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Unfallversicherung – ausreichende Belehrung über einzuhaltende Fristen

Ein Unfall, eine mögliche Invalidität – und dann kommt der Schock: Die Unfallversicherung zahlt nicht. Grund ist eine verpasste Frist zur ärztlichen Feststellung und Geltendmachung der bleibenden Schäden. Durfte die Versicherung sich darauf berufen, auch wenn ihre Belehrung den drohenden Anspruchsverlust nicht ausdrücklich nannte? Eine wichtige Frage für viele Versicherte, die das Oberlandesgericht Braunschweig nun beantwortet hat.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 11 U 11/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Braunschweig
  • Datum: 12.02.2025
  • Aktenzeichen: 11 U 11/23
  • Rechtsbereiche: Unfallversicherung, Versicherungsvertragsgesetz (VVG), Allgemeine Versicherungsbedingungen (AUB), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Zivilprozessordnung (ZPO)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Versicherungsnehmerin, die Invaliditätsleistungen für ihren versicherten Ehemann forderte und argumentierte, die Belehrung des Versicherers über Fristen sei unzureichend gewesen.
  • Beklagte: Der Unfallversicherer, der die Leistung wegen versäumter Fristen ablehnte und sich auf die Wirksamkeit seiner Belehrung berief.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der versicherte Ehemann der Klägerin erlitt einen Unfall, der zur Invalidität führte. Der Versicherer wurde informiert und belehrte über vertragliche Fristen für die ärztliche Feststellung und Geltendmachung der Invalidität. Die Geltendmachung des Anspruchs erfolgte nach Ablauf der Frist.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Belehrung des Versicherers über die Fristen nach § 186 Satz 1 VVG auch einen Hinweis auf die Rechtsfolge des Anspruchsverlusts bei Fristversäumung enthalten muss, damit sich der Versicherer auf die Frist berufen kann.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht wies die Klage auf Invaliditätsleistungen und die Anschlussberufung auf Rechtsanwaltskosten ab. Es änderte das Urteil der Vorinstanz ab, das der Klage stattgegeben hatte. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass kein Anspruch auf Invaliditätsleistungen besteht, da die vertraglichen Fristen für die ärztliche Feststellung und die Geltendmachung des Anspruchs versäumt wurden. Die Belehrung des Versicherers nach § 186 Satz 1 VVG war auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf die Rechtsfolge des Anspruchsverlusts ausreichend. Die relevanten ärztlichen Unterlagen und die Geltendmachung des Anspruchs erfolgten nach Fristablauf, sodass sich der Versicherer auf die Fristversäumung berufen darf.
  • Folgen: Die Klägerin erhält keine Invaliditätsleistungen. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Klägerin zu tragen. Aufgrund der zugelassenen Revision kann die Rechtsfrage zur Belehrungspflicht vom Bundesgerichtshof entschieden werden.

Der Fall vor Gericht


Unfallversicherung: Kein Geld bei verpasster Frist trotz fehlender Warnung vor Anspruchsverlust? OLG Braunschweig klärt Anforderungen an Belehrung nach § 186 VVG

Mann fällt rücklings von Leiter bei Gartenhaus, entsetzte Frau eilt zur Hilfe, UnfallMann fällt rücklings von Leiter bei Gartenhaus, entsetzte Frau eilt zur Hilfe, Unfall
Sturz von Leiter verursacht Wirbelsäulenverletzung – schnelle Schadensanzeige bei Leiterunfällen. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 11 U 11/23 vom 12.02.2025) eine wichtige Frage im Bereich der privaten Unfallversicherung geklärt: Muss ein Versicherer in seiner gesetzlich vorgeschriebenen Belehrung über Fristen ausdrücklich auf den drohenden Verlust des Leistungsanspruchs hinweisen, wenn diese Fristen versäumt werden? Das Gericht entschied, dass eine solche explizite Warnung nicht notwendig ist, um sich später auf die Fristversäumnis berufen zu können. Dies führte zur Abweisung der Klage einer Versicherungsnehmerin auf Invaliditätsleistungen für ihren Ehemann.

Der Unfall und die verspätete Meldung: Ausgangslage im Streit um Invaliditätsleistungen

Die Grundlage des Rechtsstreits bildete ein Unfallversicherungsvertrag zwischen einer Frau (der Versicherungsnehmerin) und einem Versicherungsunternehmen. Ihr Ehemann war im Rahmen dieses Vertrages mitversichert. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB Stand 01.01.2008) sowie spezifische Zusatzbedingungen (M. Classic 2007) zugrunde.

