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Unfallversicherung – chronische manifestierte Borrelieninfektion

OLG Koblenz – Az.: 10 U 228/11 – Beschluss vom 10.06.2011

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.

Gründe

Dem Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens kann nicht stattgegeben werden, da seine Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Es bestehen bereits Bedenken gegen die Annahme, der Kläger habe den Nachweis dafür erbracht, dass er am 15. Oktober 2006 von einer Zecke gebissen worden sei, was von der Beklagten bestritten wird. Der Vortrag des Klägers ist insoweit widersprüchlich. In der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen, er habe am 15. Oktober 2006 beim Ausreiten mit einem Pferd in den Wald in der näheren Umgebung seiner Wohnadresse einen Zeckenbiss erlitten. Demgegenüber heißt es in dem neurologischen Gutachten des Prof. Dr. …[A] vom 28. April 2008 unter „Aktueller Anamnese“: Etwa um den 15. Oktober 2006 herum habe er beim Duschen einen roten Fleck rechts thorakal festgestellt. Es habe sich um eine Hautrötung mit einem Durchmesser von 2 bis 3 cm gehandelt, eine Schwellung habe nicht vorgelegen, eine Zecke habe er auch nicht festgestellt. Dieser Fleck sei mit Sicherheit nicht größer geworden, hingegen sei er irgendwann wieder verschwunden, und er habe dieser Auffälligkeit keine Beachtung beigemessen. Mit Schriftsatz vom 1. April 2009 trägt der Kläger vor, er habe den Zeckenbiss am 15. Oktober 2006 erlitten und kurze Zeit später einen roten Hautfleck um die Bissstelle herum bemerkt. Demgegenüber hat der Kläger bei der Untersuchung in der Klinik am 19. Mai 2009 dem Sachverständigen Prof. Dr. …[B] gegenüber erklärt, er habe am 15. Oktober 2006 beim Duschen abends einen roten Fleck am Rumpf bzw. an der Flanke rechts bemerkt, nach der Erinnerung etwa 3 cm im Durchmesser. Während des Duschvorgangs habe er eine streichholzkopfgroße Zecke in der Duschwanne gesehen. Zwei Tage davor sei er mit Pferden in der Natur unterwegs gewesen. Die Tage darauf habe er den Fleck noch gesehen; eine Vergrößerung des Flecks sei nicht erinnerlich. Wie sich der Fleck dann weiter entwickelt habe, könne er sich nicht mehr erinnern. In der Berufungsbegründung trägt der Kläger dann erstmals vor, er habe am 15. Oktober 2006 beim Ausreiten mit einem Pferd in den Wald in der näheren Umgebung seiner Wohnadresse einen Zeckenbiss erlitten, der von seiner Ehefrau bemerkt worden sei. Aufgrund dieser sich widersprechenden Angaben ist zweifelhaft, ob der Kläger substantiiert dargetan, geschweige denn nachgewiesen hat, dass er am 15. Oktober 2006 von einer Zecke gebissen worden sei.

Unfallversicherung - chronische manifestierte Borrelieninfektion
Symbolfoto: Von Jarun Ontakrai/Shutterstock.com

Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben. Selbst wenn man es zugunsten des Klägers als erwiesen ansieht, dass er im Oktober 2006 einen Zeckenbiss erlitten habe, steht dem Kläger dennoch kein Anspruch auf die geltend gemachte Invaliditätsentschädigung gemäß §§ 1, 149 ff VVG a. F. in Verbindung mit Ziffer 2.1. und 5.2.4.2 der AUB der Beklagten zu.

