Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Ein alltäglicher Albtraum: Das eigene Haus brennt – und die Versicherung zahlt nicht?
- Der Weg vor Gericht: Vom Brandschaden zur Klage
- Was genau musste das Oberlandesgericht klären? Die Kernfragen des Falls
- Die Entscheidung des Oberlandesgerichts: Keine Zahlung für den Kläger
- Warum die Versicherung nicht zahlen muss: Der Rücktritt vom Vertrag
- Ein weiterer Grund für die Leistungsfreiheit: Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
- Was das Gericht außerdem noch anmerkte (aber nicht mehr entscheidend war)
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist die sogenannte Anzeigepflicht im Versicherungsvertrag und warum ist sie so wichtig?
- Welche Folgen hat es, wenn ich meine Anzeigepflicht beim Versicherungsabschluss nicht vollständig erfülle?
- Spielt es eine Rolle, ob ich eine Information vergessen habe oder sie bewusst verschwiegen habe?
- Wer ist verantwortlich, wenn ein Versicherungsmakler oder -vertreter meinen Antrag ausgefüllt hat und dabei Fehler passiert sind?
- Gibt es Umstände, unter denen eine Versicherung trotz Anzeigepflichtverletzung zahlen muss oder ihren Rücktritt nicht durchsetzen kann?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 4 U 132/18 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Rostock
- Datum: 21.01.2021
- Aktenzeichen: 4 U 132/18
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Versicherungsnehmer, der von einer Versicherungsgesellschaft eine Leistung aus einem Brandschaden beanspruchte und dessen Klage auf Zahlung abgewiesen wurde. Er legte Berufung gegen dieses Urteil ein.
- Beklagte: Eine Versicherungsgesellschaft, die sich weigerte, Leistungen nach einem Brandschaden zu erbringen, da sie sich auf einen wirksamen Rücktritt vom Vertrag und eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berief.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger forderte von der Versicherungsgesellschaft 20.000 Euro Versicherungsleistung nach einem Brandschaden an einem versicherten Gebäude. Die beklagte Versicherungsgesellschaft verweigerte die Zahlung, da der Kläger ihrer Ansicht nach bei Antragstellung Pflichten verletzt hatte, indem er eine Vorversicherung und frühere Schäden unzutreffend verneinte. Sie deutete zudem eine mögliche vorsätzliche Herbeiführung des Schadens durch den Kläger an.
- Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage war, ob der Kläger einen Anspruch auf Versicherungsleistung hatte oder ob die beklagte Versicherungsgesellschaft aufgrund einer Verletzung der Anzeigepflicht und/oder arglistiger Täuschung leistungsfrei war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Rostock beabsichtigte, die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Die Klage des Klägers auf Zahlung der Versicherungsleistung wurde somit endgültig abgewiesen, und die beklagte Versicherungsgesellschaft blieb leistungsfrei.
- Begründung: Die Klage war unbegründet. Die Leistungsfreiheit der beklagten Versicherungsgesellschaft ergab sich aus einem wirksamen Rücktritt vom Versicherungsvertrag sowie einer wirksamen Anfechtung. Der Kläger hatte seine Anzeigepflichten verletzt, indem er falsche Angaben zu Vorversicherungen und Vorschäden machte. Dies wurde als vorsätzliche oder grob fahrlässige, zumindest aber arglistige Täuschung gewertet.
- Folgen: Die beklagte Versicherungsgesellschaft musste keine Versicherungsleistung an den Kläger erbringen. Alle Nebenforderungen des Klägers entfielen ebenfalls, da sie von der abgewiesenen Hauptforderung abhängig waren.
Der Fall vor Gericht
Ein alltäglicher Albtraum: Das eigene Haus brennt – und die Versicherung zahlt nicht?
Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Gebäude und haben es, wie die meisten Menschen, gegen Feuer versichert. Eines Tages geschieht das Unfassbare: Es brennt. Neben dem emotionalen Schock steht die finanzielle Frage im Raum: Zahlt die Versicherung den entstandenen Schaden? Genau um einen solchen Fall ging es in einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock. Ein Mann, nennen wir ihn Herrn K. (der Kläger und Versicherungsnehmer), forderte von seiner Versicherungsgesellschaft (der Beklagten) Geld nach einem Brandschaden an seinem versicherten Gebäude. Doch die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Warum, das soll im Folgenden genau beleuchtet werden.
