OLG Saarbrücken, Az.: 5 U 12/14, Urteil vom 16.01.2015
I. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das angefochtene Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4.2.2014 – 14 O 268/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die fondsgebundene Lebensversicherung des Klägers bei der Beklagten mit der Versicherungsnummer unverändert fortbesteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,96 € zu erstatten.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
III. Das vorliegende Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
IV. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf 27.727,56 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass der bei der Beklagten abgeschlossene Lebensversicherungsvertrag gemäß den Bestimmungen deren Produktbedingungen zum 1.9.2012 wieder in Kraft gesetzt worden ist.
Der Kläger schloss bei der Beklagten zum 1.4.2001 eine fondsgebundene Lebensversicherung – Spezial-Wertpapier-Police – Vers.Nr. – mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab, welcher unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung (AVB, Bl. 19 d.A.), die Produktbedingungen für die Fondsgebundene Lebensversicherung (Spezial-Wertpapier-Police, Bl. 20 d.A.) und die Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 22 d.A.) zu Grunde lagen. Dem Versicherungsschein waren „Allgemeine Hinweise zu Ihrem Vertrag“ beigefügt, welche sich unter anderem mit der Umwandlung in eine beitragsfreie fondsgebundene Lebensversicherung auseinander setzten (Bl. 17 d.A.). Dort heißt es unter anderem:
„Sie können als Versicherungsnehmer die Umwandlung in eine beitragsfreie Fondsgebundene Lebensversicherung verlangen (gem. § 9 Abs. 6 der „Produktbedingungen für die Fondsgebundene Lebensversicherung“ (Spezial-Wertpapier-Police)) falls die hierfür sich ergebende Mindesttodesfallsumme 3.000.00 DM nicht unterschreitet. Die BUZ-Rente wird im gleichen Verhältnis zur Mindesttodesfallsumme wie während der beitragspflichtigen Zeit mitversichert, sofern sich nach Beitragsfreistellung eine jährliche beitragsfreie Rente von mindestens 600.00 DM ergibt. Nach einer Beitragsfreistellung vermindert sich die Anzahl der Fondsanteile um die Jahr für Jahr für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes aus der beitragsfreien Mindesttodesfallsumme benötigten Risiko- und Kostenanteile“.
Darüber hinaus heißt es in „§ 9 Wann können Sie die Versicherung kündigen oder beitragsfrei stellen?“ der Produktbedingungen (S. 8 der Vertragsunterlagen/Bl. 21 RS d.A.):
„Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung
(5) Anstelle einer Kündigung nach Absatz 1 können sie zum dort genannten Termin schriftlich verlangen, ganz oder teilweise von Ihrer Beitragszahlungspflicht befreit zu werden. In diesem Fall wird auf Grundlage des Deckungskapitals unter Abzug von Beitragsrückständen, das zum Zeitpunkt der Beitragsfreistellung in der SWP vorhanden ist, für die restliche Versicherungsdauer eine Todesfallsumme ermittelt. Die Todesfallsumme wird nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik berechnet. …
…
Wiederinkraftsetzung
(9) Ist der Vertrag gekündigt oder beitragsfrei gestellt, dann haben Sie unter folgenden Voraussetzungen einen Anspruch auf Wiederinkraftsetzung des Vertrages:
– Die Beiträge für das erste Versicherungsjahr sind vollständig gezahlt.
– Der Anspruch wird innerhalb von sechs Monaten nach Wirksamwerden der Kündigung bzw. Beitragsfreistellung gegenüber uns geltend gemacht.
– Sie zahlen die ausstehenden Beiträge innerhalb eines Monats nach Mitteilung der jeweiligen Höhe nach; sollten wir Ihnen einen Rückkaufwert erstattet haben, zahlen Sie diesen ebenfalls innerhalb dieser Frist zurück.
Auf Wunsch prüfen wir, ob die ausstehenden Beiträge aus dem vorhandenen Deckungskapital entnommen werden können.
