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Unfallversicherung – Krankenhaustagegeld für Aufenthalt in Rehaklinik

LG Heidelberg – Az.: 5 S 25/17 – Urteil vom 04.10.2018

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 29.06.2017, Az. 22 C 4/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Heidelberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 812,24 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten – soweit in der Berufungsinstanz noch von Bedeutung – um Leistungen auf Krankenhaustagegeld aus einer Unfallversicherung für einen Tag Aufenthalt der Klägerin in der A-Klinik in H. im Jahr 2011 und für 21 Tage Aufenthalt in der „Rehaklinik AK“ in K. vom 03.09.2013 bis 24.09.2013.

Die Klägerin war bei dem beklagten Versicherer seit 1995 und insbesondere im hier interessierenden Zeitraum unfallversichert. Dem Vertrag lagen ursprünglich die allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen „NBA-AUB 95“ (Anlage BLD 2, AS I 93 ff.) zu Grunde, deren § 7 unter „IV. Krankenhaustagegeld“ die folgende Klausel enthält:

(1) Krankenhaustagegeld wird für jeden Kalendertag gezahlt, an dem sich der Versicherte wegen des Unfalles in medizinisch notwendiger vollstationärer Heilbehandlung befindet, längstens jedoch für fünf Jahre vom Unfalltage an gerechnet.

(2) Krankenhaustagegeld entfällt bei einem Aufenthalt in Sanatorien, Erholungsheimen und Kuranstalten.

In den neueren „AUB 2011“, von deren zwischenzeitlicher Geltung die Klägerin ausgeht, findet sich in Ziff. 2.4.1 ein entsprechender Leistungsausschluss („Kuren sowie Aufenthalte in Sanatorien und Erholungsheimen gelten nicht als medizinisch notwendige Heilbehandlungen“); wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 10 (AS I 173 ff.) verwiesen. Das Krankenhaustagegeld unterliegt dabei einer dynamischen Erhöhung und betrug zuletzt 36,92 Euro/Tag, bis zum 31.07.2013 allerdings nur 31,20 Euro/Tag.

Die Klägerin hat vor dem Amtsgericht behauptet, am 02.07.2011 in ihrer Küche von der Leiter gestürzt und mit der linken Schulter auf den Fußboden aufgeschlagen zu sein. Die Ärzte Dr. W. und Dr. H. hätten als Unfallfolge eine fortgeschrittene Schleimbeutelentzündung sowie Zerrungen der Wirbelsäule diagnostiziert; Prof. Dr. G. habe dann in der A-Klinik ambulant eine Wirbelsäulen-Operation vorgenommen, wodurch sich die Beschwerden gebessert hätten, trotz Physiotherapie aber nicht verschwunden seien, sodass der dreiwöchige Aufenthalt in der Reha-Klinik erforderlich geworden sei. Erst dadurch seien die unfallbedingten Verletzungen dann ausgeheilt. Es hätten vorher keine Verschleiß- oder Abnutzungserscheinungen vorgelegen. Sie hat vor dem Amtsgericht auf der Grundlage von 22 Tagen Krankenhausaufenthalt und dem Tagessatz von 36,92 Euro – neben einer in der Berufung nicht mehr streitgegenständlichen Feststellung – die Verurteilung zur Zahlung von 812,24 Euro zuzüglich Zinsen beantragt.

Die Beklagte hat – nebst einem in der Berufung ebenfalls nicht mehr streitgegenständlichen Widerklageantrag – Klageabweisung beantragt. Die Beklagte hat den Sturz ebenso bestritten wie eine dadurch verursachte und noch bei Klinikaufenthalt behandelte Schleimbeutelentzündung und Wirbelsäulenbeschwerden; vielmehr seien die Beschwerden Folge von Verschleißerscheinungen. Auch seien die Behandlungen keine medizinisch notwendigen Heilbehandlungen gewesen. Maßgeblich für die Tagegeldhöhe seien ohnehin die zum Zeitpunkt des (angeblichen) Unfalls geltenden Tarife, mithin nur 31,20 Euro/Tag.

