Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Versicherung muss Rückkaufswert nach Betrug durch Vermittler nicht doppelt zahlen: Urteil LG Itzehoe zur schuldbefreienden Wirkung einer Zahlung auf ein falsches Konto
- Ausgangslage: Kündigung von Unfallversicherungen und Wechsel des Vermittlers
- Streitpunkt: Auszahlung des Rückkaufswerts auf das Konto des Vermittlers nach Täuschung
- Aufdeckung des Betrugs und rechtliche Schritte der Versicherungsnehmer
- Kernargumente im Prozess gegen die Versicherungsgesellschaft
- Verteidigung der Versicherungsgesellschaft: Zahlung erfolgte auftragsgemäß
- Entscheidung des Landgerichts Itzehoe: Klage abgewiesen
- Begründung des Gerichts: Keine Pflicht zur erneuten Zahlung des Rückkaufswerts
- Keine Bindungswirkung der OLG-Äußerungen aus dem Vorprozess
- Kein Schadensersatzanspruch gegen die Versicherungsgesellschaft
- Weitere Punkte und Fazit
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung und für wen ist sie geeignet?
- Welche Pflichten hat eine Versicherungsgesellschaft bei der Auszahlung des Rückkaufswertes einer Versicherung?
- Was bedeutet „schuldbefreiende Wirkung“ einer Zahlung im juristischen Sinne?
- Welche Sorgfaltspflichten haben Versicherungsnehmer bei der Angabe von Kontodaten für die Auszahlung von Versicherungsleistungen?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Versicherungsnehmer, wenn ein Vermittler sie bei der Kündigung und Auszahlung einer Versicherung betrügt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 3 O 165/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Itzehoe
- Datum: 25.02.2022
- Aktenzeichen: 3 O 165/20
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Zwei Versicherungsnehmer, die nach Kündigung ihrer Verträge eine erneute Auszahlung der Rückkaufswerte oder Schadensersatz von der Versicherung verlangten.
- Beklagte: Die Versicherungsgesellschaft, bei der die Kläger versichert waren.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Kläger kündigten Unfallversicherungen und baten um Auszahlung der Rückkaufswerte auf ein Konto eines Dritten. Die beklagte Versicherung zahlte das Geld auf dieses Konto aus. Das Geld kam nicht bei den Klägern an, da der Dritte es verwendete.
- Kern des Rechtsstreits: War die Auszahlung der Versicherung auf das von den Klägern genannte, aber einem Dritten gehörende Konto schuldbefreiend? Musste die Versicherung erneut an die Kläger zahlen? Gab es Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Versicherung?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Die Kläger müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Begründung: Die Versicherung hatte durch die Zahlung auf das von den Klägern in den Kündigungsschreiben angegebene Konto schuldbefreiend geleistet. Die Kläger müssen sich die Angabe des Kontos zurechnen lassen, auch wenn sie vom Dritten getäuscht wurden, da sie die Anweisung schuldhaft erteilt hatten und dies keine gefälschte Anweisung war. Das betrügerische Verhalten des Dritten war der Versicherung nicht zuzurechnen, und frühere Aussagen eines anderen Gerichts in einem anderen Verfahren waren für diesen Fall nicht bindend.
- Folgen: Die Kläger erhalten keine erneute Auszahlung der Rückkaufswerte von der beklagten Versicherung.
Der Fall vor Gericht
Versicherung muss Rückkaufswert nach Betrug durch Vermittler nicht doppelt zahlen: Urteil LG Itzehoe zur schuldbefreienden Wirkung einer Zahlung auf ein falsches Konto

Das Landgericht Itzehoe hat in einem Urteil vom 25. Februar 2022 (Az.: 3 O 165/20) entschieden, dass eine Versicherungsgesellschaft nicht verpflichtet ist, die Rückkaufswerte von gekündigten Versicherungsverträgen ein zweites Mal an die Versicherungsnehmer auszuzahlen, wenn die erste Auszahlung aufgrund einer von den Versicherungsnehmern selbst – wenn auch durch Täuschung ihres Vermittlers veranlasst – angegebenen fremden Kontoverbindung erfolgte. Die Klage der Versicherungsnehmer auf erneute Zahlung und Schadensersatz wurde abgewiesen.
Ausgangslage: Kündigung von Unfallversicherungen und Wechsel des Vermittlers
Zwei Versicherungsnehmer hatten bei einer Versicherungsgesellschaft jeweils eine Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung abgeschlossen. Für die erste Police war eine Einmalzahlung von 10.580,65 € geleistet worden, für die zweite Police eine Einmalzahlung von 24.396,11 €.
Im Jahr 2012 wechselte der für die Versicherungsnehmer zuständige Versicherungsvertreter, Herr A. W., von der beklagten Versicherungsgesellschaft zu einem anderen Versicherungsunternehmen. Im Zuge dieses Wechsels besprach Herr W. mit den beiden Versicherungsnehmern die Kündigung ihrer bestehenden Verträge bei der alten Gesellschaft. Die Idee war, die daraus resultierenden Rückkaufswerte für den Abschluss neuer Verträge bei seinem neuen Arbeitgeber zu verwenden.
Streitpunkt: Auszahlung des Rückkaufswerts auf das Konto des Vermittlers nach Täuschung
Der eine Versicherungsnehmer sandte daraufhin am 15. Juni 2012 ein Kündigungsschreiben an die Versicherungsgesellschaft, wirksam zum Jahresende. In diesem Schreiben bat er explizit um die Auszahlung des Rückkaufswerts auf ein bestimmtes Konto bei einer Bank namens U. H. Was die Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt nicht wussten: Dieses Konto gehörte nicht ihnen, sondern tatsächlich dem Vermittler A. W. und dessen Ehefrau.