…“
Mit Schreiben vom 24.2.2012 (Bl. 50 d.A.) beantragte der Kläger eine „Beitragsüberbrückung“ für den Zeitraum von vier Monaten. Die Weiterbezahlung des Vertrages solle ab dem 1.7.2012 erfolgen und die rückständigen Beiträge sollten verrechnet werden. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 8.3.2012 (Bl. 51 d.A.) mit, dass die von ihm gewünschte „Beitragsüberbrückung“ „nicht zukünftig, sondern nur bei bereits vorhandenen Zahlungsrückständen möglich“ sei. Er habe die Möglichkeit, die Versicherung für den gewünschten Zeitraum „beitragsfrei zu stellen, oder die Beiträge zu stunden und zum Stundungsende den Zahlungsrückstand mit dem Deckungskapital zu verrechnen“.
Nachdem der Kläger sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten mündlich für die ihm vorgeschlagene Beitragsfreistellung ausgesprochen hatte, erstellte die Beklagte in der Folge einen Nachtrag zum Versicherungsschein vom 21.3.2012 (Bl. 52 d.A.), nach welchem die Versicherung gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen in einen beitragsfreien Vertrag umgewandelt worden sei.
Mit Schreiben vom 4.6.2012 (Bl. 53 d.A.) bat die Beklagte den Kläger für den Fall, dass er die Beitragszahlungen zum 1.7.2012 wieder aufnehmen möchte, um Überweisung des Einlösungsbeitrages in Höhe von 324,48 € und kündigte an, den Vertrag nach Feststellung der Zahlung entsprechend umzustellen.
Nachdem der Kläger am 14.6.2012 telefonisch mitgeteilt hatte, er wünsche die Wiederinkraftsetzung des Vertrages erst in zwei Monaten (siehe die Telefonnotiz der Beklagten, Bl. 54 d.A.), stellte die Beklagte mit Schreiben vom 15.8.2012 (Bl. 28 d.A.) – unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 24.2.2012 und den Anruf vom 14.6.2012 – fest, dass der Vertrag zum 1.3.2012 beitragsfrei gestellt worden sei und der Kläger seinen Vertrag zum 1.9.2012 beitragspflichtig weiterführen wolle. Zugleich bat sie den Kläger, ihr „den Erstbeitrag/Einlösebeitrag“ in Höhe von 324,48 € unter Angabe der Versicherungsnummer zu überweisen. Sobald sie den Zahlungseingang verbucht habe, werde sie den Vertrag wie gewünscht wieder in Kraft setzen.
Mit Schreiben vom 8.1.2013 (Bl. 29 d.A.) nahm die Beklagte Bezug auf den Eingang des „Erst- bzw. Einlösungsbeitrags“ am 5.10.2012 und forderte für die Wiederinkraftsetzung des Vertrages eine erneute Gesundheitserklärung, da der Vertrag schon länger als sechs Monate im beitragsfreien Zustand bestehe.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe auch ohne erneute Gesundheitserklärung ein Anspruch auf Wiederinkraftsetzung des Vertrages zu, weil die hierfür in § 9 Abs. 9 der Produktbedingungen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien. Ausstehende Beiträge im Sinne der vorgenannten Regelung seien gegenüber dem Kläger nicht geltend gemacht worden. Den in ihrem Schreiben vom 15.8.2012 (Bl. 28 d.A.) genannten Betrag von 324,48 € habe die Beklagte selbst als „Erstbeitrag/Einlösungsbeitrag“ bezeichnet, für welchen eine Zahlungsfrist nicht gesetzt worden sei. Ein Hinweis auf die von der Beklagten angenommenen Folgen einer Fristversäumnis sei unterblieben. Der Kläger hat ferner die Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat sich darauf berufen, dass der Kläger es versäumt habe, den mit ihrem Schreiben vom 15.8.2012 angeforderten Betrag von 324,48 € innerhalb eines Monats – mithin bis spätestens zum 18.9.2012 unter Berücksichtigung eines üblichen Postlaufs von drei Tagen für den Zugang des Schreibens vom 15.8.2012 – zu überweisen. Bei diesem Betrag habe es sich „um die noch offene Betragsdifferenz“ gehandelt, „nachdem hinsichtlich der übrigen rückständigen Beiträge entsprechend dem Wunsch des Klägers aus seinem Schreiben vom 24.02.2012 … eine Beitragsverrechnung mit dem Deckungskapital durchgeführt wurde und daher eine diesbezügliche Nachzahlung nicht erforderlich gewesen“ sei (Bl. 68/69 d.A.). An dem Erfordernis der Einhaltung der Monatsfrist aus § 9 der Produktbedingungen habe kein Zweifel bestanden. Eine Hinweispflicht bestehe nicht. Der Kläger habe ferner verkannt, dass ihm ein Anspruch auf Wiederinkraftsetzung lediglich Zug um Zug gegen Zahlung sämtlicher rückständiger Monatsbeiträge ab September 2012 zustehen könne.
