Ein scheinbar gewöhnlicher Tag endete für eine Familie in einer deutschen Großstadt im Unglück: Ihr Ehemann wurde bewusstlos auf dem Küchenboden gefunden. Er verstarb fünfzehn Tage später an den Folgen einer Gehirnblutung, worauf seine Witwe die Todesfallleistung der Unfallversicherung einforderte. Der Versicherer lehnte die Zahlung jedoch ab, da der angebliche Unfall als Ursache für den Tod nicht bewiesen werden konnte.
Übersicht
- Das Urteil in 30 Sekunden
- Die Fakten im Blick
- Der Fall vor Gericht
- Was geschah in der Küche? Ein rätselhafter Vorfall und ein hoher Versicherungsanspruch
- Was verlangte die Witwe von der Versicherung und warum?
- Welche Einwände erhob der Versicherer?
- Welche zentrale Frage musste das Gericht klären?
- Warum konnte das Gericht keinen Unfall feststellen?
- Warum wurden die Argumente und Beweisangebote der Witwe abgelehnt?
- Wie lautete das abschließende Urteil und warum?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Das Urteil in der Praxis
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was versteht man unter einem ‚Unfall‘ im Sinne einer privaten Unfallversicherung?
- Wer trägt die Beweislast, um einen Versicherungsanspruch aus einer privaten Unfallversicherung durchzusetzen?
- Inwieweit können Indizien oder indirekte Beweise bei der Geltendmachung eines Versicherungsanspruchs aus einer privaten Unfallversicherung eine Rolle spielen?
- Welche Bedeutung haben plausible alternative Erklärungen für eine Gesundheitsschädigung bei der Beurteilung eines Versicherungsfalls?
- Wie können Vorerkrankungen die Leistungspflicht einer privaten Unfallversicherung beeinflussen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 41 O 690/24 Ver | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Urteil in 30 Sekunden
- Das Problem: Eine Frau forderte Geld von der Unfallversicherung ihres Mannes, da sie glaubte, er sei gestürzt und daran verstorben. Die Versicherung weigerte sich jedoch zu zahlen.
- Die Frage: War der Tod des Mannes ein Unfall, für den die Versicherung zahlen musste?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht sah keinen ausreichenden Beweis für einen Unfall als Todesursache. Es waren auch andere Gründe denkbar.
- Das bedeutet das für Sie: Wer Geld von einer Unfallversicherung will, muss einen Unfall beweisen. Reine Vermutungen reichen oft nicht aus.
Die Fakten im Blick
- Gericht: Landgericht Bamberg
- Datum: 10.04.2025
- Aktenzeichen: 41 O 690/24 Ver
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Witwe eines verstorbenen Mannes. Sie forderte von der Versicherung Leistungen aus dem Unfallversicherungsvertrag ihres Ehemanns.
- Beklagte: Ein Versicherungsunternehmen. Es lehnte die Zahlung der Versicherungsleistungen ab.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Ehemann der Klägerin wurde bewusstlos in seiner Küche gefunden und verstarb später im Krankenhaus. Die Klägerin behauptete, dies sei die Folge eines Sturzes, die Beklagte sah eine unfallunabhängige Ursache.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Muss die Unfallversicherung zahlen, wenn der Versicherte bewusstlos zusammenbricht und später stirbt, aber ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen nicht zweifelsfrei bewiesen ist?
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Klage abgewiesen.
- Zentrale Begründung: Das Gericht konnte nicht feststellen, dass der Tod des Ehemanns durch ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis verursacht wurde.
- Konsequenzen für die Parteien: Die Klägerin erhält keine Versicherungsleistungen und muss die Gerichtskosten tragen.
Der Fall vor Gericht
Was geschah in der Küche? Ein rätselhafter Vorfall und ein hoher Versicherungsanspruch
Es war ein scheinbar gewöhnlicher Septembertag, der das Leben einer Familie in einer deutschen Großstadt für immer veränderte. Gegen Mittag fand eine Angehörige den Ehemann der späteren Klägerin bewusstlos auf dem Fußboden der Küche. Der Mann, der noch am Morgen wohlauf gewesen war, trug nur gestrickte Strümpfe.

