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Unfallversicherung – Nachweis unfallbedingter erster Gesundheitsschadens

Ein Mann fordert nach einem Auffahrunfall höhere Invaliditätszahlungen von seiner Versicherung, doch das Gericht weist seine Klage ab. Der Streitpunkt: War die schwere Schulterverletzung tatsächlich Folge des Unfalls oder bestand sie bereits vorher unerkannt? Ein medizinisches Gutachten bringt die überraschende Wendung und lässt den Kläger leer ausgehen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Kläger forderte eine höhere Invaliditätsleistung aus seiner privaten Unfallversicherung nach einem Verkehrsunfall.
  • Der Unfall führte zu dauerhaften Beeinträchtigungen, jedoch waren bereits degenerative Veränderungen in der Schulter des Klägers vorhanden.
  • Verschiedene ärztliche Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass der Unfall lediglich eine Verschlimmerung der bereits bestehenden Beschwerden darstellte.
  • Das Gericht entschied, dass die bestehende Invalidität weitgehend auf voorafgehende degenerative Veränderungen zurückzuführen sei.
  • Die Entscheidung basierte auf einer umfassenden Prüfung der medizinischen Gutachten, die den unfallunabhängigen Mitwirkungsanteil als erheblich einstuften.
  • Die Beklagte hatte dem Kläger bereits eine Teilinvaliditätsleistung gezahlt, die den unfallbedingten Anteil angab.
  • Das Gericht wies die Klage des Klägers ab, da keine ausreichende unfallbedingte Invalidität nachgewiesen werden konnte.
  • Die Abweisung der Klage hat zur Folge, dass der Kläger keine zusätzliche Entschädigung erhält und die bereits gezahlte Summe bestehen bleibt.
  • Das Urteil verdeutlicht, dass ein Unfall nicht zwangsläufig zu einer höheren Invaliditätsleistung führt, wenn vorbestehende Erkrankungen vorhanden sind.
  • Versicherungsnehmer sollten sich bewusst sein, dass die Nachweisführung für unfallbedingte Schäden schwierig sein kann, insbesondere bei bestehenden Gesundheitsproblemen.

Unfallversicherung im Fokus: Schadensnachweis und Leistungsanspruch verstehen

Die Unfallversicherung spielt eine entscheidende Rolle im Rahmen der Gesundheitsvorsorge und des Risikoschutzes, insbesondere wenn es um unfallbedingte Schäden geht. Einmalige oder wiederholte Unfälle können nicht nur zu physischen Einschränkungen führen, sondern auch langfristige gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Um einen Leistungsanspruch bei der Unfallversicherung geltend zu machen, ist es daher unerlässlich, den Nachweis des ersten Gesundheitsschadens zu führen. Hierbei sind die Versicherungsbedingungen und Fristen zur Schadensmeldung von zentraler Bedeutung, um eine gerechte Kostenerstattung oder gegebenenfalls Schmerzensgeld zu erhalten.

Ein zentraler Aspekt ist der processen vom Schadensnachweis bis zur Leistungsüberprüfung. Bei der Meldung eines Unfalls ist es notwendig, alle relevanten Informationen zu dokumentieren. Ein detaillierter Unfallbericht kann entscheidend sein, wenn es darum geht, die Unfallfolgen und damit verbundene Ansprüche zu untermauern. Prävention und rechtzeitige Behandlungskosten sind ebenfalls von Bedeutung, um den Verlauf von Invalidität zu verhindern oder zu minimieren. Im weiteren Verlauf wird ein konkretisierter Fall betrachtet, der zeigt, wie diese Aspekte in der Praxis zusammenwirken.

Der Fall vor Gericht


Gericht weist Klage auf Invaliditätsleistung nach Verkehrsunfall ab

Klage auf Invaliditätsleistung nach Verkehrsunfall abgelehnt
Das Landgericht Freiburg wies die Klage eines Mannes auf Invaliditätsleistung aus einer Unfallversicherung ab, da der Unfall nicht den ersten Gesundheitsschaden verursachte und die bestehende Verletzung bereits vor dem Unfall bestand. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landgericht Freiburg hat in einem Urteil vom 22.02.2024 (Az.: 14 O 407/21) die Klage eines Mannes auf Zahlung einer weiteren Invaliditätsleistung aus einer privaten Unfallversicherung abgewiesen. Der Kläger hatte nach einem Verkehrsunfall am 12.11.2019 von seiner Versicherung eine höhere Leistung gefordert, da er unter einer Schultersteifigkeit und einer dauerhaften Verletzung der Rotatorenmanschette leide.