Der Kläger hat dem entgegen gehalten, es sei für ihn nicht ersichtlich gewesen, dass eine Verrechnung vorgenommen worden wäre. Der ihm genannte Betrag von 324,48 € sei für ihn in keiner Weise nachvollziehbar gewesen. Im Übrigen sei das Schreiben der Beklagten vom 4.6.2012 als Verzicht auf die Einhaltung der Frist des § 9 der Produktbedingungen zu werten. Der Kläger habe diese Erklärung nur so verstehen können, dass die Wiedereinsetzung der Versicherung unabhängig von der Einhaltung einer Frist erfolge, sobald die Zahlung vorgenommen werde.
Mit am 4.2.2014 verkündetem Urteil hat das Landgericht antragsgemäß festgestellt, dass die fondsgebundene Lebensversicherung des Klägers durch dessen Erklärungen vom 24.2.2012 und vom 14.6.2012 zum 1.9.2012 wieder in Kraft gesetzt worden sei. Die streitgegenständliche Lebensversicherung sei nicht in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt worden, sondern bestehe zu unveränderten Bedingungen fort. Dessen ungeachtet habe die Beklagte sich nicht auf die Nichteinhaltung der Monatsfrist berufen können. Selbst bei einer wirksamen Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung wäre die Beklagte jedenfalls gemäß § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als habe dieser nur eine Stundung beantragt. Einen Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht verneint, weil es an der Fälligkeit der Vergütung der Prozessbevollmächtigten fehle, welche ihre Vergütung nur aufgrund einer unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern könnten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Gegen dieses Urteil haben die Beklagte Berufung und der Kläger Anschlussberufung eingelegt.
Die Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht habe die Besonderheiten des streitgegenständlichen Versicherungsvertragsverhältnisses verkannt. Das von der Rechtsprechung verlangte Erfordernis eines klar und eindeutig zum Ausdruck gebrachten Umwandlungswillens des Versicherungsnehmers sei darauf zurückzuführen, dass dieser nach der gesetzlichen Bestimmung des § 165 VVG grundsätzlich keinen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Versicherungsvertrages habe. Entsprechendes sei hier indessen nicht der Fall, da die Bedingungen dem Versicherungsnehmer – unter konkret genannten Voraussetzungen – einen Anspruch auf Wiederinkraftsetzung des Vertrages einräumten. Einem Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 BGB stehe außerdem entgegen, dass mit Blick auf die verständlichen und nicht an überraschender Stelle getroffenen Regelungen der Bedingungen der Beklagten schon eine Hinweispflicht zu verneinen sei.
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 4.2.2014 – 14 O 268/13 – abzuweisen,
2. die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
2. das angefochtene Urteil auf die Anschlussberufung abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,96 € zu erstatten.
Er ist der Ansicht, das Landgericht habe zu Recht schon das Fehlen einer eindeutigen Erklärung des Klägers verneint, die Versicherung dauerhaft in eine prämienfreie Versicherung umwandeln zu wollen. Vielmehr habe er die Versicherung lediglich für kurze Zeit zum Ruhen bringen wollen.
In Bezug auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat sich der Kläger unter Vorlage der Kostenaufstellung seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.2.2014 (Bl. 116 d.A.) darauf berufen, der ihm vor Fälligkeit zunächst zustehende Freistellungsanspruch haben sich zwischenzeitlich, spätestens mit der Klageerwiderung, in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.
