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Unfallversicherung: Hüftkopfnekrose durch Unfall

LG Hamburg, Az.: 332 O 81/12

Urteil vom 10.01.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte aus einer Unfallversicherung in Anspruch.

Unfallversicherung: Hüftkopfnekrose durch Unfall
Symbolfoto: boscorelli/Bigstock

Der Kläger hat bei der Beklagten eine Unfallversicherung abgeschlossen. Die Klägerin zu 2 ist versicherte Person. Vertragsbestandteil sind die G. Unfallversicherungsbedingungen mit den Zusatzbedingungen Nr. 60, 64 (Anlagen K1 – 3). Als Invaliditätsgrundsumme sind 150.000,00 € vereinbart, im Falle der Vollinvalidität 337.500,00 €. Gemäß Nr. 60 soll für den Fall, dass der Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führt, der Berechnung der Invaliditätsleistung für den 25 %, nicht aber 50 % übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die doppelte Invaliditätssumme zugrunde gelegt werden. Nr. 64 regelt die Kurbeihilfe.

Bei der Klägerin ist 2001 links eine Hüftprothese eingesetzt worden. Im Jahr 2000 hat sie darüber hinaus eine Sprunggelenkfraktur erlitten.

Bezüglich des hier geltend gemachten Anspruchs tragen die Kläger folgendes vor: Am 26.12.2010 sei die Klägerin dadurch gestürzt, dass der Stuhl, auf dem sie gesessen habe, zusammenbrach und sie dadurch mit dem Gesäß vorab zu Boden fiel. Sie habe eine Gesäß- und Hüftprellung erlitten. Nach 3 Tagen war sie unstreitig beschwerdefrei.

Ferner sei die Klägerin am 3.3.2011 während eines Urlaubs in A./ M. auf dem Weg zum Frühstücksrestaurant auf einer Treppenstufe mit dem Fuß nach vorne weggerutscht und mit der rechten Hüfte auf der Treppe aufgeschlagen. Daraufhin stellten sich erhebliche Ruhe- und Belastungsschmerzen in der Hüfte rechts ein. Eine nach Urlaubsrückkehr veranlasste Computertomografie sowie Magnetresonanztomografie ergab ausweislich des Befundberichts der Röntgenpraxis H. (Anlage K4), dass keine ausschließlich traumabedingte Läsion der rechten Hüfte vorlag. Außerdem ergab das MRT kleinere Impressionsfrakturen im Bereich der Konvexität des rechten Hüftkopfes dorsal betont sowie ein angrenzendes fleckförmiges Knochenödem mit Übergriff auf den Schenkelhals (Anlage K5). In der Folge wurde bei der Klägerin rechts eine Hüftprothese eingesetzt.

Zur Begründung der beantragten Kurbeihilfe behaupten die Kläger, dass die Klägerin eine Kur von mindestens 3 Wochen durchgeführt habe. Den Entlassungsschein habe sie dem zuständigen Versicherungsmakler zur Weitergabe an die Beklagte ausgehändigt (Anlage K13).

Die Kläger behaupten, dass durch die vorgenannten Stürze die diagnostizierten nekrotischen Erscheinungen des Hüftkopfes eingetreten seien. Die dadurch aus der Sicht der Klägerin eingetretene Invalidität bezogen auf das rechte Bein in Höhe von 20 % werde durch die beidseitige Prothesensituation verstärkt, so dass eine unfallbedingte Invalidität von 30 % (Beinwert) eingetreten sei. Bezogen auf den Beinwert von 70 ergebe sich dadurch eine Invalidität von 21 % und mithin ein Zahlungsanspruch in Höhe von 31.500,00 €.

Die Kläger beantragten, die Beklagte zu verurteilen,

1.) an die Klägerin zu 1) 31.500,00 € und Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf diesen Betrag seit dem 12.7.2011 zu zahlen

2.) an die Klägerin Kurbeihilfe in Höhe von 3.000,00 €zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klagabweisung.

Sie bestreitet die behaupteten Stürze. Diese seien auch nicht geeignet gewesen, die bestehende Hüftkopfnekrose hervorzurufen. Ferner bestreitet sie den Grad der behaupteten unfallbedingten Invalidität und behauptet ferner, dass wenigstens zu 40 % unfallfremde Faktoren zu den streitgegenständlichen Gesundheitsschäden geführt hätten. Sie stützt sich insoweit auf das von ihr eingeholte Privatgutachten des Dr. V., demzufolge aufgrund der vorliegenden ärztlichen Dokumentationen keine strukturelle Verletzung des Hüftgelenks der Klägerin gesichert sei, die geeignet wäre, zu einer Hüftkopfnekrose zu führen.

Eine Kurbeihilfe setze voraus, dass die Klägerin eine Kur von mindestens 3 Wochen durchgeführt habe, was nicht der Fall sei.

