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Unfallversicherung – Feststellung der unfallbedingten Invalidität – Fristversäumnis – Treuwidrigkeit

OLG Hamburg, Az.: 9 U 139/11, Urteil vom 29.01.2016

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13.07.2011 – Az.: 302 O 303/10 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2009 sowie weitere 2.696,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.08.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der ersten Instanz zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 1/8 und hat die Beklagte 7/8 zu tragen.

Dies Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das gilt auch für das Urteil des Landgerichts, soweit die Berufung zurückgewiesen wird. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Gründe

I.

Unfallversicherung - Feststellung der unfallbedingten Invalidität - Fristversäumnis - Treuwidrigkeit
Symbolfoto: lenets/Bigstock

Der Kläger begehrt Leistung aus einem Unfallversicherungsvertrag, der im Jahr 2003 zwischen den Parteien geschlossen worden war. Vereinbart ist eine Invaliditätssumme von 250.000,00 €. In den Vertrag einbezogen sind die AUB 2000 sowie eine Zusatzvereinbarung u. a. mit dem Inhalt, dass die Frist in 2.1.1.1 AUB die Geltendmachung der Invalidität gegenüber dem Versicherer – nicht aber auch die Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität – von 15 auf 18 Monate verlängert wird. Vereinbart ist ferner eine abweichende Spezialgliedertaxe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 8 Bezug genommen.

Am 13.06.2007 wurde der Kläger mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus eingeliefert. Dort wurden die Diagnosen C2 Intox, unklare Bewusstlosigkeit, Kniegelenkserguss gestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Entlassungsbericht (Anlagen K 2, B 5) und auf den „Ärztliche(n) Bericht zur Unfallversicherung“ vom 07.06.2009 (Anlage K 6) Bezug genommen. Am 03.07.2007 erfolgte ein MRT des linken Kniegelenkes. Im entsprechenden Bericht heißt es in der Zusammenfassung: „Ruptur des med. Seitenbandes, des vorderen Kreuzbandes und des med. Meniskus Grad III a sowie Faserriss im M. vastus intermedius Vorbestehend degenerative Veränderungen mit Chondromatose Gard II-III des med. Kompartiments und Grad II lateral und retropatellar.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Am 16.12.2008 unterzeichnete der Kläger ein Schadensanzeigeformular der Beklagten. In der Unfallschilderung auf Seite 1 des Formulars heißt es:

„Ich bückte mich, um den Rasensprengerwasserhahn zuzudrehen. Dabei fiel der Steckschlüssel des Wasserhahns ins Beet. Beim in die Knie gehen durchfuhr mich ein stechender Schmerz. Danach wurde ich bewußtlos (Schmerz-Schock)“.

In der „Anlage zum Schadensbericht“ heißt es:

„Ich bückte mich, um den Wasserhahn vom Rasensprenger zuzudrehen. Dabei fiel der Steckschlüssel zwischen die Bodendecker und das Unterholz eines Baumes. Nur unter extremen Kraftaufwand gelang es mir, die Bodendecker und das Unterholz beiseite zu schieben. Dabei durchfuhr mich ein stechender Schmerz im linken Knie. Nachdem ich meine Frau zur Hilfe gerufen hatte wurde ich für ca. 2 Stunden bewußtlos.“

Das Formular enthält vorgedruckte Hinweise für den Schadensfall. U. a. heißt es dort:

„Ein Anspruch auf Invaliditätsleistung setzt voraus, dass die körperliche/geistige Leistungsfähigkeit oder eine Gliedmaße/ein Sinnesorgan durch den Unfall auf Dauer beeinträchtigt ist (Invalidität). Die Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten, innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und innerhalb von 15 Monaten von Ihnen geltend gemacht werden, auch wenn uns der Unfall zuvor bereits gemeldet wurde. Im Einzelfall können zu Ihren Gunsten längere Fristen vereinbart sein, die aus dem Versicherungsschein ersichtlich sind.“

Diese Schadensanzeige wurde im Rahmen eines Gespräches zwischen dem Kläger und dem Zeugen … aufgenommen. Dieser ist Agent der Beklagten (vgl. Erklärung der Beklagten zu Protokoll vom 23.03.2011, Bl. 61 der Akte).

Wegen der Einzelheiten dieser Schadensanzeige wird auf die Anlage B 1 Bezug genommen. Die Parteien haben weitere ärztliche Äußerungen vorgelegt, nämlich des Dr. … vom 21.05.2009 (Anlage B 3), des Dr. … vom 27.05.2009 (Anlage B 4) und des Dr. … vom 14.12.2009 (Anlage K 4). Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Anlagen Bezug genommen. Der ärztlichen Äußerung des Dr. … vom 21.05.2009 liegt die Anfrage der Beklagten gemäß Anlage BB1 (Bl. 165 f. der Akte) zugrunde.