Unfallhergang und Versicherungsleistung

Bei dem Unfall war ein Fahrzeug von hinten auf das Auto des Klägers aufgefahren. Die Versicherung hatte bereits eine Invaliditätsleistung in Höhe von 6.342,00 Euro gezahlt, basierend auf einem Invaliditätsgrad von 4/20 des Armwerts und unter Berücksichtigung eines unfallfremden Mitwirkungsanteils von 80%. Der Kläger forderte jedoch eine Leistung auf Basis einer unfallbedingten Invalidität von 10/20, was einer Summe von 25.368,00 Euro entsprochen hätte.

Gerichtliche Beurteilung der Kausalität

Das Gericht stützte seine Entscheidung maßgeblich auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. E. Dieser kam zu dem Schluss, dass die beim Kläger vorliegende Verletzung der Rotatorenmanschette und die Schultersteife der rechten Schulter nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen seien. Vielmehr habe die Ruptur in der Rotatorenmanschette zum Zeitpunkt des Unfalls bereits „in ihrer gesamten Größe und Ausprägung“ bestanden, und zwar als „sogenannte klinisch stumme Ruptur“.

Medizinische Befunde und Unfallmechanik

Der Sachverständige begründete seine Einschätzung mit mehreren Faktoren:

  1. Die MRT-Bildgebung vom 09.12.2019 zeigte erhebliche degenerative Veränderungen, die nicht durch das Unfallereignis entstanden sein konnten.
  2. Der Operationsbericht vom 10.01.2020 beschrieb die Ruptur der Supraspinatussehne als eher degenerativ, mit nicht frisch wirkenden Rupturrändern.
  3. Der beschriebene Unfallmechanismus sei für eine traumatische Durchtrennung der Supraspinatussehne ungeeignet.

Dr. E erklärte zudem, dass eine Rotatorenmanschettenruptur durchaus beschwerdefrei sein könne, was die Angabe des Klägers, vor dem Unfall keine Schmerzen gehabt zu haben, nicht widerlege.

Rechtliche Konsequenzen

Das Gericht sah es als nicht nachgewiesen an, dass der Kläger durch den Unfall einen unfallbedingten ersten Gesundheitsschaden erlitten hatte. Da bereits keine unfallbedingte Erstkörperschädigung festgestellt werden konnte, stellte sich die Frage nach dem Umfang einer etwaigen Invalidität nicht. „Kann bereits keine unfallbedingte Erstkörperschädigung zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, stellt sich die Frage nach dem Umfang einer etwaig bestehenden Invalidität nicht“, heißt es im Urteil.

Das Gericht wies die Klage vollständig ab und entschied, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die zentrale Bedeutung des Kausalitätsnachweises in Versicherungsfällen. Es verdeutlicht, dass vorbestehende Schäden, auch wenn sie symptomlos waren, keinen Anspruch auf Invaliditätsleistungen begründen. Die Entscheidung betont die Wichtigkeit fundierter medizinischer Gutachten zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen Unfall und Gesundheitsschaden und stärkt die Position der Versicherer bei der Abwehr unberechtigter Ansprüche.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie nach einem Verkehrsunfall Beschwerden haben, die möglicherweise auf vorbestehende Erkrankungen zurückzuführen sind, hat dieses Urteil wichtige Konsequenzen für Sie. Es unterstreicht, dass Sie als Versicherter die Beweislast tragen, einen direkten Zusammenhang zwischen dem Unfall und Ihren Beschwerden nachzuweisen. Selbst wenn Sie vor dem Unfall keine Schmerzen hatten, können stumme Vorschädigungen Ihren Anspruch auf Invaliditätsleistungen erheblich einschränken oder sogar ausschließen. Es ist daher ratsam, unmittelbar nach einem Unfall umfassende medizinische Untersuchungen durchführen zu lassen und alle Befunde sorgfältig zu dokumentieren. Beachten Sie auch, dass der Unfallmechanismus eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung spielt – nicht jeder Aufprall ist geeignet, bestimmte Verletzungen zu verursachen.