Zum Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 22.8./25.9.2012. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Priv. Doz. Dr. N., seine ergänzenden schriftlichen Stellungnahmen vom 6.4.2013 und 26.5.2013 sowie seine mündlichen Erläuterungen in der Verhandlung vom 6.12.2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Kläger haben den Beweis nicht geführt, dass die Klägerin aufgrund der behaupteten Stürze im Dezember 2010 sowie März 2011 einen Dauerschaden des rechten Hüftgelenks davon getragen hat, der zu einer vertragsgemäßen Invalidität geführt hätte.

Nach den zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen (Ziffer 2.1.1.1 GUB 2008) liegt vertragsgemäße Invalidität vor, wenn die versicherte Person durch einen Unfall in ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt ist, d.h. diese Beeinträchtigung voraussichtlich länger als drei Jahre besteht und eine Änderung des Zustands nicht erwartet werden kann.

Den Eintritt dieser Voraussetzungen haben die Kläger nicht bewiesen. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. N..

Der Sachverständige hat unter Auswertung der vorgerichtlichen ärztlichen Stellungnahmen im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Bis zum 26.10.2010 seien keine nennenswerten Schädigungen des rechten Hüftgelenks erkennbar gewesen; keine Hinweise auf eine Hüftkopfnekrose. Das geschilderte Sturzereignis vom 26.12.2010 sei zwar grundsätzlich als auslösender Unfallmechanismus für die Verletzung des rechten Hüftgelenks geeignet gewesen; aufgrund des klinischen Verlaufs – vollständige Beschwerdefreiheit nach wenigen Tagen – sei jedoch eine strukturelle Schädigung im Sinne einer Fraktur oder Fissur sicher auszuschließen. Begleiterkrankungen, die trotz einer entsprechenden Schädigung zu einer Schmerzfreiheit führen würden, seien bei der Klägerin nicht bekannt gewesen, so dass der Sturz vom 26.12.2010 letztlich nicht als auslösende Ursache für die später festgestellte Hüftkopfnekrose angenommen werden könne.

Der geschilderte Sturz vom 3.3.2011 sei ebenfalls grundsätzlich geeignet gewesen, eine Schenkelhalsfraktur mit nachfolgender Hüftkopfnekrose zu verursachen. Ein Unfallzusammenhang für die Hüftkopfnekrose bestehe nur bei einer strukturellen Verletzung des Hüftgelenks, die geeignet sei, die Durchblutung des Hüftkopfes zu stören. Derartige Verletzungen seien jedoch durch das CT vom 17.3.2011 ausgeschlossen worden. Erst in der Kernspintomographie vom 21.3.2011 habe sich eine Infraktion (unvollständiger Knochenbruch) im Bereich des Schenkelhalses sowie eine ausgeprägte Hüftkopfnekrose gezeigt. Die dabei festgestellte Infraktion des Oberschenkelhalses sei jedoch in der Regel nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der Durchblutung des Oberschenkelkopfes herbeizuführen, die Voraussetzung für eine entstehende Hüftkopfnekrose sei. Dafür sei vielmehr erforderlich, dass die den Oberschenkelkopf versorgenden Gefäße an der Rückseite des Oberschenkelhalses verletzt würden, was in der Regel bei einer Infraktion nicht der Fall sei. MRT und CT hätten lediglich eine Veränderung im Knochenmark im Sinne eines Knochenödems sowie eine Einstauchung (Infraktion) gezeigt, nicht jedoch Veränderungen des tragenden Schalenknochens, die geeignet gewesen seien, die Blutgefäße zu beschädigen und dadurch eine Durchblutungsstörung herbeizuführen. Auch sei der zeitliche Abstand zwischen dem fraglichen Unfallgeschehen und dem Zeitpunkt der festgestellten Schädigung zu kurz, um die betreffenden Schäden herbeizuführen. Wie aus einer 2010 veröffentlichen wissenschaftlichen Übersichtsarbeit über Hüftkopfnekrosen wie auch aus Beobachtungen im Zusammenhang mit Beschädigungen des Hüftkopfes beim Einsatz von Oberflächenprothesen hervorgehe, benötige es aufgrund des trägen Knochenstoffwechsels durchschnittlich 49 Monate (so bei der Übersichtsarbeit) bzw. 6-8 Wochen, bis Schäden erkennbar würden.

Zwar sei der zeitliche Abstand zwischen einem Sturzereignis vom 26.12.2010 geeignet, den Hüftschaden zu erklären; die Ursächlichkeit scheide jedoch in Anbetracht der Tatsache aus, dass die Klägerin nach wenigen Tagen schmerzfrei gewesen sei. Deshalb sei auch eine kumulative Verursachung durch beide Stürze auszuschließen.

Die Ausführungen des Sachverständigen haben das Gericht überzeugt. Er hat sich mit sämtlichen Einwendungen der Kläger plausibel und überzeugend auseinandergesetzt. Seine Ausführungen waren in sich schlüssig und widerspruchsfrei.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

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