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Schwamm-Ausschlussklausel in Gebäudeversicherungsvertrag kann unwirksam sein

Ein Hausbesitzer in Nordrhein-Westfalen kämpft gegen seine Versicherung um die Kostenübernahme für einen Schwammschaden nach einem Wasserrohrbruch. Der Bundesgerichtshof rügt nun das Oberlandesgericht Köln für die unzureichende Beweisaufnahme und stärkt die Rechte von Versicherten bei derartigen Schäden. Es geht um die Frage, ob die Versicherung sich zu Recht auf eine Klausel beruft, die Schäden durch Schwamm vom Versicherungsschutz ausschließt, obwohl diese häufig durch Wasserschäden entstehen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bundesgerichtshof (BGH)
  • Datum: 13.11.2024
  • Aktenzeichen: IV ZR 212/23
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsvertragsrecht, AGB-Recht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Die Klägerin verlangt Leistungen aus einem Gebäudeversicherungsvertrag wegen eines Wasserschadens und argumentiert, dass der Ausschluss von Schäden durch Schwamm in den Versicherungsbedingungen einer AGB-rechtlichen Überprüfung nicht standhalte.
  • Beklagte: Die Beklagte ist die Versicherungsgesellschaft, die die Regulierung des Schadens verweigerte, indem sie sich auf den Ausschluss für Schwammschäden in den Versicherungsbedingungen berief.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin errichtete ein Haus in Holzrahmenbauweise, das bei der Beklagten versichert ist. Ein im Oktober 2019 entdeckter Wasserschaden entstand durch das Austreten von Leitungswasser, wobei die Bodenkonstruktion von Schwamm befallen wurde. Die Beklagte lehnte die Schadensregulierung mit Verweis auf den Leistungsausschluss für Schwammschäden in den Versicherungsbedingungen ab.
  • Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, ob der Ausschluss von Schwammschäden in den Versicherungsbedingungen eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers darstellt und somit unwirksam ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Der BGH hob den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens. Die Revision wurde zugelassen.
  • Begründung: Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ohne ausreichende Sachverhaltsklärung und Beweisaufnahme über die Typizität von Schwammschäden entschieden hat. Die Annahme, dass Schwammschäden keine regelmäßige Folge von Leitungswasseraustritt seien, wurde ohne sachverständige Hilfe getroffen, obwohl dies für die Entscheidung erheblich war.
  • Folgen: Das Urteil ermöglicht es der Klägerin, in der neuen Verhandlung den Nachweis zu führen, dass der Ausschluss von Schwammschäden in den Versicherungsbedingungen unangemessen und daher unwirksam ist. Dies könnte zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung führen. Zudem wird die Möglichkeit einer Ausübungskontrolle im Sinne von § 242 BGB thematisiert.

Streit um Schwamm-Ausschlussklauseln: Verbraucherrechte im Fokus

Im Rahmen von Gebäudeversicherungsverträgen spielen Schwamm-Ausschlussklauseln oft eine zentrale Rolle. Diese Klauseln dienen dazu, bestimmte Schadensansprüche vom Versicherungsschutz auszuschließen. Doch zunehmend gerät die Wirksamkeit solcher Klauseln in die rechtliche Diskussion, insbesondere wenn es um den Schutz der Verbraucherrechte geht. Unwirksame Klauseln können erhebliche Risiken für Versicherungsnehmer bergen, die im Schadensfall auf ihrer Haftpflichtversicherung angewiesen sind.

Die juristische Bewertung dieser Klauseln orientiert sich häufig an den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und den jeweiligen Versicherungsbedingungen. Gerichte prüfen die Vertragsbedingungen auf ihre Klarheit und Angemessenheit. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, der die Problematik der Schwamm-Ausschlussklausel und deren mögliche Unwirksamkeit erörtert.

Der Fall vor Gericht


BGH stärkt Versicherungsschutz bei Schwammschäden nach Leitungswasseraustritt

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Beschluss vom 13. November 2024 die Rechte von Gebäudeversicherungsnehmern bei Schwammschäden durch Leitungswasser gestärkt. Im konkreten Fall ging es um ein 2010/2011 errichtetes Wohnhaus in Holzständerbauweise, das durch einen Leitungswasserschaden in der Dusche im ersten Obergeschoss von weißem Porenschwamm (Antrodia) befallen wurde.