FAQ – Häufige Fragen

Klage auf Invaliditätsleistung nach Verkehrsunfall abgelehnt? Sie sind nicht allein. Viele Betroffene sehen sich nach einem Unfall mit dieser Situation konfrontiert. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen wichtige Informationen und hilfreiche Tipps, um Ihre Rechte zu verstehen und Ihre Ansprüche durchzusetzen.

Wie wird der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden bei Invaliditätsleistungen rechtlich bewertet?

Der Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden bei Invaliditätsleistungen wird nach dem Prinzip der adäquaten Kausalität bewertet. Für einen adäquaten Kausalzusammenhang reicht es aus, dass das Unfallereignis an der eingetretenen Funktionsbeeinträchtigung mitgewirkt hat und diese Mitwirkung nicht gänzlich außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt.

Beweislast und Beweismaß

Die Beweislast für das Vorliegen einer unfallbedingten Invalidität trägt der Versicherungsnehmer. Dabei gelten unterschiedliche Beweismaße:

  • Für den konkreten Gesundheitsschaden und seine Dauerhaftigkeit gilt der Vollbeweis nach § 286 ZPO.
  • Für die Ursächlichkeit des unfallbedingten Gesundheitsschadens für die bewiesene Invalidität gilt die Beweiserleichterung des § 287 ZPO.

Wenn Sie einen Anspruch geltend machen möchten, müssen Sie also zunächst den Unfall und die daraus resultierende Gesundheitsschädigung vollständig beweisen. Für den Nachweis, dass diese Schädigung zu einer dauerhaften Invalidität geführt hat, genügt hingegen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit.

Umgang mit Vorerkrankungen

Vorerkrankungen schließen die Kausalität nicht automatisch aus. Entscheidend ist, ob das Unfallereignis im Sinne einer conditio sine qua non nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele.

Wenn Sie bereits vor dem Unfall an einer Erkrankung litten, wird geprüft, ob der Unfall diese Vorerkrankung wesentlich verschlimmert hat. Eine bloße Verschlimmerung reicht jedoch nicht aus – der Unfall muss die Vorerkrankung rechtlich wesentlich beeinflusst haben.

Bedeutung medizinischer Gutachten

Medizinische Gutachten spielen eine zentrale Rolle bei der Bewertung des Kausalzusammenhangs. Ein Sachverständiger muss feststellen, ob eine Mitwirkung durch Vorschädigung vorliegt. Dabei ist zu beachten:

  • Die bloße zeitliche Nähe zwischen Unfall und Beschwerden reicht nicht aus.
  • Der Gutachter muss die Diagnosen einem unfallbedingten Primärschaden (§ 286 ZPO) und einem unfallbedingten Dauerschaden (§ 287 ZPO) zuordnen können.

Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden, ist es wichtig, dass Sie alle relevanten medizinischen Unterlagen sorgfältig sammeln und dem Gutachter zur Verfügung stellen.

Rechtliche Grundlagen und Bewertungsmaßstäbe

Die rechtliche Bewertung des Kausalzusammenhangs basiert auf der Äquivalenztheorie und der Adäquanztheorie. Nach der Äquivalenztheorie muss der Unfall eine notwendige Bedingung für den Gesundheitsschaden sein. Die Adäquanztheorie begrenzt dies auf Folgen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegen.

In der privaten Unfallversicherung gilt kein eigenständiger unfallversicherungsrechtlicher Kausalbegriff. Stattdessen wird der allgemeine zivilrechtliche Maßstab angewendet.


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Welche Rolle spielen degenerative Vorerkrankungen bei der Bemessung von Invaliditätsleistungen nach einem Unfall?

Degenerative Vorerkrankungen können einen erheblichen Einfluss auf die Bemessung von Invaliditätsleistungen nach einem Unfall haben. Versicherungen unterscheiden grundsätzlich zwischen unfallbedingten Schäden und bereits vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Diese Differenzierung ist entscheidend für die Höhe der Leistungen, die Sie im Schadensfall erhalten.

Abgrenzung zwischen Unfallfolgen und Vorerkrankungen

Wenn Sie einen Unfall erleiden, prüft die Versicherung, inwieweit die resultierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Dabei wird zwischen der unfallbedingten Invalidität und einer möglichen Vorinvalidität unterschieden. Die Vorinvalidität bezieht sich auf Funktionsbeeinträchtigungen, die bereits vor dem Unfall bestanden und sich auch geäußert haben.

