Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Unfall und Invalidität: Wichtige Aspekte der Versicherung und Gutachtenerstellung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche formalen Anforderungen muss eine ärztliche Invaliditätsfeststellung für die Unfallversicherung erfüllen?
- Welche Fristen gelten für die Einreichung der ärztlichen Invaliditätsfeststellung?
- Was muss der Arzt in der Invaliditätsfeststellung dokumentieren?
- Wie kann eine fehlerhafte oder unvollständige Invaliditätsfeststellung korrigiert werden?
- Wann kann die Versicherung eine ärztliche Invaliditätsfeststellung ablehnen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Coburg
- Datum: 14.02.2024
- Aktenzeichen: 12 O 362/23
- Verfahrensart: Zivilverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin beansprucht Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung aufgrund eines behaupteten Unfallereignisses. Sie argumentiert, dass eine schriftliche ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht erforderlich sei und dass sie aufgrund der dauerhaften Beeinträchtigung ihres Knies Anspruch auf die Versicherungsleistung hat.
- Beklagte: Die Beklagte, eine Versicherungsgesellschaft, lehnt die Leistung ab, da die notwendige ärztliche Invaliditätsfeststellung gemäß den Versicherungsbedingungen nicht vorliege und bestreitet, dass ein unfallbedingter Dauerschaden vorliegt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin machte Ansprüche aus einer privaten Unfallversicherung geltend. Sie behauptet, am 12.05.2021 einen Unfall erlitten zu haben, der zu einer dauerhaften Beeinträchtigung ihres rechten Knies geführt habe. Die Beklagte verweigerte die Auszahlung, da keine ärztliche Invaliditätsfeststellung innerhalb der vertraglich vorgeschriebenen Frist vorgelegt wurde.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob eine schriftliche ärztliche Invaliditätsfeststellung gemäß den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen erforderlich ist, um den Anspruch auf Versicherungsleistungen zu begründen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die notwendige ärztliche Invaliditätsfeststellung nicht erbracht wurde. Gemäß den Versicherungsbedingungen (AUB 95) muss die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall und spätestens nach weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt sein. Mangels dieser Feststellung besteht kein Anspruch auf Leistung. Die Frist dient der Klarheit und Sicherstellung einer schnellen Schadensklärung seitens des Versicherers.
- Folgen: Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Es besteht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten oder Verzugszinsen. Das Urteil verdeutlicht, dass die Einhaltung formaler Fristen und Nachweiselemente in Versicherungsverträgen unerlässlich ist. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Unfall und Invalidität: Wichtige Aspekte der Versicherung und Gutachtenerstellung
Unfälle können schnell geschehen und gravierende Folgen für die Gesundheit haben. Die Unfallversicherung bietet einen wichtigen Schutz, insbesondere wenn es um die Feststellung der Invalidität nach einem Unfall geht. Damit ein Leistungsanspruch auf Invaliditätsrente besteht, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die häufig durch medizinische Gutachten untermauert werden. Diese Gutachten sind entscheidend für die Bewertung des Invaliditätsgrads und für den Nachweis der Invalidität, um zu bestimmen, inwieweit der Versicherte beeinträchtigt ist.
Die ärztliche Invaliditätsfeststellung spielt eine zentrale Rolle im Prozess der Schadenmeldung und der nachfolgenden Risikobewertung. Dabei geht es nicht nur um die finanziellen Leistungen der Unfallversicherung, sondern auch um die mögliche Rehabilitation nach dem Unfall und die Sicherstellung eines angemessenen Versicherungsschutzes. Im Folgenden wird ein konkreter Fall näher betrachtet, der Aufschluss über die rechtlichen und praktischen Aspekte der Invaliditätsfeststellung bietet.
Der Fall vor Gericht
Private Unfallversicherung: Kein Anspruch ohne schriftliche ärztliche Invaliditätsfeststellung
Ein Versicherungsnehmer muss für Ansprüche aus der privaten Unfallversicherung eine schriftliche ärztliche Feststellung der Invalidität innerhalb der vertraglich vereinbarten Fristen vorlegen. Dies entschied das Landgericht Coburg in einem Rechtsstreit zwischen einer Versicherungsnehmerin und einer Unfallversicherung.
Sturz mit Knieverletzung als Ausgangspunkt
Die Klägerin gab an, am 12. Mai 2021 beim Aufwaschen in ihrer Wohnung auf ausgetretenem Wasser ausgerutscht und auf beide Knie gefallen zu sein. Dabei habe sie am rechten Knie eine hühnereigroße Schwellung erlitten. Eine spätere Kernspintomographie zeigte eine Rissbildung im Meniskus sowie eine Partialläsion des vorderen Kreuzbandes. Im Oktober 2021 wurde eine Arthroskopie mit Innenmeniskuspartialresektion durchgeführt.