Die Versicherungsgesellschaft bestätigte die Kündigung Anfang Juli 2012, rechnete den Vertrag mit einem Rückkaufswert von 24.427,69 € nach Steuern ab und teilte mit, dass die Auszahlung auf das im Kündigungsschreiben angegebene Konto erfolgen würde. Noch am selben Tag veranlasste die Gesellschaft die Überweisung und sandte dem Versicherungsnehmer eine Steuerbescheinigung, die ebenfalls den Hinweis auf die Überweisung auf das Konto bei der U. H. enthielt.
Die zweite Versicherungsnehmerin kündigte ihren Vertrag Ende Juli 2012, ebenfalls wirksam zum Jahresende. Auch sie bat in ihrem Kündigungsschreiben um die Auszahlung des Rückkaufswerts auf dasselbe Konto bei der U. H., das dem Vermittler gehörte. Die Versicherungsgesellschaft bestätigte auch diese Kündigung Mitte August 2012, berechnete einen Rückkaufswert von 10.603,73 € nach Steuern und informierte über die Auszahlung auf das angegebene Konto. Die Überweisung und der Versand der entsprechenden Steuerbescheinigung erfolgten ebenfalls am selben Tag.
Ob die Bestätigungsschreiben der Versicherung bei den Versicherungsnehmern tatsächlich angekommen sind, war zwischen den Parteien im Prozess umstritten.
Die auf das Konto des Vermittlers und seiner Frau überwiesenen Gesamtbeträge von über 35.000 Euro wurden in der Folgezeit abgehoben. Die Versicherungsnehmer trugen vor, der Vermittler A. W. habe das Geld für eigene Zwecke verwendet, unter anderem um eigene Schulden bei der beklagten Versicherungsgesellschaft zu begleichen.
Aufdeckung des Betrugs und rechtliche Schritte der Versicherungsnehmer
Erst im August 2015, als die erwarteten Gelder nicht bei ihnen ankamen und offenbar auch nicht für neue Verträge verwendet wurden, wandten sich die Versicherungsnehmer an die Versicherungsgesellschaft. Sie erstatteten zudem Strafanzeige gegen den Vermittler A. W. wegen Betrugs. Die Versicherungsgesellschaft teilte mit, dass die Auszahlungen auftragsgemäß auf das in den Kündigungsschreiben genannte Konto erfolgt seien. Die Bank U. H. bestätigte im Februar 2016, dass das betreffende Konto nicht auf den Namen der Versicherungsnehmer lief.
Im Strafverfahren wurde der Vermittler A. W. im August 2018 wegen Betrugs in mehreren Fällen, darunter auch die Fälle der beiden Versicherungsnehmer, zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
Da der Vermittler inzwischen insolvent war (Insolvenzverfahren eröffnet 2015/2016), versuchten die Versicherungsnehmer, dessen Ehefrau als Mitkontoinhaberin zivilrechtlich auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. In diesem Verfahren verkündeten die Versicherungsnehmer der heutigen beklagten Versicherungsgesellschaft den Streit. Dies bedeutet, dass sie die Versicherung über den Prozess informierten, damit diese dem Verfahren beitreten und die Versicherungsnehmer unterstützen oder eigene Rechte geltend machen könne, und um eine mögliche Bindungswirkung des Urteils für spätere Prozesse zu erreichen.
Das Landgericht wies die Klage gegen die Ehefrau des Vermittlers ab. Im Berufungsverfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) deutete das Gericht in einem Hinweisbeschluss zwar an, dass die Berufung wohl zurückgewiesen werde. Es führte jedoch auch aus, dass die Überweisung aufgrund eines „gefälschten Auftrags“ als Unterfall einer von vornherein „fehlenden Anweisung“ anzusehen sein könnte. Daraus folge möglicherweise ein Anspruch der Versicherungsnehmer direkt gegen die „Angewiesene“ (also die beklagte Versicherungsgesellschaft), weshalb die Versicherungsnehmer im Verhältnis zur Ehefrau des Vermittlers nicht „entreichert“ seien (also keinen Vermögensverlust erlitten hätten, der bei der Ehefrau verblieben wäre). Das OLG wies die Berufung gegen die Ehefrau schlussendlich mit Beschluss vom 16. Januar 2020 zurück.
Kernargumente im Prozess gegen die Versicherungsgesellschaft
Die Versicherungsnehmer verklagten daraufhin die Versicherungsgesellschaft vor dem Landgericht Itzehoe. Sie argumentierten, der Vermittler A. W. habe ihre Unterschriften unter den Kündigungsschreiben erschlichen. Er habe ihnen vorgespiegelt, das Konto bei der U. H. sei extra für sie eingerichtet worden. Nur unter dieser falschen Annahme hätten sie die Schreiben unterzeichnet. Sie seien bis Februar 2016 davon ausgegangen, das Geld werde für neue Versicherungsverträge verwendet. Eine Genehmigung der Überweisung auf das fremde Konto hätten sie niemals erteilt. Sie bestritten zudem, die Bestätigungsschreiben der Versicherung über die Auszahlung erhalten zu haben.