Der Kläger hat nicht hinreichend beweisen können, dass er infolge eines Zeckenbisses im Oktober 2006 an einer Borreliose erkrankt ist und infolge dessen an den in der Klageschrift beschriebenen Beschwerden leidet. Der Sachverständige Prof. Dr. …[B] ist in seinem Gutachten vom 20. Mai 2009 unter ausführlicher Auswertung sämtlicher bis zu diesem Zeitpunkt die Beschwerden des Klägers betreffenden Befunde, Gutachten, Arztberichte und aufgrund des eigenen Untersuchungsbefundes zu dem Ergebnis gelangt, dass ein kausaler Zusammenhang der vom Kläger geschilderten Beschwerden mit den Borrelienantikörpertitern zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich oder gesichert sei. In seiner ergänzenden neurologischen Stellungnahme vom 4. Dezember 2009 hat der Sachverständige dargelegt, dass die klinische Symptomatik, die normalen neurologischen Untersuchungsbefunde und die normalen Liquorroutineparameter gegen das Vorliegen einer klinisch manifesten Borrellieninfektion (Neuroborreliose) sprechen. Auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Februar 2010 hat der Sachverständige erneut dargelegt, dass eine klinisch manifeste Borrelieninfektion, das heißt eine Borreliose/Neuroborreliose bei den vorliegenden unspezifischen Beschwerden, den normalen neurologischen Untersuchungsbefunden und den normalen Liquorroutineparametern nicht diagnostiziert werden könne. Der Sachverständige hat sich in seinen Stellungnahmen mit sämtlichen vom Kläger gegen sein Gutachten erhobenen Einwendungen dezidiert auseinandergesetzt und diese zur Überzeugung des Senats widerlegt.

Der Sachverständige Prof. Dr. …[B], der sich – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – seit über 25 Jahren mit Borrelioseerkrankungen befasst und auf diesem Gebiet über überragende Sachkunde verfügt, hat in seinem Gutachten vom 20. Mai 2009 zunächst dargelegt, dass eine Infektion mit Borrelien symptomatisch werden kann, man spricht dann von Borreliose; bei Vorliegen von neurologischen Symptomen einer Borreliose spricht man von Neuroborreliose. Eine Infektion mit Borrelien kann aber auch – und das ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. …[B] viel häufiger – ohne klinische Symptome ablaufen; für die Infektion spricht dann lediglich der Nachweis von Borrelienantikörpern im Blut. In diesem Fall spricht man von einer virologisch nachgewiesenen Borrelieninfektion, nicht aber von einer Borreliose, da keine Erkrankung vorliegt, die durch Borrelieninfektion verursacht ist. Soweit es die Beschwerden des Klägers betrifft, bei denen es zum Jahreswechsel 2006/2007 zu einem Leistungsknick, zu Abgeschlagenheit und einem Schmerzsyndrom in verschiedenen Muskeln gekommen sei, stellt der Sachverständige fest, dass frühere neurologische Untersuchungen unauffällig waren und auch der jetzige neurologische Untersuchungsbefund kein motorisches oder sensibles Defizit zeige. Neurokognitive Defizite hätten nicht bestanden. Eine Objektivierung der Beschwerden sei nicht möglich. Zur Frage des Vorliegens einer Erythema migrans (Wanderröte), die im Stadium 1 der Borrelieninfektion auftrete, und des Vorliegens einer Stadium-2-Borreliose legt der Sachverständige ausführlich dar, dass Hautrötungen, die retrospektiv als Erythema migrans eingeordnet werden könnten, von dem Kläger nicht berichtet werden und auch eine ärztliche Dokumentation eines Erythema migrans nicht vorliege. Die Rötung müsse retrospektiv als toxisch-allergische Stichreaktion eingeordnet werden. Auch Hinweise auf eine durchgemachte Stadium-2-Borreliose mit Manifestationen wie Lymphozytom,  Myoperikarditis oder Meningoradikulitis Bannwarth finden sich anamnestisch nicht. Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, dass es zwar möglich sei, dass die zum Jahreswechsel 2006/2007 aufgetretenen Myalgien Ausdruck einer Borrelieninfektion waren; dies könne aber nicht mit Wahrscheinlichkeit angegeben werden. Sodann wertet der Sachverständige die erhobenen virologischen Befunde zum Nachweis von Borrelienantikörpern aus. Er stellt hierzu fest, dass bei dem Kläger virologische Untersuchungsergebnisse (Borrelien-Antikörper-Befunde) von verschiedenen Zeitpunkten seit Februar 2007 vorlägen, die positive IgG-Antikörper beschrieben. Dabei habe der Kläger angegeben, vor 2007 seien keine Borrelien-Antikörper-Untersuchungen durchgeführt worden. Der positive Nachweis von Serum-Borrelien-IgG-Antikörpertitern im Suchtest und im Bestätigungstest seit Februar 2007 spreche für eine stattgefundene Infektion mit dem Erreger Borrelia burgdorferi vor dem ersten Untersuchungszeitpunkt.