Mit Schreiben vom 16.02.2009 wies die Beklagte den Kläger auf die Definitionen eines Unfalls in den Versicherungsbedingungen hin. Sodann heißt es dort:

„Sie teilen uns mit, dass es beim Arbeiten in der Hocke zu einer Ruptur des medialen Seitenbandes gekommen ist. Dieser Schadenschilderung können wir weder eine Einwirkung von außen noch eine erhöhte Kraftanstrengung entnehmen. Darüber hinaus muss eine Invalidität als Unfallfolge innerhalb eines Jahres vom Unfalltage an gerechnet eingetreten sein. Die Invalidität muss spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten nach dem Unfalljahr ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein. Auch dies ist im vorliegenden Fall leider nicht geschehen.“

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 9 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 15.04.2009 erhob der Kläger „Widerspruch“ gegen das Schreiben der Beklagten vom 16.02.2009.

Dabei wies er auf eine „Unfall-Besprechung“ mit „Ihrem Herrn …“ vom 17.07.2007 hin und auch darauf, dass er Herrn … bei wiederholten Treffen im Jahre 2008 „auf den Invaliditäts-Anspruch hingewiesen“ und also geltend gemacht habe. Im Übrigen heißt es in diesem Schreiben:

„Sie erklären: Als Unfall gilt auch, wenn durch erhöhte Kraft-Anstrengungen an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenkt verrenkt wird oder Muskeln, Sehen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden.

Die wesentliche erhöhte Kraft-Anstrengung erfolgt beim Schließen des Wasserhahnes. Aufgrund der unvermuteten Schwer-Gängigkeit mußte ich mich mit dem linken Bein abstemmen, wobei eine Verdrehung einzuschließen ist; hierbei entstand der stechende Schmerz. Damit ist die erhöhte Kraft-Anstrengung gegeben und der Invaliditäts-Anspruch belegt.

Ich versuchte noch den abgebrochenen Steck-Schlüssel des Außen-Wasserhahns, der ins Unterholz der bebenstehenden Zypresse gefallen war, aufzuheben. Diese Maßgabe wurde offensichtlich von ihnen falsch interpretiert.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage B 10 Bezug genommen.

Im Schreiben der Beklagten vom 29.06.2009 wies die Beklagte darauf hin, dass der Kläger nach dem ärztlichen Bericht des Dr. … vom 07.06.2009 im Krankenhaus wegen Somnolenz mit anschließender Ausnüchterung und nicht wegen Unfallfolgen behandelt worden sei. Außerdem habe er die Frage in der Unfallschadenanzeige, ob er in den letzten 12 Stunden vor dem Unfall alkoholische Getränke zu sich genommen habe, wahrheitswidrig verneint. Dabei handele es sich um eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung, so dass sie deshalb leistungsfrei sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen. Auf dieses Schreiben reagierte der Kläger mit Schreiben vom 02.08.2009 (Anlage B 11). Dort machte der Kläger Angaben zum Alkoholkonsum (1/2 Flasche und nicht 1 14 Flaschen Wein), behauptet, die Angaben in der Schadensanzeige seien mit Herrn … abgestimmt worden und rügt die Angaben im Schreiben des Dr. … als weitgehendes Phantasiegebilde. Der Kläger führt hierzu aus:

„Das Unfall-Ereignis ist in dem zugestellten Pamphlet unrichtig dargestellt! Ich habe mich nicht hingekniet, um den Rasen-Sprenger zu verstellen, sondern die Knie gebeugt, um den Rasen-Sprenger abzustellen; hierbei habe ich mich mit dem linken Bein abgestemmt, aufgrund der Schwer-Gängigkeit des Außen-Wasser-Hahnes!

Wie bereits im Schreiben vom 15.04.2009 dargestellt ist eine Verdrehung mit einzubeziehen. Nach dem stechenden Schmerz versuchte ich den ins Unterholz gefallenen abgebrochenen Steck-Schlüssel aufzuheben, habe noch meine Frau gerufen, die den Notarzt anforderte …“