Eine sichtbare Kopfverletzung war nicht festzustellen. Sofort wurde er in ein nahegelegenes Klinikum gebracht, wo die Ärzte eine schwere Gehirnblutung feststellten. Fünfzehn Tage später verstarb der Versicherte an den Folgen einer Lungenembolie. Für seine Witwe war klar: Ihr Ehemann musste gestürzt sein, und dieser Sturz hatte die Blutung verursacht. Sie forderte von der Unfallversicherung eine beträchtliche Summe – eine Todesfallleistung und ein Krankenhaustagegeld. Doch der Versicherer weigerte sich zu zahlen. Der Fall landete vor dem Landgericht Bamberg.
Was verlangte die Witwe von der Versicherung und warum?
Die Witwe sah sich als berechtigte Empfängerin der Leistungen aus der Unfallversicherung ihres verstorbenen Mannes. Dieser hatte einen Vertrag mit einem großen Versicherer abgeschlossen, der im Todesfall einen fünfstelligen Betrag vorsah. Zusätzlich sollte ein Krankenhaustagegeld für jeden Tag gezahlt werden, den der Versicherte im Krankenhaus verbringen musste.
Die Grundlage für diese Ansprüche bildeten die Allgemeinen Unfall-Versicherungsbedingungen, kurz AUB 2012. Nach Ansicht der Witwe war der Vorfall in der Küche ein klarer Unfall: Ihr Mann sei gestürzt und habe sich dabei die Gehirnblutung zugezogen. Diese Blutung und ihre Folgen – darunter die letztlich tödliche Lungenembolie – seien die direkte Konsequenz dieses Sturzes. Für sie war der Todesfall somit eindeutig ein versichertes Ereignis.
Welche Einwände erhob der Versicherer?
Der Versicherer sah die Sache anders und lehnte eine Zahlung ab. Er zweifelte daran, dass überhaupt ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen stattgefunden hatte. Zum einen sprach für den Versicherer das Fehlen einer sichtbaren Kopfverletzung gegen einen Sturz. Zum anderen hielt er es für wahrscheinlicher, dass die Gehirnblutung zuerst eingetreten war und der Mann daraufhin zusammensackte oder sich hinlegte – und nicht umgekehrt, dass ein Sturz die Blutung verursachte. Der Versicherer verwies auf Vorerkrankungen des Versicherten, insbesondere seinen Bluthochdruck, der ein Risikofaktor für solche Blutungen sei.
Auch wenn ein Sturz angenommen würde, gab der Versicherer zu bedenken, dass die Versicherungsbedingungen sogenannte Gehirnblutungen explizit vom Versicherungsschutz ausschließen, es sei denn, ein Unfallereignis sei die „überwiegende Ursache“. Vorsorglich argumentierte der Versicherer zudem, dass selbst im Falle eines Unfalls die bereits bestehenden Erkrankungen des Mannes – wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes und starkes Übergewicht – einen sehr hohen Anteil am eingetretenen Schaden gehabt hätten, was die Leistung erheblich mindern würde.
Welche zentrale Frage musste das Gericht klären?
Das Gericht musste zunächst die Kernfrage beantworten, ob überhaupt ein „Unfall“ im Sinne des Versicherungsvertrags vorlag. Die Bedingungen des Versicherers, die sogenannten AUB 2012, definieren einen Unfall als ein „plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis“, das unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung verursacht.
Es war also entscheidend, ob das Gericht davon überzeugt werden konnte, dass der Mann tatsächlich durch ein solches äußeres Ereignis zu Schaden gekommen war. Die Verantwortung, dies zu beweisen, lag bei der Witwe als Anspruchstellerin. Das Gericht wies darauf hin, dass es für die Feststellung eines Unfalls nicht unbedingt notwendig ist, ein ganz bestimmtes Sturzgeschehen bis ins Detail zu klären. Es reiche aus, wenn das Gericht überzeugt sei, dass als Ursache für die Gesundheitsschädigung oder den Tod nur Geschehensabläufe in Frage kommen, die der Definition eines Unfalls entsprechen.
Warum konnte das Gericht keinen Unfall feststellen?
Das Landgericht Bamberg kam zu dem Schluss, dass es keine ausreichende Gewissheit gab, ob der Ehemann durch ein von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis zu Schaden kam. Zwar war unstreitig, dass er eine Gesundheitsschädigung erlitt und später verstarb. Doch ob dies die Folge eines Unfalls war, blieb ungeklärt. Das Gericht betonte, dass nicht nur ein Sturz oder das von der Klägerin als unwahrscheinlich angesehene „grundlose Hinlegen“ als einzige Erklärungen in Betracht kämen. Es seien durchaus andere Abläufe denkbar, die nicht unter den Unfallbegriff fallen. So sei es ebenso vorstellbar, dass der Ehemann sich aufgrund von Unwohlsein oder Schwindel bewusst auf den Boden legte, um einem Sturz zuvorzukommen, oder dass er einfach zusammensackte, ohne dass eine äußere Kraft auf ihn einwirkte. Solche Szenarien würden das entscheidende Merkmal eines „von außen auf den Körper wirkenden Ereignisses“ nicht erfüllen.