Versäumte Fristen und fehlende Dokumentation
Die private Unfallversicherung der Klägerin sah in den Versicherungsbedingungen vor, dass eine dauerhafte Beeinträchtigung innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eintreten sowie spätestens drei Monate später ärztlich festgestellt sein muss. In den vorgelegten ärztlichen Unterlagen fand sich jedoch keine Dokumentation über das Vorliegen und die Dauerhaftigkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie deren Ursächlichkeit durch den Unfall.
Schriftlichkeit als zwingende Voraussetzung
Das Landgericht Coburg stellte klar, dass die ärztliche Invaliditätsfeststellung schriftlich erfolgen muss. Eine spätere Zeugenvernehmung des behandelnden Arztes reiche nicht aus. Die schriftliche Feststellung dient laut Gericht der Rechtssicherheit und Beweissicherung. Sie soll dem Versicherer ermöglichen, den Fall zeitnah zu prüfen und schwer abklärbare Spätschäden auszuschließen.
Keine Ausnahme trotz Sachprüfung
Die Berufung auf die fehlende schriftliche Feststellung bleibt dem Versicherer auch dann möglich, wenn er zuvor eine inhaltliche Prüfung des Falls vorgenommen hat. Das Gericht sah darin keinen Verzicht auf formale Anforderungen. Die Klage wurde daher ohne Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen abgewiesen.
Weitreichende Konsequenzen für Versicherte
Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung formaler Anforderungen in der privaten Unfallversicherung. Die schriftliche ärztliche Feststellung der Invalidität ist eine zwingende Anspruchsvoraussetzung, die nicht durch nachträgliche Zeugenaussagen ersetzt werden kann. Versicherte müssen daher besonders auf die Einhaltung der vertraglichen Fristen und die schriftliche Dokumentation der unfallbedingten Dauerschäden achten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Eine schriftliche ärztliche Feststellung der Invalidität ist für Ansprüche aus einer privaten Unfallversicherung zwingend erforderlich und kann nicht durch eine spätere Zeugenaussage des Arztes ersetzt werden. Diese Feststellung muss innerhalb der vertraglich vereinbarten Fristen erfolgen und dokumentieren, dass ein unfallbedingter Dauerschaden vorliegt. Der Versicherer kann sich auch dann noch auf eine fehlende schriftliche Feststellung berufen, wenn er zuvor aus anderen Gründen die Leistung abgelehnt hat.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie nach einem Unfall Leistungen aus Ihrer privaten Unfallversicherung beanspruchen möchten, müssen Sie unbedingt eine schriftliche ärztliche Feststellung der Invalidität innerhalb der Versicherungsfristen einholen. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt schriftlich bestätigen, dass die Verletzungen unfallbedingt sind und voraussichtlich zu dauerhaften Beeinträchtigungen führen. Eine mündliche Zusage des Arztes oder spätere Behandlungsunterlagen reichen nicht aus. Prüfen Sie in Ihren Versicherungsbedingungen die genauen Fristen – typischerweise haben Sie ein Jahr Zeit nach dem Unfall, und die ärztliche Feststellung muss innerhalb weiterer drei Monate erfolgen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche formalen Anforderungen muss eine ärztliche Invaliditätsfeststellung für die Unfallversicherung erfüllen?
Eine ärztliche Invaliditätsfeststellung muss zwingend in schriftlicher Form erfolgen. Eine mündliche Feststellung oder eine spätere Zeugenaussage des Arztes genügen nicht.
Inhaltliche Erfordernisse
Die ärztliche Feststellung muss folgende Angaben konkret benennen:
- Die unfallbedingte Ursache der Gesundheitsschädigung
- Die Art der Gesundheitsbeeinträchtigung
- Eine Prognose zur Dauerhaftigkeit der Schädigung
Zeitliche Vorgaben
Die Invaliditätsfeststellung muss innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist erfolgen, die üblicherweise 15 Monate nach dem Unfall beträgt. Die bloße Untersuchung durch einen Arzt innerhalb der Frist reicht nicht aus – die schriftliche Feststellung muss innerhalb der Frist vorliegen.
Formelle Ausgestaltung
Die Anforderungen an die Feststellung sind nicht übermäßig hoch. Sie muss sich nicht abschließend zu einem bestimmten Invaliditätsgrad äußern. Die reine Nennung von Diagnosen in einem Befundbericht genügt jedoch nicht – es muss eine konkrete Aussage zur Invalidität getroffen werden.