Rechtlich waren die Versicherungsnehmer der Ansicht, die Auszahlung auf das Konto des Vermittlers sei als „fehlende Anweisung“ zu werten. Eine solche Zahlung habe keine Schuldbefreiende Wirkung gehabt, weshalb die Versicherung zur erneuten Auszahlung der Rückkaufswerte verpflichtet sei. Zudem beriefen sie sich auf die Ausführungen des OLG im Vorprozess gegen die Ehefrau. Aufgrund der Streitverkündung seien diese Aussagen für das aktuelle Verfahren bindend. Darüber hinaus habe die Versicherungsgesellschaft Sorgfaltspflichten verletzt, indem sie die Zahlung auf das fremde Konto vorgenommen habe, und sei daher zum Schadensersatz verpflichtet. Sie forderten die erneute Zahlung der Rückkaufswerte (10.603,73 € und 24.427,69 €) zuzüglich Zinsen.
Verteidigung der Versicherungsgesellschaft: Zahlung erfolgte auftragsgemäß
Die beklagte Versicherungsgesellschaft beantragte die Abweisung der Klage. Sie argumentierte, die Auszahlung auf das in den Kündigungsschreiben genannte Konto sei den Versicherungsnehmern zuzurechnen, da sie die Schreiben selbst unterschrieben hätten. Zumindest sei die Zahlung stillschweigend genehmigt worden. Schadensersatzansprüche bestünden nicht, da der Vermittler A. W. zum Zeitpunkt der Täuschungshandlungen nicht mehr ihr Vertreter gewesen sei und sein Verhalten – die Abwerbung von Kunden – ohnehin nicht von seiner (früheren) Befugnis umfasst war und nicht der Erfüllung von Pflichten der Versicherung diente. Das Verhalten des Vermittlers sei ihr daher gemäß § 278 BGB (Haftung für Erfüllungsgehilfen) nicht zuzurechnen. Vorsorglich erhob die Versicherung zudem die Einrede der Verjährung.
Entscheidung des Landgerichts Itzehoe: Klage abgewiesen
Das Landgericht Itzehoe wies die Klage vollständig ab. Die Versicherungsnehmer müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Begründung des Gerichts: Keine Pflicht zur erneuten Zahlung des Rückkaufswerts
Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich:
Erfüllung der Zahlungspflicht durch Überweisung auf angegebenes Konto
Der Anspruch auf erneute Auszahlung des Rückkaufswerts gemäß § 169 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bestehe nicht. Die Versicherungsgesellschaft habe ihre Schuld durch die erste Überweisung auf das in den Kündigungsschreiben genannte Konto bereits erfüllt (§ 362 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Eine Geldschuld könne durch Überweisung auf ein vom Gläubiger (hier: die Versicherungsnehmer) mitgeteiltes Konto mit schuldbefreiender Wirkung getilgt werden. Die Versicherungsnehmer hätten unstreitig die Kündigungsschreiben unterschrieben, in denen das Konto des Vermittlers und seiner Ehefrau als Empfängerkonto benannt war. Durch diese Mitteilung konnte und durfte die Versicherung mit befreiender Wirkung nur auf dieses Konto zahlen.
Keine „fehlende Anweisung“, sondern zurechenbare „erschlichene Anweisung“
Die Tatsache, dass die Angabe des Kontos durch eine Täuschung des Vermittlers zustande kam, ändere nichts an der Zurechenbarkeit der Anweisung an die Versicherungsnehmer. Das Gericht unterschied klar zwischen einer „fehlenden Anweisung“ (z.B. einer gefälschten Unterschrift, bei der der Kontoinhaber gar nichts veranlasst hat) und einer „erschlichenen Anweisung“, wie sie hier vorlag. Auch eine durch Täuschung erschlichene Anweisung sei dem Anweisenden (den Versicherungsnehmern) zuzurechnen. Wenn ein Anweisender schuldhaft aufgrund eines Irrtums einen falschen Empfänger benennt, tritt im Verhältnis zum Ausführenden (hier der Versicherung) Erfüllung ein. Der getäuschte Anweisende müsse sich dann an den tatsächlichen Empfänger (den Betrüger) halten, um sein Geld zurückzufordern, nicht aber an den Ausführenden, der nur die Anweisung befolgt hat.
Schuldhafte Veranlassung durch die Versicherungsnehmer selbst
Die Versicherungsnehmer hätten durch die Unterzeichnung der Kündigungserklärungen mit der falschen Kontonummer den entscheidenden Grund für die Fehlleitung des Geldes selbst gesetzt. Dies sei ihnen auch zuzurechnen, da sie nach Auffassung des Gerichts bei „genügender Anstrengung“ hätten erkennen können, dass das angegebene Konto nicht auf ihren Namen lief. Ihre Annahme, der Vermittler habe das Konto für sie eingerichtet, wertete das Gericht als „äußerst leichtgläubig“. Die Eröffnung eines Bankkontos für eine andere Person erfordere typischerweise Vollmachten, Identifizierungsverfahren und Informationen an den Kontoinhaber – Umstände, die hier offensichtlich nicht gegeben waren. Die Versicherungsnehmer hätten somit selbst schuldhaft die Grundlage für die Falschauszahlung geschaffen und müssten sich dieses Verhalten zurechnen lassen. Die rechtliche Konsequenz sei, dass sie ihre Ansprüche nur gegen den betrügerischen Vermittler A. W. richten könnten. Dass diese Ansprüche wegen dessen Insolvenz faktisch wertlos sind, sei rechtlich unerheblich.
