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Unfallversicherung – Anspruchsvoraussetzung ärztliche Invaliditätsfeststellung

LG Erfurt – Az.: 8 O 53/21 – Urteil vom 09.12.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte in erster Linie Versicherungsleistungen wegen Invalidität geltend.

Zwischen den Parteien besteht seit 1999 eine Unfallversicherung, der die Bedingungen AM-AUB 97 zugrunde liegen. Der im Jahr 1944 geborene Kläger leidet unter Diabetes mellitus Typ 2 und an etlichen weiteren Erkrankungen.

Der Kläger behauptet, am 25. September 2018 einen Arbeitsunfall – mit der Folge einer Invalidität – erlitten zu haben. Beim Arbeiten sei ihm eine Holzpalette auf den linken Fuß gefallen. In der Folge habe der linke große Zeh amputiert werden müssen. Hieraus ergebe sich eine Invalidität, die zu einer Entschädigung berechtige.

Mit Schreiben vom 28. März 2019 wandte sich der Kläger an die Versicherung:

„Im Zeitraum vom 26.06. – 31.12.2018 war ich … bei der Firma … als Lagerarbeiter angestellt. Bei der Umlagerung von EU Paletten … fiel mir eine Palette aus einer Höhe von 1,70 m auf den linken Fuß. Da ich die vorgeschriebenen Arbeitsschutzschuhe trug, bemerkte ich zu diesem Zeitpunkt keine Verletzung am Fuß. Natürlich meldete ich diesen Unfall meinem Vorarbeiter und dem Chef. Nach ca. 3 Wochen bemerkte ich eine kleine Wunde am linken großen Zeh. Ich begab mich sofort in ärztliche Behandlung bei meinem Hausarzt … Im Zeitraum vom 07.01. – 04.03.2019 lag ich im Krankenhaus Blankenhain. In dieser Zeit erfolgten zwei Operationen und der große Zeh am linken Fuß musste amputiert werden.“

Diesem Schreiben lagen zwei Arztberichte bei, die der Kläger jedenfalls in der Gesamtschau als ärztliche Invaliditätsfeststellung ansieht, nämlich ein Bericht des Klinikums Weimar vom 2. November 2018 und vor allem ein „Vorläufiger Entlassungsbrief“ der Helios Klinik Blankenhain vom 30. Januar 2019.

Zusätzliche ärztliche Berichte und Atteste wurden weder zur Akte gereicht noch in sonstiger Weise in den Prozess eingeführt.

Mit Schreiben vom 15. April 2019 teilte die Beklagte dem Kläger mit, man könne keine Leistung aus Unfallversicherung zahlen, dies mit folgender Begründung:

„Denn nach den Untersuchungsunterlagen wurden Sie wegen einer Erkrankung behandelt, die nicht im Zusammenhang mit einem Unfall steht. Sie geben an, ca. 3 Wochen nach dem Ereignis eine Wunde bemerkt zu haben. Dies kann nicht als unfallbedingt angesehen werden. Die Behandlung im Krankenhaus erfolgte aufgrund des diabetischen Fußsyndroms.“

Weitere Schritte ergriff die Beklagte nicht. Belehrungen im Sinne des § 186 VVG erfolgten zu keinem Zeitpunkt.

Neben der Invaliditätsentschädigung macht der Kläger noch Krankenhaustagegeld für zwei stationäre Aufenthalte in Höhe von 982,08 € und Genesungsgeld in Höhe von 429,66 € geltend.

Der Kläger beantragt mit seiner am 11. Februar 2021 zugestellten Klage, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.072,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15. April 2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 557,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise beantragt er mit Schriftsatz vom 24. August 2021:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Jahresrente von 635,54 €, fällig in vier Tranchen à 158,88 €, erstmals fällig zum 1. April 2019, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 2. April 2019 und fortlaufend jeweils fällig zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober jeden Jahres bis zum Ableben zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.411,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. April 2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet den Unfall, das Vorliegen unfallbedingter Dauerbeeinträchtigungen, die Bemessung der Invalidität und die Voraussetzungen des Krankenhaustagegeldes oder sonstiger Ansprüche.

