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Schadensersatzpflicht aufgrund Falschberatung bei Vermittlungstätigkeit über Krankenversicherung

Ein Mann verklagt seine Versicherungsmaklerin wegen Falschberatung, da ihm bei einem Krankenhausaufenthalt die Wahlleistungen fehlten – doch das Gericht weist die Klage ab. Der Grund: Der Mann hätte angesichts der deutlich günstigeren Beiträge stutzig werden und die Unterlagen genauer prüfen müssen. Somit sei die Verjährungsfrist bereits abgelaufen, urteilt das Amtsgericht Werl.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Werl
  • Datum: 08.05.2024
  • Aktenzeichen: 4 C 335/21
  • Verfahrensart: Feststellungsverfahren zur Schadensersatzpflicht
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger ist eine Privatperson, die die Leistungen der Beklagten in Anspruch genommen hat, um in einen günstigeren Krankenversicherungstarif zu wechseln. Er behauptet, fehlerhaft beraten worden zu sein, da er eine gleichwertige, günstigere Versicherung wünschte, aber in einen Tarif ohne Wahlleistungen wechselte. Er macht Schadensersatzansprüche wegen dieser vermeintlich fehlerhaften Beratung geltend.
  • Beklagte: Die Beklagte ist eine Versicherungsmaklerin. Sie weist die Vorwürfe zurück und argumentiert, dass der Kläger vollumfänglich über die Tarifunterschiede informiert wurde und es keinen Beratungsfehler gab. Außerdem sei das Feststellungsinteresse nicht gegeben, und etwaige Ansprüche seien verjährt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger wechselte 2015 auf Grundlage der Beratung der Beklagten von einem Krankenversicherungstarif mit Wahlleistungen in einen günstigeren Tarif ohne Wahlleistungen. Erst 2020 bemerkte der Kläger im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts, dass der neue Tarif keine Wahlleistungen umfasste. Er klagte auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Feststellung, ob der Kläger durch die Beratung der Beklagten falsch informiert wurde und ihm dadurch ein Schaden entstanden ist, sowie ob solche Ansprüche gegebenenfalls verjährt sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
  • Begründung: Die Klage war teilweise unzulässig, weil der Kläger keinen konkreten Vergangenheitsschaden nachweisen konnte. Die Einrede der Verjährung war durchgreifend, da der Kläger 2015 die Möglichkeit gehabt hatte, durch die übermittelten Versicherungsunterlagen Kenntnis von den Tarifdetails zu erlangen. Mangelnde Kenntnis wurde als grob fahrlässig bewertet.
  • Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Verfahrens tragen. Das Urteil verdeutlicht die Sorgfaltspflichten von Versicherungsnehmern hinsichtlich der Überprüfung von Vertragsunterlagen und setzt Maßstäbe für Verjährungsfristen bei Schadensersatzansprüchen im Versicherungsbereich.

Beratungsfehler in der Versicherungsbranche: Haftung und Schadensersatz im Blick

In der Welt der Versicherungen spielen Beratung und Vermittlung eine entscheidende Rolle für Verbraucher. Versicherungsmakler übernehmen dabei eine wichtige Vertrauensfunktion, deren Aufgabe es ist, Kunden optimal zu beraten und passende Versicherungslösungen zu finden. Die Vermittlerhaftung und die damit verbundenen Aufklärungs- und Beratungspflichten sind dabei rechtlich genau definiert.

Die Komplexität von Krankenversicherungen erfordert eine umfassende und sachkundige Beratung. Kommt es zu einem Beratungsfehler, können Versicherungsnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatzansprüche geltend machen. Welche rechtlichen Konsequenzen eine fehlerhafte Beratung haben kann, zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil, das nun näher betrachtet wird.

Der Fall vor Gericht


Fehlerhaft vermittelte Krankenversicherung: Verjährung stoppt Schadensersatzklage

Mann prüft konzentriert Versicherungsunterlagen an Schreibtisch mit Laptop und Kaffeetasse.
Fehlerhafte Versicherungsberatung und Schadensersatz | Symbolfoto: Ideogram gen.