Am 21. Juni 2020 ereignete sich der folgenschwere Unfall: Der Ehemann der Versicherungsnehmerin stürzte von einer Leiter und zog sich eine Wirbelsäulenfraktur zu, die operativ versorgt werden musste. Die Ehefrau meldete diesen Unfall ihrer Versicherung ordnungsgemäß mit einer Schadensanzeige vom 07. Juli 2020.

Die Versicherung bestätigte den Eingang der Meldung mit einem Schreiben vom 07. August 2020. In diesem Schreiben forderte sie weitere ärztliche Unterlagen an und belehrte die Versicherungsnehmerin über die einzuhaltenden Fristen für mögliche Invaliditätsleistungen. Wörtlich hieß es dort unter der Überschrift „Beachten Sie bitte auch die folgenden Fristen im Fall einer Invalidität“: „Der Anspruch auf Invaliditätsleistung muss innerhalb von 21 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und bei uns geltend gemacht werden.“

Fast zwei Jahre später, mit Schreiben vom 01. Juni 2022 – und damit nahezu 24 Monate nach dem Unfalltag –, beantragte der Ehemann bei der Versicherung die Regulierung des Schadens. Er reichte verschiedene medizinische Unterlagen ein, darunter einen Entlassungsbrief aus dem Krankenhaus vom 06. Juli 2020 und einen Arztbrief vom 20. Mai 2022. Die Versicherungsnehmerin machte geltend, ihr Mann habe durch den Unfall eine Invalidität von 20% erlitten und legte später noch einen weiteren Befundbericht vom 03. August 2022 nach.

Die Versicherung lehnte jedoch jegliche Leistung ab. Ihre Begründung: Die Ansprüche seien verspätet geltend gemacht worden, die vertraglich vereinbarten Fristen seien nicht eingehalten worden.

Streitpunkt § 186 VVG: Musste der Versicherer explizit vor dem Verlust des Anspruchs warnen?

Die Versicherungsnehmerin wollte die Ablehnung nicht akzeptieren. Sie vertrat die Auffassung, die Versicherung könne sich nicht auf den Ablauf der Fristen berufen. Der Grund: Die Belehrung im Schreiben vom 07. August 2020 sei unzureichend gewesen. Zwar seien die Fristen genannt worden, es fehle aber der entscheidende Hinweis darauf, was passiert, wenn man diese Fristen nicht einhält – nämlich der vollständige Verlust des Anspruchs auf Invaliditätsleistungen. Eine solche Belehrung über die Rechtsfolgen sei aber nach § 186 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) erforderlich. Nur wenn der Versicherer korrekt belehrt habe, dürfe er sich auf die Fristversäumnis berufen.

Das Landgericht Braunschweig folgte in erster Instanz der Argumentation der Versicherungsnehmerin. Es verurteilte die Versicherung zur Zahlung (mit Ausnahme der Anwaltskosten) und meinte, die Belehrung sei tatsächlich mangelhaft gewesen. Für die Versicherungsnehmerin sei nicht klar erkennbar gewesen, dass die Nichteinhaltung der 21-Monats-Frist dazu führt, dass keinerlei Ansprüche mehr bestehen. Ob tatsächlich eine unfallbedingte Invalidität vorlag, prüfte das Landgericht nicht im Detail, da es das Bestreiten der Versicherung für nicht ausreichend hielt. Gegen dieses Urteil legte die Versicherung Berufung beim Oberlandesgericht Braunschweig ein. Die Versicherungsnehmerin legte ihrerseits Anschlussberufung wegen der nicht zugesprochenen Anwaltskosten ein.

OLG Braunschweig entscheidet: Fristversäumnis führt zum Verlust des Anspruchs auf Invaliditätsrente

Das Oberlandesgericht Braunschweig kam zu einem entgegengesetzten Ergebnis. Es änderte das Urteil des Landgerichts vollständig ab und wies die Klage der Versicherungsnehmerin vollumfänglich ab. Auch ihre Anschlussberufung bezüglich der Anwaltskosten blieb erfolglos. Die Konsequenz: Die Versicherungsnehmerin muss die gesamten Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Versicherungsnehmerin kann die Zwangsvollstreckung jedoch durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung abwenden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage ließ das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu.

Begründung des Gerichts: Belehrung über Fristen nach § 186 VVG war ausreichend

Das OLG Braunschweig begründete seine Entscheidung umfassend. Zwar liege unstreitig ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vor. Es könne aber offenbleiben, ob der Ehemann dadurch tatsächlich dauerhaft invalide geworden sei. Denn ein Anspruch auf Invaliditätsleistungen scheitere bereits an der Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Fristen.

