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Teilkaskoversicherung – Zusammenstoß Haarwild

KG Berlin – Az.: 6 U 166/16 – Beschluss vom 05.06.2018

In dem Rechtsstreit hat der Senat nunmehr über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 42 des Landgerichts Berlin vom 6. Dezember 2016 beraten und beabsichtigt im Ergebnis, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beide Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor.

1) Dem Kläger ist der Nachweis eines Versicherungsfalls gemäß A. 2.2 in Verbindung mit A.2.2.4 der hier vereinbarten AKB gelungen. Danach besteht Versicherungsschutz in der Teilkaskoversicherung u. a. bei Beschädigung des Fahrzeuges einschließlich seiner mitversicherten durch die nachfolgend aufgezählten Ereignisse, wozu gemäß A.2.2.4 im Basis-Tarif der Zusammenstoß mit Haarwild zählt.

Dem Versicherungsnehmer obliegt der Vollbeweis gemäß § 286 ZPO dafür, dass es zu einem Zusammenstoß zwischen Haarwild und dem versicherten Fahrzeug gekommen ist und der an seinem Fahrzeug eingetretene Schaden auf diesem Zusammenstoß beruht (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.91 – IV ZR 204/90 – zitiert nach juris: Rdnr. 14, 15). Steht ein Zusammenstoß mit einem Haarwild fest, muss der Versicherungsnehmer auch den Nachweis führen, dass der weitere Unfallablauf durch diesen Zusammenstoß in adäquat kausaler Weise verursacht wurde, wobei dem Versicherungsnehmer der Anscheinsbeweis zugute kommen kann (vgl. BGH, a. a. O. – zitiert nach juris: Rdnr. 15). Der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Zusammenstoß mit einem Haarwild und dem anschließenden Unfallablauf ist auch dann gegeben, wenn der Zusammenstoß die adäquate Ursache für ein späteres zum Unfall führendes Fehlverhalten des Fahrzeugführers war (vgl. BGH, a. a. O. – zitiert nach juris: Rdnr. 19).

a) Dem Kläger gelingt der Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalles hier schon durch die objektiven Umstände.

aa) Der Kläger informierte nach dem Unfall entsprechend den Bedingungen die Polizei. Der Unfall wurde anschließend von den Polizeibeamten aufgenommen. Dies geschah nicht an der Unfallstelle, sondern im nächsten Dorf. Die Polizeibeamten hatten zuvor ausweislich des Unfallprotokolls auch die Unfallstelle passiert. Anschließend untersuchten sie das Fahrzeug und dokumentierten diverse Schäden, die bei dem geschilderten Unfall nach den Schilderungen des Klägers entstanden sind. Die Polizeibeamten stellten dabei keine Auffälligkeiten fest, die gegen den geschilderten Ablauf des Unfalls sprechen könnten. Sie vermerkten, dass sie an der Fahrzeugfront leichte rötliche Spuren sahen, aber keine Haare erkennen konnten (Bl. 10 d. A.). Im Protokoll ist zu der Art des Tieres keine Äußerung des Klägers vermerkt. Dort heißt es lediglich, der Fahrer “hätte … ein Tier auf der Fahrbahn übersehen”. Ein totes Haarwild haben die Polizeibeamten unstreitig nicht im Bereich der Unfallstelle gefunden. Sie haben als Unfallursache “Wild auf der Fahrbahn” angenommen.

bb) Die Beklagte ließ das Fahrzeug durch den Sachverständigen … begutachten. Dieser führte auf Seite vier seines Gutachtens vom 27. Februar 2014 aus, dass die am Fahrzeug festgestellten Beschädigungen darauf hindeuten, dass Art und Lage der im Frontbereich vorhandenen Beschädigungen – Abweichungen zu dem von den Polizeibeamten dokumentierten Schadensbild stellt er nicht fest – darauf hindeuten, dass der Schaden im Frontbereich durch einen Zusammenstoß mit einem “weichen Körper” entstanden sein kann. Der Gutachter stellte auch Haare im Schadensbereich sicher, die er als “konkrete Spuren” bezeichnete. Die vom Gutachter gefertigten Fotos zeigen Haare im Bereich des vorderen Stoßfängers (Bilder 10, 11). Der Schaden an der rechten Fahrzeugseite lässt sich “plausibel” mit einem streifenden Kontakt mit einer Leitplanke erklären. Der Gutachter hat auch die Unfallstelle besichtigt und dort Spuren an der Leitplanke bemerkt, die sich als Kratzspuren sowie Reifenabdruckspuren darstellen (Bilder 20 – 22 zum GA). Insgesamt hegte der Gutachter keine Zweifel daran, dass das Schadensbild am Fahrzeug des Klägers auf den geschilderten Wildunfall – er ging allerdings von einem Rehwild aus – mit anschließend streifender Kollision mit der Leitplanke zurückzuführen sein kann.