II.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Das angefochtene Urteil bleibt unter Ziffer 1. mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass festgestellt wird, dass die bei der Beklagten abgeschlossene Lebensversicherung des Klägers weiter fortbesteht. Der Kläger, der in der Berufungsinstanz die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Rechtsauffassung des Landgerichts aufgegriffen hat, dass es schon an einem wirksamen Umwandlungsverlangen im Sinne des § 165 VVG gefehlt habe, hat in der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2014 auf Hinweis des Senats ausdrücklich klargestellt, dass sein auf „Feststellung der Wiederinkraftsetzung des Vertrages“ gerichteter Antrag entsprechend zu verstehen ist. Das Landgericht ist zu Recht vom Fehlen eines wirksamen Umwandlungsverlangens im Sinne des § 165 VVG ausgegangen. Das hat zur Folge, dass der Versicherungsvertrag unverändert fortbesteht.
Die Anschlussberufung des Klägers, mit welcher dieser weiterhin die Erstattung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt, hat Erfolg.
1. Zur Berufung
Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der im Jahr 2001 geschlossene Versicherungsvertrag unverändert Bestand. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien seither eine den Versicherungsvertrag in seinen Grundlagen ändernde Vereinbarung getroffen hätten. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Versicherungsvertrag in wirksamer Weise in eine beitragsfreie Versicherung umgewandelt worden wäre.
In § 9 Abs. 5 der Produktbedingungen der Beklagten wird dem Versicherungsnehmer das in – dem § 174 VVG a.F. weitgehend entsprechenden – § 165 VVG gesetzlich verankerte Recht eingeräumt, die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung zu verlangen (vgl. zur Anwendbarkeit des § 165 VVG auf Altverträge Ortmann in Schwintowski/Brömmelmeyer, 2. Aufl. 2011, § 165 Rdn. 2: lediglich soweit die Bestimmung auf § 169 VVG verweist, sind gemäß Art. 4 Abs. 2 EGVVG für Altverträge die Regelungen des § 176 VVG a.F. weiter anzuwenden). Ein wirksames Umwandlungsverlangen hat zur Folge, dass sich der Versicherungsschutz auf die beitragsfreie Versicherungssumme beschränkt; in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags erlischt die Versicherung (BGH, Urt. v. 23.6.1993 – IV ZR 37/92 – VersR 1994, 39; Urt. v 8.5.1954 – II ZR 20/53 – BGHZ 13, 226; Langheid in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 165 Rdn. 10). Es hat ferner – im Streitfall gemäß den „Allgemeinen Hinweisen“ (Bl. 17 d.A.) und gemäß § 1 der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung – nachteilige Wirkungen auf eine bestehende Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (siehe auch OLG Karlsruhe, VersR 1992, 1250). Die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Versicherers wieder rückgängig gemacht werden (vgl. BGH, Urt. v 8.5.1954 – II ZR 20/53 – BGHZ 13, 226; Langheid in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 165 Rdn. 11). Hiervon weichen die Produktbedingungen der Beklagten in zulässiger Weise gemäß § 171 VVG zugunsten des Versicherungsnehmers ab, indem sie diesem in § 9 Abs. 9 innerhalb von sechs Monaten nach Beitragsfreistellung unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Wiederinkraftsetzung einräumen.
Das auf eine solche Umwandlung gerichtete Freistellungsverlangen des Versicherungsnehmers ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung mit rechtsgestaltender Wirkung; eine Annahme durch den Versicherer ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urt. v. 24.9.1975 – IV ZR 50/74 – VersR 1975, 1089; OLG Hamm, VersR 2012, 347; Senat, Urt. v. 8.1.2003 – 5 U 383/02-49 – RuS 2004, 33). Im Interesse der Klarheit über Bestand und Umfang des Versicherungsschutzes kann ein wirksames Umwandlungsverlangen des Versicherungsnehmers deshalb nach ständiger höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung nur dann als wirksam gestellt angesehen werden, wenn sich aus der Erklärung klar und eindeutig der Wille ergibt, dass die Versicherung in eine prämienfreie umgewandelt werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 24.9.1975 – IV ZR 50/74 – VersR 1975, 1089; Urt. v. 23.6.1993 – IV ZR 37/92 – VersR 1994, 39; OLG Köln, RuS 2013, 397; RuS 1992, 138; OLG Hamm, VersR 2012, 347; Senat, Urt. v. 8.1.2003 – 5 U 383/02-49 – RuS 2004, 33; OLG Stuttgart, VersR 2002, 301).