Vertragliche Fristen für Arztbericht und Geltendmachung nicht eingehalten

Die maßgeblichen Fristen ergeben sich aus den Versicherungsbedingungen (Ziff. 2.1.1.1 AUB und Ziff. 26 der Zusatzbedingungen). Danach muss die Invalidität spätestens innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eingetreten sein. Entscheidend für den Anspruch sind dann zwei weitere kumulative Voraussetzungen: Die Invalidität muss spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren 6 Monaten (also insgesamt innerhalb von 21 Monaten nach dem Unfall)

  1. von einem Arzt schriftlich festgestellt werden und
  2. vom Versicherungsnehmer bei der Versicherung geltend gemacht werden.

Das OLG stellte fest, dass diese Klauseln wirksam sind und insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstoßen. Sie seien klar formuliert. Die Verlängerung der Frist in den Zusatzbedingungen von ursprünglich 15 auf insgesamt 21 Monate für Feststellung und Geltendmachung sei für den Versicherungsnehmer sogar günstig. Die Formulierung „sechs weiteren Monaten“ knüpfe eindeutig an die 15-Monats-Frist an, sodass die Gesamtfrist von 21 Monaten klar erkennbar sei.

Im konkreten Fall wurden beide Fristen versäumt:

  • Ärztliche Feststellung: Die Invalidität des Ehemanns wurde nicht fristgerecht innerhalb der 21 Monate ärztlich festgestellt. Der frühzeitig vorliegende Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 06. Juli 2020 reichte hierfür nicht aus. Dieser enthielt zwar Diagnosen und Befunde, aber keine zukunftsgerichtete Prognose über einen dauerhaften Gesundheitsschaden als Unfallfolge, wie sie für eine Invaliditätsfeststellung erforderlich ist. Die späteren Arztbriefe vom 20. Mai 2022 und 03. August 2022, die möglicherweise eine solche Prognose enthielten, wurden erst nach Ablauf der 21-Monats-Frist erstellt (die Frist endete am 21. März 2022).
  • Geltendmachung: Auch die Geltendmachung des Anspruchs durch den Ehemann selbst erfolgte mit dem Schreiben vom 01. Juni 2022 zu spät – fast drei Monate nach Fristablauf.

Inhalt der Belehrungspflicht: Expliziter Hinweis auf Rechtsfolgen nicht erforderlich

Der entscheidende Punkt war jedoch, ob sich die Versicherung überhaupt auf diese Fristversäumnis berufen durfte. Dies hängt davon ab, ob sie ihrer Hinweispflicht nach § 186 Satz 1 VVG korrekt nachgekommen ist. Das OLG Braunschweig bejahte dies. Die Belehrung im Schreiben vom 07. August 2020 sei richtig und ausreichend gewesen. Unter der klaren Überschrift „Beachten Sie bitte auch die folgenden Fristen im Fall einer Invalidität“ wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass der Anspruch „innerhalb von 21 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und bei uns geltend gemacht werden“ muss.

Entgegen der Ansicht der Versicherungsnehmerin und des Landgerichts musste die Versicherung nicht ausdrücklich auf die Rechtsfolge der Fristversäumung – den Anspruchsverlust – hinweisen. Das OLG begründete dies ausführlich:

  1. Wortlaut des Gesetzes: Der Wortlaut des § 186 Satz 1 VVG verlange lediglich einen Hinweis auf die einzuhaltenden Fristen für die ärztliche Feststellung und die Geltendmachung, nicht aber auf die Konsequenzen bei Nichteinhaltung.
  2. Gesetzgebungsgeschichte: Auch die Gesetzesmaterialien (Bundestags-Drucksache 16/3945, S. 109) erwähnen keine Notwendigkeit eines Hinweises auf die Rechtsfolgen.
  3. Systematik: Der Gesetzgeber habe in anderen Vorschriften des VVG (z.B. §§ 19 Abs. 5 Satz 1, 28 Abs. 4 VVG) explizit geregelt, dass auf Rechtsfolgen hingewiesen werden muss. Dass eine solche Regelung in § 186 Satz 1 VVG fehle, spreche gegen ein solches ungeschriebenes Erfordernis (sog. argumentum e contrario).
  4. Sinn und Zweck: Der Zweck des § 186 VVG sei es, zu verhindern, dass Versicherungsnehmer ihren Anspruch allein deshalb verlieren, weil sie die relevanten Fristen nicht kennen. Dieser Zweck werde bereits dadurch erreicht, dass der Versicherer über die Fristen selbst belehrt. Ein Versicherungsnehmer, der darauf hingewiesen wird, dass er bestimmte Handlungen (ärztliche Feststellung, Geltendmachung) innerhalb einer bestimmten Frist vornehmen muss, müsse nach allgemeinem Verständnis erkennen, dass die Missachtung solcher Fristen nachteilige Rechtsfolgen, insbesondere den Verlust des Anspruchs, haben kann.