Hinsichtlich der Darstellungen des Klägers zum behaupteten Unfall im Rahmen dieses Rechtsstreits wird insbesondere auf Seite 3 der Klagschrift vom 30.07.2010, Seite 5 des Schriftsatzes vom 22.10.2010 (Bl. 32 der Akte), die persönliche Schilderung des Kläger im Termin vor dem Landgericht vom 23.03.2011 (Bl. 59 ff. der Akte) und auf die persönlichen Angaben des Klägers im Berufungsverfahren (Protokoll vom 05.01.2012, Bl. 178 ff. der Akte) Bezug genommen.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe am Unfalltag versucht, den Wasserhahn zum Gartensprenger abzustellen. Da sich der Wasserhahn als schwergängig erwiesen habe, habe er versucht, diesen Widerstand zu überwinden, habe dazu mit dem linken Bein nach Halt gesucht und versucht, mit seiner Körperkraft den Wasserhahn durch seitliche Drehung zu schließen. Unter dieser extremen Bewegung sei jedoch der Schlüssel abgebrochen und er – der Kläger – mit dem linken Wein auf den nassen Gehwegplatten ausgerutscht. Aufgrund der seitlichen Drehung, welche sodann leergelaufen sei, sei das Bein in Ermangelung einer Gegenkraft ebenfalls seitlich abgerutscht und er sei mit dem linken Bein zu Boden geschlagen. Er habe sich dann, um den Steckschlüssel wiederzufinden, mit dem Oberkörper vorgebeugt, sei in die Knie gegangen und habe, um den verwachsenen Bodendecker beiseite zu schieben, erhöhten Kraftaufwand aufgewendet. Zu dessen Ausübung habe er mit dem linken Bein festen Stand gesucht. Dabei sei er nochmals abgerutscht und habe sich aufgrund der seitlichen Kraftanstrengung das Knie verdreht.

Infolge dieses Unfall sei eine Invalidität eingetreten, und zwar innerhalb eines Jahres.

Eine gleiche Geschehensschilderung, wie er sie gegenüber dem Gericht abgegeben hat, habe er auch bei der Meldung des Unfalls gegenüber dem Zeugen … abgegeben. Er – der Kläger – habe den Unfallhergang dem Zeugen … so geschildert, wie er auch in der Klagschrift dargestellt sei. Die vom Zeugen … niedergeschriebene Schilderung in der Schadensanzeige habe er – der Kläger – ungelesen unterzeichnet.

Den Unfall habe er schon unter dem 17.07.2007 dem Agenten der Beklagten, dem Zeugen …, gemeldet und diesem auch den vorherigen Konsum von zwei Gläsern Wein angezeigt.

Auch bei der Aufnahme der Schadensanzeige habe er den Zeugen entsprechend informiert und auch auf das bestehende – dem Zeugen ohnehin bekannte – Krankheitsbild hingewiesen. Der Zeuge habe gemeint, das habe mit dem Unfall nichts zu tun und brauche nicht angegeben zu werden. Ohnehin sei die Fragestellung so zu verstehen, dass es der Beklagten nicht um den normalen Gesundheitszustand des Klägers – also bei Vorliegen des behandlungsbedürftigen Diabetes mellitus und einer arteriellen Hypertonie – gegangen sei, sondern darum, ob weitere Beschwerden aufgetaucht seien. Die Frage sei auch nicht hinreichend präzisiert.

Auf die späte ärztliche Feststellung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie nicht auf diese Frist hingewiesen gehabt habe; zu einem solchen Hinweis habe aller Anlass bestanden, da er den Zeugen … sowohl von dem Unfall als auch davon unterrichtet gehabt habe, dass nach der nunmehrigen Einschätzung des Arztes ein Dauerschaden verbleiben werde. Im ersten Besprechungstermin habe der Zeuge … gesagt, dass zunächst abgewartet werden sollte, ob eine Invalidität eintritt. Er – der Kläger – habe selbst zunächst mit vollständiger Genesung gerechnet. Nachdem er von einem behandelnden Arzt die Auskunft erhalten gehabt habe, dass mit vollständiger Genesung nicht mehr zu rechnen gewesen sei, habe er sich an den Zeugen … gewandt, mit dem am 25.06.2008 eine Besprechung stattgefunden habe. In diesem Gespräch habe er dem Zeugen … das Vorliegen einer Invalidität dargelegt. Trotzdem habe er in der Folgezeit ein Schadensanzeigeformular nicht zugesandt bekommen. Auf erneute Nachfrage beim Zeugen … im Oktober 2008 habe dieser einen kurzfristigen Termin zugesagt, in welchem der Schaden habe gemeinsam aufgenommen werden sollen. Aufgrund von Krankheiten und Terminsverschiebungen habe dieser Aufnahmetermin erst am 16.12.2008 stattgefunden.

Der Kläger hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 60.000,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.06.2010 zu zahlen;

2) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.696,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat schon in erster Instanz das Vorliegen eines Unfalls im Sinne der Versicherungsbedingungen bestritten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass gegen das Vorliegen eines Unfalls schon die zeitnahen Geschehensschilderungen des Klägers sprechen würden. So heiße es in der Schadensanzeige (Anlage B 1), „beim in die Knie gehen durchfuhr mich ein stechender Schmerz. Danach wurde ich bewusstlos (Schmerz-Schock).“ Ein in die Knie gehen sei ein zielgerichteter Bewegungsablauf, der vom eigenen Willen gesteuert werde. Es werde dabei weder ein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis noch eine erhöhte Kraftanstrengung beschrieben. Die Darstellung in der Klagschrift sei ersichtlich nachgeschoben. Die späteren Angaben zum angeblichen Geschehenshergang seien ersichtlich geleitet vom Bemühen, die Schilderung dem Unfallbegriff – mit Hilfe anwaltlicher Beratung – anzupassen.