Warum wurden die Argumente und Beweisangebote der Witwe abgelehnt?
Die Witwe hatte versucht, den Sturz durch sogenannte Indizien zu beweisen. Sie führte an, dass die Situation, wie ihr Mann aufgefunden wurde – bewusstlos auf dem Küchenboden liegend, keine vorherigen Beschwerden – stark auf einen Sturz hindeute. Das Gericht verwarf diese Argumentation jedoch. Für einen solchen indirekten Beweis durch Indizien wäre es notwendig gewesen, dass nur Unfallgeschehen als Ursache in Betracht kommt. Da aber, wie oben ausgeführt, auch andere, nicht unfallbedingte Szenarien denkbar waren, reichten die vorgetragenen Umstände für den Nachweis eines Unfalls nicht aus.
Ein weiterer Punkt, den die Witwe anführte, war das Vorhandensein von Ledersesseln in unmittelbarer Nähe des Auffindeortes. Dies sollte die These eines freiwilligen Hinlegens bei Unwohlsein entkräften, da sich ihr Mann ja auf einen bequemen Sessel hätte setzen können. Das Gericht sah sich jedoch die Fotos der Örtlichkeit an und stellte fest, dass es sich dabei nicht um bequeme Sessel, sondern um hohe Stühle ohne Armlehnen handelte, die eher Barhockern ähnelten. Das Gericht befand, dass es bei Schwindel „wenig ratsam“ wäre, diese zu nutzen, was die Plausibilität der alternativen Szenarien ohne äußeres Unfallereignis wiederum stärkte.
Schließlich bot die Witwe Zeugen und ein Sachverständigengutachten an, um ihre Behauptung zu untermauern. Das Gericht lehnte beides ab. Die Zeugen, darunter die Witwe selbst, hätten lediglich über die Auffindesituation und den Gesundheitszustand des Mannes vor dem Vorfall berichten können. Sie hätten jedoch keine eigene Kenntnis davon, wie es tatsächlich zu der Position auf dem Fußboden kam und ob dabei ein Unfallereignis vorlag. Auch das Sachverständigengutachten hätte die entscheidende Frage nach dem Vorliegen eines Unfalls nicht klären können, da es nicht dazu angeboten wurde, die Tatsache eines Sturzes oder eines sonstigen Unfalls zu beweisen. Es ging vielmehr um die medizinische Ursächlichkeit nach einem angenommenen Unfall.
Wie lautete das abschließende Urteil und warum?
Aufgrund dieser fehlenden Beweisführung konnte das Landgericht Bamberg die grundlegende Voraussetzung für die Ansprüche der Witwe – das Vorliegen eines versicherten Unfalls – nicht feststellen. Da bereits die erste und wichtigste Hürde nicht genommen werden konnte, musste das Gericht die weiteren Einwände des Versicherers, wie den Ausschluss für Gehirnblutungen in den Versicherungsbedingungen oder die Frage der Mitwirkung von Vorerkrankungen, nicht mehr prüfen. Die Klage der Witwe wurde daher vollumfänglich abgewiesen. Die Kosten des Gerichtsverfahrens musste die Klägerin tragen.
Die Urteilslogik
Gerichte fordern von Versicherungsnehmern einen klaren Beweis für das tatsächliche Unfallereignis, bevor sie Ansprüche aus einer Unfallversicherung anerkennen.
- Nachweispflicht des Versicherungsnehmers: Wer Leistungen aus einer Unfallversicherung beansprucht, muss beweisen, dass ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis die Gesundheitsschädigung verursachte.
- Anforderungen an den Indizienbeweis: Indizien belegen einen Unfall nur, wenn die Umstände so zwingend sind, dass ausschließlich ein Unfall als Ursache in Betracht kommt und keine alternativen, nicht-unfallbedingten Szenarien plausibel sind.