Mitwirkungsanteil und Leistungskürzung

Viele Unfallversicherungen enthalten eine sogenannte Mitwirkungsklausel. Diese besagt, dass die Versicherungsleistung gekürzt werden kann, wenn Krankheiten oder Gebrechen bei den Unfallfolgen mitgewirkt haben. Allerdings greift diese Kürzung in der Regel erst, wenn der Mitwirkungsanteil der Vorerkrankung mindestens 25% beträgt. Liegt der Anteil darunter, erfolgt keine Minderung der Leistung.

Beweislast und Gutachten

Die Beweislast für das Vorliegen und den Umfang einer mitwirkenden Krankheit oder eines Gebrechens liegt beim Versicherer. Um den Mitwirkungsanteil festzustellen, wird in der Regel ein medizinisches Gutachten eingeholt. Der Gutachter muss dabei die Unfallfolgen von den unfallfremden Vorerkrankungen abgrenzen und den jeweiligen Anteil an der Gesamtschädigung bestimmen.

Umgang mit symptomfreien Vorerkrankungen

Besonders komplex wird die Situation bei symptomfreien Vorerkrankungen. Degenerative Veränderungen, die vor dem Unfall keine Beschwerden verursacht haben, werden in der Regel nicht als Vorinvalidität berücksichtigt. Allerdings können sie unter Umständen als mitwirkendes Gebrechen eingestuft werden, wenn sie zur Verstärkung der Unfallfolgen beigetragen haben.

Altersbedingte Veränderungen

Bei der Beurteilung von degenerativen Vorerkrankungen spielt auch das Alter eine Rolle. Altersbedingte Veränderungen, die im Rahmen des Normalen liegen, werden in der Regel nicht als Gebrechen angesehen und führen nicht zu einer Leistungskürzung. Erst wenn die Degeneration über das alterstypische Maß hinausgeht, kann sie als Gebrechen eingestuft werden.

Wenn Sie eine private Unfallversicherung abschließen oder Leistungen daraus in Anspruch nehmen möchten, ist es wichtig, dass Sie diese Aspekte berücksichtigen. Eine genaue Dokumentation Ihres Gesundheitszustands vor und nach dem Unfall kann Ihnen dabei helfen, Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen.


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Welche Beweismittel sind für den Nachweis eines unfallbedingten Gesundheitsschadens vor Gericht entscheidend?

Für den Nachweis eines unfallbedingten Gesundheitsschadens vor Gericht sind mehrere Beweismittel von zentraler Bedeutung. An erster Stelle stehen ärztliche Atteste und Befunde, die unmittelbar nach dem Unfall erstellt wurden. Diese dokumentieren den Gesundheitszustand direkt nach dem Ereignis und sind besonders beweiskräftig.

Bedeutung zeitnaher medizinischer Dokumentation

Wenn Sie einen Unfall erleiden, ist es entscheidend, dass Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Die ersten Angaben, die Sie gegenüber dem behandelnden Arzt machen, haben einen besonders hohen Beweiswert. Achten Sie darauf, dass alle Beschwerden und Verletzungen genau dokumentiert werden.

Rolle bildgebender Verfahren

Röntgenaufnahmen, CT- oder MRT-Bilder spielen eine wichtige Rolle beim Nachweis von Verletzungen. Diese objektiven Darstellungen können unfallbedingte Schäden sichtbar machen und sind für Gerichte oft überzeugender als subjektive Beschwerdeschilderungen.

Bedeutung von Sachverständigengutachten

In vielen Fällen sind medizinische Sachverständigengutachten das entscheidende Beweismittel. Ein unabhängiger Experte bewertet dabei den Gesundheitszustand und beurteilt, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden besteht.

Unfallmechanik und Plausibilität

Die Darstellung des Unfallhergangs ist ebenfalls wichtig. Gerichte prüfen, ob die geltend gemachten Verletzungen mit dem beschriebenen Unfallablauf vereinbar sind. Stellen Sie sicher, dass Sie den Unfallhergang möglichst genau und widerspruchsfrei schildern können.

Zeugenaussagen und Unfallberichte

Aussagen von Unfallzeugen oder polizeiliche Unfallberichte können den Unfallhergang bestätigen und somit indirekt den Nachweis eines unfallbedingten Gesundheitsschadens unterstützen.