Für eine Invaliditätsentschädigung fehle es an einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung. Die ärztlichen Maßnahmen und Behandlungen sowie die ambulante und stationäre Versorgung gingen auf ein – unfallunabhängiges – diabetisches Fußsyndrom zurück, wie sich aus den vorgelegten Attesten ergebe. Dies gelte auch für die Amputation der linken großen Zehe.

Der Kläger könne aufgrund seines Alters eine etwaige Invaliditätsleistung nicht als Kapitalbetrag, vielmehr nur als Rente beanspruchen.

Mit Blick auf das Tagegeld beruft sich die Beklagte auf den Ausschluss nach § 2 II (3) AM-AUB 97. Der Kläger habe sich aufgrund einer Infektion in stationärer Behandlung befunden. Hilfsweise wendet die Beklagte mitwirkende Vorerkrankungen oder Gebrechen gemäß § 8 AM-AUB 97 ein.

Wegen sämtlicher Einzelheiten des Vorbringens der Parteien, vor allem zur Invalidität und der Berechnung der Ansprüche des Klägers, wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Haupt- wie Hilfsantrag unbegründet.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte auf der Grundlage des Versicherungsvertrages in Verbindung mit§§1 S. 1, 178 Abs. 1 VVG, § 7 I AM-AUB 97 weder eine Invaliditätsentschädigung noch Krankenhaustagegeld oder sonstige Leistungen zu.

1.

Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf eine Invaliditätsleistung, weder als Einmalbetrag noch als Rentenzahlung.

Es kann offenbleiben, ob der Kläger am 25. September 2018 tatsächlich einen Unfall erlitten hat und ob sich hieraus eine Invalidität ergibt.

Es fehlt nämlich an einer wesentlichen vertraglichen Anspruchsvoraussetzung, d. h. an einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung. Die vorgerichtlich erbrachten Atteste und Unterlagen genügen den inhaltlichen Anforderungen an eine solche Feststellung nicht. Im Zuge des Rechtsstreites wurde keine weitere Bescheinigung vorgelegt. Selbst wenn sich die Beklagte wegen fehlender Hinweise im Sinne des § 186 VVG nicht auf eine Fristversäumnis berufen könnte, wäre der Mangel einer ärztlichen Invaliditätsfeststellung bis heute nicht geheilt.

Im Einzelnen:

a) Die wirksam in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen – AM-AUB 97 – sehen in § 7 Invaliditätsleistungen vor:

„Die Invalidität muß innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht sein.“

Zur den Anforderungen an die ärztliche Invaliditätsfeststellung hat der Bundesgerichtshof in seiner Leitentscheidung aus dem Jahr 2007 ausgeführt (BGH, Urteil vom 7. März 2007 – IV ZR 137/06, juris Rn. 11):

„Aus der Invaliditätsfeststellung müssen sich .. die ärztlicherseits dafür angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkungen ergeben. Denn die Invaliditätsbescheinigung soll dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich soll sie eine Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar sind und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen will … Deshalb können nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein.“

Mit einer Entscheidung aus 2015 präzisierte der Bundesgerichtshof diese Anforderungen (BGH, Urteil vom 1. April 2015 – IV ZR 104/13, juris Leitsatz):

„Die fristgebundene ärztliche Invaliditätsfeststellung muss die Schädigung sowie den Bereich, auf den sich diese auswirkt, ferner die Ursachen, auf denen der Dauerschaden beruht, so umreißen, dass der Versicherer bei seiner Leistungsprüfung vor der späteren Geltendmachung völlig anderer Gebrechen oder Invaliditätsursachen geschützt wird und stattdessen den medizinischen Bereich erkennen kann, auf den sich die Prüfung seiner Leistungsverpflichtung erstrecken muss.“