Der definitive Zeitpunkt der Infektion bei dem Kläger könne aber aufgrund der zur Verfügung stehenden Laborbefunde nicht angegeben werden. Eine Infektion mit Borrelien könne Wochen, Monate oder Jahre/Jahrzehnte vor dem ersten Nachweis positiver Antikörper im Jahr 2007 erfolgt sein, auch im Rahmen eines unbemerkten Zeckenstichs.

Weiter legt der Sachverständige dar, dass aufgrund positiver Borrelien IgG Antikörpertitern im Serum nicht der kausale Zusammenhang mit dem vom Kläger geschilderten Beschwerdekomplex begründet werden könne, da positive Borrelien-Antikörpertiter bei etwa 10 bis 20 % (in einzelnen Regionen über 20 %) der allgemeinen Bevölkerung, überwiegend ohne klinische Symptomatik, vorkommen könnten. Der kausale Zusammenhang mit den vorliegenden Beschwerden sei zwar möglich, werde dadurch aber  noch nicht wahrscheinlich oder gar gesichert. Es könne nicht mit Wahrscheinlichkeit angegeben werden, dass die Borrelieninfektion bei dem Kläger auch zu klinischen Symptomen geführt habe. Ein nachweisbarer Antikörpertiter dürfe nicht mit einer Krankheitsaktivität gleich gesetzt werden. Die Serodiagnostik erlaube daher hier nicht, eine aktuell vorliegende chronische, klinisch manifestierte Borrelieninfektion zu diagnostizieren.

Im Folgenden legt der Sachverständige gut nachvollziehbar dar, dass klinisch eindeutige Zeichen einer manifesten Borrelieninfektion des Nervensystems bei dem Kläger nicht vorlägen. Die Diagnose der aktiven Neuroborreliose setze ein passendes klinisches Bild voraus und werde bei Vorliegen eines solchen durch entzündliche Veränderungen im Liquor mit Borrelienantikörpernachweis gesichert. Bei dem Kläger ist aber unstreitig in 2008 eine Liquoruntersuchung erfolgt, die eine normale Zellzahl und keine Antikörperproduktion im Liquorraum zeigte. Die nach den Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie geforderten Diagnosekriterien einer wahrscheinlichen oder gesicherten Neuroborreliose liegen also nicht vor. Es liegen nicht einmal, so der Sachverständige, die Diagnosekriterien der möglichen Neuroborreliose vor, da das klinisch neurologische Bild nicht typisch gewesen und klinisch neurologische Untersuchungen unauffällig gewesen seien. Von dem Kläger werden unspezifische, ursächlich mehrdeutige Beschwerden genannt. Ein für eine Borreliose typisches klinisch-neurologisches Bild finde sich weder nach den Feststellungen anamnestisch noch in der aktuellen Untersuchung.

Im Rahmen einer chronischen Hautborreliose im Stadium 3 könne es zum Auftreten einer Polineuropathie mit Gefühlsstörungen und Schmerzen kommen. Bei dem Kläger haben sich unter Untersuchung durch den Sachverständigen keine Hinweise auf eine Polineuropathie ergeben. Der Sachverständige stellt fest, dass eine chronische Hauptborreliose im Stadium 3 nicht vorliege. Schließlich verneint der Sachverständige mit ausführlicher fundierter Begründung sowohl die Diagnose einer Lyme Myolitis als auch einer Lyme Arthritis. Nach Auswertung des klinischen Verlaufs der bei dem Kläger durchgeführten diversen Antibiotikatherapien legt der Sachverständige dar, dass die fehlende dauerhafte Besserung der Symptome nach mehreren Therapien ein weiteres Argument gegen einen kausalen Zusammenhang der Beschwerden mit der angeschuldigten Borrelieninfektion sei. Zusammenfassend kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar bei dem Kläger eine Infektion mit Borrelien nachgewiesen sei, die Wochen, Monate oder Jahre/Jahrzehnte vor 2007 stattgefunden habe. Eine Borrelieninfektion, das heißt eine Lyme-Borreliose oder eine Neuroborreliose könne indes nicht mit Wahrscheinlichkeit diagnostiziert werden. Da keine gesicherte klinisch manifeste Borrelieninfektion vorliege, besteht nach den Ausführungen des Sachverständigen infolge des vom Kläger behaupteten Zeckenstichs vom Oktober 2006 keine Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Klägers.