Der Weg vor Gericht: Vom Brandschaden zur Klage

Herr K. hatte bei der beklagten Versicherungsgesellschaft eine Gebäudeversicherung abgeschlossen. Als sein Gebäude abbrannte, forderte er zunächst einen Teil des Schadens, nämlich 20.000 Euro. Diesen Betrag verlangte er als sogenannten Zeitwertschaden. Was ist das? Bei einem Schaden kann man den Neuwert (also was es kostet, das Gebäude heute komplett neu zu errichten) oder den Zeitwert (der Wert des Gebäudes unmittelbar vor dem Schaden, unter Berücksichtigung von Alter und Abnutzung) ersetzen. Herr K. machte hier also den Wert geltend, den das Gebäude vor dem Brand noch hatte.
Die Versicherungsgesellschaft lehnte die Zahlung jedoch ab. Sie erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Das bedeutet, die Versicherung wollte den Vertrag so behandeln, als wäre er ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr gültig. Zusätzlich erklärte sie die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Eine Anfechtung geht noch weiter: Der Vertrag wird so behandelt, als hätte er von Anfang an nie bestanden. Die Versicherung warf Herrn K. vor, beim Abschluss des Vertrages wichtige Fragen falsch beantwortet und damit seine Anzeigepflicht verletzt zu haben. Konkret ging es darum, dass Herr K. verneint hatte, dass es für das Gebäude bereits eine frühere Versicherung (eine sogenannte Vorversicherung) bei einer anderen Gesellschaft (der X-Versicherung) gegeben habe. Außerdem hatte er verneint, dass in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag Schäden am Gebäude aufgetreten seien, obwohl es 2015 einen Leitungswasserschaden gegeben hatte.
Darüber hinaus äußerte die Versicherung Zweifel, ob der von Herrn K. geforderte Betrag überhaupt der tatsächlichen Schadenshöhe entsprach, und deutete sogar an, Herr K. könnte den Brand selbst gelegt haben. Das Landgericht Rostock, die erste gerichtliche Instanz, hatte die Klage von Herrn K. bereits abgewiesen. Herr K. war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte Berufung ein, das heißt, er beantragte eine Überprüfung des Urteils durch die nächsthöhere Instanz, das Oberlandesgericht Rostock.
Was genau musste das Oberlandesgericht klären? Die Kernfragen des Falls
Das Oberlandesgericht (OLG) musste nun also prüfen, ob die Entscheidung des Landgerichts richtig war. Die zentralen Fragen waren:
- Hat Herr K. tatsächlich einen Anspruch auf die Zahlung der 20.000 Euro aus dem Versicherungsvertrag?
- Durfte die Versicherungsgesellschaft vom Vertrag zurücktreten, weil Herr K. seine Anzeigepflichten verletzt hat?
- Durfte die Versicherungsgesellschaft den Vertrag sogar wegen arglistiger Täuschung anfechten?
- Und falls ja, was bedeutet das für den Anspruch von Herrn K.?
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts: Keine Zahlung für den Kläger
Das OLG Rostock kam zu dem Ergebnis, dass die Berufung von Herrn K. keine Aussicht auf Erfolg hat. Es kündigte an, die Berufung zurückzuweisen. Das bedeutet im Ergebnis: Herr K. bekommt kein Geld von der Versicherung. Die Entscheidung des Landgerichts, die Klage abzuweisen, wurde damit im Ergebnis bestätigt. Die Versicherungsgesellschaft musste also nicht für den Brandschaden aufkommen.
Warum die Versicherung nicht zahlen muss: Der Rücktritt vom Vertrag
Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich. Ein Hauptgrund, warum Herr K. leer ausging, war der wirksame Rücktritt der Versicherung vom Vertrag. Aber wie kam es dazu?
Die verletzte Anzeigepflicht: Was wurde verschwiegen?