An einer solchen Erklärung fehlt es im Streitfall.
a)
Mit seinem Schreiben vom 24.2.2012 (Bl. 50 d.A.) hatte der Kläger eine „Beitragsüberbrückung“ für den Zeitraum von vier Monaten beantragt. Die „Weiterbezahlung“ des Vertrages sollte ab dem 1.7.2012 erfolgen; die rückständigen Beiträge sollten verrechnet werden. Diese Erklärung bringt lediglich den Wunsch des Klägers zum Ausdruck, für wenige Monate keine Beiträge zahlen zu müssen. Auch wenn die Produktbedingungen der Beklagten nicht die Möglichkeit eines vorübergehenden Ruhens des Vertrages, sondern lediglich die Möglichkeit einer Stundung oder Beitragsfreistellung eröffnen, kann der Erklärung des Klägers jedenfalls nicht der Wille entnommen werden, die Versicherung mit den vorstehend dargestellten Folgen in eine beitragsfreie Versicherung umzuwandeln, welche nach § 9 Abs. 9 der Produktbedingungen nur unter Einhaltung einer gewissen Frist und bestimmter weiterer Voraussetzungen „wieder in Kraft gesetzt“ und mit dem ursprünglichen Inhalt fortgeführt werden kann. Nach dem Inhalt seines Schreibens vom 24.2.2012 ging der Kläger vielmehr davon aus, den Vertrag schlicht durch „Weiterbezahlung“ der Beiträge fortführen zu können. Diese Vorstellung, in welcher die Beklagte den Kläger in ihren späteren Schreiben vom 4.6.2012 (Bl. 53 d.A.) und vom 15.8.2012 (Bl. 28 d.A.) bestärkt hat, lässt sich mit den einschränkenden Voraussetzungen einer Wiederinkraftsetzung, wie sie bei einer Umwandlung gemäß § 9 Abs. 9 der Produktbedingungen der Beklagten erforderlich ist, nicht in Einklang bringen. Aus denselben Gründen wird der Wunsch eines Versicherungsnehmers, den Versicherungsvertrag nur vorübergehend beitragsfrei zu stellen, für sich genommen regelmäßig noch nicht als Umwandlungsverlangen im Sinne des § 165 VVG gewertet (vgl. OLG Köln, RuS 2013, 397; RuS 1992, 138; OLG Hamm, VersR 2012, 347; OLG Stuttgart, VersR 2002, 301; Mönnich in MünchKommVVG, § 165 Rdn. 11).
b)
Die Beklagte hat auch nicht den ihr obliegenden Beweis (vgl. OLG Hamm, VersR 2012, 347) erbringen können, dass ein wirksames Umwandlungsverlangen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt wäre. Ein solches kann insbesondere nicht in der Reaktion des Klägers auf das Schreiben der Beklagten vom 8.3.2012 (Bl. 51 d.A.) gesehen werden.
aa)
Die Beklagte hatte mit diesem Schreiben mitgeteilt, dass die von dem Kläger gewünschte „Beitragsüberbrückung“ „nicht zukünftig, sondern nur bei bereits vorhandenen Zahlungsrückständen möglich“ sei, aber die Möglichkeit bestehe, die Versicherung für den gewünschten Zeitraum „beitragsfrei zu stellen, oder die Beiträge zu stunden und zum Stundungsende den Zahlungsrückstand mit dem Deckungskapital zu verrechnen“.
Sollte darunter ein Angebot zu verstehen sein, die Versicherung – ab März 2012? – in eine prämienfreie Versicherung umzuwandeln, so fehlt es auch insoweit an einem entsprechenden Umwandlungsverlangen des Klägers. Dass dieser mit einer solchen Umwandlung einverstanden gewesen sein mag, reicht nicht aus (BGH, Urt. v. 23.6.1993 – IV ZR 37/92 – NJW-RR 1993, 1177 – juris Rdn. 24; OLG Hamm, VersR 2012, 347). Erforderlich war nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen vielmehr eine Erklärung des Klägers, aus der sich klar und eindeutig der Wille ergibt, dass die Versicherung in eine prämienfreie umgewandelt werden soll (BGH, aaO. m.w.N.: in dem dort zu Grunde liegenden Fall hatte sich der Kläger zu dem Angebot des Versicherers überhaupt nicht geäußert).