- Fokus der Beweismittel: Beweismittel müssen das Unfallereignis selbst klären und dessen Ursächlichkeit belegen, nicht nur die möglichen medizinischen Folgen oder den Zustand der betroffenen Person nach dem Vorfall.
Die gerichtliche Praxis betont die entscheidende Bedeutung der konkreten Beweisführung für das Unfallgeschehen, nicht bloße Vermutungen über dessen Ablauf.
Benötigen Sie Hilfe?
Verweigert Ihre Unfallversicherung die Leistung, weil ein Unfall nicht zweifelsfrei bewiesen ist? Lassen Sie Ihren Fall in einer unverbindlichen Ersteinschätzung prüfen.
Das Urteil in der Praxis
Selten hat ein Gericht die Definition des „Unfalls“ in der privaten Unfallversicherung so gnadenlos seziert wie das Landgericht Bamberg in diesem Fall. Es demonstriert schonungslos, dass bereits die Möglichkeit einer alternativen, nicht-unfallbedingten Ursache – wie hier ein bloßes Zusammensacken oder Hinlegen – ausreicht, um eine Anspruchstellung scheitern zu lassen. Die Gerichte fordern einen beinahe lückenlosen Beweis, dass von außen eine Kraft einwirkte. Das ist ein harter Schlag für viele Versicherte und ein klares Signal an die Praxis: Ohne handfeste Beweise oder eindeutige Spuren eines äußeren Einwirkens bleibt der Anspruch oft unerfüllt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was versteht man unter einem ‚Unfall‘ im Sinne einer privaten Unfallversicherung?
Ein Unfall im Sinne einer privaten Unfallversicherung ist typischerweise ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis, das unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung verursacht. Es ist entscheidend, dass die Ursache des Schadens von außen einwirkt.
Stellen Sie sich vor, eine Person stolpert und stürzt (ein äußeres Ereignis), was eine Verletzung zur Folge hat. Dies kann ein Unfall sein. Tritt jedoch plötzlich eine innere Erkrankung wie eine Gehirnblutung auf, die zum Zusammenbruch führt, ohne dass eine äußere Ursache wie ein Sturz vorliegt, dann ist dies in der Regel kein Unfall im Sinne der Versicherung, sondern eine interne Ursache, wie eine Krankheit.
Das Merkmal „plötzlich“ bedeutet, dass das Ereignis unerwartet und ohne Vorwarnung eintritt. „Von außen auf den Körper wirkend“ grenzt einen Unfall klar von Ursachen ab, die im Körper selbst entstehen, wie beispielsweise Krankheiten, Schwindel oder spontane innere Prozesse. „Unfreiwillig“ bedeutet, dass das Ereignis ohne bewusste Absicht der betroffenen Person geschieht. Schließlich muss eine „Gesundheitsschädigung“ als Folge eintreten. Es ist also nicht jede plötzlich auftretende Gesundheitsschädigung ein Unfall; entscheidend ist stets die ursächliche Verbindung zu einem äußeren Ereignis.
Diese präzise Definition ist ausschlaggebend, um den Umfang des Versicherungsschutzes klar abzugrenzen und zu bestimmen, wann eine Leistung der privaten Unfallversicherung beansprucht werden kann.
Wer trägt die Beweislast, um einen Versicherungsanspruch aus einer privaten Unfallversicherung durchzusetzen?
Grundsätzlich trägt derjenige die Beweislast, der einen Versicherungsanspruch aus einer privaten Unfallversicherung geltend macht. Das bedeutet, die anspruchstellende Person – sei es der Versicherungsnehmer oder der Begünstigte – muss das Gericht davon überzeugen, dass ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen tatsächlich stattgefunden hat.
Stellen Sie sich dies vor wie einen Schiedsrichter im Sport: Wenn ein Team eine Regelverletzung reklamiert, muss es den Schiedsrichter mit überzeugenden Argumenten und Beweisen davon in Kenntnis setzen. Bestehen beim Schiedsrichter weiterhin Zweifel an der Regelverletzung, wird er nicht pfeifen.