Nach dem Versicherungsvertragsgesetz (kurz VVG, § 19 Abs. 1 Satz 1) hat jeder, der eine Versicherung abschließen möchte, eine Anzeigepflicht. Das bedeutet, er muss dem Versicherer vor Vertragsschluss alle ihm bekannten Umstände mitteilen, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat und die für dessen Entscheidung, den Vertrag überhaupt oder mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind. Vereinfacht gesagt: Man muss die Fragen im Antrag ehrlich und vollständig beantworten.
Genau das hatte Herr K. nach Ansicht des Gerichts nicht getan. Er hatte im Antrag unstreitig, also von beiden Seiten unbestritten, verneint, dass es eine Vorversicherung für das Gebäude gab. Es stellte sich aber heraus, dass der Vorbesitzer des Grundstücks eine Versicherung bei der X-Versicherung hatte. Ebenso hatte Herr K. verneint, dass es in den fünf Jahren vor dem Antrag Schäden am Gebäude gegeben hatte, obwohl es 2015 einen Leitungswasserschaden gab. Damit lag eine objektive Verletzung der Anzeigepflicht vor.
Wusste der Kläger von den verschwiegenen Tatsachen?
Entscheidend für die Folgen einer solchen Pflichtverletzung ist oft, ob der Antragsteller die verschwiegenen Umstände kannte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Herr K. von der Vorversicherung wusste. In einer polizeilichen Vernehmung hatte er selbst ausgesagt, er habe die Vorversicherung bei der X-Versicherung „zu Beginn“ gekündigt und „dann“ den neuen Vertrag mit der beklagten Versicherung abgeschlossen. Das belegt nach Ansicht des Gerichts, dass er zum Zeitpunkt der Antragsstellung von der Vorversicherung Kenntnis hatte. Den Beweis, dass es anders war, konnte Herr K. nicht erbringen. Seine Behauptung, er habe dem früheren Leitungswasserschaden keine Bedeutung beigemessen, hielt das Gericht für widersprüchlich.
Spielt es eine Rolle, was der Makler wusste oder tat?
Herr K. hatte möglicherweise einen Makler eingeschaltet, der ihm beim Ausfüllen des Antrags half. Was wäre, wenn der Makler den Antrag ohne Rücksprache mit Herrn K. ausgefüllt hätte und ihm die Vorversicherung bekannt gewesen wäre? Das Gericht stellte klar: Selbst dann wäre die Anzeigepflichtverletzung gegeben, da die Kenntnis von Herrn K. allein schon ausreicht. Zudem wäre ein Makler in der Regel bevollmächtigt, und sein Wissen oder Handeln würde Herrn K. zugerechnet.
„Ich dachte, das wäre nicht wichtig“: Zählt die eigene Einschätzung?
Manchmal denkt ein Antragsteller vielleicht, eine bestimmte Information sei für die Versicherung nicht relevant. Aber darauf kommt es nicht an. Wenn die Versicherung danach fragt, muss die Antwort richtig sein – unabhängig davon, ob der Antragsteller den Umstand selbst für wichtig hält. Die objektive Unrichtigkeit der Angaben, also dass sie einfach falsch waren, genügt.
Gab es Gründe, warum der Rücktritt nicht gelten könnte?
Das Gesetz sieht einige Fälle vor, in denen ein Rücktrittsrecht des Versicherers ausgeschlossen sein kann. Könnte sich Herr K. darauf berufen?
- Kein Verschulden? Wenn Herr K. die Falschangaben nicht verschuldet hätte, also weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hätte, könnte der Rücktritt ausgeschlossen sein (§ 19 Abs. 3 Satz 1 VVG). Doch Herr K. konnte nicht beweisen, dass er kein Verschulden trifft. Für die Vorversicherung gab es keine Entschuldigung. Bezüglich der Vorschäden konnte er nicht glaubhaft machen, dass er die Frage missverstanden habe.
