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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort für den Eintritt des Versicherungsfall und Leistungspflicht

Unfall, dann Fahrerflucht: Für viele Autofahrer scheint danach der Versicherungsschutz passé. Doch in einem Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm nahm die Geschichte eine überraschende Wendung. Das Gericht entschied: Trotz des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und anderer Pflichtverletzungen musste die Kfz-Versicherung den Schaden begleichen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 U 188/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Hamm
  • Datum: 28.02.2018
  • Aktenzeichen: I-20 U 188/17
  • Verfahrensart: Beschluss im Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Rechtsnachfolgerin des Versicherungsnehmers
  • Beklagte: Der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Versicherungsnehmer verursachte mit seinem Fahrzeug einen Unfall mit Sachschaden an einem geparkten Auto. Nach kurzer Wartezeit entfernte er sich vom Unfallort. Er wurde kurz darauf von der Polizei ausfindig gemacht und räumte die Schuld ein. Später füllte er einen Schadensbericht unvollständig aus. Die Rechtsnachfolgerin forderte vom Versicherer die Übernahme des Schadens.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf Versicherungsleistungen verliert, weil er den Unfallort unerlaubt verließ und die Schadensanzeige unvollständig ausfüllte, obwohl die Polizei ihn schnell fand. Entscheidend war, ob dem Versicherer dadurch Nachteile entstanden und ob der Versicherungsnehmer arglistig handelte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht beabsichtigt, die Berufung des Versicherers größtenteils zurückzuweisen. Damit wird die Entscheidung des Landgerichts bestätigt, wonach der Versicherer den größten Teil des Schadens zahlen muss und seine Widerklage abgewiesen wird. Lediglich bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten wird die Entscheidung des Landgerichts zu Gunsten des Versicherers leicht korrigiert.
  • Begründung: Das Gericht sah zwar Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers (unerlaubtes Entfernen, unvollständige Anzeige), die auch vorsätzlich waren. Jedoch hat dessen Rechtsnachfolgerin bewiesen, dass dem Versicherer dadurch keine Nachteile entstanden sind (z.B. bei der Feststellung von Schuld oder möglichen Faktoren wie Alkohol), da der Fahrer schnell gefunden wurde und keine Hinweise auf relevante Umstände übersehen wurden. Der Versicherer konnte zudem nicht beweisen, dass der Versicherungsnehmer arglistig handelte.
  • Folgen: Der Kfz-Haftpflichtversicherer muss den Großteil des vom Landgericht zugesprochenen Schadensbetrages bezahlen. Seine Widerklage, mit der er Geld forderte, wird abgewiesen. Der Versicherer muss weniger für die vorgerichtlichen Anwaltskosten zahlen als vom Landgericht zunächst entschieden.

Der Fall vor Gericht


OLG Hamm: Versicherungsschutz trotz Fahrerflucht und unvollständiger Schadensmeldung – Erfolgreicher Kausalitätsbeweis des Versicherungsnehmers

Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az.: I-20 U 188/17) vom 28. Februar 2018 bringt Klarheit in einem komplexen Fall der Kfz-Haftpflichtversicherung.

Ein flüchtender Autofahrer verlässt eine beschädigte Parkposition während des Arbeitstages, Zeugen beobachtet.
Autofahrer flüchtet nach Unfall mit geparktem Auto | Polizei, Schadensmeldung, Fahrerflucht erkannt. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Kern ging es um die Frage, ob ein Autofahrer seinen Versicherungsschutz verliert, wenn er nach einem selbstverschuldeten Unfall Fahrerflucht begeht und die Schadensmeldung unvollständig ausfüllt. Das Gericht entschied zugunsten der Rechtsnachfolgerin des Unfallfahrers und bestätigte, dass die Versicherung trotz dieser Pflichtverletzungen leisten muss, da nachgewiesen werden konnte, dass der Versicherung hierdurch keine Nachteile bei der Schadensaufklärung entstanden sind.

Der Unfallhergang und die unmittelbaren Folgen: Fahrerflucht und polizeiliche Ermittlungen

Der Fall begann mit einem Verkehrsunfall an einem Werktag zur Mittagszeit. Der spätere Versicherungsnehmer, dessen Interessen nun von seiner Rechtsnachfolgerin vertreten wurden, verursachte mit seinem Fahrzeug einen Schaden an einem geparkten Auto. Anstatt jedoch die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen oder die Polizei zu rufen, wartete der Fahrer nach eigenen Angaben nur etwa eine halbe Stunde am Unfallort und entfernte sich dann unerlaubt. Eine Nachbarin hatte den Vorfall beobachtet. Die alarmierte Polizei konnte den flüchtigen Fahrer jedoch relativ kurze Zeit später in der Nähe seiner Wohnung ausfindig machen. Gegenüber den Polizeibeamten räumte der Fahrer seine alleinige Verantwortung für den Unfall umgehend ein. In der Folge wurde gegen ihn ein Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Absatz 1 Strafgesetzbuch (StGB) erlassen. Später füllte der Fahrer einen Schadensbericht für seine Kfz-Haftpflichtversicherung aus, ließ dabei jedoch einige Fragen unbeantwortet.