Streit um Versicherungsausschluss bei Schwammbefall

Die betroffene Hauseigentümerin hatte von ihrer Gebäudeversicherung Schadensersatz in Höhe von 66.184,74 EUR gefordert. Die Versicherung verweigerte jedoch die Regulierung des Großteils der Summe unter Berufung auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen, die Schäden durch Schwamm generell vom Versicherungsschutz ausschließt. Das Landgericht sprach der Klägerin lediglich 4.989,81 EUR zu, das Oberlandesgericht Köln wies ihre Berufung zurück.

BGH bemängelt fehlerhafte Beweisaufnahme

Wasserschaden in einem Badezimmer eines Holzhauses mit leichtem Schimmelbefall an der Wand.
Schwammbefall und Versicherungsschutz bei Schäden | Symbolfoto: Flux gen.

Der BGH hob den Beschluss des OLG Köln auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Die Richter rügten insbesondere, dass das Berufungsgericht den angebotenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben hatte. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass ein Schwammbefall eine regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge des Austritts von Leitungswasser in nahezu dem gesamten Wohngebäudebestand in Deutschland sei, da praktisch alle Gebäude Holzkonstruktionen enthielten.

Prüfung der Wirksamkeit von Ausschlussklauseln

Der BGH betonte, dass Versicherungsnehmer von ihrer Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und lückenlosen Schutz erwarten dürfen, soweit sich aus den Bedingungen keine Einschränkungen ergeben. Bei der Prüfung der Wirksamkeit von Ausschlussklauseln müsse berücksichtigt werden, ob diese den Vertragszweck gefährden. Eine solche Gefährdung liege vor, wenn die Einschränkung den Vertrag aushöhle und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos mache.

Rechtliche Folgen für die weitere Verhandlung

Das Berufungsgericht muss nun unter sachverständiger Begleitung klären, ob Schwammschäden tatsächlich eine typische Folge von Leitungswasserschäden sind. Zudem soll geprüft werden, ob die Berufung der Versicherung auf die Ausschlussklausel im konkreten Fall Rechtsmissbräuchlich sein könnte. Der BGH wies auch darauf hin, dass möglicherweise ein Verstoß gegen die Beratungspflicht der Versicherung vorliege, da diese die Holzbauweise des Hauses kannte und dennoch einen Vertrag mit generellem Schwammausschluss abschloss.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Bundesgerichtshof (BGH) hob den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Der BGH befand, dass das Oberlandesgericht der Klägerin in ihrem Recht auf rechtliches Gehör verletzt hatte, indem es ein entscheidungsrelevantes Argument bezüglich der Wirksamkeit einer AGB-Klausel zum Schwammschaden-Ausschluss nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Die Frage, ob diese Klausel im vorliegenden Fall die Vertragsvereinbarung gefährdet, muss vom Berufungsgericht neu geprüft werden. Das Urteil betont die Wichtigkeit einer umfassenden Berücksichtigung der Argumentation der Parteien im Gerichtsverfahren.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil verdeutlicht für Hauseigentümer mit Gebäudeversicherungen, dass Versicherungsbedingungen, besonders Klauseln zum Ausschluss von Schäden (z.B. durch Schwamm), gründlich geprüft und im Streitfall umfassend vor Gericht dargelegt werden müssen. Ein Gericht muss alle relevanten Argumente berücksichtigen. Sollten Sie einen Wasserschaden haben und Ihre Versicherung Leistungen aufgrund einer solchen Klausel ablehnt, ist es wichtig, alle relevanten Aspekte, wie z.B. die Bauweise des Hauses, fachmännisch darzulegen. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation von Schäden und der Inanspruchnahme rechtlichen Beistands bei Streitigkeiten mit der Versicherung. Sie sollten aktiv Ihre Rechte wahrnehmen und eine umfassende Prüfung Ihrer Versicherungsbedingungen vornehmen.


Ihr Recht auf rechtliches Gehör

Das Urteil des BGH zeigt, wie wichtig es ist, dass Ihre Argumente im Versicherungsstreitfall vor Gericht Gehör finden. Gerade bei komplexen Sachverhalten, wie der Beurteilung von Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen, ist eine professionelle rechtliche Unterstützung unerlässlich. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte gegenüber der Versicherung durchzusetzen und sorgen dafür, dass Ihre Position umfassend und effektiv vertreten wird. Sichern Sie sich die bestmögliche Vertretung Ihrer Interessen, damit Sie im Streitfall nicht benachteiligt werden.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Schäden muss eine Wohngebäudeversicherung bei Leitungswasserschäden grundsätzlich abdecken?