Das Amtsgericht hat die Klägerin zum Unfallgeschehen und Behandlungsverlauf persönlich angehört, den Zeugen Dr. H. vernommen und ein schriftliches medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Es hat darauf die Klage abgewiesen und zur Begründung, soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse, ausgeführt, dass das Vorliegen eines Unfalls sowie dessen unmittelbare Folgen dahinstehen könnten, da jedenfalls das in der Klinik behandelte Leiden nicht mehr Folge eines solchen Unfalls gewesen sein könne. Selbst bei Wahrunterstellung der Beschwerden seit dem behaupteten Unfallereignis könne es sich keine Überzeugung bilden, dass der Aufenthalt zur Behandlung von Unfallfolgen erforderlich gewesen sei. Eine Schleimbeutelentzündung heile regelmäßig früher ab. Besonders schwere Umstände, die ausnahmsweise eine so lang andauernde Schleimbeutelentzündung verursachen könnten, seien nicht vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz sowie wegen des Inhalts und der Begründung des Urteils des Amtsgerichts einschließlich der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.

Gegen die Abweisung des Zahlungsantrags wendet sich die Berufung der Klägerin. Das Amtsgericht habe das Zeugnis des behandelnden Arztes nicht ausreichend gewürdigt. Das Gericht habe zudem würdigen müssen, dass sie Schmerzen erst ab dem Unfall gehabt habe, die nach dem Reha-Aufenthalt wieder abgeklungen seien. Auch aus dem Therapiebericht ergebe sich eine Therapie der Schleimbeutelentzündung.

Die Klägerin beantragt:

1. das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 29.06.2017 zu dortigem Az.: 22 C 4/17 wird im Kostenpunkt aufgehoben und insoweit abgeändert, wie die Klage der Klägerin/Berufungsklägerin erstinstanzlich abgewiesen wurde;

2. auf die Berufung hin wird die Beklagte/Berufungsbeklagte verurteilt, an die Klägerin/Berufungsklägerin Versicherungsleistungen aus der Unfallversicherung Nr. U 33/31 045 733 in Höhe von 812,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und beruft sich insbesondere auf den Leistungsausschluss nach § 7 IV. Abs. 2 „NBA-AUB 95“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

1.) Die Beweisaufnahme war nicht zu wiederholen. Zwar hat das Berufungsgericht die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen seiner Entscheidung dann nicht zugrunde zu legen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Amtsgerichts begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Insoweit liegt es nahe, dass das Amtsgericht dem Sachverständigen nochmals die Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. H. hätte vorhalten müssen, um zu klären, ob der Sachverständige ungeachtet seiner Auffassung, dass eine traumatisch bedingte Schleimbeutelentzündung „in der Regel“ nach mehreren Monaten ausheilt, in Kenntnis des Behandlungsverlaufs bei der Klägerin daran festhalten würde, dass die Entzündung auch im konkreten Fall längstens neun Monate nach Unfallereignis abgeheilt gewesen sein musste. Insoweit ist aber eine erneute Feststellung durch Wiederholung der Beweisaufnahme jedenfalls deshalb nicht geboten, weil diese Feststellung nicht entscheidungserheblich ist.

2.) Auf den von der Klägerin zu führenden (BGH NJWE-VHR 1998, 51) Beweis, dass sie bei der stationären Behandlung noch unter den Folgen eines Sturzes in der Küche litt (Kausalität zwischen Unfall und Krankenhausaufenthalt), kommt es aus Rechtsgründen ebenso wenig an wie auf die vom Amtsgericht offengelassene Frage, ob die Klägerin überhaupt, wie sie vorträgt, am 02.07.2011 einen Unfall durch Sturz in der Küche erlitten hat. Auch wenn dies feststünde, wäre die Beklagte nicht zur Zahlung von Krankenhaustagegeld verpflichtet.

a) Das ergibt sich für den ambulanten Aufenthalt in der A-Klinik, wovon die Klägerin im Termin selbst ausgegangen ist, bereits daraus, dass es sich um eine ambulante Operation handelte und nicht um einen stationären Aufenthalt, was die Versicherungsbedingungen – gleich in welcher Fassung – zur Voraussetzung für Krankenhaustagegeld machen.

b) Aber auch für den mit 21 Tagen berechneten stationären Aufenthalt in der „Rehaklinik AK“ in K. schuldet die Beklagte kein Krankenhaustagegeld. Insoweit greift der in den Versicherungsbedingungen vereinbarte Ausschluss für „Sanatorien, Erholungsheime, Kuranstalten“ ein, und zwar wiederum unabhängig davon, welche der insoweit inhaltsgleichen Fassungen der Versicherungsbedingungen man zu Grunde legt.