cc) Die Beklagte ließ am Fahrzeug sichergestelltes Haar untersuchen. Der Gutachter R… kam in seinem Gutachten vom 1. Februar 2014 zu dem Ergebnis, dass die von ihm untersuchte Haarprobe von einem lebenden Wildschwein stammt, worauf die Blutpartikel hindeuten. Bei einem Wildschein handelt es sich um Haarwild im Sinne der Bedingungen.

Gegen beide von ihr in Auftrag gegebene Gutachten hat die Beklagte keine Bedenken erhoben.

Auch wenn einem Versicherungsnehmer grundsätzlich keine Beweiserleichterungen für einen Wildunfall zustehen, weil erstens – anders als bei einem Diebstahl – das Fahrzeug noch vorhanden ist und die Spurenlage zur Erbringung des Beweises durch einen Sachverständigen begutachtet werden kann und zweitens die Eintrittspflicht des Versicherers in der Teilkaskoversicherung nicht schon dadurch ausgelöst werden soll, dass der Versicherungsnehmer das Auftauchen eines Haarwildes lediglich behauptet, ist doch zu berücksichtigen, dass der Versicherungsnehmer dann in Beweisnot geraten kann, wenn er zur Zeit des Unfalls allein im Fahrzeug war und das Haarwild, mit dem der Zusammenstoß erfolgte, nicht tot an der Unfallstelle aufgefunden wurde, sondern (zunächst) überlebt hat und verschwunden ist. Deshalb müssen die Spurenlage am Unfallort und die Beschädigungen am Fahrzeug ausreichen können, um den Nachweis eines Unfalls durch einen Zusammenstoß mit Haarwild zu führen.

Als Zwischenergebnis kann hier nach den von der Beklagten eingeholten Gutachten festgestellt werden, dass ein schlüssiges Spurenbild vorliegt, wobei die Schäden an der Fahrzeugfront und an der Motorhaube rechts am klägerischen Fahrzeug dafür sprechen, dass es eine Kollision des Fahrzeuges mit einem Tier gegeben hat. Das weitere Schadensbild am Fahrzeug ist kompatibel zu dem Schadensbild an der Leitplanke am angegebenen Unfallort und spricht dafür, dass das Fahrzeug dort streifend gegen die Leitplanke geprallt ist. Da die vom Gutachter untersuchten Haarproben, die am Fahrzeug des Klägers vorgefunden wurden, von einem Wildschwein stammen, sprechen die Umstände plausibel dafür, dass ein Zusammenstoß mit einem Wildschwein stattgefunden hat. Gab es eine solche Kollision des Fahrzeuges mit einem Wildschwein spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Fahrer des Fahrzeuges im Zusammenhang mit dem Anstoß in der Folge die Kontrolle über das Fahrzeug verlor und gegen die Leitplanke prallte. Umstände, die den Anscheinsbeweis entkräften könnten, sind nicht vorgetragen worden.

dd) Für den Bereich der Vollkaskoversicherung ist anerkannt, dass die Frage, ob der Versicherungsnehmer den Nachweis eines Unfalls i.S.v. A.2.3.2 AKB geführt hat, nicht allein danach zu beantworten ist, ob sich das Geschehen, wie vom Kläger behauptet, ereignet haben kann. Kann der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht jedoch fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall i.S.v. A.2.3.2. AKB beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Einstandspflicht des Versicherers zu begründen. Dies gilt letztlich auch dann, wenn sich der Versicherungsfall so, wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann. Die Klage ist dagegen in Ermangelung eines Versicherungsfalls abzuweisen, wenn feststeht, dass der behauptete Unfall, aus dem Ansprüche gegen den Versicherer hergeleitet werden, an der angegebenen Unfallstelle und unter den angegebenen Bedingungen nicht stattgefunden haben kann, sondern nur anderswo und unter anderen Bedingungen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17. 11. 2016 – 7 U 34/16 -, zitiert nach juris: Rdnr. 22; OLG Karlsruhe, Urt. V. 16.03.2006 – 12 U 292/05 – zitiert nach juris: Rdnr. 12).