Dokumentation des Heilungsverlaufs

Die fortlaufende Dokumentation des Heilungsverlaufs durch Arztberichte, Therapieprotokolle und Reha-Berichte ist ebenfalls bedeutsam. Sie zeigt die Entwicklung der Beschwerden über die Zeit und kann die Unfallbedingtheit der Schäden untermauern.

Beachten Sie, dass für den Nachweis eines unfallbedingten ersten Gesundheitsschadens in der Regel der Vollbeweis erbracht werden muss. Das bedeutet, das Gericht muss von der Richtigkeit der Behauptung überzeugt sein. Für den weiteren Ursachenzusammenhang zwischen diesem ersten Gesundheitsschaden und späteren Folgen genügt hingegen oft die überwiegende Wahrscheinlichkeit.


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Wie berechnen Versicherungen die Höhe der Invaliditätsleistung bei teilweiser Mitverursachung durch Vorerkrankungen?

Bei der Berechnung der Invaliditätsleistung berücksichtigen Versicherungen den sogenannten Mitwirkungsanteil von Vorerkrankungen. Dieser Anteil wird vom ermittelten Invaliditätsgrad abgezogen, sofern er mindestens 25% beträgt.

Ermittlung des Mitwirkungsanteils

Die Feststellung des Mitwirkungsanteils erfolgt durch ein ärztliches Gutachten auf Basis der Partialkausalität. Dabei wird untersucht, inwieweit bestehende Krankheiten oder Gebrechen zur Gesundheitsschädigung beigetragen haben.

Berechnung der Leistung

Wenn Sie einen Unfall erleiden, berechnet die Versicherung die Leistung wie folgt:

  1. Zunächst wird der Invaliditätsgrad anhand der Gliedertaxe oder eines ärztlichen Gutachtens festgestellt.
  2. Von diesem Invaliditätsgrad wird der ermittelte Mitwirkungsanteil abgezogen, sofern er 25% oder mehr beträgt.
  3. Die reduzierte Invalidität wird dann auf die vereinbarte Versicherungssumme angewendet.

Beispiel: Bei einem Reitunfall wird eine 100%ige Beeinträchtigung des linken Beins festgestellt. Ein Arzt stellt zusätzlich fest, dass eine bestehende Adipositas zu 30% mitgewirkt hat. Der Invaliditätsgrad wird somit um 30% auf 70% reduziert.

Auswirkungen auf die Leistung

Die Berücksichtigung des Mitwirkungsanteils kann erhebliche finanzielle Konsequenzen haben, insbesondere bei Tarifen mit Progression. In solchen Fällen kann es zu deutlichen Leistungsminderungen kommen.

Besondere Regelungen

Einige Versicherer haben kundenfreundlichere Regelungen:

  • Manche rechnen Vorerkrankungen erst ab einem Mitwirkungsanteil von 50% an.
  • Andere haben die Mitwirkungsklausel ganz aus ihren Bedingungen gestrichen.

Wenn Sie eine Unfallversicherung abschließen, sollten Sie besonders auf die Regelungen zum Mitwirkungsanteil achten. Dies gilt vor allem, wenn Sie bereits Vorerkrankungen haben oder älter sind.

Gerichtliche Überprüfung

Sollten Sie mit der Feststellung des Mitwirkungsanteils nicht einverstanden sein, haben Sie die Möglichkeit, diesen gerichtlich überprüfen zu lassen. Gerichte haben in der Vergangenheit die Anwendung der Mitwirkungsklausel kritisch geprüft, insbesondere wenn es um alterstypische Vorerkrankungen ging.


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Welche Fristen müssen bei der Geltendmachung von Invaliditätsleistungen nach einem Unfall beachtet werden?

Bei der Geltendmachung von Invaliditätsleistungen nach einem Unfall müssen Sie mehrere wichtige Fristen beachten, um Ihre Ansprüche zu wahren. Die zentrale Frist beträgt in den meisten Fällen 15 Monate nach dem Unfallereignis. Innerhalb dieses Zeitraums müssen drei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Invalidität muss eingetreten sein.
  2. Ein Arzt muss die Invalidität schriftlich festgestellt haben.
  3. Sie müssen den Anspruch auf Invaliditätsleistungen beim Versicherer geltend gemacht haben.

Meldung des Unfalls

Zunächst müssen Sie den Unfall unverzüglich Ihrer Versicherung melden. „Unverzüglich“ bedeutet nach dem Gesetz „ohne schuldhaftes Zögern“. In der Praxis sollten Sie den Unfall so schnell wie möglich, idealerweise innerhalb weniger Tage, melden. Wenn Sie beispielsweise einen Skiunfall hatten, sollten Sie diesen direkt nach Ihrer Rückkehr aus dem Urlaub der Versicherung anzeigen.