%(1) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist umstritten, ob Rehabilitationskliniken von einem solchen Leistungsausschluss erfasst werden. Während manche Oberlandesgerichte Rehabilitationsmaßnahmen den Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen im Sinne dieser Klausel gleichstellen (OLG Köln r + s 2015, 84; OLG Hamm, Urt. v. 13.07.1994 – 20 U 13/94 -, Abs.-Nr. 26; OLG Hamm, Urt. v. 28.05.1993 – 20 U 23/93 -, Abs.-Nr. 34; zustimmend Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2010, AUB Ziff 2.4 Rn. 20), lehnen das andere ab (OLGR Zweibrücken 2004, 595 [598]).

%(1) Die Kammer schließt sich der Ansicht an, wonach Behandlungen in Rehabilitationskliniken unter diesen Leistungsausschluss fallen.

%(4) Dafür spricht bereits der Wortlaut der Versicherungsbedingungen. Nicht nur hinsichtlich der Wortherkunft (sanare „heilen“, rehabilitare „wieder befähigen“), sondern auch in der Verwendung kommen sich die Begriffsbedeutungen der hier aufgeführten Einrichtungen entgegen OLGR Zweibrücken 2004, 595 (598) sehr nahe. So kann „Sanatorium“ im allgemeinen Sprachgebrauch ebenso die fachärztlich geleitete Einrichtung zur Behandlung chronisch Kranker bzw. zur Verabreichung von Heilkuren bezeichnen wie ein Erholungsheim für Genesende meinen; synonym werden unter anderem die Bezeichnungen „Genesungsheim“, „Heilanstalt“, „Heilstätte“ und eben „Rehabilitationszentrum“ verwendet (Artikel „Sanatorium“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache – DWDS, <https://www.dwds.de/wb/Sanatorium>, abgerufen am 25.09.2018). Der Gesetzgeber hat bei Einführung des § 107 Abs. 2 SGB V die dort definierten „Rehabilitationseinrichtungen“ sogar als den bisher in § 184a RVO genannten „Kur- oder Spezialeinrichtungen“ entsprechend angesehen (BT-Drs. 11/2237, S. 196). Die Bezeichnung „Sanatorium“ wurde seit einer Hochphase der Begriffsverwendung Anfang der 1950-er Jahre seltener und ist heute vergleichsweise ungebräuchlich, während gerade gegenläufig Einrichtungsbezeichnungen mit dem Wortbestandteil „Reha“ erst ab den 1960-er und 1970-er Jahren üblich geworden sind (vgl. die Wortverlaufskurven im Artikel „Sanatorium“, DWDS a.a.O., einerseits und in den Artikeln „Rehabilitationseinrichtung“, „Rehabilitationsklinik“ und Rehabilitationszentrum andererseits). Das Wort „Sanatorium“ ist aber noch nicht dermaßen ungebräuchlich, dass es für die Vertragsauslegung unergiebig wäre; erst Recht hat es keinen neuen Bedeutungsgehalt einer eindeutig von Rehakliniken abgrenzbaren Einrichtung angenommen. Eine begriffliche Unterscheidung zwischen Reha-Einrichtungen einerseits und Sanatorien, Erholungsheimen und Kuranstalten andererseits könnte vor diesem Hintergrund nur so erfolgen, dass der Leistungsausschluss auf Fälle zu beschränken wäre, in denen schon keine Heilbehandlung erfolgt, sondern lediglich Urlaub und Wellness im Vordergrund stehen. Dann würde der Ausschluss aber letztlich leerlaufen. Auch daraus, dass andere Versicherer in neueren Versicherungsbedingungen dazu übergegangen sind, den Begriff der „Rehabilitationsklinik“ ausdrücklich in den Leistungsausschluss aufzunehmen (dazu Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2010, AUB Ziff 2.4 Rn. 19 und die von der Klägerin angeführten Beispiele; zur Auslegung des Begriffs der „Rehabilitationsmaßnahmen“ in älteren Klauseln BGH NJW 1983, 2088), was zur Klarstellung sicherlich sinnvoll ist, lässt sich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass Reha-Einrichtungen von dem Ausschluss anders als die dort genannten ähnlichen Einrichtungen nicht erfasst werden sollen.