Der Streit um den Versicherungsschutz: Pflichtverletzungen und Leistungsverweigerung der Versicherung

Die Rechtsnachfolgerin des inzwischen verstorbenen Fahrers forderte von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung die Übernahme der entstandenen Unfallschäden in Höhe von zuletzt 7.225,49 Euro sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Versicherung verweigerte jedoch die Leistung vollständig. Sie berief sich darauf, dass der Fahrer seine vertraglichen Pflichten, sogenannte Obliegenheiten, verletzt habe. Konkret warf sie ihm das unerlaubte Entfernen vom Unfallort und die unvollständige Ausfüllung der Schadensanzeige vor. Die Versicherung erhob zudem eine Widerklage.

Das Landgericht, als erste Instanz, gab der Klage der Rechtsnachfolgerin überwiegend statt und verurteilte die Versicherung zur Zahlung von 4.750,66 Euro (nach Abzug nicht ersatzfähiger Reparaturkosten für die Lenksäule). Die Widerklage der Versicherung wies das Landgericht ab. Bezüglich der Anwaltskosten wurde die Versicherung zur Freistellung in Höhe von 376,52 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil legte die Kfz-Versicherung Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein.

Die Entscheidung des OLG Hamm: Berufung der Versicherung weitgehend erfolglos

Das Oberlandesgericht Hamm kündigte in einem Hinweisbeschluss nach § 522 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) an, die Berufung der Kfz-Versicherung als im Wesentlichen aussichtslos zurückzuweisen. Das Gericht teilte die einstimmige Überzeugung, dass das Urteil des Landgerichts in den entscheidenden Punkten Bestand haben würde.
Konkret bedeutet dies für die Beteiligten:

  1. Die Verurteilung der Versicherung zur Zahlung von 4.750,66 Euro für den Unfallschaden wurde als rechtmäßig erachtet und würde voraussichtlich bestätigt.
  2. Auch die Abweisung der Widerklage der Versicherung durch das Landgericht würde voraussichtlich Bestand haben.
  3. Lediglich in einem geringfügigen Punkt sah das OLG Hamm die Berufung der Versicherung als begründet an: bei der Höhe der zu erstattenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Hier konnte die Rechtsnachfolgerin des Fahrers nur eine Freistellung in Höhe von 258,17 Euro beanspruchen, anstatt der vom Landgericht zugesprochenen 376,52 Euro. Die Differenz betrug somit 114,39 Euro.

Die detaillierte Begründung des OLG Hamm: Obliegenheitsverletzungen, Kausalitätsgegenbeweis und fehlende Arglist

Das OLG Hamm schloss sich der Auffassung des Landgerichts an, dass der verstorbene Fahrer tatsächlich zwei Pflichten aus den Allgemeinen Kraftfahrt-Versicherungsbedingungen (AKB 2008) verletzt hatte:

Erstens lag ein Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (gemäß Klausel E.1.6 AKB 2008) vor. Diese Klausel verpflichtet den Fahrer, am Unfallort zu warten, um die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen. Selbst wenn man diese Klausel so interpretiert, dass sie lediglich die strafrechtliche Wartepflicht aus § 142 StGB in das Versicherungsverhältnis überträgt, hat der Fahrer diese Pflicht verletzt. Eine Wartezeit von nur etwa einer halben Stunde an einem Werktag zur Mittagszeit – einem Zeitpunkt, an dem mit feststellungsbereiten Personen zu rechnen war und das Geschehen zudem beobachtet wurde – reichte hierfür nicht aus. Der ergangene Strafbefehl bestätigte diese Einschätzung.

Zweitens stellte auch die unvollständige Beantwortung einzelner Fragen im Schadensberichtsvordruck eine Obliegenheitsverletzung dar.

Das Gericht stellte zudem fest, dass der Fahrer diese beiden Pflichtverletzungen vorsätzlich begangen hatte, was für die Anwendung der Klausel E.8.1 AKB 2008 relevant ist, die bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen grundsätzlich zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen kann.

Der entscheidende Kausalitätsgegenbeweis durch die Rechtsnachfolgerin des Fahrers

Trotz der festgestellten vorsätzlichen Pflichtverletzungen kam das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass die Versicherung dennoch zur Leistung verpflichtet bleibt. Dies liegt an der Klausel E.8.2 Satz 1 AKB 2008, die dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit des sogenannten Kausalitätsgegenbeweises einräumt. Gelingt dieser Nachweis, muss der Versicherer leisten. Der Versicherungsnehmer muss hierfür beweisen, dass die Pflichtverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war.