Zusammengefasst muss sich eine ärztliche Invaliditätsfeststellung eindeutig zum Vorliegen eines Dauerschadens und auch zu einer Kausalität in Bezug auf das konkrete versicherte Ereignis verhalten (Kloth, jurisPR-VersR 11/2021 Anm. 5; s. auch aktuell OLG Frankfurt, Urteil vom 17. November 2021 – 7 U 24/20, juris Rn. 23).

b) Im Lichte dieser vertraglichen Grundlagen und rechtlichen Maßstäbe wie Leitlinien fehlt es vorliegend an einer ärztlichen Feststellung der Invalidität. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich insbesondere kein unfallbedingter Dauerschaden.

aa) Dies gilt zunächst für den vom Kläger maßgeblich herangezogenen Entlassungsbrief der Helios Klinik Blankenhain vom 30. Januar 2019. Darin ist von einer Invalidität oder unfallbedingten Dauerschäden weder ausdrücklich noch umschrieben die Rede. Es fehlt somit bereits an einer Feststellung einer Invalidität. Konsequenter Weise mangelt es auch an allen weiteren inhaltlichen Anforderungen, wie etwa an der für eine Invalidität angenommenen Ursache.

Vielmehr werden maßgeblich ein diabetisches Fußsyndrom mit infiziertem Ulkus am DI linksseitig und zahlreiche weitere (Vor)Erkrankungen diagnostiziert, bei denen ein Zusammenhang mit dem behaupteten Unfall nicht hergestellt wird und auch nicht ersichtlich ist. Im Vordergrund steht die Behandlung wegen Diabetes und deren Folgen.

Weiter wird das Unfallgeschehen in diesem Entlassungsbericht nicht einmal erwähnt, auch nicht in der Anamnese oder unter dem Aufnahmebefund. In der Anamnese wird lediglich eine vorangegangene Wundbehandlung bei Ulceration erwähnt. Im Aufnahmebefund ist von folgendem „Wundbefund bei Aufnahme“ die Rede: „Offenes diab. Fußsyndrom Dig 1 li.“ Dies wird am Ende des Berichts unter „Verlauf“ bestätigt: „Es präsentierte sich das Bild eines diabetischen Fußsyndroms mit infiziertem Ulkus …“

bb) Auch in dem vom Kläger hilfsweise angeführten Arztbrief des Weimarer Klinikums vom 2. November 2018 liegt keine ärztliche Invaliditätsfeststellung, wovon wohl auch der Kläger selbst ausgeht. Dort ist zwar von einem traumatisch bedingten Ulcus die Rede. Weiter ist aufgenommen, der Patient habe angegeben, ihm wäre eine Europalette auf die linke Großzehe gefallen. Jedoch fehlt es auch hier an der Angabe einer unfallbedingten dauerhaften Beeinträchtigung.

c) Der Kläger vermag sich auch nicht auf die tatsächlich erfolgte Amputation der linken großen Zehe und eine hieraus ohne weiteres ersichtliche Dauerschädigung und Invalidität zu berufen.

Zwar entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass die Angabe und Mitteilung gravierender unfallbedingter (!) Schädigungen und Verletzungen im Einzelfall genügen kann, wenn sich hieraus für die Versicherung ohne weiteres eine Invalidität ergibt.

Es kann dabei dahinstehen, ob die Amputation einer Zehe an solche außerordentlichen Schäden und Beeinträchtigen heranreicht. Es liegt nicht auf der Hand, dass die Amputation einer Zehe eo ipso zu einer erheblichen Invalidität führt.