Keine Bindungswirkung der OLG-Äußerungen aus dem Vorprozess
Das Gericht verneinte auch eine Bindungswirkung (§§ 74 Abs. 3, 68 Zivilprozessordnung – ZPO) der Ausführungen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts aus dem Verfahren gegen die Ehefrau des Vermittlers. Eine Bindungswirkung entfalten nur tragende Entscheidungsgründe, nicht jedoch bloße „obiter dicta“ (Bemerkungen am Rande), „überschießende Feststellungen“ oder Ausführungen im Rahmen einer „Mehrfachbegründung“, wenn die Entscheidung auch ohne diese Begründung Bestand hätte. Die Überlegungen des OLG zur Frage einer „fehlenden Anweisung“ und einem möglichen Direktanspruch gegen die Versicherung seien für die Entscheidung im dortigen Verfahren (Anspruch gegen die Ehefrau) nicht unmittelbar erheblich gewesen und daher nicht bindend für das aktuelle Verfahren.
Kein Schadensersatzanspruch gegen die Versicherungsgesellschaft
Auch ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Pflichtverletzung wurde vom Gericht abgelehnt.
- Keine Pflichtverletzung durch die Versicherung: Die Ausführung der Zahlung auf das Konto, das in den eigenhändig unterschriebenen Kündigungserklärungen der Versicherungsnehmer genannt war, stellte keine Pflichtverletzung der Versicherungsgesellschaft dar. Es gab für sie keine Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Anweisung oder dem Willen der Versicherungsnehmer zu zweifeln. Auch die Übermittlung der Kündigungen per Fax sei kein Grund für Misstrauen gewesen.
- Keine Zurechnung des Verhaltens von A. W.: Das betrügerische Handeln des ehemaligen Vermittlers A. W. ist der Versicherungsgesellschaft nicht als Erfüllungsgehilfe gemäß § 278 BGB zuzurechnen. Zum einen war W. zum Zeitpunkt der Täuschungshandlungen nicht mehr für die Gesellschaft tätig. Zum anderen handelte er mit dem Ziel der Umdeckung der Verträge auf einen Konkurrenten (Kundenabwerbung) klar gegen die Interessen der beklagten Versicherung und nicht in Erfüllung von deren Pflichten gegenüber den Versicherungsnehmern.
Weitere Punkte und Fazit
Der Vortrag der Versicherungsnehmer, der Vermittler habe das Geld zur Begleichung eigener Schulden bei der beklagten Versicherung verwendet, wurde vom Gericht als nicht ausreichend substantiiert zurückgewiesen. Selbst wenn dies zuträfe, würde dies allenfalls Ansprüche gegen den Vermittler, nicht aber gegen die Versicherung begründen. Auch der erst spät im Prozess aufgeworfene Aspekt einer möglichen Rückversicherung der Beklagten sei für die Ansprüche der Versicherungsnehmer rechtlich irrelevant.
Da die Klage bereits mangels begründeter Ansprüche abzuweisen war, musste das Gericht auf die von der Versicherung erhobene Einrede der Verjährung nicht mehr eingehen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass eine Versicherung nicht ein zweites Mal zahlen muss, wenn ein Versicherungsnehmer durch Täuschung eines Vermittlers selbst eine falsche Kontonummer angibt – auch wenn der Vermittler betrügerisch handelte. Die Verantwortung liegt beim Versicherungsnehmer, die Richtigkeit der eigenen Bankinformationen zu prüfen; eine „erschlichene Anweisung“ bleibt rechtlich eine wirksame Anweisung. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, bei Versicherungsangelegenheiten alle Dokumente sorgfältig zu prüfen und bei Kontoangaben besonders vorsichtig zu sein.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung und für wen ist sie geeignet?
Eine Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung ist eine besondere Form der Versicherung, die zwei Aspekte miteinander verbindet: den Schutz bei einem Unfall und das Sparen von Geld für später. Stellen Sie sich vor, Sie schließen eine Versicherung ab, die Sie finanziell absichert, falls Ihnen ein Unfall passiert, der bleibende Folgen hat. Gleichzeitig zahlen Sie regelmäßig Beiträge ein, die am Ende der Vertragslaufzeit garantiert an Sie zurückgezahlt werden, selbst wenn kein Unfallereignis eingetreten ist, das eine Leistung ausgelöst hätte. Sie bekommen also Ihre eingezahlten Beiträge zurück, oft noch ergänzt um erzielte Überschüsse der Versicherung.
Was bedeutet „Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung“?
Im Kern besteht dieses Produkt aus zwei Teilen: einem klassischen Unfallversicherungsanteil und einem Sparanteil. Der Unfallversicherungsanteil funktioniert wie eine normale Unfallversicherung: Tritt ein versicherter Unfall ein, der zu einer dauerhaften Beeinträchtigung führt (Invalidität), zahlt die Versicherung eine vereinbarte Summe oder eine Rente. Der besondere Teil ist die garantierte Beitragsrückzahlung. Dies bedeutet, dass ein Großteil Ihrer eingezahlten Beiträge in den Sparanteil fließt. Am Ende der vereinbarten Laufzeit (z.B. 20 oder 30 Jahre) erhalten Sie aus diesem Sparanteil mindestens die Summe der eingezahlten Sparbeiträge zurück. Oft kommen dazu noch zusätzliche Beträge aus den Gewinnen, die die Versicherung mit dem Geld erwirtschaftet hat (Überschussbeteiligung).
Welche Vorteile bietet diese Versicherung?