Das OLG Hamm sah diesen Kausalitätsgegenbeweis als erbracht an. Dies bedeutet, es muss sicher sein, dass der Versicherung keine Nachteile bei der Feststellung des Sachverhalts entstanden sind – die Feststellungen also im Ergebnis nicht anders (günstiger für die Versicherung) ausgefallen wären. Zwar sind an den Nachweis einer solchen negativen Tatsache hohe Anforderungen zu stellen, es ist jedoch nicht erforderlich, jede nur denktheoretisch mögliche oder ins Blaue hinein aufgestellte Sachverhaltsvariante auszuschließen.

Bezogen auf die unvollständige Schadensanzeige argumentierte das Gericht, dass diese Pflichtverletzung folgenlos geblieben sei und zu keinen Feststellungsnachteilen geführt habe. Die Versicherung hatte die relevanten Informationen – insbesondere das unerlaubte Entfernen vom Unfallort und die polizeiliche Ermittlung des Fahrers als Unfallverursacher – ohnehin auf anderem Wege erlangt. Eine Kausalität fehlt, wenn die Informationen dem Versicherer ohnehin zugänglich waren.

Auch hinsichtlich der Fahrerflucht gelang der Kausalitätsgegenbeweis:

  • Schuldfrage und Haftungsquote: Nachteile bei der Klärung der Schuldfrage waren ausgeschlossen, da der Fahrer seine alleinige Unfallverursachung sofort nach dem Aufgreifen durch die Polizei eingeräumt hatte. Auch Nachteile bezüglich einer möglichen Mithaftung des Unfallgegners konnten nicht entstehen, da dessen geparktes Fahrzeug den Unfall ersichtlich als unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Absatz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) traf.
  • Mögliche Alkoholisierung des Fahrers: Die Versicherung hatte argumentiert, dass durch die Fahrerflucht eine mögliche Alkoholisierung des Fahrers nicht mehr unmittelbar nach dem Unfall hätte festgestellt werden können, was einen hypothetischen Feststellungsnachteil darstelle. Dieses Argument überzeugte das Gericht nicht. Der Fahrer wurde relativ kurz nach dem Unfall von der Polizei angetroffen. Die Beamten trafen offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung, da sie sonst entsprechende Feststellungen getroffen hätten (z.B. Atemalkoholtest, Blutprobe). Die rein theoretische Möglichkeit, dass eine vorhandene Alkoholisierung in der kurzen Zeit bis zum Eintreffen der Polizei so weit abgebaut wurde, dass die Polizei keine Anzeichen mehr feststellte, reichte ohne konkrete Anhaltspunkte nicht aus. Gegen eine Alkoholisierung sprachen zudem der Unfallzeitpunkt (Werktag, Mittagszeit) und das Fehlen jeglicher Hinweise auf Alkoholprobleme des Fahrers oder den Besuch einer Veranstaltung, bei der typischerweise Alkohol konsumiert wird. Das Gericht betonte, dass die Annahme einer „gewissen Wahrscheinlichkeit“ für eine Alkoholisierung bei jedem unerlaubten Entfernen vom Unfallort zu weit ginge und die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises bei dieser Art von Pflichtverletzung weitestgehend leerlaufen lassen würde.

Kein Nachweis von Arglist seitens des Fahrers

Die Möglichkeit der Rechtsnachfolgerin, den Kausalitätsgegenbeweis zu führen, entfiel auch nicht wegen Arglist des Fahrers (gemäß E.8.2 Satz 2 AKB 2008). Arglist setzt zwar keine Bereicherungsabsicht voraus, erfordert aber das bewusste Begehen der Obliegenheitsverletzung unter billigender Inkaufnahme einer möglichen Beeinflussung des Versicherers bei der Schadenregulierung. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt die Versicherung.

  • Arglist bei unerlaubtem Entfernen: Das Gericht stellte klar, dass nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort pauschal als arglistig zu bewerten ist; es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Gegen Arglist sprach hier, dass der Fahrer wusste, dass das Geschehen von einer Nachbarin beobachtet worden war und er in unmittelbarer Nähe zum Unfallort wohnte. Dies deutete darauf hin, dass ihm klar war, dass er schnell ermittelt werden würde und alle notwendigen Feststellungen getroffen werden könnten. Zudem löst eine schuldhafte Unfallverursachung häufig Überforderung aus; ein automatischer Schluss auf eine Absicht, den Versicherer zu schädigen, sei nicht immer naheliegend. Da der Versicherungsnehmer verstorben war, konnte seine Rechtsnachfolgerin keine konkreten Angaben zu seinen subjektiven Vorstellungen machen. Verbleibende Zweifel an der Arglist gingen zulasten der beweisbelasteten Versicherung. Der Beweis arglistigen Verhaltens war der Versicherung nach den Gesamtumständen nicht gelungen.
  • Arglist bei unvollständiger Schadensanzeige: Auch hier sah das Gericht keine Arglist als bewiesen an. Der Fahrer hatte seine Verantwortung für den Unfall eingeräumt und ging möglicherweise davon aus, dass der Sachverhalt ohnehin klar sei.