In seinem Gutachten hat der Sachverständige sich auch mit dem internistischen Zusatzgutachten des Krankenhauses …[C], …[Z], Chefarzt PD Dr. …[D] vom 26. Oktober 2007 (Bl. 31 ff GA), der Stellungnahme von Herrn …[E], Chirurgisches Gutachteninstitut …[Z] vom 23. November 2007 (Bl. 99, 100 GA) zum internistischen Gutachten vom 26. Oktober 2007 und dem neurologischen Gutachten des Herrn Prof. …[A], Lehrstuhl für Neurowissenschaften und Rehabilitation der Universität …[Y] vom 28. April 2008 (Bl. 101 ff GA), auseinandergesetzt. Soweit es das internistische Zusatzgutachten des Dr. …[D] betrifft, entspricht die Beurteilung des Prof. …[A] seiner Beurteilung; es werde die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs der Beschwerden mit der stattgehabten Borrelieninfektion diskutiert. Der kausale Zusammenhang sei jedoch weder wahrscheinlich noch gesichert. Eine manifeste Borrelienerkrankung liege nicht mit Wahrscheinlichkeit vor. Die in dem Gutachten für sinnvoll erachtete Liquorpunktion und ein Elektromyogramm sind zudem inzwischen durchgeführt worden. Weder die Liquoruntersuchung im Jahre 2008 hat aber – wie bereits ausgeführt –  einen Hinweis auf eine Neuroborreliose gezeigt, noch das am 19. Mai 2009 durchgeführte Elektromyogramm. Dieses sei unauffällig ohne Hinweis auf eine Muskelerkrankung oder Muskelentzündung gewesen. Auch Dr. …[E] ist in seiner Stellungnahme zu einem Zeitpunkt, zu dem die Liquorpunktion und das Elektromyogramm noch nicht durchgeführt waren, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erkrankung des Klägers nicht nachweislich auf die Folgen des Zeckenstichs zurückzuführen sei.

Schließlich hat auch Prof. …[A] zunächst festgestellt, dass der Unfallzeitpunkt unklar bleibe, jedoch keines der typischen Symptome einer Borrelieninfektion aktuell beim Kläger nachgewiesen sei. Soweit Prof. …[A] restrospektiv eine Stadium-1-Borreliose angenommen habe, hat der Sachverständige, für den Senat überzeugend, dargelegt, dass weder ein Erythema migrans vorlag, noch eine Serokonversion oder ein Borrelien-IgM-Antikörpertiter als Zeichen einer akuten Infektion nachweisbar gewesen seien. Allein der Nachweis eines erhöhten Blut-IgG-Borrelien-Antikörpertiters erlaube restrospektiv nicht die Diagnosestellung einer Stadium-1-Borreliose. Auch Prof. …[A] kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass eine abgelaufene Neuroborreliose nicht nachgewiesen sei und nicht von einer Kausalität zwischen dem Nachweis borrelienspezifischer Antikörper und dem aktuellen Beschwerdebild des Klägers auszugehen sei.

Diesen gut nachvollziehbar und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. …[B] schließt der Senat sich voll inhaltlich an. Der Sachverständige hat sämtlich erstinstanzlich von dem Kläger gegen sein Gutachten erhobene Einwände überzeugend widerlegt. Eine klinisch manifeste Borrelieninfektion, das heißt eine Borreliose/Neuroborreliose kann bei den vorliegenden unspezifischen Beschwerden des Klägers, den normalen neurologischen Untersuchungsbefunden und den normalen Liquorroutineparametern nicht diagnostiziert werden. Der Kläger verkennt, dass das Fehlen einer definitiven Ursache der von ihm glaubhaft geschilderten Beschwerden es nicht erlaubt, die Diagnose einer chronischen Borreliose zu stellen. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden sind unspezifisch. Ein für eine Borreliose typisches akutes oder chronisches klinisch-neurologisches Bild findet sich nicht. Ebenso fehlen entzündliche Liquorveränderungen. Voraussetzung für eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten wäre aber der Nachweis einer Borrelioseerkrankung aufgrund eines Zeckenbisses im Oktober 2006. Wie bereits ausgeführt bestehen bereits Bedenken gegen die Annahme, der Kläger habe nachgewiesen, dass er am 15. Oktober 2006 bzw. im Oktober 2006 von einer Zecke gebissen worden sei. Keinesfalls ist aber mit der für eine Verurteilung erforderlichen Verlässlichkeit feststellbar. dass die Beschwerden des Klägers, an denen dieser seit Ende des Jahres 2006/Anfang 2007 leidet, kausal auf einen Zeckenstich aus Oktober 2006 zurückzuführen sind.