Für diese Ausnahmekonstellation muss jedoch in jedem Fall ein kausaler Zusammenhang zum Unfallgeschehen ersichtlich sein. Hieran fehlt es. Der Kläger stellt einen solchen Zusammenhang in seinem Mitteilungsschreibern vom März 2019 nicht her. In dem Entlassungsbericht wird lediglich ein Zehenamputat vom 10. Januar 2019, d. h. lange nach dem Unfall, aufgeführt, ohne jeden Bezug zu irgendwelchen traumatischen Einwirkungen von außen.

d) Dem Kläger hilft es schließlich aus mehreren Gründen nicht weiter, dass ihn die Beklagte wohl zu keinem Zeitpunkt nach § 186 VVG auf die vertraglich vorgesehenen Fristen und die Folgen einer Fristversäumnis hingewiesen hat.

aa) Die rudimentäre Mitteilung des Klägers vom 28. März 2019 und die übermittelten Arztberichte lösten bereits keine Hinweispflicht gemäß § 186 VVG aus. Seinem Schreiben und den von ihm vorgelegten Unterlagen ließ sich nämlich nur entnehmen, dass er ambulant und stationär aufgrund eines diabetischen Fußsyndroms behandelt werden musste. Der Kläger erwähnt zwei Operationen und die Amputation, ohne einen Bezug zum Unfallgeschehen vom 15. September 2018 herzustellen:

„Im Zeitraum vom 07.01. – 04.03.2019 lag ich im Krankenhaus Blankenhain. In dieser Zeit erfolgten zwei Operationen und der große Zeh am linken Fuß musste amputiert werden.“

Ein Zusammenhang mit dem erwähnten Unfall und erst recht eine auf dem Unfall beruhende mögliche Invalidität waren für die Beklagte somit nicht erkennbar. Es würde ihre Sorgfaltspflichten überspannen, diverse Informationen aus unterschiedlichen Unterlagen puzzleartig zusammenzusetzen, um hieraus auf eine mögliche unfallbedingte Dauerschädigung zu folgern (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 17. November 2021 – 7 U 24/20, juris Rn. 24). Im Gegenteil lag es auf der Hand, dass sich der 1944 geborene und unter zahlreichen Erkrankungen leidende Kläger nicht aufgrund des geschilderten Geschehens – Herabfallen einer Holzpalette auf einen geschützten Fuß ohne äußerliche Wundmerkmale – im Krankenhaus befand und dort gleich zweifach operiert werden musste.

Auf Seiten der Beklagten erfolgte konsequenterweise keine weitere Sachprüfung. Sie sah sich zu Recht weder zur weiteren Prüfung einer etwaigen Einstandspflicht noch zu einer Begutachtung veranlasst. Vor diesem Hintergrund war die Versicherung auch nicht dazu verpflichtet, weitere Hinweise zu erteilen.

bb) Darüber hinaus und entscheidend mangelt es bis heute an einer ärztlichen Feststellung einer unfallbedingten Invalidität, d. h. an einer von Amts wegen zu prüfenden Anspruchsvoraussetzung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – IV ZR 73/18, VersR 2019, 931, juris; BGH, Urteil vom 30. November 2005 – IV ZR 154/04, VersR 2006, 352, juris; s. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. März 2019 – 11 U 107/16, juris Rn. 2). Selbst wenn sich eine Versicherung – wegen fehlender oder mangelhafter Belehrung im Sinne des § 186 VVG oder aus § 242 BGB – im Einzelfall nicht auf eine Fristversäumnis berufen könnte, bedarf es doch stets einer tragfähigen und zureichenden ärztlichen Invaliditätsfeststellung. Ein etwaiger Verstoß des Versicherers gegen Hinweispflichten führt nicht dazu, dass auf diese wesentliche Anspruchsvoraussetzung verzichtet würde (s. auch Kloth, jurisPR-VersR 11/2021 Anm. 5).

Entgegen missverständlicher Äußerungen in der Literatur wird bei einer fehlenden, fehlerhaften oder verspäteten Belehrung die fehlende Anspruchsvoraussetzung nicht etwa „fingiert“. Die ärztliche Feststellung ist nicht ersetzbar. Für eine nachträgliche „Heilung“ bedarf es in jedem Fall – spätestens im Zuge des Prozesses – der Nachreichung einer zureichenden ärztlichen Bescheinigung (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 30. Juli 2021 – 4 U 1149/20, juris Rn. 37).