Die Abweisung der Widerklage der Versicherung durch das Landgericht wurde vom OLG Hamm aus den gleichen Gründen als korrekt bewertet.

Korrektur bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten

Die Berufung der Versicherung hatte lediglich in einem Nebenpunkt Erfolg: bei der Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Anspruch auf Ersatz dieser Kosten bemisst sich nach dem Gegenstandswert der berechtigten Schadensersatzforderung. Da das Landgericht der Klage in der Hauptsache nur in Höhe von 4.750,66 Euro stattgegeben hatte (und die Kosten für die Lenksäule als nicht ersatzfähig abgezogen hatte, was in der Berufung unstreitig war), musste dieser geringere Betrag als Gegenstandswert für die Berechnung der Anwaltskosten herangezogen werden. Auf Basis von 4.750,66 Euro beliefen sich die berechtigten vorgerichtlichen Kosten auf 258,17 Euro und nicht auf die geltend gemachten 376,52 Euro. Die Freistellung konnte daher nur in der geringeren Höhe verlangt werden.

Zusammenfassend erachtete das OLG Hamm die Berufung der Kfz-Versicherung bis auf den geringen Teil der Anwaltskosten als offensichtlich unbegründet und beabsichtigte daher, sie zurückzuweisen. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des Kausalitätsgegenbeweises und die hohen Anforderungen an den Nachweis von Arglist im Versicherungsrecht.


Die Schlüsselerkenntnisse

Trotz unerlaubten Entfernens vom Unfallort und unvollständiger Schadensmeldung muss die Kfz-Haftpflichtversicherung Schäden ersetzen, wenn der Versicherungsnehmer nachweisen kann, dass dem Versicherer dadurch keine Nachteile bei der Sachverhaltsaufklärung entstanden sind. Im vorliegenden Fall war entscheidend, dass der Fahrer kurz nach dem Unfall von der Polizei angetroffen wurde, seine Verantwortung umgehend einräumte und keine Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung vorlagen. Das Urteil stärkt die Rechte der Versicherten, die trotz Obliegenheitsverletzungen den Versicherungsschutz behalten können, wenn keine Feststellungsnachteile für den Versicherer entstehen und kein arglistiges Verhalten vorliegt.

FAQ Versicherungsrecht: Waage, Geld und Versicherungspolice unter Schirm mit Fragezeichen-Schild illustrieren häufige Rechtsfragen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann spricht man von Fahrerflucht und welche Strafe droht?

Im juristischen Sinn spricht man von Fahrerflucht, wenn eine Person, die an einem Verkehrsunfall beteiligt war, sich vom Unfallort entfernt, ohne bestimmte gesetzliche Pflichten erfüllt zu haben. Das Gesetz nennt dies „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ und regelt es in § 142 des Strafgesetzbuches (StGB). Es ist keine bloße Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat.

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einen Unfall verwickelt, egal ob Sie schuld sind oder nicht, und auch, ob es nur ein kleiner Blechschaden war oder mehr. Sie gelten dann als Unfallbeteiligter. Das ist jeder, dessen Verhalten zum Unfall beigetragen haben könnte.

Als Unfallbeteiligter haben Sie bestimmte Pflichten am Unfallort:

  • Sie müssen sofort am Unfallort anhalten.
  • Sie müssen den anderen Unfallbeteiligten und Geschädigten ermöglichen, Ihre Identität (wer Sie sind) und Ihre Beteiligung am Unfall festzustellen. Das bedeutet, Sie sollten Ihre Personalien, Fahrzeugdaten und Angaben zur Haftpflichtversicherung machen.
  • Wenn niemand da ist, der diese Feststellungen treffen kann (z.B. bei einem Parkplatzrempler, bei dem nur das andere Auto beschädigt wurde), müssen Sie eine angemessene Zeit warten. Wie lange „angemessen“ ist, hängt von den Umständen ab, z.B. vom Umfang des Schadens, der Tageszeit und dem Ort. Bei geringen Schäden tagsüber auf einem belebten Parkplatz wartet man oft kürzer als nachts bei großem Schaden auf einsamer Strecke.
  • Erst wenn nach dieser Wartezeit niemand gekommen ist, dürfen Sie sich entfernen. Aber auch dann müssen Sie unverzüglich (das bedeutet sofort und ohne schuldhaftes Zögern) die Feststellungen nachträglich ermöglichen. Das geschieht in der Regel, indem Sie freiwillig und ohne Aufforderung zur nächstgelegenen Polizeidienststelle gehen und dort den Unfall melden, Ihre Personalien angeben und erklären, dass Sie Unfallbeteiligter sind. Das bloße Hinterlassen eines Zettels am beschädigten Fahrzeug reicht normalerweise nicht aus.