Der Kläger hat auf das Schreiben der Beklagten unstreitig jedenfalls nicht in der gebotenen Form – unter Einhaltung der in § 12 Abs. 1 AVB in zulässiger Weise vereinbarten Schriftform (§ 171 Satz 2 VVG; vgl. Mönnich in MünchKommVVG, § 165 Rdn. 12) – reagiert. Ob der Kläger eine solche eindeutige Erklärung abgegeben hat, kann deshalb nicht nachvollzogen werden. Der konkrete Inhalt der – nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten – mündlich erteilten Zustimmung des Klägers zu einer Beitragsfreistellung steht nicht fest. Unabhängig von den Folgen der Nichteinhaltung der vereinbarten Formvorschrift kann aus den oben dargelegten Gründen aus einer bloßen Zustimmung zu dem Vorschlag der Beklagten, die Versicherung lediglich vorübergehend – „für den gewünschten Zeitraum“ – beitragsfrei zu stellen, ein solcher Wille aber gerade nicht entnommen werden.
bb)
Aus denselben Gründen gilt nichts anderes gilt für den Umstand, dass der Kläger weder dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 21.3.2012 (Bl. 52 d.A.), nach dem die Versicherung „gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen … in einen beitragsfreien Vertrag umgewandelt“ worden sei, noch dem – feststellenden – Schreiben der Beklagten vom 15.8.2012 widersprochen hat.
Gegenteiliges folgt in Bezug auf das Schweigen zu dem Nachtrag insbesondere auch nicht aus § 5 Abs. 1 VVG, nach welchem die Abweichung des Versicherungsscheins vom Antrag des Versicherungsnehmers unter bestimmten Voraussetzungen als genehmigt gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Zwar ist die vorgenannte Bestimmung auch auf Nachträge zum Versicherungsschein anzuwenden, die vom bislang Vereinbarten abweichen (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.2004 – IV ZR 75/03 – VersR 2004, 893; Rixecker in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 5 Rdn. 6). Der Eintritt der Genehmigungsfiktion aus § 5 Abs. 1 VVG setzt jedoch voraus, dass der Versicherer seiner Hinweisobliegenheit gemäß § 5 Abs. 2 VVG Genüge getan und den Versicherungsnehmer auf die Genehmigungsfiktion bei Ausbleiben eines Widerspruchs und auf jede Abweichung vom Antrag und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen aufmerksam gemacht hat. Schon daran fehlt es aber im Streitfall.
cc)
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger der Beklagten – offenbar weiterhin – Prämien für den Zeitraum ab März 2012 schuldet. Der Verzug mit Prämienzahlungen vermag den Versicherer lediglich zur Kündigung des Versicherungsvertrages zu berechtigen (§ 38 Abs. 3 VVG), welche ihrerseits gemäß § 166 Absatz 1 VVG zur Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie Versicherung führt, auf die § 165 VVG anzuwenden ist. Die Beklagte hat allerdings eine Kündigung nicht ausgesprochen.
2. Zur Anschlussberufung
Die Anschlussberufung des Klägers hat Erfolg, weil ein Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes begründet ist.
a)
Dass die Beklagte den bloßen Wunsch des Klägers auf eine Beitragsaussetzung für die Dauer von wenigen Monaten zu Unrecht zum Anlass genommen hat, unter Ausstellung eines entsprechenden Nachtrages die Umwandlung des Versicherungsvertrages in eine prämienfreie Versicherung anzunehmen und die von dem Kläger begehrte Fortsetzung des Vertrages folglich zu Unrecht von einer erneuten Gesundheitsprüfung abhängig gemacht hat, war im Sinne des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig (vgl. OLG Hamm, VersR 2012, 347; Senat, Urt. v. 8.1.2003 – 5 U 383/02-49 – RuS 2004, 33).
b)
Dies begründet eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, weil diese zumindest fahrlässig gehandelt, die Pflichtverletzung mithin zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Allerdings handelt eine Vertragspartei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon dann fahrlässig, wenn sie nicht erkennt, dass die von ihr vertretene Rechtsposition in der Sache nicht berechtigt ist. Deren Berechtigung kann sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Das Verlangen, dessen Ergebnis vorauszusehen, würde die Vertragspartei im Vorfeld des Rechtsstreits überfordern und ihr die Durchsetzung ihrer Rechte unzumutbar erschweren. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt – § 276 Abs. 2 BGB – entspricht eine Vertragspartei vielmehr schon dann, wenn sie prüft, ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen, der eigene Rechtsstandpunkt mithin plausibel ist. Bleibt bei einer Plausibilitätskontrolle ungewiss, ob ihr Rechtsstandpunkt zutreffend ist, so darf sie die sich hieraus ergebenden Rechte geltend machen, ohne selbst Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich ihr Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 133/08 – NJW 2009, 1262; Senat, Urt. v. 3.4.2013 – 5 U 3/12 -).