Das OLG setzte sich damit bewusst von Teilen der juristischen Literatur ab, die einen Hinweis auf die Rechtsfolgen für erforderlich halten.

Zudem stellte das Gericht klar, dass die Belehrung korrekterweise nur gegenüber der Versicherungsnehmerin (der Ehefrau) erfolgen musste, nicht zusätzlich gegenüber dem mitversicherten Ehemann.

Kein treuwidriges Verhalten des Versicherers (§ 242 BGB)

Schließlich prüfte das OLG, ob es der Versicherung ausnahmsweise nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein könnte, sich auf den Fristablauf zu berufen. Ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten kann nach der Rechtsprechung des BGH dann vorliegen, wenn dem Versicherer bereits vor Fristablauf ärztliche Unterlagen vorliegen, die einen Dauerschaden zumindest nahelegen, und der Versicherer den Versicherungsnehmer pflichtwidrig nicht darauf hinweist, dass diese Unterlagen für eine fristwahrende Feststellung noch nicht ausreichen.

Ein solcher Ausnahmefall lag hier jedoch nicht vor. Die entscheidenden ärztlichen Berichte, die möglicherweise eine Invalidität belegen könnten (Arztbriefe vom Mai und August 2022), gingen bei der Versicherung erst lange nach Ablauf der 21-Monats-Frist ein. Die Versicherung hatte also innerhalb der Frist keine Kenntnis von Umständen, die sie zu einem weiteren Hinweis hätten veranlassen müssen.

Da der Hauptanspruch auf Invaliditätsleistungen somit nicht bestand, waren auch die Nebenforderungen (Zinsen und Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten) unbegründet. Folglich musste auch die Anschlussberufung der Versicherungsnehmerin zurückgewiesen werden.

Kostenentscheidung und Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), wonach die unterliegende Partei die Kosten trägt. Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von besonderer Bedeutung ist die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof. Das OLG Braunschweig begründete dies mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die zentrale Frage, ob eine Belehrung nach § 186 Satz 1 VVG zwingend auch einen Hinweis auf die Rechtsfolge der Fristversäumung (Anspruchsverlust) enthalten muss, sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Sie werde in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise offengelassen und in der juristischen Literatur unterschiedlich beantwortet. Damit liegt es nun am BGH, hier für endgültige Klarheit zu sorgen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Braunschweig entschied, dass Versicherer bei Unfallversicherungen in ihrer Fristbelehrung nach § 186 VVG nicht explizit vor dem drohenden Anspruchsverlust warnen müssen – ein bloßer Hinweis auf die einzuhaltenden Fristen ist ausreichend. Versicherungsnehmer müssen daher besonders aufmerksam sein, wenn in Versicherungsschreiben bestimmte Fristen genannt werden, da deren Nichteinhaltung zum vollständigen Verlust von Leistungsansprüchen führen kann, selbst wenn auf diese Konsequenz nicht ausdrücklich hingewiesen wird. Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für alle Versicherungsnehmer, da es die Anforderungen an Belehrungspflichten der Versicherer juristisch klärt und die Verantwortung für die Fristwahrung deutlich den Versicherten zuweist.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Fristen sind bei einer Unfallversicherung im Zusammenhang mit Invaliditätsleistungen zu beachten?

Bei einer privaten Unfallversicherung sind bestimmte Fristen sehr wichtig, wenn es um Invaliditätsleistungen geht. Invalidität liegt vor, wenn ein Unfall zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führt. Damit die Versicherung leistet, müssen bestimmte Zeitpunkte eingehalten werden.

Es gibt typischerweise zwei zentrale Fristen, die oft in den Versicherungsbedingungen (den sogenannten Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder AVB) Ihrer Unfallversicherung festgelegt sind:

  1. Die Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität: Innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Unfall muss ein Arzt feststellen und dokumentieren, dass eine unfallbedingte Invalidität vorliegt. Das bedeutet, der Arzt muss bestätigen, dass der Unfall eine voraussichtlich dauerhafte Schädigung verursacht hat.
  2. Die Frist für die Geltendmachung der Invalidität bei der Versicherung: Sie müssen die Invalidität innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Unfall bei Ihrem Versicherer melden und den Anspruch auf Invaliditätsleistung formell geltend machen.

Diese beiden Fristen laufen in der Regel parallel und haben oft dieselbe Länge. Eine weit verbreitete Frist in neueren Versicherungsverträgen beträgt 15 Monate ab dem Unfalltag. Das bedeutet: Innerhalb dieser 15 Monate muss die Invalidität ärztlich festgestellt worden sein UND Sie müssen den Invaliditätsanspruch bei Ihrer Versicherung angemeldet haben.