Ärztliche Feststellung der Invalidität

Die ärztliche Feststellung der Invalidität ist ein kritischer Punkt. Der Arzt muss in seinem Attest klar und eindeutig eine dauerhafte Beeinträchtigung feststellen. Eine bloße Vermutung oder Prognose reicht nicht aus. Wenn Sie sich beispielsweise bei einem Sturz das Handgelenk gebrochen haben, muss der Arzt nach Abschluss der Behandlung feststellen, dass eine dauerhafte Funktionseinschränkung vorliegt.

Geltendmachung beim Versicherer

Die Geltendmachung beim Versicherer erfolgt in der Regel durch Übersendung des ärztlichen Attests zusammen mit einem Anspruchsschreiben. Hierbei ist es wichtig, dass Sie ausdrücklich Invaliditätsleistungen fordern.

Beachten Sie, dass einige Versicherungsverträge kürzere Fristen vorsehen können. Prüfen Sie daher immer die genauen Bedingungen in Ihrem individuellen Vertrag. Wenn in Ihrem Vertrag beispielsweise eine Frist von 12 Monaten festgelegt ist, müssen Sie entsprechend schneller handeln.

Konsequenzen bei Fristversäumnis

Wenn Sie diese Fristen versäumen, kann der Versicherer die Leistung verweigern. Eine Fristversäumnis führt in der Regel zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf Invaliditätsleistungen. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Unfall erlitten und erst nach 16 Monaten wird eine dauerhafte Beeinträchtigung festgestellt – in diesem Fall könnten Sie leer ausgehen, selbst wenn tatsächlich eine Invalidität vorliegt.

Möglichkeiten zur Fristverlängerung

In bestimmten Fällen kann eine Fristverlängerung möglich sein, etwa wenn Sie unverschuldet an der rechtzeitigen Meldung gehindert waren. Wenn Sie beispielsweise nach einem schweren Unfall mehrere Monate im Koma lagen, könnte dies als Grund für eine Fristverlängerung anerkannt werden. Solche Ausnahmen sind jedoch selten und sollten nicht als Regel betrachtet werden.