Sie hat darüber hinaus das Eintreten einer etwaigen Invalidität binnen Jahresfrist bestritten und auf das Fehlen einer rechtzeitigen ärztlichen Feststellung hingewiesen. Hierzu hat sie die Auffassung vertreten, dass sie sich hierauf auch berufen könne, zumal sie in der Anlage B 1 auf die Fristen hingewiesen habe. Eine frühere Hinweispflicht habe sie nicht gehabt, zumal nach Darstellung des Klägers bis zum Herbst 2008 überhaupt nicht festgestanden habe, ob als Folge des aus diesem Grunde nur mündlich gemeldeten Ereignisses Invalidität eintreten würde. Sodann hat sie bestritten, dass überhaupt eine Invalidität vorliegt und dass eine etwaige Invalidität auf einen Unfall zurückzuführen sei.

Schließlich hat sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit wegen Falschangaben zum Alkoholkonsum und zum Gesundheitszustand berufen. Auf die Auge-und Ohr-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne sich der Kläger in diesem Zusammenhang nicht berufen, da diese ausdrücklich auf den Sachverhalt bei Antragsaufnahme beschränkt sei.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es sich zum einen nicht die Überzeugung vom Vorliegen eines Unfalls habe bilden können und da zum anderen es an der Voraussetzung rechtzeitiger ärztlicher Feststellung unfallbedingter Invalidität fehle. Eine Hinweispflicht der Beklagten auf die Frist habe im konkreten Fall nicht bestanden, da der Beklagten weder Befunde vorgelegen hätten, die für eine Invalidität sprechen würden noch der Beklagten eine Schilderung eines Unfall vorgelegen hätte. Auf das angefochten Urteil wird im Übrigen Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 01.08.2011 zugestellten Urteil am 15.08.2011 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 23.09.2011 bei Gericht eingegangen.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beanstandet insbesondere, dass das Landgericht den Zeugen … nicht vernommen hat.

Der Kläger beantragt klagerweiternd, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg zum Az: 302 O 303/10

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 80.000,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.06.2010 zu zahlen,

2) die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger weitere € 2.879,80 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Nach ihrer Auffassung würde ein Leistungsanspruch auch vor dem Hintergrund der Vorschädigung bzw. Mitwirkung ausscheiden, weil erhebliche vorbestehende degenerative Veränderungen beim Kläger vorliegen würden.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschlüssen vom 27.01.2012 (Bl. 185 f. der Akte), 09.09.2013 (Bl. 429 f. der Akte) und 05.06.2015 (Bl. 486 der Akte) durch Einholung von Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. … vom 16.04.2012 (Bl. 207 ff. der Akte), dessen ergänzende Stellungnahme vom 16.08.2012,(Bl. 261 ff. der Akte), die Angaben des Sachverständigen Dr. … zu Protokoll vom 11.04.2013 (Bl. 396 ff. der Akte) , auf das Gutachten des Sachverständige Dr. … vom 16.04.2014 (Bl. 450 ff. der Akte) sowie auf die abschließenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. … vom 14.10.2015 (Bl. 503 ff. der Akte) Bezug genommen.

II.

Die Berufung und die Klagerweiterung in zweiter Instanz sind zulässig. Die Berufung ist überwiegend, die Klagerweiterung ist teilweise begründet. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Invaliditätsleistung liegen vor.

Zur Überzeugung des Senats steht zunächst fest, dass der Kläger am 13.06.2007 einen Unfall erlitten hat.

Der Kläger hat sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Senat das Geschehen übereinstimmend geschildert. Danach ist er beim Versuch, den blockierten Wasserhahn mit entsprechendem Druck auf den Hahn abzudrehen, mit dem Bein weggerutscht, habe dabei einen stechenden Schmerz verspürt und sei mit dem Knie aufgeschlagen. Auch die Schilderung, wie der Wasserhahn angebracht war, dass der Schlüssel zerbrochen war, dass er nachher noch im Unterholz nach dem Schlüssel gesucht habe, ist bei beiden Aussagen übereinstimmend. Dabei stellt der Kläger den Sachverhalt aber nicht in dem Sinne gleichmäßig dar, dass seine zweite Aussage wie eine Nacherzählung der ersten wirken würde. Der Aufbau der Aussage ist unterschiedlich. Insgesamt hat der Kläger auf das Gericht den Eindruck gemacht, ein erinnertes Geschehen zu berichten – wovon übrigens auch das Landgericht ausgegangen ist.