Bedeutung für den Versicherungsfall
Die korrekte ärztliche Feststellung ist eine zwingende Anspruchsvoraussetzung. Nur die in der Feststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden können als Grundlage für den Anspruch auf Invaliditätsentschädigung dienen. Wenn Sie einen Unfall mit möglichen dauerhaften Gesundheitsschäden erleiden, sollten Sie die Invaliditätsfeststellung zeitnah veranlassen.
Welche Fristen gelten für die Einreichung der ärztlichen Invaliditätsfeststellung?
Die ärztliche Invaliditätsfeststellung muss in der Regel innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall schriftlich durch einen Arzt erfolgen und beim Versicherer eingereicht werden. Diese Frist setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
Eintritt der Invalidität
Die unfallbedingte Invalidität muss zunächst innerhalb von 12 Monaten nach dem Unfall eingetreten sein. In einigen neueren Versicherungsverträgen kann diese Frist auch auf bis zu 24 Monate verlängert sein.
Ärztliche Feststellung und Dokumentation
Nach Eintritt der Invalidität haben Sie weitere 3 Monate Zeit, um die ärztliche Feststellung durchführen zu lassen. Die Feststellung muss schriftlich erfolgen und folgende Elemente enthalten:
- Eine Beschreibung der konkreten körperlichen Beeinträchtigung
- Den Zusammenhang mit dem Unfall
- Die Dauerhaftigkeit der Gesundheitsschäden
Rechtliche Bedeutung der Frist
Die fristgerechte ärztliche Feststellung ist eine zwingende Anspruchsvoraussetzung. Wenn Sie diese Frist versäumen, verlieren Sie Ihren Anspruch auf Invaliditätsleistungen – selbst wenn tatsächlich eine unfallbedingte Invalidität vorliegt. Eine nachträgliche Fristverlängerung ist grundsätzlich nicht möglich.
Besonderheiten der Fristberechnung
Der Versicherer muss Sie nach Eingang der Unfallmeldung über diese Fristen informieren. Unterlässt der Versicherer diesen Hinweis, kann er sich später nicht auf die versäumte Frist berufen. Die Frist beginnt mit dem Tag des Unfalls und endet nach 15 Monaten. Eine mündliche Feststellung durch den Arzt reicht nicht aus – die Dokumentation muss zwingend schriftlich erfolgen.
Was muss der Arzt in der Invaliditätsfeststellung dokumentieren?
Die ärztliche Invaliditätsfeststellung muss drei zentrale Aspekte schriftlich dokumentieren:
Gesundheitsschaden und dessen Auswirkungen
Der Arzt muss eine konkrete Beschreibung der körperlichen Beeinträchtigung vornehmen. Dabei ist wichtig, dass die Art der Gesundheitsschädigung und deren spezifische Auswirkungen auf die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit eindeutig benannt werden.
Unfallbedingte Ursächlichkeit
In der Dokumentation muss der direkte Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem festgestellten Gesundheitsschaden klar herausgestellt werden. Dabei sind Formulierungen wie „möglicherweise“ oder „eventuell“ nicht ausreichend – die Kausalität muss eindeutig bestätigt werden.
Dauerhaftigkeit der Schädigung
Der Arzt muss unmissverständlich feststellen, dass es sich um einen dauerhaften Gesundheitsschaden handelt. Ein Gesundheitsschaden gilt als dauerhaft, wenn er voraussichtlich länger als drei Jahre ab dem Unfalldatum bestehen wird. Einschränkende Formulierungen wie „voraussichtlich“ oder „wahrscheinlich“ sind dabei zu vermeiden.
Wie kann eine fehlerhafte oder unvollständige Invaliditätsfeststellung korrigiert werden?
Eine fehlerhafte oder unvollständige Invaliditätsfeststellung kann nur innerhalb der 15-Monatsfrist korrigiert werden. Bei der Korrektur müssen Sie besonders auf folgende Aspekte achten:
Formale Anforderungen
Die ärztliche Feststellung muss unmissverständlich attestieren, dass die aufgelisteten Verletzungen auf das konkrete Unfallereignis zurückzuführen sind und zu einer sicher festgestellten Invalidität führen. Vage Formulierungen wie „wahrscheinlich“ oder „möglicherweise“ sind nicht ausreichend und müssen entsprechend korrigiert werden.
Inhaltliche Korrektur
Die Feststellung muss zwingend die Ursache der Invalidität und die Art ihrer Auswirkung enthalten. Wenn diese Angaben fehlen oder unvollständig sind, können Sie einen Arzt aufsuchen und eine ergänzende Bescheinigung einholen. Der Arzt muss dabei einen konkreten, die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden Schaden angeben.