Ein Versicherungsnehmer scheiterte vor dem Amtsgericht Werl mit seiner Schadensersatzklage gegen eine Versicherungsmaklerin. Der Kläger hatte Ende 2014 die Beratungsleistungen der Maklerin für seinen privaten Krankenversicherungsschutz in Anspruch genommen. Zu diesem Zeitpunkt war er bei der X. Krankenversicherung AG mit einem monatlichen Beitrag von 765,67 Euro versichert, der auch Wahlleistungen für stationäre Heilbehandlung wie Chefarztbehandlung und Zweibettzimmer einschloss.

Tarifwechsel führte zu deutlicher Beitragsersparnis ohne Wahlleistungen

Die Maklerin vermittelte dem Kläger zum 01.01.2015 einen günstigeren Tarif bei der W. Krankenversicherung AG mit einem monatlichen Beitrag von 567,44 Euro. Dieser neue Tarif beinhaltete allerdings keine Wahlleistungen für stationäre Heilbehandlung mehr. Der Kläger wechselte später zum 01.01.2021 zu einem Tarif der U. Versicherungsgruppe, der zwar wieder Wahlleistungen umfasste, jedoch mit einem Risikozuschlag wegen einer Refluxkrankheit verbunden war.

Streit um mangelhafte Beratung und Kenntnis der Tarifänderung

Der Kläger machte geltend, die Beratung sei fehlerhaft gewesen, da er ausdrücklich einen günstigeren, aber leistungsgleichen Krankenversicherungstarif gewünscht habe. Die fehlenden Wahlleistungen seien ihm erst 2020 bei einem Krankenhausaufenthalt aufgefallen. Die Maklerin hingegen verwies darauf, dass dem Kläger ausschließlich kostengünstigere Tarife ohne Wahlleistungen angeboten und er darüber aufgeklärt worden sei. Zudem habe er durch die übermittelte Versichertenkarte, den Versicherungsschein und weitere Unterlagen von den geänderten Leistungen erfahren können.

Gericht sieht grob fahrlässige Unkenntnis des Versicherungsnehmers

Das Amtsgericht Werl wies die Klage ab. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Kläger bei einer monatlichen Ersparnis von fast 200 Euro beziehungsweise 25 Prozent erkennen müssen, dass die neue Versicherung einen geringeren Leistungskatalog aufwies. Da der damals über 50-jährige Kläger die ihm übermittelten Versicherungsunterlagen nicht ausreichend geprüft habe, liege eine grob fahrlässige Unkenntnis vor. Die Verjährungsfrist von drei Jahren sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen, weshalb der Kläger keine Schadensersatzansprüche mehr geltend machen könne. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger auferlegt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht weist die Klage eines Versicherungsnehmers ab, der Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter Beratung beim Wechsel seiner privaten Krankenversicherung forderte. Zentral ist die Erkenntnis, dass Versicherungsnehmer die Pflicht haben, wichtige Versicherungsunterlagen zu prüfen – die Argumentation des Klägers, er habe Dokumente wie Versichertenkarte und Vorsorgekatalog nicht gelesen, wurde nicht akzeptiert. Zudem zeigt das Urteil, dass bei deutlicher Beitragsersparnis (hier ca. 200€ monatlich) auch ein reduzierter Leistungsumfang nicht automatisch zu Schadensersatzansprüchen führt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie einen Krankenversicherungsvertrag abschließen oder wechseln, müssen Sie alle erhaltenen Unterlagen sorgfältig prüfen – insbesondere Versichertenkarte, Versicherungsschein und Leistungskataloge. Eine spätere Berufung darauf, diese nicht gelesen zu haben, wird vor Gericht nicht anerkannt. Achten Sie besonders auf die konkreten Leistungen: Ein günstigerer Tarif bedeutet meist auch weniger Leistungen, was später nicht als Beratungsfehler geltend gemacht werden kann. Mögliche Ansprüche müssen Sie zudem zeitnah geltend machen – warten Sie nicht Jahre, bis Sie aktiv werden.

Benötigen Sie Hilfe?

Komplexität im Versicherungsrecht? Wir bringen Klarheit.