Im Kontext einer privaten Unfallversicherung bedeutet dies konkret, dass der Anspruchsteller nachweisen muss, dass ein „plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis“ zu einer Gesundheitsschädigung geführt hat. Gelingt dieser Nachweis nicht oder verbleiben dem Gericht erhebliche Zweifel am Unfallgeschehen, gehen diese Zweifel zulasten des Anspruchstellers. Das Gericht muss überzeugt sein, dass als Ursache für die Gesundheitsschädigung oder den Tod nur Geschehensabläufe in Frage kommen, die der Definition eines Unfalls entsprechen. Wenn andere, nicht unfallbedingte Szenarien ebenso denkbar sind, reicht dies für den Beweis eines Unfalls nicht aus. Dies kann die Durchsetzung eines Anspruchs erschweren, besonders wenn keine Zeugen oder eindeutigen Spuren des Unfallhergangs vorliegen.
Diese Regelung stellt sicher, dass Versicherungsleistungen nur dann erbracht werden, wenn die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für einen Unfall zweifelsfrei nachgewiesen sind.
Inwieweit können Indizien oder indirekte Beweise bei der Geltendmachung eines Versicherungsanspruchs aus einer privaten Unfallversicherung eine Rolle spielen?
Indizien oder indirekte Beweise können bei einem Anspruch aus der privaten Unfallversicherung eine wichtige Rolle spielen, insbesondere wenn direkte Beweise für einen Unfall fehlen. Damit sie jedoch ausreichen, um einen Unfall zu beweisen, müssen sehr strenge Voraussetzungen erfüllt sein.
Vergleichbar ist dies mit einem Rätsel: Um eine bestimmte Lösung als einzige Wahrheit anzuerkennen, müssen alle Hinweise so eindeutig sein, dass keine andere plausible Erklärung mehr denkbar ist.
In der Praxis fehlen oft direkte Beweise wie Zeugen oder Videoaufnahmen, die ein Unfallgeschehen belegen könnten. Daher können Umstände des Auffindens oder die Art der Verletzung als Indizien herangezogen werden. Entscheidend ist jedoch, dass diese Indizien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließlich auf ein Unfallgeschehen hindeuten müssen.
Dies bedeutet, dass alle anderen denkbaren, nicht unfallbedingten und plausiblen Szenarien für die Gesundheitsschädigung durch die Indizien ausgeschlossen werden können müssen. Wenn es also plausible alternative Erklärungen gibt, die nicht auf einen Unfall zurückzuführen sind – wie beispielsweise ein Hinlegen aufgrund von Unwohlsein statt eines Sturzes – reichen die Indizien nicht aus.
Diese strenge Anforderung stellt sicher, dass Versicherer Leistungen nur für Ereignisse erbringen, die tatsächlich den vertraglich definierten Unfallbegriff erfüllen.
Welche Bedeutung haben plausible alternative Erklärungen für eine Gesundheitsschädigung bei der Beurteilung eines Versicherungsfalls?
Plausible alternative Erklärungen für eine Gesundheitsschädigung sind entscheidend, da sie den Anspruch auf Leistungen aus einer Unfallversicherung zunichtemachen können. Ein Versicherungsfall wird nur anerkannt, wenn zweifelsfrei bewiesen ist, dass die Schädigung durch einen Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen verursacht wurde.
Stellen Sie sich vor, ein Fußballschiedsrichter soll entscheiden, ob ein Foul vorlag. Er muss prüfen, ob der Spieler absichtlich zu Fall gebracht wurde. Wenn es aber auch sehr plausibel ist, dass der Spieler einfach gestolpert ist – ohne Fremdeinwirkung –, dann kann der Schiedsrichter kein Foul pfeifen, selbst wenn der Spieler darauf beharrt, gefoult worden zu sein. Es muss klar sein, dass ein Foul der Grund war.
Eine Unfallversicherung zahlt Leistungen nur für Gesundheitsschädigungen, die unmittelbar durch ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis, einen Unfall, verursacht wurden. Wer Leistungen beansprucht, muss diesen Unfall und den direkten Zusammenhang zur Schädigung beweisen. Das Gericht muss bei seiner Prüfung alle denkbaren Ursachen für die Gesundheitsschädigung in Betracht ziehen. Dazu gehören nicht nur die vom Anspruchsteller behauptete Unfallversion, sondern auch andere plausible Erklärungen, die nicht unter den Unfallbegriff fallen.
Solange neben der behaupteten Unfallursache auch andere, nicht unfallbedingte Ursachen als ebenso plausibel oder sogar wahrscheinlicher in Betracht kommen, gilt der Unfall als nicht bewiesen. Es reicht nicht aus, die eigene Unfallversion glaubhaft zu machen. Vielmehr muss der Anspruchsteller auch aufzeigen, dass plausible alternative (nicht-unfallbedingte) Ursachen unwahrscheinlich sind oder ausgeschlossen werden können.