Die Wohngebäudeversicherung deckt bei Leitungswasserschäden zwei grundlegende Schadensarten ab: Nässeschäden und Bruchschäden.

Nässeschäden am Gebäude

Bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser wird als Versicherungsfall anerkannt, wenn es aus:

  • Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen)
  • Heizungs- und Klimaanlagen
  • Wasserlösch- und Berieselungsanlagen
  • Wasserbetten und Aquarien austritt.

Die Versicherung übernimmt die Kosten für Schäden an fest verbauten Bestandteilen wie:

  • Wänden und Böden
  • Sanitärinstallationen
  • Einbauküchen
  • Parkett.

Bruchschäden innerhalb des Gebäudes

Die Versicherung leistet bei frostbedingten oder sonstigen Bruchschäden an:

  • Rohren der Wasserversorgung
  • Warmwasseranlagen
  • Badeinrichtungen
  • Armaturen
  • Sanitärgegenständen.

Bruchschäden außerhalb des Gebäudes

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf Zuleitungsrohre der:

  • Wasserversorgung
  • Warmwasserheizungsanlagen die sich auf dem Versicherungsgrundstück befinden.

Ein wichtiger Hinweis zur Rechtsprechung: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2021 müssen Gebäudeversicherer nicht für Nässeschäden durch undichte Silikonfugen zahlen. Sie leisten nur, wenn das Wasser direkt aus dem Rohrleitungssystem austritt.

Die Versicherung übernimmt neben den direkten Schäden auch die Kosten für:

  • Reparaturen
  • Instandsetzung
  • Beseitigung der Schäden
  • Direkt nachweisbare Folgeschäden.

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Wann sind Ausschlussklauseln in Versicherungsverträgen unwirksam?

Ausschlussklauseln in Versicherungsverträgen sind unwirksam, wenn sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen. Dies ist insbesondere in folgenden Fällen gegeben:

Fehlende Klarheit und Verständlichkeit

Eine Ausschlussklausel muss für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer klar und verständlich formuliert sein. Wenn Sie einen Versicherungsvertrag abschließen, müssen Sie die Einschränkungen des Versicherungsschutzes ohne rechtliche Beratung erfassen können.

Unbestimmte Formulierungen

Ausschlussklauseln sind unwirksam, wenn sie zu vage oder unbestimmt formuliert sind. Ein Beispiel ist die Formulierung „bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand“. In diesem Fall können Sie als Versicherungsnehmer nicht eindeutig erkennen, welche konkreten Krankheiten oder Zustände zum Leistungsausschluss führen.

Unverhältnismäßige Benachteiligung

Eine Ausschlussklausel ist auch dann unwirksam, wenn sie den Vertragszweck gefährdet. Dies ist der Fall, wenn die Klausel Schäden ausschließt, die typischerweise und zwangsläufig mit dem versicherten Risiko verbunden sind. Stellen Sie sich etwa eine Leitungswasserversicherung vor, bei der Wasserschäden die Hauptleistung darstellen.

Unklarer Leistungsumfang

Die Klausel muss den verbleibenden Versicherungsschutz nachvollziehbar machen. Wenn Sie als Versicherungsnehmer nicht erkennen können, in welchem Umfang die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit sein soll, ist die Klausel unwirksam. Dies gilt besonders bei nicht abschließenden Beispiellisten oder unklaren Begrifflichkeiten.


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Welche Beratungspflichten hat die Versicherung beim Vertragsabschluss?

Die Versicherung muss Sie vor Vertragsabschluss anlassbezogen zu Ihren Wünschen und Bedürfnissen befragen und beraten. Diese gesetzliche Beratungspflicht richtet sich nach der Komplexität der Versicherung und Ihrer persönlichen Situation.

Umfang der Beratungspflicht

Der Versicherer muss die Beratung an die Schwierigkeit des Versicherungsprodukts und Ihre individuellen Verhältnisse anpassen. Bei einer einfachen KFZ-Haftpflichtversicherung für einen geschäftserfahrenen Kunden kann die Beratung knapp ausfallen. Dagegen erfordert eine private Krankenversicherung für einen unerfahrenen Versicherungsnehmer eine deutlich umfangreichere Beratung.