Gegen den Kläger spricht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die abweichende Darstellung in der Schadensanzeige. Diese rührt nicht unmittelbar vom Kläger selbst her, sondern stammt von dem Zeugen …, dem der Kläger erzählt hatte, was geschehen war. Zweifel daran, dass der Zeuge … die Schilderung des Klägers korrekt wiedergegeben hat, ergeben sich schon daraus, dass die Angabe zum Unfallhergang im Formular selbst und die Angabe in der Anlage nicht recht zueinander passen. Vor allem aber hat der Zeuge … bekundet, dass der Kläger ihm bei seiner ersten Schilderung des Vorganges sowohl von der Schwergängigkeit des Wasserhahnes, der deshalb aufzuwenden größeren Kraftanstrengung und von der Suche nach dem Schlüssel unter den Bodendeckern berichtet habe. Er selbst habe dann den Ablauf beim Ausfüllen der Schadensanzeige und Formulierung der Anlage zur Schadensanzeige verkürzt dargestellt. Der Zeuge hat seine Aussage mit sicherem Auftreten gemacht. Er hat auch offen eingeräumt, soweit er sich infolge des Zeitablaufs an Einzelheiten nicht erinnern konnte. Eine inhaltlich übereinstimmende Schilderung hat er schon in seinem Schreiben an die Beklagte vom 22.09.2009 (Anlage K 7) abgegeben, also zu einem Zeitpunkt, der zeitlich wesentlich näher am Geschehen war, als seine Aussage vor dem Berufungsgericht. Insbesondere hat er darauf hingewiesen, dass er sich beim ersten Gespräche Gesprächsnotizen gemacht habe, die er später der Beklagten übermittelt habe. Sollten diese Notizen mit seiner Aussage unvereinbar sein, hätte es nahe gelegen, dass die Beklagte sich hierauf berufen und diese Notizen vorgelegt hätte.

In allen unmittelbar eigenen Schilderungen beschreibt der Kläger einen einschießenden Schmerz im Zusammenhang mit dem Versuch, den schwergängigen Wasserhahn zuzudrehen. In den frühen Schilderungen ist allerdings nicht davon die Rede, dass er mit dem Knie aufgeschlagen sei. Auch aus ihnen wird aber deutlich, dass er irgendwie zu Boden gegangen sein muss. Zweifel an seiner Darstellung ergeben sich nicht daraus, dass er gegenüber der Beklagten das Vorliegen einer Kraftanstrengung besonders betont hat. Diese Betonung der Kraftanstrengung beim Zudrehen schon in seinem Anschreiben an die Beklagte (Anlagen B 10) lässt sich ohne weiteres dadurch erklären, dass die Beklagte diese Betonung geradezu provoziert hat. So erläutert sie im Schreiben vom 16.02.2009 (Anlage B 9) zunächst den Unfallbegriff, weist dann daraufhin, dass als Unfall auch gelten wenn „durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden“ und erklärt dann, dass sie der Schadensschilderung weder eine Einwirkung von außen noch eine erhöhte Kraftanstrengung entnehmen könne. Da nach insoweit gleichbleibender Schilderung des Klägers das erste Schmerzeinschießen und damit naheliegender Weise doch wohl auch jedenfalls die erste Verletzung schon beim Zudrehen des Wasserhahnes erfolgt sein soll, ist es ohne weiteres nachvollziehbar, wenn er auf dieses Schreiben hin besonders betont, dass entgegen der Annahme der Beklagten es doch eine erhöhte Kraftanstrengung gegeben habe, weil er nämlich sich wegen der unvermuteten Schwergängigkeit des Wasserhahnes habe abstemmen müssen (Schreiben des Klägers vom 15.04.2009 – Anlage B 10 – in Reaktion auf das Schreiben der Beklagten vom 16.02.2009). Sein Schreiben vom 02.08.2009 (Anlage B 11) stellt eine Reaktion auf das Schreiben der Beklagten vom 29.06.2009 (Anlage K 5) dar. Mit diesem Schreiben hatte die Beklagte Versicherungsleistung ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, sie sei wegen Obliegenheitsverletzungen des Klägers leistungsfrei; sie hat nicht ihre Behauptung wiederholt, dass nach der Schilderung des Klägers gar kein Unfall vorliege. Aus Sicht des Klägers musste sich dies so darstellen, als würde die Beklagte aufgrund seiner Darlegung im Schreiben vom 15.04.2009 nicht mehr das Vorliegen eines Unfalls anzweifeln, sondern ihre Verweigerung – nur noch – auf angebliche Obliegenheitsverletzungen stützen. Von daher hatte er aus seiner Sicht gar keinen Anlass, im Schreiben vom 02.08.2009 den Geschehenshergang detailliert zu schildern.

Den abweichenden Darstellungen in den ärztlichen Berichten kommt demgegenüber keine gesteigerte Bedeutung zu. Zum einen handelt es sich ersichtlich um stark verkürzte Darstellungen. Zum anderen hat der Kläger ausdrücklich bestritten, den Ärzten gegenüber solche Angaben gemacht zu haben. Schließlich fällt auf, dass die Angaben in den Arztberichten zum Teil überhaupt nicht kompatibel sind.