Teilkaskoversicherung - Zusammenstoß Haarwild
(Symbolfoto: Von Petair/Shutterstock.com)

Diese Grundsätze sind im Ansatz auf die Teilkaskoversicherung in der Weise übertragbar, dass es, wenn die Spurenlage plausibel für einen Wildunfall spricht, die Beklagte Tatsachen vortragen muss, aus denen sich schlüssig ergibt, dass der Unfall nicht mit einem Haarwild erfolgt ist oder sich anderswo unter anderen Bedingungen abgespielt haben muss.

b) Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die dafür sprechen, dass sich der Unfall nicht mit einem Haarwild oder nur an anderer Stelle und unter anderen Bedingungen ereignet haben kann.

aa) Die Beklagte schließt im zweiten Rechtszug selbst nicht mehr aus, dass es an der Unfallstelle zu einer Kollision des klägerischen Fahrzeugs mit einem Tier gekommen ist und dadurch deutliche Spuren am Fahrzeug entstanden sind (Schriftsatz vom 18.05.2017, S. 2, Bl. 163 d. A.).

bb) Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich auch nicht, dass die von den Polizeibeamten und dem Gutachter festgestellten Schäden im Frontbereich nicht durch einen Zusammenstoß mit einem Wildschwein entstanden sein können. Erstmals im zweiten Rechtszug beruft sich die Beklagte darauf, dass es unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers und des Zeugen … unplausibel sei, dass als schwerster Schaden an dem Fahrzeug bei der Frontalkollision eine Delle entstanden ist (Berufungsbegründung S. 4, Bl. 141 d. A.). Dabei übersieht sie jedoch, dass der von ihr beauftragte Gutachter … bei dem festgestellten Schadensbild eine Kollision mit einem Reh für plausibel gehalten hat. Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte konkret darlegen müssen, warum das Schadensbild, das bei einer Kollision mit einem Wildschwein an dem Fahrzeug hätte entstehen müssen, ein anderes sein muss als bei einer Kollision mit einem Reh und welche konkret anderen Schäden dabei hätten entstehen müssen. Denn sowohl die Größe und das Gewicht eines Rehs sind unterschiedlich und hängen u. a. von Alter und Geschlecht des Tieres ab. Gleiches gilt für Wildschweine. Außerdem ist das Ausmaß des Schadens abhängig davon, an welcher Körperstelle das Tier von dem klägerischen Fahrzeug getroffen wurde. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein Reh und ein Wildschwein identische Spuren hinterlassen haben können. Sollte der Zeuge … weniger schnell gefahren sein, so dass der Anprall weniger heftig war, ändert dies am Eintritt des Versicherungsfalls nichts. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Vortrag im zweiten Rechtszug überhaupt noch zu berücksichtigen ist, weil entsprechend bereits im ersten Rechtszug hätte vorgetragen werden können.

bb) Gegen die Richtigkeit des klägerischen Vortrages spricht auch nicht das Vorhandensein einer Leitplanke an der in Fahrtrichtung des Klägers rechten Fahrbahnseite. Denn ein Überspringen der Leitplanke durch ein Wildschwein war nicht erforderlich, um den Unfall zu verursachen. Es lässt sich nur feststellen, dass das Tier, mit dem es zur Kollision kam, sich rechts vom klägerischen Fahrzeug befand und sich von dort dem Fahrzeug angenähert hat. Dies war auch möglich, wenn sich das Tier schon zuvor am rechten Fahrbahnrand befunden hat und die Straße – vom Kläger aus gesehen von rechts nach links – überqueren wollte. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Verhalten von Wildschweinen an Leitplanken (S. 4 der Berufungsbegründung = Bl. 141 d. A.) bedurfte es nicht.