Von Fahrerflucht spricht man, wenn Sie sich vom Unfallort entfernen, ohne diese Pflichten erfüllt zu haben. Das ist der Fall, wenn Sie:

  • Sofort wegfahren, ohne anzuhalten oder Angaben zu machen.
  • Anhalten, aber sich weigern, Ihre Daten anzugeben.
  • Wegfahren, obwohl noch jemand da ist, der Ihre Daten aufnehmen könnte.
  • Nach einer Wartezeit wegfahren und den Unfall nicht unverzüglich nachträglich bei der Polizei melden.

Die drohende Strafe für unerlaubtes Entfernen vom Unfallort kann erheblich sein:

  • Es ist eine Straftat, die mit einer Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Die konkrete Strafe hängt vom Einzelfall ab, insbesondere von der Höhe des entstandenen Schadens und den Tatumständen.
  • Im Fahreignungsregister in Flensburg werden Punkte eingetragen (oft 3 Punkte).
  • Sehr häufig wird die Fahrerlaubnis entzogen. Das bedeutet, Sie verlieren Ihren Führerschein und müssen ihn nach einer Sperrfrist von meist mehreren Monaten bis zu einem Jahr oder länger neu beantragen. Bei geringeren Schäden oder bestimmten mildernden Umständen kann auch ein Fahrverbot verhängt werden, bei dem der Führerschein nur für eine bestimmte Zeit (z.B. 1 bis 6 Monate) abgegeben werden muss.

Die Schwere der Konsequenzen macht deutlich, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort eine ernste Angelegenheit ist, die weitreichende Folgen für den Fahrer haben kann.


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Welche Pflichten habe ich als Unfallbeteiligter, um meinen Versicherungsschutz nicht zu gefährden?

Nach einem Verkehrsunfall haben Sie bestimmte Pflichten gegenüber Ihrer Versicherung. Diese sind Teil des Versicherungsvertrags und werden oft als „Obliegenheiten“ bezeichnet. Sie sind wichtig, damit die Versicherung den Schaden prüfen und gegebenenfalls regulieren kann. Wenn Sie diese Pflichten nicht beachten, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass Ihre Versicherung die Zahlung kürzt oder sogar komplett verweigert.

Eine der wichtigsten Pflichten ist die unverzügliche Meldung des Schadens. Das bedeutet, Sie sollten Ihre Versicherung so schnell wie möglich über den Unfall informieren, sobald es Ihnen die Umstände erlauben. Es gibt oft Fristen in den Versicherungsbedingungen – halten Sie diese unbedingt ein. Stellen Sie sich vor, die Versicherung erfährt erst Monate später vom Unfall, wenn Spuren verwischt sind und Zeugen sich nicht mehr erinnern können. Eine schnelle Meldung hilft der Versicherung, den Unfallhergang zu klären.

Zudem müssen Sie den Schaden und den Unfallhergang wahrheitsgemäß und vollständig schildern. Das Ausfüllen des Schadensberichts erfordert Sorgfalt. Geben Sie alle relevanten Informationen an, auch wenn sie für Sie nachteilig erscheinen mögen. Das Verschweigen oder Falschdarstellen von Fakten kann Ihren Versicherungsschutz stark gefährden. Die Versicherung muss sich auf Ihre Angaben verlassen können, um den Fall korrekt einschätzen zu können.

Sie haben auch eine Mitwirkungspflicht. Das bedeutet, Sie müssen der Versicherung helfen, den Sachverhalt aufzuklären. Dazu gehört zum Beispiel, Fragen der Versicherung zu beantworten oder angeforderte Unterlagen vorzulegen. Stellen Sie sich vor, die Versicherung benötigt Informationen vom Abschleppdienst oder der Polizei, um den Schaden zu bearbeiten. Ihre Mitwirkung ermöglicht diese Klärung.

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das: Seien Sie nach einem Unfall schnell, ehrlich und kooperativ gegenüber Ihrer Versicherung. Dies sind zentrale Punkte, um sicherzustellen, dass Ihr vertraglicher Schutz bestehen bleibt. Eine Verletzung dieser verträgeichen Absprachen kann negative Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz haben.


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Kann die Versicherung die Leistung verweigern, wenn ich Fahrerflucht begangen habe?

Wenn Sie nach einem Unfall unerlaubt den Unfallort verlassen (umgangssprachlich „Fahrerflucht“), kann dies tatsächlich ernste Folgen für Ihren Versicherungsschutz haben. Juristisch wird dieses Verhalten oft als Verstoß gegen eine sogenannte Obliegenheit im Versicherungsvertrag gewertet. Obliegenheiten sind bestimmte Pflichten, die Sie als Versicherungsnehmer gegenüber Ihrer Versicherung haben, zum Beispiel, nach einem Unfall am Unfallort zu bleiben und die Feststellung des Sachverhalts zu ermöglichen.