Dokumentationspflicht

Die Versicherung muss den gesamten Beratungsverlauf dokumentieren. Diese Dokumentation enthält:

  • Die Befragung zu Ihren Wünschen und Bedürfnissen
  • Die erteilten Ratschläge
  • Die Gründe für die Empfehlungen

Beratung während der Vertragslaufzeit

Die Beratungspflicht besteht nicht nur beim Vertragsabschluss, sondern setzt sich während der gesamten Vertragslaufzeit fort. Wenn sich wichtige Umstände ändern oder ein Beratungsanlass erkennbar ist, muss die Versicherung von sich aus tätig werden.

Verzichtsmöglichkeit

Sie können auf die Beratung durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten. Die Versicherung muss Sie dabei ausdrücklich darauf hinweisen, dass ein Verzicht nachteilige Auswirkungen auf mögliche Schadensersatzansprüche haben kann.

Folgen von Beratungsfehlern

Bei Verletzung der Beratungspflicht ist die Versicherung zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet. Ein Beratungsfehler liegt beispielsweise vor, wenn die Versicherung Sie nicht ausreichend zu Ihrem Absicherungsbedarf befragt und dadurch bestimmte Risiken unversichert bleiben.


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Wie können Versicherungsnehmer ihre Ansprüche bei abgelehnter Schadensregulierung durchsetzen?

Wenn Ihre Versicherung eine Schadensregulierung ablehnt, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können, um Ihre Ansprüche durchzusetzen:

1. Prüfung der Ablehnung

Analysieren Sie die Begründung der Versicherung sorgfältig. Oft finden sich hier bereits Ansatzpunkte für einen Widerspruch. Beispiel: Wenn die Versicherung den Schaden aufgrund einer Schwamm-Ausschlussklausel ablehnt, prüfen Sie, ob diese Klausel im Kontext Ihres Schadensfalls wirksam ist.

2. Widerspruch einlegen

Lehnen Sie der Versicherung Ihren Antrag ab, sollten Sie die Begründung genau überprüfen. Ist diese nicht stichhaltig, können Sie der Ablehnung widersprechen. Beispiel: Wenn Sie der Meinung sind, dass der Schwammbefall eine Folge eines versicherten Wasserschadens ist, legen Sie Widerspruch ein und belegen Sie dies mit relevanten Dokumenten wie Gutachten.

3. Beschwerde bei der Versicherungsombudsstelle

Falls der Widerspruch erfolglos bleibt, können Sie sich bei der Versicherungsombudsstelle beschweren. Diese Schlichtung ist für die Versicherung oft bindend und kostet Sie nichts. Beispiel: Wenn Sie der Meinung sind, dass die Versicherung Ihre Ansprüche ungerechtfertigt ablehnt, kann die Ombudsstelle eine faire Lösung finden.

4. Rechtliche Schritte

Wenn alle anderen Versuche scheitern, können Sie eine Klage einreichen. Hierbei ist es ratsam, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, der Ihre Ansprüche vor Gericht einfordert. Beispiel: Wenn der Streitwert über 5.000 Euro liegt, müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen.

5. Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für die Durchsetzung von Ansprüchen finden sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere in den §§ 186-191 zur Unfallversicherung. Wichtige Aspekte sind:

  • Das Recht auf eine nachvollziehbare Begründung der Ablehnung
  • Die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen
  • Das Recht auf Akteneinsicht
  • Die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung

6. Handlungsempfehlung

Wenn Ihre Versicherung die Zahlung verweigert, ist das frustrierend, aber kein Grund zur Resignation. Mit dem richtigen Vorgehen und kompetenter rechtlicher Unterstützung haben Sie gute Chancen, Ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen. Beispiel: Wenn Sie sich an einen Anwalt wenden, kann dieser Ihre Erfolgsaussichten einschätzen und Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützen.

7. Schwamm-Ausschlussklausel

Beachten Sie, dass eine Schwamm-Ausschlussklausel in der Gebäudeversicherung nicht immer wirksam ist. Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil vom 11.09.2023 (AZ: 9 U 19/23) festgestellt, dass Schwammschäden unabhängig von ihrer Ursache nicht mitversichert sind. Beispiel: Wenn Ihr Haus in Holzständerbauweise errichtet ist und ein Wasserschaden zu einem Schwammbefall führt, kann die Versicherung sich auf die Ausschlussklausel berufen, sofern diese im Vertrag klar formuliert ist.