- Bedingter Vorsatz: Das Gericht ging sogar von bedingtem Vorsatz aus. Was ist das? Bedingter Vorsatz bedeutet, dass jemand eine Pflichtverletzung zwar nicht direkt beabsichtigt, sie aber für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn man das Ausfüllen der Antragsunterlagen einem Dritten überlässt, der keine genauen Kenntnisse hat, und die Angaben hinterher nicht selbst kontrolliert. Auch wenn ein Makler Angaben „ins Blaue hinein“, also ohne gesicherte Kenntnis, macht, kann das als bedingter Vorsatz gewertet werden.
- Nur grobe Fahrlässigkeit? Hätte Herr K. nur grob fahrlässig gehandelt, gäbe es unter Umständen andere Rechtsfolgen. Aber da das Gericht von Vorsatz (zumindest bedingtem) ausging, spielte dies keine Rolle.
- Fehlende Belehrung? Versicherer müssen ihre Kunden über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung belehren (§ 19 Abs. 5 Satz 1 VVG). Selbst wenn eine solche Belehrung hier gefehlt hätte, würde das den Rücktritt nicht ausschließen, wenn der Versicherungsnehmer – wie hier vom Gericht angenommen – arglistig gehandelt hat.
Arglistige Täuschung: Mehr als nur ein Versehen?
Das Gericht sah in dem Verhalten von Herrn K. eine arglistige Täuschung. Arglist liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und gewollt die Entscheidung des Versicherers beeinflussen will, indem er ihm die Wahrheit vorenthält. Er tut dies, weil er annimmt, der Versicherer würde den Antrag sonst gar nicht oder nur zu schlechteren Bedingungen (z.B. höherer Beitrag) annehmen. Die Versicherung muss die Arglist beweisen, kann dies aber auch durch Indizien tun. Indizien sind Umstände, die für sich genommen noch keinen vollen Beweis darstellen, aber in ihrer Gesamtheit einen bestimmten Schluss sehr wahrscheinlich machen.
Herr K. hatte nach Ansicht des Gerichts keine plausible Erklärung für seine falschen Angaben geliefert. Das Verschweigen einer Vorversicherung und bekannter Vorschäden wertete das Gericht als arglistig. Denn ein Versicherungsnehmer müsse erkennen, dass solche Informationen für die Risikoprüfung des Versicherers wichtig sind. Er darf nicht einfach seine eigene Einschätzung der Relevanz über die des Versicherers stellen.
Es gab auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die beklagte Versicherungsgesellschaft oder ihr Maklerbetreuer wussten, dass die Angaben von Herrn K. falsch waren. Schließlich erklärte die Versicherung den Rücktritt auch fristgerecht, also innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit (§ 21 Abs. 1 VVG).
Waren die falschen Angaben überhaupt wichtig für die Entscheidung der Versicherung?
Ja, sagte das Gericht. Die unrichtigen Angaben zu Vorschäden und Vorversicherungen waren für die Entscheidung der Versicherung, ob und zu welchen Bedingungen sie Herrn K. versichert, ursächlich (kausal). Solche Angaben können einen Versicherer davon abhalten, genauere Nachforschungen anzustellen. Da das Gericht von arglistig falschen Angaben ausging, kam es auf die genaue Kausalität für den Versicherungsfall selbst aber nicht mehr entscheidend an (§ 21 Abs. 2 Satz 2 VVG). Der Einwand von Herrn K., die Versicherung treffe ihre Entscheidungen ohnehin „computergesteuert“, änderte daran nichts.
Ein weiterer Grund für die Leistungsfreiheit: Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Neben dem Rücktritt hatte die Versicherung den Vertrag auch angefochten. Das ist ein weiterer juristischer Weg, um sich von einem Vertrag zu lösen, der auf einer Täuschung beruht (§ 123 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Die Folge einer wirksamen Anfechtung ist, dass der Vertrag von Anfang an als nichtig, also als niemals gültig zustande gekommen, angesehen wird (§ 142 Abs. 1 BGB).
Die gleichen falschen Angaben, ein anderer juristischer Hebel
Die Grundlage für die Anfechtung war dieselbe arglistige Täuschung durch Herrn K. bezüglich der Vorversicherung und der Vorschäden, die bereits zum Rücktritt berechtigte. Hätte ein Makler gehandelt, wäre dessen Verhalten Herrn K. zuzurechnen.