Warum sind diese Fristen wichtig? Wenn die ärztliche Feststellung oder die Geltendmachung bei der Versicherung nicht fristgerecht erfolgt, kann dies dazu führen, dass der Versicherer die Leistung verweigert. Die Einhaltung dieser Fristen ist entscheidend für Ihren Anspruch auf Invaliditätsleistungen.

Es ist sehr wichtig, die genauen Fristen in Ihrem individuellen Versicherungsvertrag zu prüfen, da diese von Versicherer zu Versicherer oder je nach altem oder neuem Vertrag leicht abweichen können. Die Versicherungsbedingungen sind die maßgebliche Quelle für diese Informationen.


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Was bedeutet eine Belehrung nach § 186 VVG und welche Informationen muss sie enthalten?

Eine Belehrung nach § 186 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist eine gesetzliche Pflicht des Versicherers, Sie als Versicherungsnehmer über bestimmte Regeln zu informieren, die nachdem ein Versicherungsfall (z.B. ein Schaden) eingetreten ist wichtig werden.

Sinn und Zweck der Belehrung

Stellen Sie sich vor, ein Schaden ist passiert, für den Ihre Versicherung zuständig sein könnte. Sie müssen nun bestimmte Dinge tun oder beachten, damit der Versicherer den Schaden regulieren kann. Das sind Ihre sogenannten Obliegenheiten im Leistungsfall. Damit Sie wissen, welche Pflichten das genau sind und, ganz wichtig, welche Folgen es hat, wenn Sie diese Pflichten nicht erfüllen, muss der Versicherer Sie laut § 186 VVG darüber aufklären. Die Belehrung soll also sicherstellen, dass Sie im Schadenfall über Ihre wichtigsten Handlungspflichten und die Konsequenzen bei deren Missachtung informiert sind.

Welche Informationen muss die Belehrung enthalten?

Die Belehrung muss Ihnen klar und verständlich mitteilen, welche Pflichten Sie erfüllen müssen, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist. Beispiele für solche Pflichten können sein:

  • Den Schaden innerhalb einer bestimmten Frist melden (z.B. sofort, innerhalb von drei Tagen).
  • Dem Versicherer bei der Aufklärung des Schadens helfen (z.B. Fragen beantworten, Unterlagen einreichen).
  • Den Schaden gering halten (z.B. Notmaßnahmen ergreifen).

Der entscheidende Punkt der Belehrung ist jedoch der Hinweis auf die Rechtsfolge, wenn Sie eine solche Pflicht im Leistungsfall schuldhaft nicht erfüllen. Der Versicherer muss Sie darauf hinweisen, dass die Nichtbeachtung dieser Pflichten dazu führen kann, dass Ihr Anspruch auf die Versicherungsleistung gekürzt wird oder unter Umständen sogar ganz entfällt.

Auch relevante Fristen zur Erfüllung dieser Pflichten sollten in der Belehrung genannt sein, sofern solche Fristen bestehen.

Form der Belehrung

Die Belehrung muss in Textform erfolgen. Das bedeutet, sie muss schriftlich vorliegen (z.B. in der Versicherungspolice, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen – AVB – oder in einem separaten Schreiben), sodass sie gelesen werden kann. Sie muss Ihnen zugänglich gemacht werden, damit Sie die Informationen erhalten können.

Warum ist diese Belehrung wichtig?

Für Sie als Versicherungsnehmer ist diese Belehrung entscheidend, weil sie Ihnen sagt, was Sie im Schadenfall tun müssen, um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Wenn eine gesetzlich vorgeschriebene Belehrung nach § 186 VVG fehlt oder fehlerhaft ist und Sie deshalb eine Pflicht nach dem Schadenfall nicht erfüllen, kann dies zur Folge haben, dass der Versicherer die Leistung nicht einfach kürzen oder verweigern darf, obwohl Sie eine Pflicht verletzt haben.


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Kann die Unfallversicherung Leistungen verweigern, wenn eine Frist versäumt wurde?

Ja, grundsätzlich kann eine Unfallversicherung unter bestimmten Umständen die Leistung verweigern, wenn eine im Versicherungsvertrag vereinbarte Frist versäumt wurde. Allerdings geschieht dies nicht automatisch und ist an strenge gesetzliche Regeln gebunden.

Versicherungsverträge enthalten oft Pflichten für den Versicherungsnehmer, sogenannte Obliegenheiten. Dazu gehört typischerweise, einen Unfall oder bestimmte Unfallfolgen, wie z.B. eine dauerhafte Beeinträchtigung (Invalidität), innerhalb bestimmter Fristen an die Versicherung zu melden oder ärztlich feststellen zu lassen. Wenn Sie eine solche Frist versäumen, kann das Konsequenzen haben.