Durch diese Schritte und die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen können Sie Ihre Ansprüche bei abgelehnter Schadensregulierung durchsetzen.


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Welche Bedeutung haben Sachverständigengutachten bei Versicherungsstreitigkeiten?

Sachverständigengutachten nehmen eine zentrale Rolle bei der Klärung von Streitfragen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung ein. Sie dienen als objektive Grundlage für die Schadensregulierung und können entscheidend für den Ausgang des Streits sein.

Funktion im Versicherungsfall

Ein Sachverständigengutachten liefert eine detaillierte und fachkundige Bewertung des Schadens. Dabei werden die genaue Ursache, der Umfang der Beschädigungen, die notwendigen Sanierungsmaßnahmen und eine Kostenaufstellung für die Schadensbeseitigung erfasst. Diese Informationen sind für die Versicherung essentiell, um die Höhe der Entschädigung festzulegen.

Ablauf des Sachverständigenverfahrens

Wenn Sie als Versicherungsnehmer mit der Schadensbewertung Ihrer Versicherung nicht einverstanden sind, können Sie ein Sachverständigenverfahren einleiten. Dabei benennen beide Parteien jeweils einen eigenen Sachverständigen. Diese Experten erstellen unabhängig voneinander ihre Gutachten. Bei unterschiedlichen Bewertungen wird ein neutraler Obmann hinzugezogen, der eine verbindliche Entscheidung innerhalb der von den Sachverständigen gezogenen Grenzen trifft.

Rechtliche Wirkung

Die Entscheidungen im Sachverständigenverfahren sind für beide Parteien bindend, sofern sie nicht offensichtlich von der tatsächlichen Sachlage abweichen. Das Verfahren stellt dabei kein Schlichtungsverfahren dar, sondern hat eine eigenständige und bindende Wirkung. Dies ermöglicht eine schnelle und fachkundige Schadensregulierung ohne langwierige Gerichtsprozesse.

Kostenaspekte

Die Kosten für das Sachverständigenverfahren verteilen sich wie folgt: Jede Partei trägt die Kosten für ihren Sachverständigen selbst, die Kosten des Obmanns werden zwischen den Parteien geteilt. Bei größeren Schäden ab etwa 50.000 Euro wird die Beauftragung eines eigenen Sachverständigen besonders empfohlen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Ausschlussklausel

Eine vertragliche Regelung in Versicherungsverträgen, die bestimmte Schäden oder Risiken vom Versicherungsschutz ausnimmt. Diese Klauseln müssen nach § 307 BGB transparent und angemessen sein und dürfen den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Ein Beispiel wäre der Ausschluss von Schwammschäden in einer Gebäudeversicherung, obwohl diese häufig als Folge von versicherten Wasserschäden auftreten. Die Wirksamkeit solcher Klauseln wird von Gerichten besonders streng geprüft.


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Vertragszweck

Der vom Versicherungsnehmer und Versicherung gemeinsam angestrebte wirtschaftliche und rechtliche Erfolg eines Versicherungsvertrags. Bei einer Gebäudeversicherung ist dies typischerweise der umfassende Schutz vor Schäden am Gebäude. Nach § 133, 157 BGB ist der Vertragszweck bei der Auslegung von Verträgen zu berücksichtigen. Eine Klausel, die den Vertragszweck gefährdet oder aushöhlt, kann unwirksam sein.


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Beratungspflicht

Die gesetzliche Verpflichtung des Versicherers nach § 6 VVG, den Versicherungsnehmer anlassbezogen und bedarfsgerecht zu beraten. Der Versicherer muss auf wichtige Ausschlüsse und Risiken hinweisen und eine zum Bedarf passende Versicherung empfehlen. Bei einer Holzständerbauweise müsste beispielsweise auf die besondere Relevanz von Schwammschäden hingewiesen werden. Ein Verstoß kann zu Schadensersatzansprüchen führen.


