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Schmerzensgeld bei Schockschaden

Eine schlechte Nachricht kann bei Menschen einen Schock auslösen. Insbesondere dann, wenn nahe Verwandte schwere Verletzungen zum Opfer fallen, ist der Schock bei den Angehörigen nicht selten besonders groß. Gleichermaßen verhält es sich auch mit dem Gemütszustand der Angst, welche Menschen aus den unterschiedlichsten Situationen heraus empfinden können. Den wenigsten Menschen ist jedoch der Umstand bekannt, dass ein derartiger Schock auch psychische Beeinträchtigen und Schäden verursachen können. Unter ganz bestimmten Umständen kann sich daraus sogar ein Schmerzensgeldanspruch heraus ergeben.

Mit der Frage, ob Menschen aus einem Schockschaden heraus einen Schmerzensgeldanspruch gegenüber dem Schädiger ableiten können, hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) bereits befasst und auch ein entsprechendes Grundsatzurteil gesprochen.

Der BGH bejaht den Anspruch auf Schmerzensgeld bei einem Schockschaden unter ganz bestimmten Bedingungen

Schmerzensgeld bei Schockschaden
Das Schmerzensgeld bei einem Schockschaden bezieht sich auf eine finanzielle Entschädigung, die an eine Person gezahlt wird, die aufgrund eines psychischen oder emotionalen Traumas Schmerzen oder Leid erlitten hat. Der Schaden muss durch ein Ereignis verursacht worden sein, das über das normale Maß hinausgeht. (Symbolfoto: Jacktamrong/Shutterstock.com)

Dem reinen Grundsatz nach hat der BGH den Anspruch einer geschädigten Person mit Schockschaden gegenüber dem Schädiger bejaht. Hierfür wurde eigens ein Grundsatzurteil auf höchstrichterlicher Ebene vonseiten des BGH gesprochen, welches Beteiligten eines Unfalls ebenfalls einen Anspruch auf Schmerzensgeld zuspricht. Zwar haben diese Personen, welche nicht unmittelbar an einem Unfall beteiligt gewesen sind, dem reinen Grundsatz nach keinem Anspruch auf Schmerzensgeld. Der BGH sagt jedoch in seinem Grundsatzurteil, dass diese Personen ausdrücklich den Drittschaden nicht geltend machen. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass ein Schockschaden ebenfalls einen gesundheitlichen Schaden verursachen kann. Dementsprechend wurden die betroffenen Personen sehr wohl laut Ansicht des BGH in ihrer Gesundheit verletzt, woraus sich dann der Anspruch auf Schmerzensgeld heraus ergibt. Dieser Anspruch ist jedoch laut Ansicht des BGH an gewisse Kriterien geknüpft.

Die Schmerzensgeldvoraussetzungen im Zusammenhang mit dem Schockschaden im Überblick

  • die von dem Schockschaden betroffene Person muss ein naher Angehöriger der geschädigten Person sein
  • der Schockschaden muss die Qualität des Krankheitswertes haben
  • es muss einen geeigneten und auch nachvollziehbaren Anlass für den Schock geben.

Als nahe Angehörige im Sinne des Gesetzgebers zählen sowohl Ehegatten als auch Eltern sowie Kinder von der geschädigten Person. Damit der Schockschaden die Qualität des Krankheitswertes hat, ist es erforderlich, dass der Schock den allgemein als üblich geltenden seelischen Schmerz wie Trauer übersteigt. Eine durch den Schock ausgelöste Depression hat die Qualität des Krankheitswertes.

Das sagt der Gesetzgeber zu dieser Thematik

Mit dem 22. Juli 2017 wurde der § 844 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch in neuer Form ins Leben gerufen, welcher für Angehörige von Verstorbenen einen Schmerzensgeldanspruch beinhaltet. Dies setzt allerdings voraus, dass die verstorbene Person durch ein Fremdverschulden in Form einer Tötung um das Leben kam. Der Gesetzgeber definiert durch den § 844 Abs. 3 BGB den Schmerzensgeldanspruch als Hinterbliebenengeld, welches den Angehörigen für das erlittene seelische Leid zusteht. Der wesentliche Charakter des Leids, welches über das als üblich geltende Trauergefühl hinausgeht, ergibt sich dann aus der besonderen Nähe zu der verstorbenen Person. Der Gesetzgeber spricht in diesem Zusammenhang von dem besonderen Näheverhältnis persönlicher Natur.

Im Gegensatz zu den üblichen Voraussetzungen eines Schockschadens genügt bei der Tötung eines nahen Angehörigen die allgemein als normal anzusehende Trauer und der damit verbundene Schmerz über den Verlust, um den Schmerzensgeldanspruch nach § 844 Abs. 3 BGB zu begründen.