Ob die Versicherung wegen einer Fristversäumnis wirklich die Zahlung verweigern darf, hängt aber von entscheidenden Faktoren ab:

  • Hat die Versicherung korrekt belehrt? Die Versicherung muss Sie bei Vertragsabschluss oder spätestens im Schadensfall klar und verständlich über die jeweilige Frist und die Rechtsfolgen informieren, die eintreten, wenn Sie die Frist versäumen. Wenn die Versicherung diese Belehrungspflicht verletzt hat, darf sie sich in der Regel nicht auf die versäumte Frist berufen, um die Leistung zu verweigern. Eine fehlende oder falsche Belehrung schützt Sie also oft vor den Nachteilen einer Fristversäumnis.
  • Trifft Sie ein Verschulden an der Versäumnis? Es ist wichtig, warum die Frist versäumt wurde. Wenn Sie die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt haben (z.B. weil Sie aufgrund der Unfallfolgen nicht handlungsfähig waren), darf die Versicherung die Leistung nicht verweigern. Auch bei leichter Fahrlässigkeit ist eine vollständige Leistungsverweigerung oft ausgeschlossen. Nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz (absichtliches Versäumen) ist eine Verweigerung durch die Versicherung grundsätzlich möglich.
  • Hat die Versäumnis die Prüfung beeinflusst? Selbst wenn Sie die Frist grob fahrlässig versäumt haben, darf die Versicherung die Leistung nicht verweigern, wenn das Versäumen der Frist die Möglichkeiten der Versicherung, den Anspruch zu prüfen oder die Höhe der Leistung festzustellen, nicht beeinträchtigt hat. Wenn der Unfall und seine Folgen trotz der versäumten Frist noch vollständig aufgeklärt werden können, kann die Versicherung die Fristversäumnis nicht als Grund für eine Leistungsverweigerung nutzen.

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das: Eine versäumte Frist ist ernst zu nehmen, führt aber nicht automatisch zum Verlust des Anspruchs. Ihre Versicherung muss Sie ordnungsgemäß über die Frist und die Folgen informiert haben, und die Versäumnis muss tatsächlich ihre Prüfungsmöglichkeiten erschwert haben (außer bei Vorsatz), damit eine Leistungsverweigerung rechtmäßig ist. Das Verschulden und die Auswirkungen der Fristversäumnis auf die Prüfung sind dabei sehr wichtige Aspekte.


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Welche Rolle spielen die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) bei der Festlegung von Fristen und Ansprüchen?

Die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen, kurz AUB, sind das Kleingedruckte in Ihrer Unfallversicherungspolice. Sie sind nicht einfach nur eine Beilage, sondern bilden die vertragliche Grundlage zwischen Ihnen als Versicherungsnehmer und dem Versicherer. Stellen Sie sich die AUB wie die Spielregeln Ihrer Versicherung vor.

Für Sie als Versicherungsnehmer sind die AUB deshalb so wichtig, weil sie ganz genau festlegen, wann und unter welchen Voraussetzungen der Versicherer leisten muss und welche Pflichten Sie haben. Ohne die AUB wüsste niemand, was im Versicherungsfall passieren soll.

Die AUB bestimmen insbesondere, welche Fristen Sie einhalten müssen. Das kann zum Beispiel die Frist sein, innerhalb derer Sie einen Unfall beim Versicherer melden müssen. Auch für die Geltendmachung von Ansprüchen, etwa nach einem dauerhaften Gesundheitsschaden, gibt es oft feste Fristen, die in den AUB geregelt sind. Wenn Sie diese Fristen nicht beachten, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass Ihr Anspruch verloren geht.

Weiter definieren die AUB sehr detailliert, welche Ereignisse als Unfall gelten und somit versichert sind. Sie legen fest, unter welchen Bedingungen Sie einen Leistungsanspruch haben, zum Beispiel bei einer Invalidität (dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit) und wie sich die Höhe der Leistung berechnet.

Genauso wichtig ist, dass die AUB auch die Ausschlüsse regeln. Darin steht, in welchen Fällen die Versicherung trotz eines Unfalls nicht zahlen muss. Das können zum Beispiel Unfälle bei bestimmten gefährlichen Sportarten oder Unfälle unter Einfluss von Alkohol sein. Diese Ausschlüsse sind ebenfalls verbindlicher Bestandteil des Versicherungsvertrags.

Kurz gesagt: Die AUB legen die Rechte und Pflichten beider Seiten (Versicherer und Versicherungsnehmer) fest. Sie bestimmen die Fristen, die einzuhalten sind, beschreiben die versicherten Leistungen und Ansprüche und listen die Situationen auf, die vom Versicherungsschutz ausgenommen sind. Das Verständnis der AUB ist daher entscheidend, um Ihre Versicherungspolice richtig einschätzen zu können.