Soweit die Beklagte auf die Schilderung des Klägers in der Schadensanzeige (Anlage B 1) abstellt und die Auffassung vertritt, ein in die Knie gehen sei ein zielgerichteter Bewegungsablauf, der vom eigenen Willen gesteuert werde, verkennt sie, dass der Kläger dort nicht angegeben hat, er habe sich hingekniet. Die Äußerung, man sei in die Knie gegangen, kann – ähnlich wie die Formulierung, man sei zu Boden gegangen – durchaus so verstanden werden, dass man aufgrund widriger Umstände schließlich auf den Knien gelandet sei. In diesem Sinne hat der Kläger nach dem Gesamtkontext seiner Aussage diese Formulierung auch bei seiner Anhörung vom 23.03.2011 (Bl. 54 der Akte) gebraucht. Die Beklagte lässt bei ihrer Analyse der Schadensanzeige außerdem unbeachtet, dass diese eine weitere Geschehensschilderung in der Anlage enthält. Dort wird ein „extremer Kraftaufwand“ beschrieben, der zu einem stechenden Schmerz im Knie geführt habe.

Entgegen der Darstellung der Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass „alle weiteren Zusätze … unter dem Eindruck des Leistungsbegehrens nach Beratung durch den ihn nun auch im Prozess vertretenen Anwalt“ gemacht worden sind. Die Schreiben vom 15.04.2009 (Anlage B 10) und 02.08.2009 (Anlage B 11) sind nicht nur auf dem Briefpapier des Klägers verfasst und von diesem unterschrieben worden. Sie deuten auch in ihrer Aufmachung und in ihrer Diktion nicht auf eine anwaltliche Beteiligung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich gegenüber der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 23.12.2009 (Anlage B 12) gemeldet.

Interessanterweise hat das Landgericht mit Hinweisverfügung vom 28.03.2011 noch darauf hingewiesen, dass ein Unfall im Sinne der Bedingungen vorgelegen haben dürfte (Bl. 63 der Akte), ohne dass es in seinem Urteil auf diesen Hinweis eingegangen wäre.

Schließlich können die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. … nicht unberücksichtigt bleiben. Dieser hat überzeugend dargestellt, dass das Verletzungsbild, wie es sich in der binnen drei Wochen nach dem Ereignis gefertigten MRT zeigt, eher zu einer Sturzverletzung als zu einer Spontanverletzung ohne äußere Einwirkung passt. Das gilt ebenso für die im Erstbefund beschriebene Ergussbildung. Hinzukommt, dass nach dem Erstbefund auch von einer deutlichen Hüftprellung auszugehen ist. Dass der Kläger selbst in seinem Schreiben vom 02.08.20109 (Anlage B 11) schreibt, die Hüfte sei unauffällig gewesen, sieht das Gericht nicht als entscheidend an. Zum einen geht aus dem Schreiben nicht hervor, ob damit gesagt sein soll, entgegen der Ausführungen im Erstbefund und im Bericht des Dr. … habe der Kläger keine Beschwerden im Hüftbereich geschildert, oder ob damit nicht das Ergebnis der (Röntgen-) Untersuchung wiedergeben werden soll. Zum anderen ist die vom Sachverständigen angenommene Hüftprellung nur ein weiteres Indiz neben den Umständen von vorrangiger Bedeutung, nämlich der Darstellung im MRT und der Ergussbildung, von der auch der von der Beklagten hinzugezogene Röntgenologe Dr. … ausgeht. Auch dieser war der Auffassung, dass die Ergussbildung für ein traumatisches Ereignis spricht. Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. … insbesondere zu Protokoll vom 11.04.2013 Bezug genommen. Hinzu kommt, dass nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. …-… ebenfalls beschrieben im Befundbericht zur Kernspintomographischen Untersuchung vom 03.07.2007 – das Vorliegen von Faserrissen im Musculus vastus intermedius gesichert sind. Auch dieser Umstand spricht für das Vorliegen eines Unfallereignisses, da nicht ersichtlich ist, wie ein spontaner Kniebinnenschaden infolge degenerativer Veränderungen solche Muskelfaserrisse auslösen können soll.

Nach allem ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger beim Versuch, den Rasensprenger mit erhöhter Kraftaufwendung abzustellen, zu Boden gegangen und mit dem Knie aufgeschlagen ist, mithin dass ein Unfall vorliegt.