Das Urteil zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung von Versicherungsunterlagen ist. Gerade bei komplexen Versicherungsfragen wie dem Wechsel der Krankenversicherung stehen wir Ihnen zur Seite. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte und Pflichten zu verstehen und unterstützen Sie dabei, Ihre Interessen optimal zu wahren. Sprechen Sie uns an, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und gemeinsam die beste Lösung zu finden.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Pflichten hat ein Versicherungsberater bei der Vermittlung einer Krankenversicherung?

Ein Versicherungsberater muss bei der Vermittlung einer Krankenversicherung umfassende gesetzliche Pflichten erfüllen, die im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verankert sind.

Beratungspflichten vor Vertragsabschluss

Der Versicherungsberater muss Sie vor Abschluss einer Krankenversicherung anlassbezogen nach Ihren Wünschen und Bedürfnissen befragen. Wenn Sie beispielsweise als Selbstständige eine Krankenversicherung abschließen möchten, muss der Berater gezielt nach Ihrer beruflichen Situation und speziellen Absicherungsbedürfnissen fragen.

Die Beratung muss dabei folgende Aspekte umfassen:

  • Eine umfassende Risikoanalyse Ihrer persönlichen Situation
  • Einen Marktüberblick mit Produktvergleich verschiedener Anbieter
  • Eine begründete Empfehlung des bestmöglichen Versicherungsschutzes
  • Aufklärung über Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen

Dokumentationspflichten

Der gesamte Beratungsverlauf muss in einem Beratungsprotokoll schriftlich dokumentiert werden. Wenn Sie etwa von einer gesetzlichen in eine private Krankenversicherung wechseln möchten, müssen alle besprochenen Leistungsunterschiede und deren Konsequenzen detailliert festgehalten werden.

Besondere Sorgfaltspflichten bei Versicherungswechsel

Bei einem Wechsel der Krankenversicherung muss der Berater einen nachvollziehbaren Überblick über alle wesentlichen Unterschiede zwischen bestehender und neuer Versicherung verschaffen. Wenn beispielsweise in der neuen Versicherung bestimmte Leistungen wie Krankentagegeld nicht enthalten sind, muss der Berater ausdrücklich darauf hinweisen.

Unabhängigkeit und Neutralität

Als Versicherungsberater müssen Sie vollständig unabhängig und frei von Interessenkonflikten handeln. Sie dürfen ausschließlich durch den Versicherungsnehmer vergütet werden und keine Provisionen von Versicherungsunternehmen annehmen.

Bei Verletzung dieser Pflichten drohen dem Berater erhebliche Konsequenzen. Wenn durch eine Falschberatung ein Schaden entsteht, haftet der Berater unbegrenzt für den entstandenen Vermögensschaden. Stellen Sie sich vor, Sie verlieren durch eine fehlerhafte Beratung Ihren Versicherungsschutz – in diesem Fall muss der Berater Sie so stellen, als hätte die korrekte Versicherung bestanden.


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Ab wann läuft die Verjährungsfrist bei fehlerhafter Versicherungsberatung?

Bei fehlerhafter Versicherungsberatung gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Der Beginn dieser Frist richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB und startet mit dem Schluss des Jahres, in dem zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

Entstehung des Anspruchs

Der Schadensersatzanspruch entsteht bereits im Moment der Falschberatung, wenn Sie aufgrund dieser ein ungeeignetes Versicherungsprodukt erwerben. Bereits mit dem Vertragsabschluss liegt eine erste Schädigung vor, da Sie sich zu diesem Zeitpunkt vertraglich gebunden haben.

Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis

Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn Sie von der Falschberatung Kenntnis erlangen oder diese ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen. Eine grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn Sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben.

Besondere Verjährungsfristen

Neben der regulären dreijährigen Verjährungsfrist existieren zwei weitere wichtige Fristen:

  • Eine zehnjährige Höchstfrist ab Entstehung des Schadens
  • Eine dreißigjährige Höchstfrist ab dem Zeitpunkt der Falschberatung, solange noch kein Schaden entstanden ist

Diese Höchstfristen laufen unabhängig von Ihrer Kenntnis der Falschberatung. Wenn Sie beispielsweise eine fehlerhafte Beratung zu einer Versicherung am 15. Januar 2015 erhalten haben, endet die zehnjährige Höchstfrist am 15. Januar 2025 – unabhängig davon, ob Sie von der Falschberatung wussten.