Angesichts der strengen Fristen und möglichen Konsequenzen ist es ratsam, nach einem Unfall zeitnah zu handeln und alle notwendigen Schritte einzuleiten. Dokumentieren Sie den Unfallhergang, suchen Sie umgehend einen Arzt auf und informieren Sie Ihre Versicherung. So stellen Sie sicher, dass Sie im Falle einer bleibenden Beeinträchtigung Ihre Ansprüche auf Invaliditätsleistungen wahren können.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Invaliditätsleistung: Invaliditätsleistung ist eine Zahlung von der Versicherung an den Versicherten, wenn dieser durch einen Unfall dauerhaft körperlich oder geistig beeinträchtigt ist. Der Grad der Invalidität wird in der Regel durch medizinische Gutachten bestimmt und in einem Prozentsatz ausgedrückt, der die Schwere der Beeinträchtigung beschreibt. Beispiel: Bei einer Invalidität von „4/20 des Armwerts“ bedeutet dies, dass die Beeinträchtigung 20% des vollen Armgebrauchs betrifft, wovon 4% als Invalidität anerkannt werden. Diese Leistungen dienen dazu, die finanziellen Folgen einer dauerhaften Beeinträchtigung abzumildern.
  • Kausalitätsnachweis: Der Kausalitätsnachweis ist der Beleg dafür, dass ein bestimmtes Ereignis (z.B. ein Unfall) direkt eine bestimmte Folge (z.B. eine Verletzung) verursacht hat. Im Kontext von Versicherungsfällen ist dieser Nachweis entscheidend dafür, ob die Versicherung zahlen muss. Wenn der Zusammenhang zwischen Unfall und Verletzung nicht eindeutig nachweisbar ist, kann der Anspruch auf Versicherungsgeld abgelehnt werden. Beispiel: Das Gericht benötigte den Nachweis, dass der Auffahrunfall die direkte Ursache der Schulterverletzung des Klägers war.
  • Sachverständiger: Ein Sachverständiger ist ein Experte, der aufgrund seines Fachwissens Gutachten zu speziellen Fragen erstellt, die für den Rechtsfall relevant sind. In dem Kontext eines Versicherungsprozesses kann ein medizinischer Sachverständiger beispielsweise beurteilen, ob eine Verletzung durch einen Unfall oder durch andere Ursachen entstanden ist. Die Einschätzung eines Sachverständigen hat oft großen Einfluss auf die Entscheidungsfindung des Gerichts. Beispiel: Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. E. kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Verletzung des Klägers nicht unfallbedingt war.
  • Degenerative Veränderung: Eine degenerative Veränderung ist eine Verschlechterung oder Abnutzung von Gewebe oder Organen, die nicht durch ein akutes Trauma, sondern durch chronische Prozesse wie Alterung oder Überbelastung entstehen. Im Kontext des Falls bedeutet dies, dass die Verletzung des Klägers möglicherweise schon vor dem Unfall bestand und durch natürliche Abnutzungsprozesse verursacht wurde, was erhebliche Auswirkungen auf die Anerkennung eines Versicherungsanspruchs hat. Beispiel: Die MRT-Bildgebung zeigte, dass die Schulterverletzung des Klägers degenerativer Natur war und nicht durch den Unfall entstand.
  • Unfallversicherung: Eine Unfallversicherung ist eine Versicherung, die finanzielle Leistungen bei Unfällen bietet, die physische oder psychische Schäden verursachen. Die Leistungen können medizinische Kosten, Invaliditätszahlungen oder auch Schmerzensgeld umfassen. Versicherungsbedingungen und Fristen für die Schadensmeldung sind hierbei wichtig, um die Ansprüche geltend zu machen. Beispiel: Im vorliegenden Fall forderte der Kläger eine höhere Invaliditätszahlung von seiner Unfallversicherung nach einem Auffahrunfall.
  • Mitwirkungsanteil: Der Mitwirkungsanteil bezeichnet den Anteil einer körperlichen Beeinträchtigung, der nicht durch den aktuellen Unfall, sondern durch vorbestehende oder andere Ursachen entstanden ist. Dieser Anteil wird bei der Berechnung der Versicherungsleistung abgezogen. Beispiel: Die Versicherung berücksichtigte einen unfallfremden Mitwirkungsanteil von 80%, was dazu führte, dass die vom Kläger geltend gemachte Invalidität zu einem großen Teil auf andere Ursachen als den Unfall zurückgeführt wurde.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 179 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Leistungspflicht des Versicherers bei Eintritt eines versicherten Ereignisses. Hierbei spielt insbesondere die „kausale Verbindung“ zwischen dem versicherten Ereignis und dem eingetretenen Schaden eine entscheidende Rolle. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob der Unfall die Invalidität des Klägers verursacht hat oder ob die bereits existierenden degenerativen Veränderungen die Hauptursache sind.
  • § 104 SGB X (Sozialgesetzbuch Zehntes Buch): Der Paragraph ist relevant für die Beweislastverteilung in Gerichtsprozessen. Dem Kläger obliegt die Beweislast für das Vorliegen eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Unfall und seiner Invalidität. Die Beklagte muss hingegen beweisen, dass ein unfallfremder Mitwirkungsanteil besteht.
  • § 101 SGB X (Sozialgesetzbuch Zehntes Buch): Dieser Paragraph befasst sich mit der Beweiswürdigung durch die Gerichte. Es gilt das freie Beweiswürdigungsrecht, d.h. die Gerichte sind nicht an bestimmte Beweismittel gebunden, sondern dürfen alle Beweismittel nach freiem Ermessen würdigen. Die Gerichte müssen die Beweismittel nach den Grundsätzen der Logik und der Lebenserfahrung bewerten.
  • § 91 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt das Verfahren der Klageerhebung und des Parteivorbringens. Dem Kläger obliegt die Darlegung der Tatsachen, die seine Ansprüche begründen. Die Beklagte muss die erhobenen Ansprüche bestreiten und begründen, warum sie nicht leistungspflichtig ist.
  • § 287 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Kostenentscheidung im Prozess. Die Kosten des Rechtsstreits trägt, wer unterliegt. Im vorliegenden Fall wurde die Klage abgewiesen, der Kläger trägt daher die Kosten des Rechtsstreits.

Das vorliegende Urteil

LG Freiburg – Az.: 14 O 407/21 – Urteil vom 22.02.2024


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