Ein Hauptvorteil ist die Kombination aus Sicherheit und Sparen. Sie haben den Schutz einer Unfallversicherung und gleichzeitig die Gewissheit, dass Ihr eingezahltes Geld nicht „weg“ ist, falls kein Unfall passiert. Sie erhalten es am Ende des Vertrages zurück. Das kann ein Gefühl der Sicherheit geben, da das Geld für spätere Zwecke (z.B. im Alter) zur Verfügung steht, auch wenn es nicht für einen Unfall benötigt wurde. Für manche Menschen ist auch der Aspekt der „garantierten“ Rückzahlung wichtig – im Gegensatz zu Geldanlagen, bei denen das Risiko besteht, dass der Wert sinkt.
Welche Nachteile gibt es zu bedenken?
Der größte Nachteil liegt meist in der möglichen Rendite. Da ein Teil Ihrer Beiträge für den Unfallschutz verwendet wird und die Versicherung eine garantierte Rückzahlung verspricht (was ein geringeres Anlagerisiko für die Versicherung bedeutet), ist die Chance auf hohe Gewinne oft geringer, als wenn Sie das Geld direkt in risikoreichere Anlagen (wie Aktienfonds) investieren würden. Die Rendite auf den Sparanteil kann also vergleichsweise niedrig sein. Außerdem sind die Beiträge für diese Art von Versicherung in der Regel höher als für eine reine Unfallversicherung ohne Sparanteil. Sie zahlen quasi für beide Komponenten – den Schutz und die Garantie.
Für wen könnte diese Versicherung geeignet sein?
Diese Art von Versicherung ist typischerweise für Personen geeignet, die eine hohe Sicherheitsorientierung haben. Wenn Sie sowohl einen Unfallschutz wünschen als auch sicherstellen möchten, dass Ihre Beiträge nicht verloren gehen, falls kein Leistungsfall eintritt, kann diese Kombination attraktiv sein. Sie passt gut zu Menschen, die nicht bereit sind, hohe Risiken einzugehen, um potenziell höhere Renditen zu erzielen, und die Wert auf eine garantierte Rückzahlung legen. Sie vereint zwei Bedürfnisse in einem Produkt und kann für sicherheitsbewusste Anleger eine Option sein, auch wenn die finanziellen Erträge aus dem Sparteil möglicherweise nicht so hoch sind wie bei reinen Investmentprodukten.
Welche Pflichten hat eine Versicherungsgesellschaft bei der Auszahlung des Rückkaufswertes einer Versicherung?
Wenn Sie Ihre Versicherung kündigen und Anspruch auf einen Rückkaufswert haben, hat die Versicherungsgesellschaft bestimmte Pflichten bei der Auszahlung dieses Betrags.
Grundsatz der Auszahlung
Grundsätzlich ist die Versicherungsgesellschaft verpflichtet, den Rückkaufswert auf die Bankverbindung auszuzahlen, die Sie im Kündigungsschreiben oder der Kündigungserklärung angegeben haben. Dies ist die direkte Folge Ihrer Anweisung als Versicherungsnehmer. Die Versicherung muss sich an Ihre Weisung halten, wohin das Geld überwiesen werden soll.
Die Sorgfaltspflicht der Versicherung
Neben dieser grundlegenden Pflicht zur Auszahlung an die angegebene Stelle hat die Versicherungsgesellschaft aber auch eine Sorgfaltspflicht. Diese Pflicht bedeutet, dass die Versicherung nicht blindlings jede Anweisung ausführen darf, insbesondere wenn es Anzeichen dafür gibt, dass die Zahlung möglicherweise nicht den rechtmäßigen Empfänger erreicht oder dass ein Betrug vorliegen könnte.
Diese Sorgfaltspflicht dient dazu, Sie als Versicherungsnehmer und den eigentlichen Empfänger des Geldes zu schützen. Die Versicherung muss angemessene Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass die Auszahlung korrekt erfolgt.
Was bedeutet die Sorgfaltspflicht in der Praxis?
Im Rahmen dieser Sorgfaltspflicht kann die Versicherung verschiedene Prüfungen durchführen. Dazu kann gehören:
- Prüfung der Plausibilität: Sie kann prüfen, ob die angegebene Bankverbindung logisch erscheint und zum Versicherungsnehmer passt. Ist die Bankverbindung völlig unbekannt oder weicht stark von früher verwendeten Konten ab?
- Prüfung auf Anzeichen von Betrug: Gibt es im Zusammenhang mit der Kündigung oder der angegebenen Bankverbindung Auffälligkeiten, die auf einen möglichen Betrugsversuch hindeuten?
- Nachfragen bei Zweifeln: Wenn die Versicherung begründete Zweifel an der Richtigkeit der Anweisung oder der Berechtigung des Empfängers hat, kann sie verpflichtet sein, bei Ihnen als Versicherungsnehmer nachzufragen und die Angaben zu überprüfen, bevor die Auszahlung erfolgt.
Die genauen Anforderungen an diese Sorgfaltspflicht können im Einzelfall unterschiedlich sein und hängen von den konkreten Umständen ab. Das Ziel ist immer, eine Auszahlung an einen Unberechtigten zu verhindern. Wenn die Versicherung ihre Sorgfaltspflicht verletzt und das Geld deshalb an eine falsche Person zahlt, kann sie unter Umständen erneut zur Zahlung an den tatsächlich Berechtigten verpflichtet sein.
Was bedeutet „schuldbefreiende Wirkung“ einer Zahlung im juristischen Sinne?