Die Rechtsprechung stellt dabei besondere Anforderungen an die Kenntnisnahme: Sie müssen nicht nur von den Tatsachen Kenntnis haben, sondern auch deren rechtliche Bewertung als Falschberatung zumindest für möglich halten. Bei komplexen Versicherungsprodukten wird dabei berücksichtigt, dass Sie als Versicherungsnehmer möglicherweise erst später erkennen können, dass eine Falschberatung vorlag.


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Welche Schadensersatzansprüche bestehen bei fehlerhafter Versicherungsberatung?

Bei einer fehlerhaften Versicherungsberatung können Sie Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsvermittler und unter Umständen auch gegen das Versicherungsunternehmen geltend machen.

Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche

Ein Anspruch auf Schadensersatz setzt drei wesentliche Elemente voraus:

  • Eine Pflichtverletzung durch fehlerhafte oder unvollständige Beratung
  • Einen nachweisbaren Schaden
  • Einen kausalen Zusammenhang zwischen Beratungsfehler und Schaden

Arten der Schadensberechnung

Der Schadensersatz wird nach dem Prinzip der Quasideckung berechnet. Sie haben Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie Sie bei einer korrekten Beratung gestanden hätten.

Die Schadensberechnung erfolgt durch:

  • Rückzahlung der nutzlos gezahlten Versicherungsprämien
  • Ausgleich entgangener Gewinne oder Vorteile
  • Ersatz zusätzlich entstandener Kosten

Typische Fälle von Schadensersatzansprüchen

Ein Schadensersatzanspruch kann in folgenden Situationen entstehen:

Bei einem Prämienvergleich zwischen alter und neuer Versicherung werden Netto- und Bruttobeträge falsch verglichen.

Bei vorschneller Kündigung eines bestehenden Vertrags, bevor die Zusage des neuen Versicherers vorliegt.

Bei fehlender Aufklärung über wesentliche Nachteile, wie etwa den Verlust von Altersrückstellungen bei einem Versicherungswechsel.

Durchsetzung der Ansprüche

Die Beweislast für die Falschberatung liegt grundsätzlich bei Ihnen als Versicherungsnehmer. Allerdings gilt eine Beweiserleichterung, wenn der Versicherungsvermittler seine Dokumentationspflicht verletzt hat. In diesem Fall muss der Vermittler nachweisen, dass er korrekt beraten hat.

Der Schadensersatzanspruch verjährt innerhalb von drei Jahren. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn Sie die Falschberatung bemerken.


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Welche Unterlagen müssen Versicherte nach Vertragsabschluss prüfen?

Nach Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags müssen Sie als Versicherter mehrere wichtige Dokumente sorgfältig prüfen.

Beratungsdokumentation und Protokoll

Das Beratungsprotokoll muss Ihnen zeitnah nach dem Beratungsgespräch zugestellt werden. Prüfen Sie darin besonders:

  • Die korrekte Dokumentation Ihrer Wünsche und Bedürfnisse
  • Die Begründung für die Empfehlung der gewählten Versicherung
  • Angaben zu wesentlichen Vertragsinhalten und Ausschlüssen
  • Bei Tarifwechsel: Dokumentation der Unterschiede zwischen altem und neuem Tarif

Versicherungspolice und Vertragsbedingungen

Die Versicherungspolice und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen Ihnen gemäß § 7 VVG in Textform zur Verfügung gestellt werden. Achten Sie besonders auf:

  • Korrekte persönliche Daten und Versicherungsbeginn
  • Vereinbarte Leistungen und Tarife
  • Höhe der Versicherungsprämie
  • Wartezeiten und Ausschlüsse
  • Bei der PKV: Dokumentation der Gesundheitsprüfung

Gesundheitsfragebogen

Bei der privaten Krankenversicherung ist die Prüfung des ausgefüllten Gesundheitsfragebogens besonders wichtig. Kontrollieren Sie:

  • Vollständigkeit und Richtigkeit aller Angaben zu Vorerkrankungen
  • Korrekte Dokumentation von Behandlungen und Medikamenten
  • Zeiträume von Erkrankungen und Therapien