Ein Verstoß gegen eine solche Pflicht kann die Versicherung unter bestimmten Umständen dazu berechtigen, die Zahlung des Schadens zu verweigern oder zumindest zu kürzen. Dies ist keine automatische Folge der Fahrerflucht. Die Versicherung ist nicht immer sofort von ihrer Leistungspflicht befreit.

Warum ist die Leistung nicht immer ausgeschlossen?

Entscheidend ist oft, ob die Verletzung der Obliegenheit – also das unerlaubte Entfernen vom Unfallort – ursächlich für die Entstehung oder die Höhe des Schadens war oder die Feststellung des Schadens erschwert hat. Dieser Zusammenhang wird als Kausalzusammenhang bezeichnet.

  • Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie verursachen nur einen sehr kleinen Kratzer an einem parkenden Auto, der Schaden ist klar erkennbar. Wenn Sie dann wegfahren, haben Sie zwar eine Obliegenheit verletzt. Ob die Versicherung deswegen die gesamte Zahlung an den Geschädigten verweigern darf (sie muss aber in der Regel trotzdem zahlen, um den Geschädigten nicht schlechter zu stellen, und kann sich das Geld dann von Ihnen zurückholen), hängt davon ab, ob das Wegfahren selbst die Höhe des Schadens beeinflusst oder die Klärung erheblich erschwert hat.

Die genauen Bedingungen und Folgen einer Obliegenheitsverletzung wie der Fahrerflucht sind in den Versicherungsvertragsgesetzen und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AKB) geregelt und hängen immer vom konkreten Einzelfall ab. Es gibt keine pauschale Antwort, die für jede Situation gilt.

Bedenken Sie auch, dass die Fahrerflucht nach deutschem Recht eine Straftat ist (§ 142 Strafgesetzbuch) und unabhängig von den versicherungsrechtlichen Folgen strafrechtliche Konsequenzen haben kann.


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Was bedeutet „Kausalitätsbeweis“ im Zusammenhang mit einer Leistungsverweigerung der Versicherung?

Der Begriff „Kausalitätsbeweis“ beschreibt im Kern den Nachweis von Ursache und Wirkung. Wenn Ihre Versicherung die Zahlung für einen Schaden ablehnt, weil Sie gegen eine Ihrer vertraglichen Pflichten verstoßen haben (dies nennt man eine Obliegenheitsverletzung), muss sie einen solchen Nachweis erbringen.

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Schaden gemeldet. Es gibt bestimmte Regeln im Versicherungsvertrag, an die Sie sich halten müssen (z.B. den Schaden unverzüglich melden oder bei einem Unfall nicht einfach wegfahren). Wenn Sie gegen eine solche Regel verstoßen, ist das die Obliegenheitsverletzung.

Für eine Leistungsverweigerung reicht diese Verletzung allein aber oft nicht aus. Die Versicherung muss beweisen, dass Ihre Obliegenheitsverletzung tatsächlich dazu geführt hat, dass die Aufklärung des Schadens konkret beeinträchtigt wurde. Das bedeutet:

  • Die Versicherung muss zeigen, dass durch Ihr Handeln (z.B. das späte Melden oder das Verlassen der Unfallstelle) es für sie schwieriger oder unmöglich wurde, den Schaden genau zu prüfen, Zeugen zu finden oder die genauen Umstände festzustellen.
  • Es muss einen direkten Zusammenhang zwischen Ihrer Pflichtverletzung und der Beeinträchtigung der Schadensaufklärung geben.

Der Kausalitätsbeweis ist also der Nachweis der Versicherung, dass Ihre Regelverletzung ursächlich dafür war, dass sie den Schaden nicht ordentlich untersuchen konnte, und dass dies wiederum die Grundlage für die Leistungsverweigerung ist.

Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das: Die Versicherung kann nicht einfach sagen: „Sie haben eine Regel gebrochen, wir zahlen nicht“. Sie muss vielmehr beweisen, dass Ihr Regelverstoß konkret die Möglichkeit der Schadensaufklärung negativ beeinflusst hat. Sie muss den Zusammenhang zwischen Ihrer Handlung und der verschlechterten Untersuchungsmöglichkeit herstellen und beweisen.


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Welche Rolle spielt die Polizei bei der Aufklärung eines Unfalls mit Fahrerflucht?

Wenn nach einem Verkehrsunfall jemand unerlaubt vom Unfallort verschwindet (juristisch „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ genannt), spielt die Polizei eine zentrale Rolle. Ihre Aufgabe ist es, den Sachverhalt aufzuklären und die verantwortliche Person sowie das Fahrzeug zu ermitteln.

Ermittlungen am Unfallort

Die Polizei wird zum Unfallort gerufen, um den Schaden aufzunehmen und mit der Untersuchung zu beginnen. Dabei geht es darum, den Unfallhergang zu verstehen und alle verfügbaren Spuren zu sichern. Das kann zum Beispiel die Art des Schadens an Ihrem Fahrzeug sein, Lackspuren, die vom anderen Fahrzeug stammen könnten, oder Spuren auf der Fahrbahn. Außerdem werden Zeugen gesucht und befragt, die den Unfall beobachtet haben oder Hinweise auf das flüchtige Fahrzeug geben können. All diese Informationen werden in einem offiziellen Polizeibericht dokumentiert.