Der Kläger weist zwar – zutreffend – darauf hin, dass nach Nr. 5.2.4.2 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2000), Versicherungsschutz für den Kläger bei Infektionen, die durch Zeckenbisse verursacht wurden, bestand bzw. besteht. Eine Einstandspflicht der Beklagten würde jedoch voraussetzen, dass die Infektion zu klinischen Symptomen geführt hat, hier insbesondere zu den vom Kläger geschilderten Symptomen, und zum anderen die Infektion mit Borrelien während des Versicherungszeitraums aufgetreten ist. Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen …[B] verläuft eine Infektion mit Borrelien häufig ohne klinische Symptome. Für die Infektion spricht dann lediglich der Nachweis von Borrelienantikörpern im Blut, wie sie auch bei dem Kläger festgestellt worden sind. Der Zeitpunkt der Infektion mit Borrelia burgdorferi bei dem Kläger kann aber nach den Ausführungen des Sachverständigen …[B] nicht angegeben werden. Borrelien-IgM-Antikörper als möglicher Hinweis auf eine frische Infektion seien im gesamten Krankheitsverlauf nicht nachweisbar gewesen. Klinische Zeichen einer frischen Infektion hätten nicht vorgelegen. Schließlich sei auch ein Positivwerden von früheren negativen Borrelienantikörperbefunden nicht dokumentiert. Der Sachverständige gelangt deshalb zu dem Ergebnis, dass eine Infektion mit Borrelien, Wochen, Monate oder Jahre/Jahrzehnte vor dem ersten Nachweis positiver Antikörper im Jahre 2007 erfolgt sein könne, auch im Rahmen eines unbemerkten Zeckenstichs.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis dafür, dass seine Beschwerden auf einen Zeckenbiss aus dem Oktober 2006 und eine daraus resultierende Borrelioseerkrankung zurückzuführen seien, nicht erbracht hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen Dr. …[F]. Der Sachverständige Prof. Dr. …[B] hat in einer sehr ausführlichen ergänzenden neurologischen  Stellungnahme sämtliche von dem Privatgutachter Dr. …[F] gegen sein Gutachten erhobenen Einwendungen zur Überzeugung des Senats widerlegt. Darüber hinaus hat das Landgericht den Sachverständigen Prof. Dr. …[B] unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter mündlich angehört  und dabei hat dieser erneut sämtliche vom Kläger bzw. dem Privatgutachter Dr. …[F] geltend gemachten Einwendungen gegen seine gutachterlichen Feststellungen nachvollziehbar widerlegt. Für die Einholung eines weiteren Gutachtens besteht daher keine Veranlassung. Dabei ist nochmals darauf hinzuweisen, dass auch nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. …[B] eine virologisch nachgewiesene Borrelieninfektion des Klägers vorliegt, wobei dies nicht gleichzusetzen mit einer Borrelienerkrankung ist und zudem die Infektion ggf. Jahre/Jahrzehnte vor dem ersten Nachweis positiver Antikörper im Jahr 2007 erfolgt sein kann. Die Annahme des Privatgutachters, „aufgrund der Umstände sei anzunehmen, dass die Infektion in 10/06 auftrat.“ ist daher gerade nicht erwiesen.