Eine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität liegt vor. Dr. … hat in seinem Schreiben vom 21.05.2009 auf die Frage der Beklagten: „Wird der Unfall voraussichtlich zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führen?“ wie folgt geantwortet: „Ja, zumal der Patient bislang die empfohlene OP nicht durchführen ließ.“ Aus dieser Äußerung ergibt sich sowohl das Vorliegen einer Invalidität als auch die Erklärung, dass diese auf einen Unfall zurückzuführen ist. Diese ärztliche Feststellung ist allerdings nicht fristgerecht erfolgt. Die bedingungsgemäße Frist lief bereits am 13.09.2008 ab. Die Beklagte ist aber nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Fristversäumnis zu berufen. Der Kläger hatte nicht nur das Unfallereignis zeitnah dem Agenten der Beklagten, dem Zeugen … angezeigt, sondern er hatte vor allem bereits im Juni 2008 diesem mitgeteilt, dass nach Auskunft seines behandelnden Arztes ein unfallbedingter Dauerschaden verbleiben werde. Diese Kenntnis, die der Zeuge … im Rahmen seiner auftragsgemäßen Tätigkeit für die Beklagte erlangt hatte, muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Die sogenannten Auge- und Ohr-Rechtsprechung gilt keineswegs nur für Angaben im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages, wie die Beklagte vertreten hat. Diese Rechtsprechung hat also Grundlage, dass der Agent bei Antragsaufnahme als Empfangsbevollmächtigter des Versicherers auftritt. So verhält es sich aber nicht nur bei der Antragsaufnahme, sondern auch dann, wenn der Agent im Rahmen seines Zuständigkeitsbereiches im weiteren Verlauf eines Versicherungsvertrages Erklärungen des Versicherten bzw. Versicherungsnehmers aufnimmt, etwa bei Erklärungen in der Schadensanzeige (vgl. z. B. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03. Februar 2000 – 2 U 48/99 -, Rn. 7, juris). Hatte aber die Beklagte Kenntnis davon, dass der Kläger nicht nur einen Unfall behauptet hatte, sondern auch angeben hatte, dass dieser Unfall nach Einschätzung des Arztes zu einem Dauerschaden geführt hatte, wäre sie gehalten gewesen, den Kläger auf die wichtigen Ausschlussfristen hinzuweisen. Ein solcher Hinweis ist zwar erfolgt, nämlich im Schadensanzeigeformular (Anlage B 1). Da dieses Formular dem Kläger aber erst lange nach Ablauf der Frist für die ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität zur Kenntnis gegeben worden war, war dieser Hinweis nicht geeignet, den Kläger vor einer Fristversäumung zu bewahren.

Beim Kläger liegt auch tatsächlich eine Invalidität vor. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. … im Zusammenhang mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. … Nach letzteren liegt beim Kläger sicher eine Schädigung des vorderen Kreuzbandes, eine proximale Ruptur des medialen Kollateralbandes (inneres Seitenband) und ein Innenmeniskusschaden vor. Genau diese Schäden haben nach der Darlegung des Sachverständigen Dr. … zu einem Instabilitätsbefund am linken Kniegelenk im Sinne einer im Vordergrund stehenden anteromedialen Knieinstabilität mit begleitender schmerzhafter Funktionseinschränkung geführt, wobei dieser Zustand dauerhaft ist. Das Vorliegen einer Invalidität an sich ist von der Beklagten letztlich auch nicht mehr angezweifelt worden.

Weiter steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass infolge des oben beschriebenen Unfalls beim Kläger ein unfallbedingter erster Gesundheitsschaden eingetreten ist. Beide Sachverständige sind hinsichtlich der Ruptur des medialen Kollateralbandes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Sachverständiger Dr. …) bzw. von einer offensichtlich (Sachverständiger Dr. …) frischen Ruptur ausgegangen. Insbesondere der Sachverständige Dr. … hat diese Einschätzung durch Hinweis auf das Hämatom und der begleitenden umgebenden Weichteilreizung differenziert begründet. Diese Einschätzung korrespondiert auch mit der des von der Beklagten hinzugezogenen Arztes Dr. …, der ebenfalls davon spricht, dass hinsichtlich des Seitenbandes „auf jeden Fall … eine frische Verletzung mit Einblutungen“ vorliegt. Ein weiterer zweifelsfrei unfallbedingter erster Gesundheitsschaden liegt in den Muskelfaserrissen. Unter diesen Umständen gilt für die Frage, ob zwischen Unfallereignis und Invalidität ein Kausalzusammenhang besteht, der Maßstab des § 287 ZPO. Es reicht also eine überwiegende Wahrscheinlichkeit aus. Auch diesen Beweis sieht das Gericht als geführt an. So beschreibt der Sachverständige Dr. … frische Auffaserungen am freien Rad des Innenmeniskus, welche wahrscheinlich Folge eines frischen Traumas sind. Das gleiche gilt für den als kräftig beschriebenen Gelenkerguss. Das Gesamtbild passt nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. … zu einem schweren Distorsionstrauma des linken Kniegelenks, das zu einer Knieinstabilität mit entsprechenden erheblichen Funktionseinschränkungen geführt hat. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass keine Anzeichen dafür bestehen, dass bereits vor dem Unfall Kniegelenksbeschwerden beim Kläger – insbesondere bezogen auf das linke Knie – bestanden haben und dass die Verschleißerscheinungen am unfallbedingt verletzten linken Knie eine ganz andere Entwicklung genommen haben, als die am rechten Knie.