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Sachverständigenbeweis

Ein Beweismittel im Gerichtsprozess, bei dem ein unabhängiger Experte durch sein Fachwissen zur Klärung von Tatsachenfragen beiträgt. Geregelt in §§ 402-414 ZPO. Im Versicherungsrecht oft entscheidend für die Feststellung von Schadensursachen oder typischen Schadensfolgen. Die Ablehnung eines angebotenen Sachverständigenbeweises kann einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellen.


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Leitungswasserschaden

Ein durch austretendes Leitungswasser verursachter Schaden an einem Gebäude, der typischerweise von der Wohngebäudeversicherung gedeckt ist. Gemäß den Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen (VGB) umfasst dies Schäden durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser aus wasserführenden Installationen. Folgeschäden wie Schwammbefall sind häufig, aber nicht immer mitversichert.


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Rechtsmissbräuchlich

Ein Verhalten, das zwar formal rechtmäßig erscheint, aber gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt und daher rechtlich nicht geschützt wird. Im Versicherungsrecht liegt dies vor, wenn sich der Versicherer auf Klauseln beruft, die den Versicherungsschutz in einer für den Versicherungsnehmer unzumutbaren Weise einschränken. Beispielsweise wenn typische Folgeschäden eines versicherten Risikos ausgeschlossen werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Unangemessene Benachteiligung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen):
    Diese Vorschrift regelt, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird. Eine solche Klausel ist dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt.
    Im vorliegenden Fall stellt die Klägerin infrage, ob der generelle Ausschluss von Schwammschäden in der Gebäudeversicherung den Versicherungszweck aushöhlt. Sie behauptet, dass Schwammschäden eine typische Folge von Leitungswasseraustritt seien und der Leistungsausschluss somit die Hauptleistungspflicht der Versicherung unzumutbar einschränke.
  • Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör):
    Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs garantiert, dass Parteien in einem Gerichtsverfahren ihre Argumente vortragen dürfen und das Gericht diese zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt. Verfahrensfehler entstehen, wenn ein Gericht erhebliche Beweisanträge ohne sachlichen Grund ignoriert.
    Das Berufungsgericht hat den angebotenen Sachverständigenbeweis der Klägerin zur Typizität von Schwammschäden nach Leitungswasseraustritt nicht erhoben. Dies stellt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, da das Gericht die Frage der Vertragszweckgefährdung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage verneinte.
  • § 6 Abs. 1, Abs. 5 VVG (Beratungspflicht des Versicherers bei Vertragsabschluss):
    Nach diesen Vorschriften ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss zu beraten und auf mögliche Deckungslücken hinzuweisen. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht kann der Versicherer zum Schadensersatz verpflichtet sein.
    Die Beklagte kannte die Konstruktionsart des Hauses in Holzständerbauweise, was ein erhöhtes Risiko für Schwammbefall bei Wasserschäden bedeutet. Falls die Beklagte die Klägerin nicht auf den Leistungsausschluss für Schwammschäden hingewiesen hat, könnte ein Verstoß gegen die Beratungspflicht vorliegen, der zu Schadensersatzansprüchen führt.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben, Rechtsmissbrauch):
    Diese Norm dient der Ausübungskontrolle und verbietet es, Rechte in missbräuchlicher Weise geltend zu machen. Auch wirksam vereinbarte Klauseln können unter besonderen Umständen als rechtsmissbräuchlich bewertet werden, wenn sie im Einzelfall zu unzumutbaren Ergebnissen führen.
    Angesichts der Kenntnis der Beklagten von der Gebäudekonstruktion und des erhöhten Schadensrisikos könnte die Berufung auf den Schwammschaden-Ausschluss im vorliegenden Fall treuwidrig sein. Eine solche Anwendung der Klausel könnte die berechtigten Erwartungen der Klägerin auf Versicherungsschutz verletzen.
  • § 544 Abs. 9 ZPO (Zulassung der Revision und Zurückverweisung):
    Diese Vorschrift ermöglicht es dem Bundesgerichtshof, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu prüfen und den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen, wenn eine Verletzung des Verfahrensrechts festgestellt wird. Damit soll sichergestellt werden, dass alle relevanten Tatsachen und Rechtsfragen umfassend gewürdigt werden.
    Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen, da das Gericht den angebotenen Sachverständigenbeweis der Klägerin nicht erhoben und somit den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat.

Das vorliegende Urteil


BGH – Az.: IV ZR 212/23 – Beschluss vom 13.11.2024


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