cc) Auch der streifende Anstoß an die rechte Leitplanke stellt nicht das Ergebnis einer völlig unplausiblen Reaktion auf den Zusammenstoß mit einem Wildschwein dar. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem sich die Reaktionen von Fahrzeugführern auf plötzlich auftauchende Hindernisse sicher vorhersagen lassen. Dies gilt gerade dann, wenn zu berücksichtigen ist, dass es dabei auch zu Fehlreaktionen kommen kann. Insoweit ist es tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass der Zeuge … das Fahrzeug nach der Kollision nach rechts lenkte und gegen die Leitplanke geriet. Ein völlig unangemessenes Fehlverhalten des Fahrers nach der Kollision, das im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verneinung eines adäquaten Ursachenzusammenhanges führen könnte, lässt sich nicht feststellen.

c) Der Kläger und der Zeuge … sind nicht wegen Abweichungen in ihren Angaben vor dem Landgericht als unglaubwürdig einzuschätzen. Denn die Lebenserfahrung zeigt, dass Wildunfälle sich für die Fahrzeuginsassen sehr plötzlich ereignen, weil das Tier erst unmittelbar vor dem Aufprall und so spät bemerkt wird, dass ein Unfall nicht mehr verhindert werden kann. Der Fahrer kann oftmals nach dem Unfall nicht mehr genau angeben, woher das Tier genau kam, weil es in der subjektiven Wahrnehmung überraschend und plötzlich auftauchte. Verschwindet das Tier anschließend wieder, weil es nicht an der Unfallstelle durch den Anprall getötet wurde, passiert es erfahrungsgemäß, dass der Fahrer schreckbedingt nicht mehr sicher angeben kann, um was für ein Tier es sich gehandelt hat. Insoweit haben der Kläger und der Zeuge in ihren persönlichen Angaben vor dem Landgericht überzeugend erklärt, dass sie sich nicht sicher sind, was für ein Tier vor das Fahrzeug gelaufen ist. Es bestand für sie auch kein Grund, später von einem Reh statt von einem Wildschwein zu berichten, denn beide Tiere sind Haarwild im Sinne der AKB. Es ist sicher zutreffend, dass beim Betrachten in Ruhe aus einem Fahrzeug heraus ein Reh stets deutlich von einem Wildschwein unterschieden werden kann. Anders ist die Situation jedoch bei einem plötzlichen Unfall auf einer Landstraße bei Dunkelheit.

Die Unglaubwürdigkeit des Klägers und des Zeugen … lässt sich auch nicht aus dem Umstand ableiten, dass die Angaben des Klägers und des Zeugen zu Anlass und Zweck der Fahrt insoweit vage sind und sich insoweit auch teilweise widersprechen. Denn Fragen zu Anlass und Zweck der Fahrt spielen für die Feststellung des Versicherungsfalls keine Rolle. Selbst wenn der Kläger und der Zeuge insoweit keine überzeugenden Angaben gemacht haben, spricht dies nicht gegen die Richtigkeit ihrer Angaben zum eigentlichen Unfallgeschehen. Er muss sich vor der Beklagten nicht rechtfertigen, warum er mit seinem Fahrzeug an der Unfallstelle war.

3) Die Beklagte ist auch nicht wegen arglistiger Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei geworden. Da die Beklagte jegliche Leistung aus dem Versicherungsvertrag verweigert hat, sind die dem Kläger vorgehaltenen Obliegenheitsverletzungen jedenfalls folgenlos geblieben. Leistungsfreiheit der Beklagten tritt deshalb nur bei einem arglistigen Verhalten des Klägers ein.

a) Der Beklagten gelingt der Nachweis nicht, dass der Kläger sein Fahrzeug erst nach dem Unfall mit Tierhaaren präpariert und somit Spuren eines Wildunfalls vorgetäuscht hat, was den Vorwurf eines arglistigen Täuschungsversuchs rechtfertigen würde.