Der Privatgutachter Dr. …[F] hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, bei seiner Untersuchung seien mehrere neurologische Defizite nachgewiesen worden. Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. …[B] überzeugend im einzelnen dargelegt, dass und welche Untersuchungsbefunde bezüglich der neurologischen Beschwerden des Klägers erhoben worden sind. Diese Befunde sind, wie vom Sachverständigen im Einzelnen dargelegt, in der Zusammenschau nicht einheitlich. Von Neurologen (…[A], …[B], Neurologischer Konsilarzt in …[X]) sind jedoch keine pathologischen Auffälligkeiten beschrieben worden.  Darüber hinaus hat der Sachverständige dargelegt, dass selbst dann, wenn man einen Muskelschwund annehmen würde, dieser für sich genommen nicht als pathologisch zu werten wäre.  Bei dem vom Sachverständigen Prof. Dr. …[B] am 19. Mai 2009 durchgeführten Elektromyogramm des Klägers zeigte sich kein Hinweis auf das Vorliegen einer Muskel – oder peripheren Nervenerkrankung. Der Kläger verkennt unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Privatgutachters Dr. 0, dass aufgrund der vielfach erhobenen Befunde das Vorliegen einer Muskel- oder peripheren Nervenerkrankung jedenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit diagnostiziert werden kann. Der Senat vermag sich den Ausführungen des Privatgutachters Dr. …[G], dass die Differentialdiagnose andere Ursachen für die vorliegenden Beschwerden als die einer chronischen Lyme-Borreliose und einer Lyme-Neuroborreliose ausschließe, nicht anzuschließen. Der Sachverständige Prof. Dr. …[B] hat vielmehr in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass sein Auftrag nicht darin bestand, für die bei dem Kläger vorliegenden unspezifischen Beschwerden eine breite Differentialdiagnostik anzugeben und zu diskutieren. Entscheidend ist, inwieweit das Vorliegen einer chronischen Borreliose positiv belegt werden kann, was nach den Feststellungen des Sachverständigen, denen der Senat folgt, nicht der Fall ist.

Der Sachverständige Prof. Dr. …[B] hat unter Auswertung sämtlicher in der Vergangenheit und während seiner Begutachtung erhobenen Untersuchungsbefunde auch die weiteren von dem Privatgutachter Dr. …[G] gegen sein Gutachten erhobenen Einwendungen zur Überzeugung des Senats widerlegt. So hat der Sachverständige ausführlich unter Bezugnahme auf entsprechende wissenschaftliche Publikationen dargelegt, dass und warum entgegen der Annahme des Privatgutachters Dr. …[G] Marklagergliosen keinen Rückschluss auf eine Borreliose zulassen (Bl. 298 GA). Ferner hat Prof. Dr. …[B] überzeugend erläutert, dass und inwieweit das fehlende Ansprechen auf die Antibiotikatherapie bei dem Kläger nicht als Argument für das Vorliegen einer Lyme-Borreliose gewertet werden könne (BL. 299 GA), die bei dem Kläger festgestellte leichte Liquoreiweißerhöhung viele verschiedene mögliche Ursachen beinhalte (Bl. 300, 301 GA) und  der für die Diagnosesicherung der chronischen Neuroborreliose erforderliche Nachweis von entzündlichen Liquorveränderungen bei dem Kläger nicht gegeben sei (Bl. 304 GA). Der Kläger berücksichtigt unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Privatgutachters Dr. …[G] in der Gesamtschau nicht hinreichend, dass die erhobenen anamnestischen Daten den Zeitpunkt der Borrelieninfektion nicht festlegen und überdies – wie vom Sachverständigen Prof. Dr. …[B] ausführlich dargelegt –  der alleinige Nachweis von Borrelien-Antikörpern im Serum in Zusammenhang mit unspezifischen Symptomen nicht die (gesicherte) Diagnose einer chronischen Lyme-Borreliose erlaubt.  Der Sachverständige Prof. Dr. …[B] weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger Bezug nehmend auf die Ausführungen des Privatgutachters Dr. …[G] immer wieder betont, dass das Fehlen bestimmter klinischer Charakteristika die Diagnose einer chronischen Lyme-Borreliose bzw. chronischen Neuroborreliose nicht ausschließt. Dies ist zutreffend, aber insoweit unerheblich, als Voraussetzung für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ist, dass die von ihm behauptete chronische Lyme-Borreliose nachgewiesen wäre. Gerade dies ist aber nicht der Fall.

 

 

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