%(4) Mit dem so verstandenen Leistungsausschluss wird an eine für Zulassung, Vergütung und Finanzierung bedeutsame sozialrechtliche Abgrenzung zwischen Krankenhäusern im engeren Sinne (§ 107 Abs. 1 SGB V) und Rehabilitationseinrichtungen (§ 107 Abs. 2 Nr. 1 lit. b, Nr. 2, 3 SGB V) angeknüpft. Dabei hat der Gesetzgeber bei diesen Einrichtungen an Krankheiten gedacht, die zwar eine voll- oder teilstationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, weshalb nicht die intensive, aktive und fortdauernde ärztliche Betreuung im Vordergrund steht, der die Pflege untergeordnet ist, sondern der Zustand des Patienten in erster Linie – wenn auch nach einem gezielten ärztlichen Behandlungsplan – durch seelische und geistige Einwirkungen sowie durch die Anwendung von Heilmitteln gebessert werden soll, wobei zudem bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte geholfen werden soll (BT-Drs. 11/2237, S. 197). Diese Abgrenzung ergibt auch im Kontext des Krankenhaustagegelds Sinn, weil für den Leistungsumfang auf die klare sozialrechtliche Zuordnung der jeweiligen Einrichtung zurückgegriffen werden kann, anstatt vielfältige denkbare Diagnosen oder Behandlungsmethoden aufführen zu müssen oder gar auf den individuellen Mehrbedarf abzustellen, der durch den Aufenthalt beim Versicherten konkret ausgelöst wird.

%(4) Nur das Verständnis, wonach Rehabilitationskliniken wie die hier in Rede stehende Klinik unter den Leistungsausschluss für „Sanatorien, Erholungsheime, Kuranstalten“ fallen, fügt sich widerspruchslos in die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung einer Krankenhausbehandlung von einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung ein (so auch OLG Köln r + s 2015, 84 [85]). Demnach ist die Krankenhausbehandlung von einem besonders intensiven Einsatz medizinischen Personals gekennzeichnet; im Vordergrund steht eine den Anforderungen an eine intensive und möglichst umfassende medizinische und ärztliche Betreuung und Behandlung entsprechende Ausstattung, was in der Regel auch das Vorhandensein von ausreichenden diagnostischen Möglichkeiten, von Operationseinrichtungen und solchen der Intensivmedizin einschließt. Demgegenüber bedürfen die Patienten einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung der umfassenden medizinischen Versorgung und Kontrolle regelmäßig nicht (mehr); sie haben sich vielfach bereits zuvor einer Krankenhausbehandlung unterzogen. Die Kur- oder Sanatoriumsbehandlung ist vielmehr zumeist auf spezielle Heilanwendungen unter heilklimatisch günstigen Vorbedingungen ausgerichtet (darunter z.B. ernährungs- oder physikalische Therapien), deren Anforderungen auch die weitere Ausstattung und Ausgestaltung der Einrichtung bestimmen. Letztere muss und wird daher regelmäßig nicht den medizinischen Anforderungen entsprechen, die eine umfassende Krankenhausbehandlung erfordert. Der Heilerfolg einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung wird schließlich auch von einer geregelten Lebensweise, dem Herauslösen aus der gewohnten Umgebung und dem Fernhalten von schädlichen Umwelteinflüssen erwartet; regelmäßig ist es dem Patienten auch gestattet, die Einrichtung zu Spaziergängen zu verlassen (BGH NJW 1995, 3057 [3058]).