Der Umstand, dass die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten keine Tierhaare an der Fahrzeugfront erkennen konnten, schließt nicht aus, dass gleichwohl Wildhaare vorhanden waren. Der Unfall wurde unstreitig bei Dunkelheit aufgenommen. Nach dem Vortrag des Klägers hat es bei der Unfallaufnahme auch geregnet. Ein Übersehen einzelner Haare durch die Polizeibeamten ist deshalb nicht auszuschließen.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger später selbst Haare im Schadensbereich angebracht hat. Es ist schon fraglich, ob der Kläger derartige Tierhaare mit Blutspuren von einem lebenden Tier beschaffen konnte. Jedenfalls wäre es nicht verständlich, warum er bei der Schadensabwicklung gegenüber der Beklagten angibt, dass es zur Kollision mit einem Reh gekommen sei, wenn er sich doch Haare von einem Wildschwein beschafft hätte.

Es ist auch nicht zwingend, dass der Regen etwaige Haare im Anstoßbereich vom Fahrzeug abgespült hätte. Denn die Stabilität der Anhaftung eines Tierhaares am Fahrzeug hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hierzu hat die Beklagte jedoch nichts Konkretes vorgetragen.

Die Beklagte schlussfolgert diesen Vorwurf einer nachträglichen Anbringung von Wildschweinhaaren am Fahrzeug auch erkennbar aus dem Umstand, dass der Kläger bei der Schadensabwicklung mit der Beklagten als “Unfallgegner” ein Reh angegeben hat. Dies spricht – auf die obigen Ausführungen wird verwiesen – jedoch nur dafür, dass der Kläger bei dem Unfall nicht sicher erkannt hat, mit welcher Art von Tier der Unfall stattfand.

b) Es liegt auch keine arglistige Falschangabe des Klägers bei der Beantwortung der Fragen der Beklagten vor, weil er dort ein Reh als das Tier angegeben hat, mit dem die Kollision erfolgte. Insofern lag ein Irrtum vor, weil der Kläger, wie seine Anhörung gezeigt hat, nicht sicher wahrgenommen hat, um welche Art von Tier es sich gehandelt hat. Es liegt auch insoweit keine Angabe ins Blaue hinein vor, bei der der Kläger damit rechnete, dass sie auch falsch sein könnte. Der Kläger hätte zwar insoweit klar äußern sollen, dass er insoweit nur eine Vermutung anstellt, es spricht aber nichts dafür, dass er bewusst aufs “Geratewohl” eine Angabe gemacht hat. Jedenfalls hat der Kläger eine Untersuchung seines Fahrzeuges durch einen von der Beklagten beauftragten Gutachter ermöglicht. Dies spricht dagegen, dass er die eigenen Untersuchungen der Beklagten beeinflussen und eine Regulierungsentscheidung zu seinen Gunsten durch eine Falschangabe fördern wollte.

c) Der Beklagten gelingt auch der Nachweis nicht, dass der Kläger arglistig Falschangaben zu unreparierten Vorschäden am Fahrzeug im Fragebogen gemacht hat. Auch insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Der Kläger konnte davon ausgehen, dass die Beklagte einen Gutachter mit der Untersuchung des beschädigten Fahrzeuges beauftragen würde. Er hat das Fahrzeug dem von der Beklagten beauftragten Gutachter zur Untersuchung und zum Treffen eigener Feststellungen zur Verfügung gestellt, so dass sich der Sachverständige ein eigenes Bild von den erkennbaren Vorschäden machen konnte. Bei den Vorschäden handelte es sich um keine versteckten Schäden. Anhaltspunkte dafür, der Kläger habe gehofft, der Sachverständige werde die Vorschäden übersehen, liegen damit nicht vor. Bei dieser Sachlage steht nicht fest, dass der Kläger beim Ausfüllen des Fragebogens die Regulierungsentscheidung der Beklagten zu seinen Gunsten beeinflussen wollte. Hinreichende Anhaltspunkte für ein arglistiges Verhalten des Klägers bei Angaben zu unreparierten Vorschäden liegen damit nicht vor.

4) Die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Versicherungsleistung steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

5) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil unter Zulassung der Revision nicht erforderlich. Zur Rechtsfortbildung eignet sich die hier streitige Sache nicht. Sonstige Gründe, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebieten, liegen nicht vor.

II.

Der Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen gegeben. Aus Kostengründen sollte die Zurücknahme der Berufung erwogen werden.

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