Rechtliche Konsequenzen mangelnder Prüfung

Eine unterlassene oder oberflächliche Prüfung kann schwerwiegende Folgen haben:

  • Der Versicherer kann bei falschen Gesundheitsangaben die Leistung verweigern
  • Nachträgliche Korrekturen sind oft nicht mehr möglich
  • Spätere Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung können schwerer durchsetzbar sein

Dokumentation der eigenen Prüfung

Dokumentieren Sie Ihre Prüfung der Unterlagen:

  • Bewahren Sie alle Originalunterlagen sorgfältig auf
  • Notieren Sie das Datum der Prüfung
  • Halten Sie Rückfragen und Klärungen schriftlich fest
  • Fordern Sie bei der Krankenkasse fehlende Unterlagen umgehend an

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Was bedeutet grob fahrlässige Unkenntnis im Versicherungsrecht?

Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn Sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzen und dabei offensichtliche Informationen oder Tatsachen übersehen, die Ihnen bei normaler Aufmerksamkeit hätten auffallen müssen.

Definition und rechtliche Grundlagen

Grob fahrlässige Unkenntnis bedeutet, dass Sie die einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen nicht anstellen und das nicht beachten, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Versicherungsrecht ist dies besonders relevant, da es sich um einen subjektiven Risikoausschluss handelt.

Abgrenzung zur einfachen Fahrlässigkeit

Die Unterscheidung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit erfolgt nach einer praktischen Faustregel:

  • Einfache Fahrlässigkeit: Ein Verhalten, bei dem man denkt „Das kann jedem mal passieren“
  • Grobe Fahrlässigkeit: Ein Verhalten, bei dem man denkt „Das darf nicht passieren“

Praktische Beispiele

Wenn Sie eine Versicherung abschließen, kann grob fahrlässige Unkenntnis etwa in folgenden Situationen vorliegen:

Im Straßenverkehr: Das Führen eines Fahrzeugs unter starkem Alkoholeinfluss gilt als grob fahrlässig, da Sie offensichtliche Gefahren ignorieren.

Bei Brandschutz: Wenn Sie einen brennenden Adventskranz unbeaufsichtigt lassen und den Raum für längere Zeit verlassen, kann dies als grob fahrlässig eingestuft werden.

Bei Sicherungsmaßnahmen: Das Unterlassen grundlegender Sicherheitsvorkehrungen, wie das Nichtabschließen der Haustür in einem bekannten Einbruchsgebiet, kann grob fahrlässig sein.

Rechtliche Konsequenzen

Die grob fahrlässige Unkenntnis hat erhebliche Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz. Der Versicherer kann bei grober Fahrlässigkeit seine Leistungen entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen. Das frühere „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ wurde durch ein Quotelungssystem ersetzt, das eine verhältnismäßige Kürzung der Versicherungsleistung ermöglicht.

Die Beweislast für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit trägt grundsätzlich der Versicherer. Er muss konkrete Tatsachen vortragen und beweisen, die das grob fahrlässige Verhalten belegen.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vermittlerhaftung

Die rechtliche Verantwortung eines Versicherungsmaklers für seine Beratungs- und Vermittlungstätigkeit gegenüber dem Kunden. Bei fehlerhafter oder unzureichender Beratung kann der Makler zum Schadensersatz verpflichtet werden. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 63 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Ein Makler muss beispielsweise über wesentliche Leistungsunterschiede zwischen Versicherungstarifen aufklären und dies dokumentieren. Unterlässt er wichtige Hinweise, kann er für daraus entstehende Schäden haftbar gemacht werden.


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Aufklärungs- und Beratungspflichten

Gesetzlich vorgeschriebene Pflichten eines Versicherungsmaklers, den Kunden umfassend über die wesentlichen Merkmale eines Versicherungsprodukts zu informieren. Diese Pflichten sind in §§ 60-61 VVG geregelt und umfassen die Analyse des Kundenbedarfs, die Erläuterung verschiedener Versicherungsoptionen sowie die Dokumentation der Beratung. Der Makler muss zum Beispiel auf Ausschlüsse und Einschränkungen im Versicherungsschutz hinweisen und seine Empfehlung begründen.