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Was kann ich tun, wenn ich meine Frist verpasst habe und die Versicherung die Leistung verweigert?

Wenn Sie eine wichtige Frist bei Ihrer Versicherung versäumt haben und die Versicherung deshalb eine Leistung ablehnt, stehen Sie vor einer Herausforderung. Versicherungsverträge enthalten oft bestimmte Pflichten für Sie, sogenannte Obliegenheiten. Dazu gehört auch, dass Sie bestimmte Informationen innerhalb festgelegter Fristen an die Versicherung melden. Wenn Sie diese Fristen nicht einhalten, kann die Versicherung unter Umständen die Leistung kürzen oder ganz verweigern.

Allerdings ist die Situation nicht immer hoffnungslos. Es gibt verschiedene Punkte, die möglicherweise doch noch zu einer Leistung führen können:

  • Information der Versicherung über die Frist (Belehrung): Das Gesetz verlangt, dass Versicherungen Sie korrekt und verständlich über wichtige Fristen und die Folgen informieren, wenn Sie diese nicht einhalten. Wenn diese Information fehlerhaft, unvollständig oder gar nicht erfolgt ist, kann die Versicherung sich unter Umständen nicht auf die versäumte Frist berufen. Es lohnt sich also zu prüfen, wie und ob Sie über die Frist und ihre Konsequenzen informiert wurden.
  • Kein Nachteil für die Versicherung: Manchmal muss eine Versicherung auch dann leisten, wenn eine Frist versäumt wurde, aber der Versicherung durch Ihre Verspätung kein tatsächlicher Nachteil entstanden ist. Stellen Sie sich vor, Sie melden einen Schaden verspätet, aber die Versicherung kann den Schaden trotzdem noch vollständig und ohne zusätzliche Kosten überprüfen. In solchen Fällen kann die Versicherung die Leistung eventuell nicht verweigern, nur weil Sie zu spät waren. Hier kommt es auf die genauen Umstände des Einzelfalls an.
  • Kulanz: Auch wenn es keinen Rechtsanspruch darauf gibt, besteht in manchen Fällen die Möglichkeit, dass die Versicherung aus Kulanz, also aus freiwilliger Großzügigkeit, dennoch eine Leistung erbringt. Dies ist allerdings eine Einzelfallentscheidung der Versicherung.

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das: Auch wenn die Versicherung die Leistung zunächst ablehnt, weil Sie eine Frist verpasst haben, sollten Sie die genauen Gründe und die Vertragsbedingungen sowie die erhaltenen Informationen sorgfältig prüfen. Die rechtliche Wirksamkeit der Fristversäumung und die Folgen hängen oft von den spezifischen Umständen und den gesetzlichen Vorgaben zur Information des Versicherungsnehmers ab.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anspruchsverlust

Anspruchsverlust bedeutet, dass ein zuvor bestehender rechtlicher Anspruch – zum Beispiel auf Versicherungsleistungen – dauerhaft entfällt und nicht mehr durchgesetzt werden kann. Im Versicherungsrecht tritt ein Anspruchsverlust häufig ein, wenn vertraglich vereinbarte Fristen nicht eingehalten werden, etwa die Frist zur Meldung eines Schadens oder zur Feststellung einer Invalidität. Dadurch verliert der Versicherungsnehmer das Recht, die Versicherung zur Leistung zu verpflichten, selbst wenn ein versicherter Schaden vorliegt. Beispiel: Wenn ein Unfallopfer die vorgegebene Frist zur ärztlichen Dokumentation seiner Invalidität versäumt, kann die Versicherung die Zahlung verweigern, weil der Anspruch verloren gegangen ist.


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Belehrung nach § 186 VVG

Die Belehrung nach § 186 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) verpflichtet den Versicherer, den Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Versicherungsfalls schriftlich und verständlich über seine Pflichten sowie über bestehende Fristen zu informieren. Ziel ist, den Versicherungsnehmer vor einer unbeabsichtigten Pflichtverletzung zu schützen, die zu Leistungskürzungen oder Leistungsverweigerungen führen kann. Die Belehrung muss insbesondere die einzuhaltenden Fristen nennen, aber – wie hier vom OLG entschieden – nicht zwingend die Rechtsfolge des Anspruchsverlusts bei Fristversäumnis. Beispiel: Nach einem Unfall muss der Versicherer den Versicherten über die 21-monatige Frist für die ärztliche Feststellung und Geltendmachung der Invalidität informieren.