Suche nach dem flüchtigen Fahrzeug und Fahrer

Basierend auf den gesammelten Spuren und Zeugenaussagen nimmt die Polizei die Suche nach dem flüchtigen Fahrer und dem zugehörigen Fahrzeug auf. Sie können zum Beispiel Funkfahndungen einleiten oder Überwachungskameras auswerten. Ziel ist es, die Person zu identifizieren, die den Unfall verursacht hat und geflüchtet ist.

Bedeutung der polizeilichen Erkenntnisse

Die von der Polizei gesammelten Informationen und Beweismittel sind sehr wichtig, wenn Sie den entstandenen Schaden über Ihre Versicherung oder direkt vom Unfallverursacher regulieren lassen möchten. Der Polizeibericht und die gesicherten Spuren helfen dabei:

  • Den Unfall nachzuweisen: Es wird offiziell festgehalten, dass und wie ein Unfall stattgefunden hat.
  • Die Höhe des Schadens zu dokumentieren: Die polizeiliche Aufnahme liefert oft erste Anhaltspunkte oder Bestätigungen für die Art und den Umfang der Beschädigungen.
  • Mögliche Verursacher zu identifizieren: Gelingt der Polizei die Ermittlung des flüchtigen Fahrers, ist dies die Grundlage für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Auch wenn der Fahrer nicht gefunden wird, können die dokumentierten Spuren (z.B. Lackfarbe, Fahrzeugteile) für die weitere Bearbeitung wichtig sein.

Für Sie als Betroffenen bedeutet das: Die polizeiliche Arbeit schafft eine wichtige Grundlage für die spätere Schadensregulierung, auch wenn die Polizei selbst nicht für die finanzielle Abwicklung zuständig ist. Ihre Aufgabe ist die Aufklärung des strafbaren Verhaltens (der Fahrerflucht) und die Dokumentation des Unfallgeschehens zum Zweck der Beweissicherung.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Obliegenheit

Eine Obliegenheit ist eine vertragliche Pflicht, die der Versicherungsnehmer gegenüber seiner Versicherung hat, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Diese Pflichten sind keine Leistungsversprechen, sondern Verhaltensregeln, wie zum Beispiel die unverzügliche Schadensmeldung oder das Warten am Unfallort nach einem Unfall. Verstöße gegen Obliegenheiten können dazu führen, dass die Versicherung ihre Leistung kürzt oder ganz verweigert, wenn dadurch die Schadensermittlung oder die Leistungspflicht beeinträchtigt wird. Die rechtliche Grundlage findet sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sowie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (z. B. AKB 2008).

Beispiel: Wenn Sie nach einem Unfall nicht sofort die Polizei informieren und dadurch wichtige Beweise verloren gehen, kann Ihre Versicherung die Schadenszahlung ablehnen.


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Kausalitätsgegenbeweis

Der Kausalitätsgegenbeweis ist die Möglichkeit für den Versicherungsnehmer zu beweisen, dass eine Obliegenheitsverletzung nicht ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls oder die Schadensfeststellung war. Reicht die Versicherung mit der Leistungsverweigerung ein, weil eine Pflichtverletzung vorliegt, muss sie in der Regel zunächst Ursache und Wirkung (Kausalität) darlegen. Mit dem Gegenbeweis zeigt der Versicherte, dass der Versicherung durch seine Pflichtverletzung kein Nachteil entstanden ist, etwa weil die wichtigen Informationen ohnehin bekannt waren. Der Kausalitätsgegenbeweis ist im Versicherungsrecht ein zentrales Mittel, um trotz Fehlern weiterhin Versicherungsschutz zu erhalten.

Beispiel: Selbst wenn Sie beim Unfall nicht alle Fragen im Schadensbericht vollständig beantworten, lässt sich nachweisen, dass die Versicherung den Unfallhergang trotzdem vollständig und korrekt ermitteln konnte.


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Fahrerflucht (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort)

Fahrerflucht bedeutet, dass sich eine am Verkehrsunfall beteiligte Person vom Unfallort entfernt, ohne die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Feststellung des Unfalls (z. B. durch Warten auf andere Beteiligte oder Polizei) zu erfüllen. Diese Handlung ist im Strafgesetzbuch (§ 142 StGB) als Straftat geregelt und kann je nach Schwere mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden. Fahrerflucht beeinträchtigt oft auch den Versicherungsschutz, weil dadurch die Aufklärung des Unfalls erschwert wird. Im Versicherungsvertrag ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort meist als Obliegenheitsverletzung geregelt.