Wenn im juristischen Kontext von der „schuldbefreienden Wirkung“ einer Zahlung die Rede ist, meint man damit den Effekt, dass derjenige, der eine Schuld hat (der Schuldner), durch seine Zahlung diese Verpflichtung rechtlich wirksam beendet. Die Schuld, also die Pflicht, etwas zu leisten (hier: zu zahlen), erlischt damit endgültig gegenüber demjenigen, dem die Leistung zusteht (dem Gläubiger).
Stellen Sie sich vor, Sie schulden jemandem 100 Euro. Wenn Sie diese 100 Euro an die richtige Person zahlen und diese Zahlung auch angenommen wird, dann hat Ihre Zahlung schuldbefreiende Wirkung. Ihre Schuld ist damit erfüllt, und Sie müssen die 100 Euro nicht mehr bezahlen.
Wann eine Zahlung schuldbefreiende Wirkung hat
Eine Zahlung entfaltet in der Regel dann schuldbefreiende Wirkung, wenn sie an den tatsächlich berechtigten Gläubiger geleistet wird, die volle geschuldete Summe umfasst und korrekt verbucht werden kann, um die spezifische Schuld zu tilgen. Das Gesetz spricht hier von der „Erfüllung“ einer Verbindlichkeit.
Wann die Wirkung NICHT eintritt
Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen, bei denen eine Zahlung geleistet wird, diese aber KEINE schuldbefreiende Wirkung hat. Das bedeutet, die ursprüngliche Schuld des Schuldners besteht trotz der Zahlung weiterhin fort. Dies kann unter anderem in folgenden Situationen der Fall sein:
- Zahlung an eine nicht berechtigte Person: Wenn der Schuldner das Geld an jemand anderen zahlt als an den eigentlichen Gläubiger (z.B. an eine Person, die sich fälschlicherweise als Empfänger ausgibt), ist die Schuld gegenüber dem echten Gläubiger in der Regel noch nicht erloschen.
- Zahlung unter falschen Voraussetzungen: Dies liegt vor, wenn die Zahlung auf einem Irrtum über den Bestand oder die Höhe der Schuld beruhte, oder wenn die Grundlage für die Zahlungsverpflichtung nicht gegeben war (z.B. Zahlung einer Rechnung, die auf einer unwirksamen Forderung basiert). Auch hier kann es sein, dass die Zahlung die schuldbefreiende Wirkung nicht entfaltet und die eigentliche Schuld – falls sie überhaupt besteht – weiterhin besteht.
Für Sie als Schuldner ist es also entscheidend, nicht nur zu zahlen, sondern sicherzustellen, dass die Zahlung an den korrekten Gläubiger für die tatsächlich bestehende Schuld geleistet wird. Nur dann können Sie sicher sein, dass Ihre Zahlung schuldbefreiende Wirkung entfaltet und die Angelegenheit rechtlich abgeschlossen ist.
Welche Sorgfaltspflichten haben Versicherungsnehmer bei der Angabe von Kontodaten für die Auszahlung von Versicherungsleistungen?
Wenn Ihnen eine Versicherungsleistung zusteht, zum Beispiel nach einem Schaden oder bei Ablauf eines Vertrags, zahlt die Versicherung den Betrag auf ein von Ihnen angegebenes Bankkonto aus. Dabei haben Sie als Versicherungsnehmer bestimmte Sorgfaltspflichten, also die Pflicht, die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen.
Ihre Hauptaufgabe ist es, die korrekten Bankdaten an die Versicherung zu übermitteln. Dazu gehören in der Regel die Internationale Bankkontonummer (IBAN) und der Name des Kontoinhabers. Es ist Ihre Verantwortung, sicherzustellen, dass diese Daten richtig und vollständig sind und dass das angegebene Konto tatsächlich das Konto ist, auf das die Auszahlung erfolgen soll.
Warum ist das wichtig? Die Versicherung verlässt sich darauf, dass die von Ihnen mitgeteilten Daten korrekt sind. Überweist die Versicherung die Leistung auf das von Ihnen angegebene, aber falsche Konto, kann es schwierig oder unmöglich sein, das Geld zurückzubekommen. Stellen Sie sich vor, Sie überweisen selbst versehentlich Geld an eine falsche Kontonummer – das kann mühsam sein, das Geld wiederzuerlangen. Bei einer Versicherungsauszahlung ist das ähnlich.
Was bedeutet Sorgfalt in diesem Zusammenhang konkret? Das bedeutet zum Beispiel:
- Überprüfen Sie die Kontodaten genau, bevor Sie sie der Versicherung mitteilen. Ein Zahlendreher in der IBAN oder ein Tippfehler im Namen des Kontoinhabers kann ausreichen, um die Auszahlung fehlschlagen zu lassen oder auf ein falsches Konto zu leiten.
- Geben Sie nur Konten an, über die Sie verfügen oder für die eine entsprechende Vollmacht besteht, falls die Auszahlung nicht auf Ihr eigenes Konto gehen soll.
Wenn Sie sich unsicher sind oder Zweifel an den von Ihnen verwendeten Kontodaten haben, ist es ratsam, proaktiv die Versicherung zu kontaktieren, um die korrekten Daten zu bestätigen oder Unklarheiten zu beseitigen. Dies kann helfen, Fehler im Vorfeld zu vermeiden.