§ 844 Abs. 3 – BGB lautet wie folgt: „Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.“

Quelle: https://dejure.org/gesetze/BGB/844.html

Grundsatzurteil des BGH spricht Ehemann Schmerzensgeld nach Schockschaden zu

Maßgeblich musste sich der BGH mit der Frage des Schmerzensgeldes nach einer Schockstarre im Jahr 2015 beschäftigen. Der zugrundeliegende Fall, dessen Urteil mit dem 27.01.2015 (Aktenzeichen VII ZR 548/12) beendet wurde, beinhaltete einen Ehemann. Die Ehefrau des Ehemannes kam im Zuge eines Verkehrsunfalls ums Leben. Sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau waren gemeinschaftlich mit dem jeweils eigenen Motorrad unterwegs. Die Ehefrau befuhr mit ihrem Motorrad die Straße vor dem Ehemann, der ihr folgte. Ein entgegenkommender Autofahrer, welcher stark alkoholisiert gewesen ist, verlor über sein Fahrzeug die Kontrolle und war überdies auch mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Die Motorradfahrerin wurde von dem Auto erfasst, der Ehemann war jedoch von dem Unfall nicht körperlich betroffen. Der Ehemann musste jedoch mit ansehen, wie seine Frau bei dem Unfall ihr Leben verlor. Durch diesen Anblick erlitt der Ehemann der verstorbenen Frau einen Schockschaden.

Starke Folgen für den Ehemann

Nach dem Unfalltod seiner Ehefrau und dem erlittenen Schockschaden wurde bei dem Ehemann ärztlich die akute Belastungsreaktion diagnostiziert. Der Ehemann konnte die gemeinschaftliche eheliche Wohnung nicht mehr bewohnen und musste ausziehen. Zudem war er nicht mehr in der Lage, seiner beruflichen Tätigkeit des Lkw-Fahrens nachzugehen. Diese Maßnahmen waren erforderlich, damit der Ehemann die Geschehnisse seelisch verarbeiten konnte. Mit der Entscheidung des BGH wurde dem Ehemann aufgrund des erlittenen Schockschadens ein Schmerzensgeld zugesprochen. Als Begründung gab die höchstrichterliche Instanz an, dass der Ehemann durch das bewusste Miterleben des Unfalltodes der Ehefrau unmittelbar als Beteiligter der Geschehnisse gelte und auch eine ernst zu nehmende Erkrankung aus dem Schockschaden heraus erwachsen sein.

Ein Urteil mit Signalwirkung

Das Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2015 hat sehr viel verändert. Im Jahr 2022 war es der BGH selbst, der auf der Grundlage des eigenen Urteils aus dem Jahr 2015 nochmals Veränderungen an der ständigen Rechtsprechung vornahm. Mit dem Urteil vom 6. Dezember 2022, Aktenzeichen VI ZR 168/21, hat die höchstrichterliche Instanz die Gleichstellung von psychischen sowie auch physischen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit einem Schockschaden gewährleistet. Dieser Entscheidung lag ein sehr tragischer Fall zugrunde, bei welchem ein Vater eines missbrauchten Kleinkindes aus dem Ereignis heraus eine Depression erlitt. Der Fall wurde strafrechtlich verfolgt und der Täter auch verurteilt, allerdings wurde der Vater des missbrauchten Kindes arbeitsunfähig. Das Gericht sprach dem Mann ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR zu. Dieses Schmerzensgeld wurde jedoch der Höhe nach von dem BGH beanstandet.

Wie hoch fällt bei einem Schockschaden das Schmerzensgeld aus?

Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten, da der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Schmerzensgeld von einer angemessenen Höhe spricht. Das Schmerzensgeld, welches von dem Verursacher respektive dessen Versicherung an die geschädigte Person gezahlt werden muss, wird dementsprechend stets auf der Basis der Einzelfallprüfung bemessen. Im Zuge der Bemessung gibt es jedoch eine Schmerzensgeldtabelle, welche von den Gerichten zurate gezogen werden kann. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass diese Schmerzensgeldtabelle lediglich als Orientierungspunkt angesehen werden kann und dementsprechend keinen verpflichtenden Charakter hat. Die Richter sind auch nicht an diese Tabelle gebunden, sie können auch ein Schmerzensgeld in einer vollkommen anderen Höhe festlegen. Zur Orientierung können jedoch auch andere gerichtliche Urteile dienen.

So hat das Landgericht (LG) Berlin mit Urteil vom 13. April 2005 (Aktenzeichen 23O 415/04) bei einem Schockschaden, der sich durch Angstausbrüche sowie Schlafstörungen oder einer Depression äußert, den Schmerzensgeldanspruch der geschädigten Person verneint. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 2. Januar 2001 (Aktenzeichen 12 O 116/00) für einen Schockschaden in Verbindung mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen psychischer Natur das Schmerzensgeld auf 1533,88 EUR festgelegt.

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