Nach diesem Maßstab ist die „Rehaklinik AK“ in K. kein Krankenhaus im Sinne der Versicherungsbedingungen. Es ist nunmehr unstreitig und daher der Berufungsentscheidung ohne Weiteres zu Grunde zu legen (vgl. BGH NJW 2005, 291 [292 f.]), dass die „Rehaklinik AK“ in K. nicht über einen Operationssaal verfügt. Auch die Klägerin wurde nicht dort, sondern zuvor in der A-Klinik operiert. Die Klägerin selbst trägt darüber hinaus vor, sie sei in der Reha-Klinik „überwiegend physiotherapeutisch“ (also nicht ärztlich) behandelt worden. Der auszugsweise vorgelegte Behandlungsplan (AS I 103) weist als Heilmittel „Infrarot“, „Bewegungsbad“, „Finnische Sauna“, „Warm-Luftbad“, „Dampfbad“, „Warm-Sandbad“, „Mikrowelle“, „Laufband“, „Wasser/KG“, „Warmpackung“, „Massage“, „Krankengymnastik“ und Ähnliches aus. Auch im ärztlichen Entlassungsbericht (Anlagenband Patientenunterlagen, Register 3) sind vor allem solche Hilfsmittel, verschiedene Arten des Trainings und Beratung aufgeführt, die Therapie wird als „individuelle krankengymnastische und balneophysikalische Therapie“ bezeichnet und näher beschrieben. Die Kammer verkennt nicht, dass diese Betreuung sehr intensiv, anstrengend und auch heilsam gewesen sein mag; dass in der Klinik nach ihrer Ausstattung allerdings eine intensive und möglichst umfassende medizinische und ärztliche Betreuung und Behandlung im Vordergrund stand, wie dies für ein Krankenhaus in Abgrenzung zum Sanatorium typisch ist, ist aber nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es demgegenüber nicht entscheidend, ob in der fraglichen Einrichtung anstrengende Behandlungsmaßnahmen oder – wovon die Kammer auch nicht ausgeht – Urlaub und Erholung im Vordergrund standen. Denn auch für einen Kur- oder (stationären) Sanatoriumsaufenthalt im Sinne der Versicherungsbedingungen ist es charakteristisch, dass er der Behandlung einer Krankheit dient (BGH r + s 1995, 351 [352]). Zu einer Wiedereröffnung der Verhandlung, die die Klägerin beantragt hat, besteht daher nach § 156 ZPO keine Veranlassung.

%(4) Es ist auch nicht deshalb die für die Klägerin günstigste Auslegung zu Grunde zu legen, in der der Ausschluss nicht anwendbar wäre, weil die Beklagte es in der Hand gehabt hätte, „Rehakliniken“ ausdrücklich in der Klausel aufzuführen. Es bestehen keine hinreichenden Auslegungszweifel, die nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Versicherers gingen.

In diesem Sinne unklar sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind dabei so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. Dieser Grundsatz erfährt aber eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet (BGH NJW-RR 2017, 992 [993] m.w.N.).

Nach diesem Maßstab ist der Bedeutungsgehalt der Klausel noch hinreichend klar. Insbesondere ist es auch für einen Versicherungsnehmer erkennbar, dass es für die Leistungspflicht nicht auf die Zufälligkeiten der unter Umständen beliebigen Namensgebung der Einrichtung ankommen kann (Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2010, AUB Ziff 2.4 Rn. 19), sondern auf die Vergleichbarkeit mit den genannten Einrichtungen. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Formulierung der Klausel bis auf die AUB 1961 zurückgeht (vgl. BGH NJW 1983, 2088 [2089]) und der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung jedenfalls für die Krankenversicherung klargestellt hat, wie Behandlungen durch „Sanatorien, Erholungsheime, Kuranstalten“ in Abgrenzung zur Krankenhausbehandlung im engeren Sinne zu verstehen sind.

3.) Hat die Klägerin bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf Krankenhaustagegeld, so braucht auch die zwischen den Parteien im Streit stehende Frage nicht entschieden zu werden, ob es für die Höhe des Krankenhaustagegeldes auf den Zeitpunkt des Krankenhausaufenthalts oder des Unfalls ankommt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war – beschränkt auf den geltend gemachten Anspruch auf Krankenhaustagegeld für 21 Tage in der Rehabilitationsklinik – zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Bei den Versicherungsbedingungen handelt es sich um ein verbreitetes und typisches Klauselwerk, das im hier entscheidungserheblichen Punkt des Leistungsausschlusses für „Sanatorien, Erholungsheime, Kuranstalten“ von den Oberlandesgerichten unterschiedlich ausgelegt wird (vgl. auch die Revisionszulassung durch OLGR Zweibrücken 2004, 595 [598]).

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