Gemessen daran hat die Beklagte die Pflichtverletzung zu vertreten.
So hat sie es unterlassen, auf das unklare „Beitragsüberbrückungsverlangen“ des Klägers in Ausübung ihrer Beratungspflichten aus § 6 Abs. 4 VVG (vgl. OLG Hamm, VersR 2012, 347; OLG Köln, RuS 1992, 138; Mönnich in MünchKommVVG, § 165 Rdn. 12) darauf hinzuwirken, dass der Kläger eine seinem Willen entsprechende eindeutige Erklärung abgab. Hierauf war der Kläger aber angewiesen, weil er die hierfür erforderlichen Informationen als versicherungsvertraglicher Laie auch den Versicherungsbedingungen nicht ohne weiteres entnehmen konnte. Stattdessen hat die Beklagte in unklarer Lage die Voraussetzungen einer Vertragsumwandlung – insbesondere den Willen des Klägers zu einer nicht ohne weiteres wieder rückgängig zu machenden Vertragsänderung – angenommen, den Kläger mit ihren Schreiben vom 4.6.2012 (Bl. 53 d.A.) und vom 15.8.2012 (Bl. 28 d.A.) aber zugleich in seiner – aus ihrer Sicht unrichtigen – Auffassung noch bestärkt, er könne eine Fortführung des ursprünglichen Vertrages schlicht durch die Wiederaufnahme der Prämienleistungen erreichen, ohne ihn auf die aus ihrer Sicht einzuhaltende Monatsfrist aus § 9 Abs. 8 der Produktbedingungen hinzuweisen.
Unser diesen Umständen durfte die Beklagte ihren Rechtsstandpunkt, es habe ein Umwandlungswillen des Klägers vorgelegen und sie dürfe deshalb die Fortführung des Versicherungsvertrages von einer erneuten Gesundheitsprüfung abhängig machen, im Rahmen der gebotenen Plausibilitätskontrolle in der Sache nicht für vertretbar halten.
c)
Der Kläger kann mithin im Wege des Schadensersatzes Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten verlangen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts vernünftig und zweckmäßig war (vgl. zu diesem Erfordernis Grüneberg in Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 280 Rdn. 27). Nachdem der Kläger in zweiter Instanz die Kostenaufstellung seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.2.2014 vorgelegt hat, kann offen bleiben, ob er insoweit vor Rechnungstellung auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verwiesen werden konnte (verneinend wohl OLG München, Urt. v. 23.05.2014 – 10 U 5007/13 – unter Darstellung des Meinungsstands), deren Entstehung die Beklagte zu keinem Zeitpunkt dem Grunde oder der Höhe nach in Zweifel gezogen hat.
3.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.
Ausgehend von einer Mindesttodesfallsumme in Höhe von 67.788 DM (= 34.659,45 €) beträgt der Geschäftswert 27.727,56 €. Der Wert einer Klage auf Feststellung des Fortbestehens einer Lebensversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall bestimmt sich nach der Versicherungssumme unter Abzug eines Feststellungsabschlags von 20 % (vgl. BGH, Beschl. v. 23.7.1997 – IV ZR 38/97 – NJW-RR 1997, 1562). Der vom Landgericht vorgenommene Abschlag von 80 % ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine Risikolebensversicherung auf den Todesfall abgeschlossen worden ist, Versicherungsleistungen also nur im Todesfall in versicherter Zeit zu erbringen sind und der Eintritt des Versicherungsfalls demgemäß ungewiss ist (vgl. BGH, aaO.). So liegt es hier nicht, weil die streitgegenständliche Lebensversicherung Versicherungsleistungen auch bei Vertragsablauf in Höhe der insgesamt gutgeschriebenen Fondsanteile vorsieht.
Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).