Bis zum Ende der mündlichen Verhandlung bzw. im darauffolgenden schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO hat der Kläger aber kein ärztliches Zeugnis vorgelegt und in den Prozess eingeführt, das den inhaltlichen Anforderungen gerecht würde. Der anwaltlich vertretene Kläger wurde mehrfach auf die fehlende ärztliche Feststellung hingewiesen, bereits durch die Beklagte in der Klageerwiderung („Im Streitfall liegt bis heute keine ärztliche Invaliditätsfeststellung vor“) und sodann mit der Terminsladung durch das Gericht:

„Der Kläger wird darauf hingewiesen dass seine Klage erheblichen Hürden und Einwänden begegnet … Insbesondere ist eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität nicht vorgelegt! Dies wirkt bereits anspruchsausschließend.“

In der mündlichen Verhandlung stand diese Problematik schließlich im Mittelpunkt.

e) Schließlich kann der Streit dahinstehen, ob es – mangels entsprechender Regelung in den Versicherungsbedingungen wie hier – eines schriftlichen Attestes bedürfte oder ob mündliche Erklärungen eines Arztes genügten. Weiter kann offenbleiben, ob im Falle bloßer Mündlichkeit das Beweisangebot der Vernehmung des Arztes ausreichte und ob sodann Beweis durch Zeugenvernehmung zu erheben wäre.

Der Kläger hat nämlich keinen entsprechenden Zeugenbeweis für eine unfallbedingte Invalidität angeboten. Soweit er in der Klageschrift den behandelnden Arzt der Helios Klinik Blankenhain als Zeugen anführt, erstreckt sich dies nur darauf, dass das diabetische Fußsyndrom durch die aus dem Arbeitsunfall entstandene Prellung der großen Zehe hervorgerufen worden sei. Hiermit ist jedoch gerade nicht die Feststellung unfallbedingter Dauerschäden verbunden.

Dies gilt auch für den Beweisantritt in der Replik, wonach der Kläger dem behandelnden Arzt und Operateur in Blankenhain die Umstände – das Unfallereignis – geschildert habe.

2.

Dem Kläger steht auch das geltend gemachte Krankenhaustagegeld in Höhe von 982,08 € – für zwei Krankenhausaufenthalte – nicht zu. Gemäß § 7 IV AM-AUB 97 besteht ein solcher Anspruch nur, wenn sich der Versicherte wegen des Unfalls in medizinisch notwendiger vollstationärer Heilbehandlung befindet. Der Kläger war jedoch nicht wegen des behaupteten Unfallgeschehens, vielmehr aufgrund und wegen eines diabetischen Fußsyndroms in stationärer Behandlung.

Ein Leistungsausschluss gemäß § 2 II (3) AM-AUB 97 tritt hinzu. Hiernach fallen Infektionen grundsätzlich nicht unter den Versicherungsschutz. Eine Mitwirkung genügt. Dem Entlassungsbrief vom 30. Januar 2019 sind mehrfach Infektionen des Fußes zu entnehmen.

Dem Kläger gelingt auch nicht der Nachweis eines Wiedereinschlusses gemäß § 2 II (3) Satz 1 AM-AUB 97. Durch das vom Kläger geschilderte Geschehen vom 25. September 2018 – Herabfallen einer Holzpalette auf die linke Fußspitze – trat keine äußerliche Wunde auf. In der Klageschrift ließ der Kläger hierzu vortragen, der Aufprall der Palette habe „keine äußerliche Wunde“ hinterlassen, so dass er seine Arbeit fortsetzen konnte. In seiner Replik gab er an, die Prellung sei durch Rötung deutlich zu sehen gewesen, ebenso wie eine „kleine Hautabschürfung“.

Derartige geringfügige Hautverletzungen sind von dem Wiedereinschluss ausdrücklich nicht erfasst (vgl. § 2 II (3) Satz 2 AM-AUB 97).

Für ein Genesungsgeld fehlt es an jedwedem Vortrag.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, während sich der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO ergibt.

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