Die Einhaltung dieser Sorgfaltspflichten ist wichtig, weil Fehler bei der Angabe der Kontodaten dazu führen können, dass die Auszahlung nicht wie gewünscht erfolgt. Wenn aufgrund von fehlerhaften Daten, die Sie bereitgestellt haben, ein Schaden entsteht (z.B. das Geld ist weg und nicht wiederzubeschaffen), kann dies Auswirkungen darauf haben, wer diesen Schaden tragen muss. Es kann eine Rolle spielen, ob und inwieweit Sie selbst zu dem Problem beigetragen haben (man spricht hier von Mitverschulden). Daher liegt es in Ihrem eigenen Interesse, äußerst sorgfältig mit der Angabe Ihrer Bankdaten umzugehen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Versicherungsnehmer, wenn ein Vermittler sie bei der Kündigung und Auszahlung einer Versicherung betrügt?
Wenn ein Versicherungsnehmer durch einen Vermittler bei der Kündigung und Auszahlung einer Versicherung getäuscht oder geschädigt wird, gibt es verschiedene rechtliche Wege, die in Betracht kommen können. Diese zielen darauf ab, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen und mögliches Fehlverhalten aufzudecken.
Strafrechtliche Folgen für den Vermittler
Ein solches Vorgehen des Vermittlers kann unter Umständen den Straftatbestand des Betrugs erfüllen. Betrug liegt vor, wenn jemand durch eine Täuschung einen Irrtum hervorruft und dadurch einen anderen am Vermögen schädigt, um sich selbst oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen Betrugs gegen den Vermittler zu erstatten. Die Strafanzeige leitet ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein, das vom Staat geführt wird. Dies dient der Verfolgung des strafbaren Verhaltens, führt aber nicht unmittelbar zur Rückzahlung des Geldes an den Geschädigten.
Zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz
Neben strafrechtlichen Konsequenzen kann der Versicherungsnehmer auch zivilrechtliche Schritte einleiten, um den entstandenen finanziellen Schaden ersetzt zu bekommen. Der Vermittler hat in der Regel eine Pflicht, die Interessen des Versicherungsnehmers wahrzunehmen. Wenn er diese Pflicht verletzt und dadurch ein Schaden entsteht – etwa weil das Geld nicht wie vereinbart ausgezahlt, sondern veruntreut wurde – kann ein Schadensersatzanspruch gegen den Vermittler bestehen. Dieser Anspruch muss in der Regel zivilrechtlich geltend gemacht werden, unter Umständen auch vor Gericht.
Haftung der Versicherungsgesellschaft
Unter bestimmten Umständen kann auch eine Haftung der Versicherungsgesellschaft in Betracht kommen. Dies ist jedoch komplexer. Eine Versicherungsgesellschaft haftet nicht pauschal für jedes Fehlverhalten eines Vermittlers. Eine Haftung kann aber dann bestehen, wenn der Vermittler im Auftrag der Gesellschaft gehandelt hat (etwa als sogenannter „gebundener Vermittler“) oder wenn die Gesellschaft eigene Pflichten verletzt hat, zum Beispiel bei der Auswahl, Überwachung oder Kontrolle ihrer Vermittler. Wenn die Versicherungsgesellschaft beispielsweise von verdächtigen Praktiken wusste oder hätte wissen müssen und nichts unternommen hat, könnte eine Haftung der Versicherungsgesellschaft wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten im Raum stehen. Auch solche Ansprüche müssen zivilrechtlich durchgesetzt werden.
Die Durchsetzung solcher Ansprüche, insbesondere die Beweisführung für den Betrug oder die Pflichtverletzungen, kann oft schwierig und langwierig sein. Es erfordert in der Regel eine genaue Klärung des Sachverhalts und die Sammlung von Beweismitteln.
Für Versicherungsnehmer, die von einem solchen Betrug betroffen sind, ist es wichtig, den Vorfall und die entstandenen Schäden genau zu dokumentieren.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Rückkaufswert
Der Rückkaufswert ist der Betrag, den eine Versicherungsgesellschaft bei vorzeitiger Kündigung eines Lebens- oder Rentenversicherungsvertrags an den Versicherungsnehmer auszahlt. Er entspricht den bisher angesparten Werten abzüglich bestimmter Gebühren und Kosten. Im vorliegenden Fall bezieht sich der Rückkaufswert auf die Summe, die den Versicherungsnehmern nach Kündigung ihrer Unfallversicherungen ausgezahlt wurde. Beispiel: Wenn Sie eine Versicherung kündigen, bekommen Sie nicht immer Ihre vollen Beiträge zurück, sondern nur den Rückkaufswert, der sich auf das bis dahin erwirtschaftete Guthaben bezieht.
Schuldbefreiende Wirkung
Die schuldbefreiende Wirkung beschreibt, dass eine Zahlung eine bestehende Verpflichtung rechtlich verbindlich erfüllt und damit die Schuld erlischt. Hier bedeutet es, dass die Versicherung durch die Überweisung an das im Kündigungsschreiben angegebene Konto ihre Leistungspflicht erfüllt hat und keine weitere Zahlung mehr leisten muss. Auch wenn die Zahlung fälschlich an einen Betrüger ging, bleibt die Schuld gegenüber der Versicherung erloschen, wenn der Versicherungsnehmer die Überweisung selbst veranlasst hat. Beispiel: Sie zahlen eine Rechnung an eine Person, die sich als der Gläubiger ausgibt; danach sind Sie gegenüber dem echten Gläubiger schuldbefreit, müssen das Geld aber beim Betrüger zurückholen.