Zeitliche Aspekte
Wenn der Versicherer bereits in die Schadensbearbeitung eingetreten ist und eigene Gutachten einholt, kann dies in bestimmten Fällen zu einer Verlängerung der Korrekturfrist führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherer zu verstehen gibt, dass er sich der Feststellung der Invalidität bereits annimmt.
Typische Korrekturbedürftige Mängel
Eine Korrektur ist besonders in folgenden Fällen erforderlich:
- Wenn die Feststellung nicht schriftlich erfolgt ist
- Wenn der Zusammenhang zwischen Unfall und Invalidität nicht eindeutig beschrieben wurde
- Wenn die Dauerhaftigkeit der Schädigung nicht klar bestätigt wurde
Bei der Korrektur ist zu beachten, dass der Arzt sich nicht zum Umfang der Invalidität äußern muss. Die Feststellung dient lediglich dazu, dem Versicherer die Möglichkeit zu geben, eigene Untersuchungen durchzuführen.
Wann kann die Versicherung eine ärztliche Invaliditätsfeststellung ablehnen?
Eine Versicherung kann eine ärztliche Invaliditätsfeststellung in mehreren Fällen ablehnen:
Formelle Mängel der Feststellung
Die ärztliche Invaliditätsfeststellung muss eindeutig den Dauerschaden und dessen Kausalität zum versicherten Unfallereignis beschreiben. Wenn die Feststellung keine klare Aussage über die Ursache und Art der Auswirkungen der Invalidität enthält, kann die Versicherung sie ablehnen.
Fachliche Qualifikation
Die Feststellung muss von einem approbierten Arzt vorgenommen werden. Bescheinigungen von Neuropsychologen oder anderen nicht-ärztlichen Therapeuten werden nicht anerkannt. Bei bestimmten Verletzungen kann die Versicherung auch verlangen, dass ein entsprechender Facharzt die Feststellung vornimmt.
Zeitliche Aspekte
Wenn die Feststellung nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist – typischerweise 15 Monate nach dem Unfall – bei der Versicherung eingeht, kann sie abgelehnt werden. Diese Frist gilt auch dann, wenn die Versicherung zunächst aus anderen Gründen die Leistung verweigert hat.
Inhaltliche Anforderungen
Die Feststellung muss konkrete Angaben enthalten zu:
- Der unfallbedingten Schädigung
- Dem betroffenen Körperbereich
- Der Ursache des Dauerschadens
- Der Prognose zur Dauerhaftigkeit
Ausschlussgründe
Die Versicherung kann die Feststellung auch ablehnen, wenn der Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss geschah, oder wenn psychische Reaktionen ohne organische Grundlage vorliegen. Bei Vorerkrankungen muss die Feststellung klar zwischen unfallbedingten und vorbestehenden Schäden differenzieren.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Invalidität
Ein dauerhafter gesundheitlicher Schaden, der die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. In der Unfallversicherung ist damit eine bleibende Beeinträchtigung durch einen Unfall gemeint, die auch nach Abschluss der Heilbehandlung bestehen bleibt. Die Schwere wird in Prozent ausgedrückt und bestimmt die Höhe der Versicherungsleistung. Nach § 186 SGB VI liegt eine Invalidität vor, wenn die Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft gemindert ist. Beispiel: Eine dauerhafte Kniegelenkversteifung nach einem Unfall mit 20% Invaliditätsgrad.
Invaliditätsfeststellung
Die ärztliche Untersuchung und schriftliche Dokumentation, die den Grad und die Dauerhaftigkeit einer unfallbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigung bestätigt. Diese muss innerhalb vertraglich festgelegter Fristen erfolgen und ist Voraussetzung für Leistungen aus der privaten Unfallversicherung. Basiert auf § 7 AUB (Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen). Beispiel: Ein Arzt stellt drei Monate nach einem Unfall schriftlich fest, dass eine Fingerverletzung zu einer dauerhaften 10%igen Funktionseinschränkung führt.
Partialläsion
Eine teilweise (partielle) Schädigung oder Verletzung von Gewebe, in diesem Fall des vorderen Kreuzbandes. Im Unterschied zum kompletten Riss (Totalruptur) ist nur ein Teil der Fasern betroffen. Die Diagnose erfolgt meist durch bildgebende Verfahren wie MRT. Relevant für die Bewertung des Invaliditätsgrades nach § 15 AUB. Beispiel: Bei einem Sportunfall reißen 30% der Fasern des vorderen Kreuzbandes, während 70% intakt bleiben.