Diese strenge Beweislast sichert, dass Versicherungsleistungen nur für die tatsächlich versicherten Risiken – also Unfälle – erbracht werden.
Wie können Vorerkrankungen die Leistungspflicht einer privaten Unfallversicherung beeinflussen?
Vorerkrankungen können die Leistungspflicht einer privaten Unfallversicherung erheblich mindern, wenn sie einen sehr hohen Anteil am eingetretenen Schaden haben.
Stellen Sie sich vor, ein Baum fällt um und beschädigt ein Haus. Wenn das Haus aber bereits morsch war und deshalb viel stärker beschädigt wird, als es ein intaktes Haus gewesen wäre, dann trägt der morschen Zustand des Hauses zur Höhe des Schadens bei. Ähnlich kann eine bereits bestehende Erkrankung die Folgen eines Unfalls verschlimmern.
Auch wenn ein Unfall als solcher anerkannt wird, kann der Versicherer argumentieren, dass bereits vorhandene gesundheitliche Probleme des Versicherten, wie etwa Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes oder starkes Übergewicht, maßgeblich zum Umfang der Gesundheitsschädigung oder sogar zum Tod beigetragen haben. In einem solchen Fall könnte die Versicherungsleistung entsprechend reduziert werden, da die Vorerkrankung einen wesentlichen Anteil am eingetretenen Schaden oder dessen Folgen hatte. Die sogenannte „Mitwirkung“ von Vorerkrankungen bedeutet also, dass der Unfall nicht die alleinige Ursache für den gesamten Schaden war.
Diese Regelung stellt sicher, dass die Versicherungsleistung dem tatsächlichen, überwiegend unfallbedingten Anteil am Schaden entspricht.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Beweislast
Die Beweislast beschreibt, wer in einem Gerichtsverfahren die entscheidenden Tatsachen beweisen muss, um seinen Anspruch durchzusetzen. Wenn jemand eine Leistung oder ein Recht beansprucht, liegt es an dieser Person, dem Gericht die notwendigen Fakten so zu präsentieren, dass keine vernünftigen Zweifel an ihrer Behauptung bestehen bleiben. Gelingt dies nicht, verliert die Person ihren Anspruch.
Beispiel: Im vorliegenden Fall trug die Witwe die Beweislast. Sie musste dem Landgericht überzeugend darlegen, dass der Tod ihres Mannes tatsächlich die Folge eines Unfalls im Sinne der Versicherungsbedingungen war, und nicht beispielsweise einer internen Ursache. Da ihr dieser Nachweis nicht gelang, wurde die Klage abgewiesen.
Indizienbeweis
Ein Indizienbeweis liegt vor, wenn eine Tatsache nicht direkt, sondern durch Umstände bewiesen wird, die Rückschlüsse auf die fragliche Tatsache zulassen. Wenn keine direkten Zeugen oder eindeutigen Spuren eines Ereignisses vorhanden sind, kann das Gericht aus einer Kette von indirekten Hinweisen (Indizien) auf den Hergang schließen. Für einen erfolgreichen Indizienbeweis müssen die Indizien jedoch so stark sein, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur auf die behauptete Tatsache hindeuten und andere plausible Erklärungen ausschließen.
Beispiel: Die Witwe versuchte, den Sturz ihres Mannes durch Indizien wie seinen Auffindeort und das Fehlen vorheriger Beschwerden zu beweisen. Das Gericht verwarf dies jedoch, da auch andere, nicht unfallbedingte Szenarien denkbar waren und die Indizien diese Alternativen nicht ausschließen konnten.
Mitwirkung von Vorerkrankungen
Die Mitwirkung von Vorerkrankungen bezeichnet den Einfluss bereits bestehender Gesundheitsprobleme auf den Umfang oder die Schwere eines Schadens, der eigentlich durch einen Unfall verursacht wurde. Eine Unfallversicherung deckt Schäden ab, die durch einen Unfall entstehen. Wenn aber eine Vorerkrankung die Folgen des Unfalls erheblich verschlimmert oder sogar zum Tod beiträgt, muss der Versicherer nicht für den gesamten Schaden aufkommen. Die Leistung kann dann um den Anteil gekürzt werden, der auf die Vorerkrankung zurückzuführen ist.