Fehlende Anweisung und erschlichene Anweisung
Eine fehlende Anweisung liegt vor, wenn es keine gültige und wirksame Zahlungsanweisung des Gläubigers an den Schuldner gibt, zum Beispiel bei einer gefälschten Unterschrift. Eine erschlichene Anweisung hingegen entsteht, wenn der Gläubiger zwar eine Anweisung erteilt hat, diese aber durch Täuschung oder Betrug zustande kam. Im vorliegenden Fall erkannte das Gericht, dass die Versicherungsnehmer ihr Konto irrtümlich und durch Täuschung falsch angegeben haben – somit lag eine erschlichene Anweisung vor, deren Folgen ihnen zuzurechnen sind. Beispiel: Sie unterschreiben ein Kündigungsschreiben mit Bankdaten, die Ihnen ein Vermittler vorgibt, obwohl das Konto diesem gehört – Ihre Anweisung an die Versicherung ist rechtlich wirksam, aber durch Täuschung entstanden.
§ 278 BGB – Haftung für Erfüllungsgehilfen
§ 278 BGB regelt, dass ein Schuldner für das Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen so haftet, als ob er selbst gehandelt hätte. Ein Erfüllungsgehilfe ist eine Person, die der Schuldner zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten einsetzt. Im Fall wurde geprüft, ob der Vermittler als Erfüllungsgehilfe der Versicherung gilt, sodass deren Haftung für dessen Betrug bestünde. Das Gericht verneinte dies, weil der Vermittler zum Tatzeitpunkt nicht mehr im Auftrag der Versicherung handelte. Beispiel: Wenn ein Arbeitnehmer eines Unternehmens einen Fehler macht, haftet das Unternehmen hierfür; handelt ein Ex-Mitarbeiter aber eigenständig und gegen das Unternehmen, haftet dieses nicht.
Sorgfaltspflicht der Versicherungsgesellschaft
Die Sorgfaltspflicht verpflichtet die Versicherung, bei der Auszahlung von Rückkaufswerten angemessene Prüfungen vorzunehmen, um Auszahlungen an Unberechtigte zu verhindern. Dabei muss die Versicherung auf Hinweise oder erkennbare Unregelmäßigkeiten reagieren, etwa wenn die angegebene Kontoverbindung ungewöhnlich erscheint. Im beschriebenen Fall stellte das Gericht fest, dass die Versicherung keine erkennbaren Anhaltspunkte für den Betrug hatte und daher keine Pflichtverletzung vorlag. Beispiel: Wenn jemand bei der Bank eine ungewöhnliche Kontoverbindung angibt, muss die Bank prüfen, ob die Angaben plausibel sind, bevor sie Geld überweist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 362 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Erfüllung: Erfüllung bedeutet, dass ein Schuldverhältnis durch Leistung der geschuldeten Sache, hier Zahlung des Geldes auf ein vom Gläubiger benanntes Konto, als erfüllt gilt. Wenn der Schuldner (Versicherung) auf das angegebene Konto zahlt, wird er von seiner Verpflichtung befreit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung hat durch die Überweisung auf das vom Versicherungsnehmer mitgeteilte Konto ihre Zahlungspflicht wirksam erfüllt, auch wenn das Konto dem Vermittler gehörte.
- § 169 Abs. 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) – Rückkaufsanspruch: Dieser Paragraph regelt den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Auszahlung des Rückkaufswerts nach Kündigung eines Versicherungsvertrags. Die Versicherung muss nach Vertragsbeendigung die fälligen Werte auszahlen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger verlangen die Auszahlung des Rückkaufswerts, die die Versicherung mit der ersten Überweisung auf das angegebene Konto bereits erfüllt hat.
- Grundsatz der Zurechnung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen: Eine Willenserklärung, die auf Täuschung beruht, bleibt dem Erklärenden dennoch zuzurechnen, wenn er etwa durch eigenes leichtfertiges Verhalten zur Täuschung beiträgt. Eine „erschlichene Anweisung“ entfaltet im Rechtsverkehr grundsätzlich Wirkung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die mit falschem Konto getätigte Zahlungsanweisung wurde durch die Versicherungsnehmer schuldhaft „erschlichen“ und ist ihnen daher zuzurechnen; die Versicherung durfte darauf vertrauen.
- § 280 Abs. 1 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung: Voraussetzung für Schadensersatz ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten oder gesetzlicher Nebenpflichten durch den Schuldner. Ist dies nicht der Fall oder kein Verschulden gegeben, besteht kein Schadensersatzanspruch. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah keine Pflichtverletzung der Versicherung, da sie auf die eigenhändig unterzeichneten Kündigungsschreiben vertraute und keine Hinweise auf eine Täuschung hatte, daher kein Schadensersatzanspruch.
- § 278 BGB – Haftung für Erfüllungsgehilfen: Ein Schuldner haftet für das Verschulden einer Person, die er zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten einsetzt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Person nicht mehr sein Erfüllungsgehilfe ist oder gegen seine Interessen handelt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Vermittler zum Zeitpunkt der Täuschung nicht mehr für die Versicherung tätig war und entgegen deren Interessen handelte, ist sein Verhalten der Versicherung nicht zuzurechnen.
- §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO – Bindungswirkung von Vorentscheidungen: Rechtliche Feststellungen aus Vorverfahren binden ein zuständiges Gericht nur, wenn sie tragende Entscheidungen sind, keine bloßen Randbemerkungen oder nicht notwendige Begründungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Äußerungen des OLG im Vorprozess gegen die Ehefrau des Vermittlers sind keine bindenden Entscheidungsgründe im aktuellen Verfahren, sodass die Versicherung nicht an diese gebunden ist.
Das vorliegende Urteil
LG Itzehoe – Az.: 3 O 165/20 – Urteil vom 25.02.2022
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