Beispiel: Wenn Sie nach einem Unfall einfach wegfahren, ohne auf den anderen Fahrer oder die Polizei zu warten oder den Unfall später unverzüglich zu melden, begehen Sie Fahrerflucht.


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Arglist

Arglist im Versicherungsrecht bedeutet das bewusste und vorsätzliche Handeln eines Versicherungsnehmers, um den Versicherer in der Schadenregulierung zu täuschen oder zu beeinträchtigen. Es verlangt nicht, dass ein Vorsatz auf eine Bereicherung besteht, sondern nur, dass die Pflichtverletzung mit billigender Absicht erfolgt, also wissentlich und gewollt, den Versicherer zu benachteiligen. Arglist führt häufig dazu, dass die Versicherung grundsätzlich von der Leistungspflicht frei wird. Die Beweislast für das Vorliegen der Arglist trägt die Versicherung.

Beispiel: Wenn ein Fahrer nach einem Unfall absichtlich falsche Angaben macht, um eine günstigere Schadensbeurteilung durch die Versicherung zu erreichen, handelt er arglistig.


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vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind die Anwaltsgebühren, die entstehen, bevor ein Rechtsstreit vor einem Gericht beginnt, etwa wenn ein Anwalt zur Durchsetzung von Schadensersatzforderungen einschaltet wird. Diese Kosten können im Rahmen der Schadenregulierung vom Schädiger oder dessen Versicherung ersetzt werden, wenn der Anspruch berechtigt ist. Die Berechnung basiert auf dem sogenannten Gegenstandswert, also dem Streitwert der Forderung. Im Fall von Teilanerkenntnissen oder Kürzungen bei der Hauptforderung wird auch die Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten entsprechend angepasst.

Beispiel: Nach einem Verkehrsunfall beauftragen Sie einen Anwalt mit der Schadensregulierung, wodurch Anwaltskosten entstehen, die Ihnen von der gegnerischen Versicherung erstattet werden können, wenn Ihre Forderung berechtigt ist.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 142 Absatz 1 Strafgesetzbuch (StGB): Regelt das unerlaubte Entfernen vom Unfallort (Fahrerflucht) und verpflichtet Unfallbeteiligte dazu, am Unfallort zu verbleiben, um Feststellungen zu ermöglichen. Wer diese Pflicht verletzt, macht sich strafbar. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das unerlaubte Entfernen des Fahrers begründet eine Pflichtverletzung, die strafrechtlich verfolgt wurde und auch Versicherungsrechtlich relevant ist.
  • Allgemeine Kraftfahrt-Versicherungsbedingungen (AKB) 2008, Klausel E.1.6: Enthält die vertragliche Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers, insbesondere die Pflicht, nach einem Unfall am Ort zu verbleiben und die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Fahrer verletzte diese Obliegenheit durch vorzeitiges Entfernen vom Unfallort, was grundsätzlich die Leistungspflicht der Versicherung mindern oder ausschließen kann.
  • Allgemeine Kraftfahrt-Versicherungsbedingungen (AKB) 2008, Klausel E.8.1 und E.8.2: E.8.1 regelt die Leistungsfreiheit des Versicherers bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen, während E.8.2 dem Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis erlaubt, um trotz Pflichtverletzung Leistung zu erhalten, sofern die Pflichtverletzung nicht kausal für den Schaden oder dessen Feststellung war. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Trotz vorsätzlicher Pflichtverletzungen wurde der Kausalitätsgegenbeweis erbracht, sodass die Versicherung zur Leistung verpflichtet bleibt.
  • § 17 Absatz 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG): Bestimmt, dass Schäden durch ein unabwendbares Ereignis von der Haftung ausgenommen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das geparkte Fahrzeug des Unfallgegners wurde als unbeeinflussbares Hindernis angesehen, was die Haftungsfrage zugunsten des Fahrers klarstellt und die Klärung der Schuldfrage erleichtert.
  • Beweislastregeln bzgl. Arglist im Versicherungsrecht: Die Versicherung muss die Arglist des Versicherungsnehmers bei Obliegenheitsverletzungen beweisen, da Arglist eine vollständige Leistungsfreiheit auslösen kann. Arglist erfordert das bewusste und gewollte Schädigen des Versicherers über bloße Pflichtverletzung hinaus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung konnte keine hinreichenden Beweise für Arglist des Fahrers erbringen, sodass die Rechtsnachfolgerin den Kausalitätsgegenbeweis erfolgreich nutzen konnte.
  • § 522 Absatz 2 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt den Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts, mit dem es seine vorläufige Rechtsauffassung in Berufungsverfahren mitteilt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Hamm gab vor Ende des Berufungsverfahrens eine klare rechtliche Einschätzung ab, die die Erfolgsaussichten der Berufung der Versicherung stark einschränkte.

Das vorliegende Urteil


OLG Hamm – Az.: I-20 U 188/17 – Beschluss vom 28.02.2018


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