die Anforderungen des § 157 Abs. 1 VAG an die institutionelle Unabhängigkeit der Treuhänder … und … nicht erfüllt waren.

Erstattungsfähig sind jedoch nur Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 1.317,57. Diese ergeben sich bezogen auf einen berechtigten Gegenstandswert von bis zu € 13.000,00 (Antrag zu 1: € 8.825,46, Antrag zu 2: € 3.214,14 und Antrag zu 4: € 350,00). Der Ansatz einer 1,8 Geschäftsgebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale sowie Umsatzsteuer ist wg. der betroffenen Spezialmaterie, des überdurchschnittlichen Aufwandes und der grundsätzlichen sowie sich dauerhaft auswirkenden Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin nicht zu beanstanden.

8. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz der Beklagten vom 02. und 05.07.2018 war gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.

 

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