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Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB)

Die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) sind die vertraglichen Regelungen, die den Versicherungsvertrag für die Unfallversicherung inhaltlich ausgestalten. Sie legen insbesondere fest, welche Leistungen der Versicherer bei Unfallfolgen erbringt, welche Pflichten der Versicherungsnehmer hat und welche Fristen einzuhalten sind. Die AUB bilden somit die Grundlage dafür, wann und unter welchen Bedingungen eine Invaliditätsleistung beansprucht werden kann. Beispiel: In den AUB können Fristen bestimmt sein, innerhalb derer ein Arzt die Invalidität schriftlich bestätigen muss, damit der Anspruch auf Versicherungsleistung besteht.


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Fristversäumnis und Geltendmachungspflicht

Eine Fristversäumnis liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer eine im Versicherungsvertrag oder in den AUB festgelegte zeitliche Grenze nicht einhält, zum Beispiel die Pflicht zur fristgerechten Meldung eines Unfalls oder zur ärztlichen Feststellung der Invalidität. Die Geltendmachungspflicht bedeutet, dass der Versicherungsnehmer seinen Anspruch innerhalb der vereinbarten Frist beim Versicherer anmelden muss. Wird diese Pflicht verletzt, kann der Anspruch auf Invaliditätsleistung verloren gehen oder die Leistung verweigert werden, sofern der Versicherer ordnungsgemäß belehrt hat. Beispiel: Reicht der Versicherte den Antrag auf Invaliditätsleistung erst nach Ablauf der 21-Monatsfrist ein, kann die Versicherung die Zahlung ablehnen.


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Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, BGB) verpflichtet Vertragspartner, sich so zu verhalten, dass weder der andere Partner unbillig benachteiligt noch bereichernde Verhaltensweisen gezeigt werden. Im Versicherungsrecht kann dies bedeuten, dass ein Versicherer sich nicht rechtsmissbräuchlich auf eine Fristversäumnis berufen darf, wenn er vor Fristablauf über wichtige Umstände wusste und den Versicherungsnehmer nicht auf notwendige Maßnahmen hingewiesen hat. Beispiel: Wenn die Versicherung frühzeitig von einem dauerhaften Gesundheitsschaden Kenntnis hat, aber nicht darauf hinweist, dass die ärztliche Feststellung noch fehlte, wäre das ein Verstoß gegen Treu und Glauben und kann eine Leistungsverweigerung unzulässig machen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 186 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt die Belehrungspflicht des Versicherers über Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen. Der Versicherer muss den Versicherungsnehmer ausdrücklich über einzuhaltende Fristen informieren, um einen Anspruch auf Leistungen nicht zu verlieren, jedoch nicht zwingend über die Konsequenzen bei Fristversäumnis. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Braunschweig entschied, dass die Belehrung der Versicherung ausreichend war, auch ohne expliziten Hinweis auf den Anspruchsverlust bei Fristversäumnis, sodass die Versicherung die Leistung berechtigt ablehnen konnte.
  • § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Bezieht sich auf das Transparenzgebot bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Klauseln müssen klar und verständlich formuliert sein, damit Verbraucher ihre Rechte und Pflichten erkennen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bestätigte die Wirksamkeit der Fristenregelungen in den Versicherungsbedingungen, da diese klar und nachvollziehbar formuliert sind und somit nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Verlangt ein Verhalten, das nach den allgemeinen Grundsätzen von Fairness und Redlichkeit zu beurteilen ist. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kann dem Rechtsinhaber den Rückgriff auf ein Recht verwehren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG verneinte eine treuwidrige Rechtsausübung seitens der Versicherung, da diese keine ausreichenden Hinweise vor Fristablauf unterließ und erst nach Ablauf der Frist medizinische Dokumente erhielt.
  • Ziff. 2.1.1.1 Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) und Ziff. 26 Zusatzbedingungen M. Classic 2007: Diese vertraglichen Regelungen bestimmen die Fristen für die Feststellung und Geltendmachung des Invaliditätsanspruchs. Die Invalidität muss innerhalb von 15 Monaten eintreten und innerhalb von 21 Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die vereinbarten Fristen wurden nicht eingehalten; somit entfällt der Anspruch des Ehemanns auf Invaliditätsleistungen aus dem Versicherungsschutz.
  • § 91 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt die Kostenverteilung, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Klage abgewiesen wurde, muss die Versicherungsnehmerin als unterlegene Partei die gesamten Prozesskosten beider Instanzen tragen.
  • § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO: Erlaubt die Zulassung der Revision bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, um die ungeklärte Frage der Belehrungspflicht nach § 186 Satz 1 VVG höchstrichterlich klären zu lassen.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Braunschweig – Az.: 11 U 11/23 – Urteil vom 12.02.2025


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