Hätte die Versicherung den Vertrag sonst überhaupt geschlossen?
Das Gericht ging davon aus, dass die Täuschung für den Abschluss des Vertrages ursächlich war. Bei einer Gebäudeversicherung ist es für den Versicherer von großer Bedeutung, über Vorversicherungen und Vorschäden informiert zu werden. Man kann davon ausgehen, dass die Versicherung bei Kenntnis der wahren Umstände den Vertrag entweder gar nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Auch hier half der Einwand der „computergesteuerten“ Entscheidungsfindung nicht, da die Antworten im Antrag ja gerade die Grundlage für die computergestützte Prüfung bilden. Die Versicherung hatte sich im Antragsformular eine weitere Risikoprüfung vorbehalten, die durch die Falschangaben von Herrn K. behindert wurde. Die Anfechtung wurde ebenfalls fristgerecht erklärt.
Was das Gericht außerdem noch anmerkte (aber nicht mehr entscheidend war)
Da die Klage bereits wegen des wirksamen Rücktritts und der wirksamen Anfechtung abgewiesen wurde, kam es auf weitere Punkte nicht mehr entscheidend an. Das Gericht machte aber sogenannte Hilfserwägungen, also zusätzliche Überlegungen.
Zweifel an der Höhe des Schadens
Das Gericht äußerte Zweifel, ob der von Herrn K. geforderte Betrag von 20.000 Euro (bzw. ein von ihm später genannter Gesamtschaden von 300.000 Euro) überhaupt schlüssig dargelegt war. Das bedeutet, es war nicht nachvollziehbar, wie sich dieser Betrag zusammensetzte. Besonders auffällig: Herr K. hatte das gesamte Grundstück inklusive des später abgebrannten Gebäudes für nur 25.000 Euro gekauft. Da erscheint ein Zeitwertschaden von 20.000 Euro oder gar ein Gesamtschaden von 300.000 Euro für das zerstörte Gebäude schwer nachvollziehbar.
Der schwere Verdacht: Hat der Kläger selbst gezündelt?
Noch schwerwiegender waren die Anhaltspunkte dafür, dass Herr K. den Brand selbst vorsätzlich verursacht haben könnte (Brandstiftung, § 81 Abs. 1 VVG).
Ein Gutachten eines Sachverständigen aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren kam zu dem Ergebnis, dass die Brandursache mit hoher Wahrscheinlichkeit auf vorsätzliche Brandstiftung zurückzuführen ist. Es gab im Brandausbruchsbereich keine normalen Zündquellen (wie etwa einen technischen Defekt), und die Verwendung von Brandbeschleunigern war höchstwahrscheinlich.
Das Gericht sah auch erhebliche Indizien dafür, dass Herr K. selbst der Täter war oder Dritte dazu angestiftet hatte:
- Motiv: Obwohl Herr K. angab, finanziell gut dazustehen und durch den Brand Nachteile bei Fördermitteln für eine Sanierung zu haben, sah das Gericht die Motivlage eher als nachteilig für ihn. Eine Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes hätte rund 1,3 Millionen Euro gekostet. Selbst bei 60 % Förderung hätte Herr K. noch 390.000 Euro selbst aufbringen müssen, was für einen Einzelunternehmer eine erhebliche Summe ist. Ein Neubau ohne Denkmalschutzauflagen wäre möglicherweise günstiger gewesen, insbesondere wenn eine hohe Versicherungssumme aus dem Brandschaden zur Verfügung gestanden hätte.
- Schlüsselsituation: Herr K. hatte unbestritten alle Schlösser am Gebäude auswechseln lassen und war der Einzige, der Schlüssel besaß. Zur Brandzeit waren alle Türen ordnungsgemäß verschlossen, und es gab keine Einbruchsspuren. Die Fenster im Erdgeschoss waren unbeschädigt. Es war für das Gericht nicht erkennbar, wie jemand anderes als Herr K. oder eine von ihm beauftragte Person in das Gebäude gelangt sein sollte. Eine plausible Erklärung hierfür konnte Herr K. nicht liefern. Verdachtsmomente gegen Dritte (z.B. wegen Sachbeschädigungen an seinem Auto oder Drohungen) hielt das Gericht in diesem Zusammenhang für nicht relevant.