Rehabilitation
Alle medizinischen, beruflichen und sozialen Maßnahmen, die nach einem Unfall zur Wiedereingliederung und Wiederherstellung der Gesundheit dienen. Geregelt im SGB IX und wichtig für die Bewertung der dauerhaften Invalidität. Die Reha-Maßnahmen können den endgültigen Invaliditätsgrad beeinflussen. Beispiel: Nach einer Knieverletzung erfolgt eine mehrwöchige Physiotherapie zur Wiederherstellung der Beweglichkeit.
Versicherungsbedingungen
Die vertraglichen Regelungen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer, die Rechte und Pflichten festlegen. Sie bestimmen Fristen, Formvorschriften und Leistungsvoraussetzungen. Basierend auf § 7 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) sind sie bindend für beide Parteien. Beispiel: Die Bedingungen legen fest, dass eine Invalidität innerhalb eines Jahres eintreten und drei Monate später ärztlich festgestellt sein muss.
Beeinträchtigung
Eine durch Unfall verursachte Minderung der körperlichen oder geistigen Funktionsfähigkeit. Im Versicherungsrecht relevant für die Bestimmung des Invaliditätsgrades nach § 15 AUB. Muss dauerhaft sein, um einen Leistungsanspruch zu begründen. Beispiel: Eine unfallbedingte dauerhafte Einschränkung der Kniebeweglichkeit um 50% stellt eine versicherungsrelevante Beeinträchtigung dar.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 7 I (1) AUB 95: Diese Regelung aus den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 95) statuiert, dass ein Leistungsanspruch aus der Unfallversicherung nur besteht, wenn eine dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und ärztlich festgestellt wurde. Zudem muss der Versicherungsnehmer innerhalb von drei Monaten nach der ärztlichen Feststellung seinen Anspruch geltend machen. Im vorliegenden Fall stellte die Klägerin einen Anspruch aufgrund eines Unfallereignisses am 12.05.2021, was direkt mit dieser Vorschrift verknüpft ist, da die rechtzeitige ärztliche Feststellung und Deckungspunkte für den Anspruch entscheidend sind.
- Leitsatz 1: Laut dem Leitsatz des Urteils muss sich aus der ärztlichen Feststellung von Invalidität sowohl die unfallbedingte Ursache des Gesundheitsschadens als auch die Prognose seiner Dauerhaftigkeit ergeben. Diese Feststellungen sind für die Bewertung des Invaliditätsanspruchs entscheidend. In diesem Fall war unklar, ob die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen wirklich auf den Unfall zurückzuführen sind und ob die ärztlichen Feststellungen dies ausreichend bestätigen.
- Leitsatz 2: Dieser Leitsatz besagt, dass sich der Versicherungsnehmer nicht allein auf das Zeugnis eines behandelnden Arztes stützen kann, um den Nachweis einer Invalidität zu führen. Dies bedeutet, dass die Klägerin möglicherweise zusätzliche, unabhängige ärztliche Gutachten oder Nachweise hätte vorlegen müssen, um ihre Ansprüche zu bekräftigen. Die Beklagte wies die Ansprüche ab, da die Klägerin ihrer Nachweispflicht nicht ausreichend nachgekommen sei.
- Leitsatz 3: Nach dieser Feststellung steht es der Beklagten nicht entgegen, einen Anspruch wegen fehlender fristgemäßer ärztlicher Feststellung abzulehnen, auch wenn sie die Sachprüfung eingeleitet hat. Dies bedeutet, dass auch wenn die Beklagte eine Prüfung vorgenommen hat, die Klägerin trotzdem nicht von der Pflicht befreit ist, alle erforderlichen Fristen sowie Nachweisführungen einzuhalten. Im konkreten Fall stellte dies einen wesentlichen Aspekt dar, da die Beklagte letztlich aus unterschiedlichen Gründen die Leistung ablehnte und die Klägerin somit vor der Herausforderung stand, diese fristgerechten Formalitäten zu erfüllen.
- § 286 ZPO (Zivilprozessordnung): Das Vorliegen dieser Vorschrift ist relevant, da sie die Beweislast und die Pflicht der Parteien zur Darlegung des Streitgegenstands regelt. Die Klägerin hätte gemäß dieser Norm die Beweislast dafür getragen, dass ihre gesundheitlichen Schäden unfallbedingt sind und dass alle formellen Anforderungen an die Anspruchsstellung erfüllt wurden. Da die Beklagte die Überprüfung der Verletzung von Beweislast und Fristen anführt, steht dies in direktem Zusammenhang mit der Ablehnung der Ansprüche der Klägerin.
Das vorliegende Urteil
LG Coburg – Az.: 12 O 362/23 – Endurteil vom 14.02.2024
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