Beispiel: Der Versicherer argumentierte vorsorglich, dass selbst im Falle eines Unfalls die Vorerkrankungen des Mannes (Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes, Übergewicht) einen sehr hohen Anteil am Schaden gehabt hätten, was die Leistung erheblich gemindert hätte. Das Gericht musste diese Frage jedoch nicht mehr prüfen, da bereits ein Unfall nicht bewiesen werden konnte.
Plausible alternative Erklärungen
Plausible alternative Erklärungen für eine Gesundheitsschädigung sind andere, nachvollziehbare Ursachen für einen Schaden, die nicht unter den Unfallbegriff fallen und die Behauptung eines Unfalls in Frage stellen können. Um einen Unfallversicherungsanspruch durchzusetzen, muss das Gericht davon überzeugt sein, dass die Gesundheitsschädigung nur durch einen Unfall verursacht wurde. Wenn andere, nicht unfallbedingte Ursachen (z.B. ein Hinlegen aufgrund von Unwohlsein statt eines Sturzes) ebenfalls vernünftigerweise in Betracht kommen, gilt der Unfall als nicht bewiesen.
Beispiel: Für das Gericht waren neben dem von der Witwe behaupteten Sturz auch andere Szenarien plausibel, etwa dass sich der Mann aufgrund von Unwohlsein bewusst auf den Boden legte oder einfach zusammensackte, ohne dass eine äußere Kraft einwirkte. Diese plausiblen alternativen Erklärungen hinderten das Gericht daran, einen Unfall festzustellen.
Unfall (im Sinne einer privaten Unfallversicherung)
Ein Unfall im Sinne einer privaten Unfallversicherung ist ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis, das unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung verursacht. Das zentrale Merkmal ist die Einwirkung von außen, die zu einer unfreiwilligen Schädigung führt. Dies grenzt einen Unfall von inneren Ursachen wie Krankheiten oder spontanem Unwohlsein ab, selbst wenn diese ebenfalls zu einem Zusammenbruch führen.
Beispiel: Im vorliegenden Fall musste das Gericht klären, ob der Ehemann aufgrund eines Sturzes (eines Ereignisses von außen) zu Schaden kam oder ob eine innere Gehirnblutung zum Zusammenbruch führte, was nicht als Unfall im Sinne der Versicherung gezählt hätte.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Definition des Unfalls in der Unfallversicherung (Allgemeine Unfall-Versicherungsbedingungen – AUB)
Ein Unfall in der Versicherung ist ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis, das unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung verursacht.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Frage war, ob das Auffinden des Mannes als solch ein von außen wirkendes Ereignis, wie ein Sturz, eingeordnet werden konnte oder ob andere Ursachen wie ein inneres Kollabieren vorlagen.
- Beweislast (Allgemeines Rechtsprinzip)
Die Person, die Ansprüche geltend macht, muss die Tatsachen beweisen, auf denen diese Ansprüche beruhen.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Witwe musste beweisen, dass ihr Ehemann tatsächlich einen Unfall erlitten hatte, da sie diejenige war, die Leistungen von der Versicherung forderte.
- Indizienbeweis (Allgemeines Rechtsprinzip der Beweisführung)
Wenn ein direkter Beweis nicht möglich ist, kann ein Gericht aus einer Reihe von Anzeichen (Indizien) auf einen Sachverhalt schließen, sofern diese Anzeichen keine andere plausible Erklärung zulassen.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Witwe versuchte, den Sturz ihres Mannes mit indirekten Anzeichen zu beweisen, scheiterte aber, weil das Gericht auch andere, nicht unfallbedingte Ursachen für möglich hielt.
- Mitwirkung von Vorerkrankungen und spezielle Ausschlüsse (Allgemeine Unfall-Versicherungsbedingungen – AUB)
Unfallversicherungen können Leistungen mindern oder ausschließen, wenn Vorerkrankungen wesentlich zum Schaden beigetragen haben oder wenn bestimmte Gesundheitsschäden wie Gehirnblutungen nicht überwiegend durch einen Unfall verursacht wurden.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl das Gericht diesen Punkt nicht mehr prüfen musste, argumentierte die Versicherung vorsorglich, dass selbst bei einem Unfall die Gehirnblutung durch die Vorerkrankungen des Mannes verstärkt oder nicht überwiegend durch den Unfall verursacht worden wäre, was die Leistung reduziert oder ausgeschlossen hätte.
Das vorliegende Urteil
LG Bamberg – Az.: 41 O 690/24 Ver – Endurteil vom 10.04.2025
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