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Beratungsfehler

Ein Verstoß des Versicherungsmaklers gegen seine gesetzlichen Beratungspflichten. Dies kann durch falsche, unvollständige oder unterlassene Informationen geschehen. Die Pflichten ergeben sich aus § 61 VVG. Ein Beratungsfehler liegt etwa vor, wenn der Makler nicht über wegfallende Leistungen bei einem Tarifwechsel aufklärt oder wichtige Risiken verschweigt. Solche Fehler können Schadensersatzansprüche des Kunden begründen.


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Schadensersatzansprüche

Rechtliche Ansprüche auf Ausgleich eines entstandenen Schadens aufgrund einer Pflichtverletzung. Bei Versicherungsmaklern basieren diese auf § 63 VVG. Der Geschädigte muss in die Lage versetzt werden, die er ohne den Beratungsfehler hätte. Beispiel: Ein Kunde erhält die Differenz zwischen tatsächlich entstandenen Krankenhauskosten und der Erstattung, die er bei korrekter Beratung und Wahl des richtigen Tarifs bekommen hätte.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt den Schadensersatz bei Pflichtverletzungen aus einem Vertragsverhältnis. Wenn eine Vertragspartei ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt, kann die andere Partei Ersatz des daraus entstandenen Schadens verlangen. Voraussetzung ist, dass die Pflichtverletzung kausal für den Schaden ist und kein Ausschlussstatut greift.
    Im vorliegenden Fall behauptet der Kläger, dass die Beklagte ihre Beratungs- und Vermittlungspflichten verletzt hat, indem sie ihm einen für seine Bedürfnisse ungeeigneten Versicherungstarif empfohlen hat. Dadurch entstand ihm ein finanzieller Schaden, den er nun geltend machen möchte.
  • § 311 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph behandelt die Entstehung von Schuldverhältnissen und die Pflichten aus Verträgen. Er stellt insbesondere die Voraussetzungen für die Begründung, Änderung und Beendigung von Vertragsverhältnissen dar. Ein wichtiger Aspekt ist die Sorgfaltspflicht, die Vertragspartner bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen beachten müssen.
    Der Kläger beruft sich darauf, dass die Beklagte als Versicherungsmaklerin ihre Sorgfaltspflichten bei der Beratung verletzt hat, indem sie ihm einen Tarif ohne Wahlleistungen vermittelt hat, obwohl dieser für ihn nicht geeignet war.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 34: Dieser Paragraph regelt die Pflichten von Versicherungsmaklern und -vermittlern. Makler müssen ihre Kunden umfassend und korrekt beraten, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Versicherungstarife darlegen und die individuellen Bedürfnisse des Kunden berücksichtigen. Zudem sind sie verpflichtet, auf wesentliche Vertragsbedingungen hinzuweisen.
    Im vorliegenden Fall wird behauptet, dass die Beklagte ihren Beratungs- und Vermittlungspflichten gemäß VVG § 34 nicht nachgekommen ist, indem sie dem Kläger einen günstigeren Tarif ohne notwendige Wahlleistungen angeboten hat, was zu einem späteren Schaden führte.
  • § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Verjährung: Dieser Paragraph bestimmt die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche, die drei Jahre beträgt. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
    Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung gegen die Schadensersatzansprüche des Klägers. Sie argumentiert, dass der Kläger bereits früher Kenntnis von der fehlenden Wahlleistung erlangt habe und daher die Ansprüche bereits verjährt sind.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 37 – Pflichten bei Versicherungsverträgen: Dieser Paragraph legt fest, dass Versicherungsvermittler verpflichtet sind, den Versicherungsnehmer umfassend über den Vertragsinhalt aufzuklären und sicherzustellen, dass der gewählte Tarif den individuellen Bedürfnissen entspricht. Fehlende oder fehlerhafte Informationen können zu Schadensersatzansprüchen führen.
    Der Kläger argumentiert, dass die Beklagte ihn nicht ausreichend über die fehlenden Wahlleistungen im vermittelten Tarif aufgeklärt habe, was zu einem fehlerhaften Vertragsabschluss führte und somit Schadensersatzansprüche begründet.

Das vorliegende Urteil


AG Werl – Az.: 4 C 335/21 – Urteil vom 08.05.2024


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