Die Bewertung der Invalidität mi 4/10 Beinwert hat der Sachverständige Dr. … insbesondere im Rahmen seiner Anhörung zu Protokoll vom 11.04.2013 nachvollziehbar erläutert. Dieser Einschätzung ist die Beklagte letztlich auch nicht mehr entgegengetreten.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass Krankheiten oder Gebrechen bei der durch das Unfallereignis verursachten Gesundheitsschädigung oder deren Folgen zu mindestens 25% mitgewirkt haben. Sie hat den hierfür erforderlichen Vollbeweis gemäß § 286 ZPO nicht erbracht (Zum Erfordernis des Vollbeweises vgl. z. B. BGH, Urteil vom 23.11.2011 – IV ZR 70/11, juris). Vorschädigungen am vorderen Kreuzband und im Bereich des medialen Kollateralbandes können nach den Ausführungen der Sachverständigen nicht als bewiesen angesehen werden. Hinsichtlich der zumindest wahrscheinlich vorliegenden Vorschädigung des Meniskus, der aber auch eher frische Auffaserungen gezeigt hat, und der zum Unfallzeitpunkt beim Kläger mit Sicherheit bestehenden Vorschäden, nämlich Knorpelschäden, die der Sachverständige Dr. … im inneren Kompartiment als drittgradig und im lateralen Kompartiment und femoropatellar als zweitgradig beziffert – in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. …, kann nicht mit der hinreichenden Sicherheit festgestellt werden, dass diese zu mindestens 25% mitgewirkt haben. Im Vordergrund der die Invalidität auslösenden Beeinträchtigungen steht die Knieinstabilität. Lediglich an dem hinzutretenden Verschleißleiden sind die bereits vor dem Unfall bestehenden, im MRT vom 03.07.2007 erkennbaren Veränderungen an den Knorpelgelenkflächen beteiligt.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. … steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Unfall bei dem Kläger zu einer Invalidität geführt hat und dass diese Invalidität bereits innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall eingetreten ist. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass bereits am 03.07.2007, also binnen drei Wochen nach dem Unfall vom 13.06.2007, ein MRT gefertigt wurde, das relativ frische und schwere Schädigungen des Knies zeigt. Diese schwere Schädigung musste innerhalb eines Jahres zu einer dauerhaften Beeinträchtigung führen, die innerhalb des maßgeblichen Dreijahreszeitraumes noch zugenommen haben.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers berufen. Soweit sie ihm vorwirft, bestehende Vorerkrankungen und die entsprechende Medikation nicht angegeben zu haben, kann schon nicht festgestellt werden, dass die Frage dem Kläger überhaupt zur Kenntnis gelangt ist. Der Zeuge … hat ausdrücklich bekundet, dass er das Schadensanzeigeformular ausgefüllt hat und dass er die diesbezügliche Frage dem Kläger nicht gestellt habe. Im Übrigen würde es an einem entsprechenden Vorsatz bzw. grober Fahrlässigkeit des Klägers fehlen. Seine Annahme, eine solche Frage würde sich nicht auf schon lange bestehende Erkrankungen und deren Behandlungen beziehen, die ersichtlich mit dem Unfall und dessen Folgen in keinem Zusammenhang stehen, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Ein solches Missverständnis wäre auch nicht grob fahrlässig.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Invaliditätsleistung allerdings anders zu berechnen. Nach den vom Kläger vorgelegten Zusatzvereinbarungen (Anlage K 8), gilt eine abgeänderte Gliedertaxe. Nach dieser gilt bei Funktionsunfähigkeit eines Beins ein fester Invaliditätsgrad von 70%. 70% der Invaliditätssumme von 250.000,00 sind 175.000. Bei einer Invalidität von 4/10 Beinwert errechnet sich daraus eine Invaliditätsleistung in Höhe von 70.000,00 €.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286, 288, 291 BGB. Die Beklagte ist hinsichtlich der Hautforderung durch ihre Leistungsablehnung vom 29.06.2009 in Verzug geraten.

Auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten stehen dem Kläger nur teilweise zu. Zwar war die Beklagte, die die Erbringung von Leistungen vor Beauftragung des Rechtsanwalts abgelehnt hatte, in Verzug. Der Kläger hat aber nicht hinreichend vorgetragen, dass er außerprozessual mehr als eine Leistung in Höhe von 52.500,00 € geltend gemacht hat. Nur nach diesem Streitwert sind also die vorgerichtlich angefallenen Kosten zu berechnen. Diese hat der Kläger selbst mit 2.696,54 € berechnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Revisionszulassungsgründe bestehen nicht.

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