Da die Hauptforderung von Herrn K. – die Zahlung der 20.000 Euro – keinen Erfolg hatte, entfielen auch seine Nebenforderungen, wie beispielsweise Zinsen.
Das Oberlandesgericht legte Herrn K. abschließend nahe, seine Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen, um weitere Gerichtskosten zu sparen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Aus diesem Gerichtsurteil lernen wir drei zentrale Lektionen: Erstens müssen alle Fragen im Versicherungsantrag absolut wahrheitsgemäß beantwortet werden – bereits bei einer einzigen falschen Angabe kann die Versicherung später vom Vertrag zurücktreten und im Schadensfall nichts zahlen. Zweitens spielt die eigene Einschätzung, ob eine Information wichtig ist, keine Rolle – wenn die Versicherung danach fragt, muss ehrlich geantwortet werden, auch bei vermeintlich unwichtigen Details wie alten Vorschäden oder früheren Versicherungen. Drittens können verdächtige Umstände rund um einen Schadensfall dazu führen, dass Gerichte von vorsätzlicher Herbeiführung ausgehen, besonders wenn keine plausible Erklärung für die Schadensentstehung vorliegt. Die Quintessenz ist eindeutig: Ehrlichkeit beim Versicherungsabschluss ist nicht nur moralisch geboten, sondern existenziell wichtig – eine einzige Lüge kann dazu führen, dass man trotz jahrelanger Beitragszahlung im Ernstfall völlig schutzlos dasteht.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die sogenannte Anzeigepflicht im Versicherungsvertrag und warum ist sie so wichtig?
Die Anzeigepflicht ist eine der zentralen und wichtigsten Verpflichtungen, die Sie als zukünftiger Versicherungsnehmer vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrages haben. Sie bedeutet, dass Sie dem Versicherungsunternehmen alle Umstände mitteilen müssen, die für die Einschätzung des Risikos von Bedeutung sind und nach denen Sie von der Versicherung gefragt werden. Dies betrifft insbesondere alle Fragen, die Ihnen schriftlich oder mündlich im Antragsprozess gestellt werden.
Was bedeutet die Anzeigepflicht genau?
Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Versicherung abschließen, zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder eine Hausratversicherung. Die Versicherung stellt Ihnen vor dem Vertragsabschluss detaillierte Fragen zu Ihrem Gesundheitszustand, zu Vorerkrankungen, zu gefährlichen Hobbys oder bei einer Hausratversicherung zur Größe Ihrer Wohnung und vorhandenen Sicherheitseinrichtungen. Ihre Antworten auf diese Fragen müssen stets vollständig und wahrheitsgemäß sein. Die Anzeigepflicht ist im Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere in § 19 VVG, geregelt. Sie umfasst nur die Umstände, die dem Versicherer bekannt sind oder bekannt sein müssten und die er explizit abgefragt hat.
Warum ist die Anzeigepflicht so entscheidend?
Die Anzeigepflicht ist aus einem wichtigen Grund so bedeutend: Die Versicherung muss Ihr individuelles Risiko einschätzen können, um einen fairen Beitrag zu berechnen und das Risiko richtig zu bewerten. Nur wenn das Versicherungsunternehmen alle relevanten Informationen besitzt, kann es entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen es den Vertrag überhaupt abschließt.
Wenn Sie gegen diese Pflicht verstoßen, also wichtige Fragen nicht, falsch oder unvollständig beantworten, kann dies schwerwiegende Folgen für Sie haben – und das oft erst, wenn ein Schaden eingetreten ist und Sie Leistungen von Ihrer Versicherung erwarten. Die Versicherung kann in solchen Fällen unter Umständen vom Vertrag zurücktreten, ihn kündigen oder sogar die Zahlung der Versicherungsleistung ganz oder teilweise verweigern. Dies gilt selbst dann, wenn der nicht angezeigte Umstand gar nichts mit dem eingetretenen Schaden zu tun hat. Die genauen Konsequenzen hängen davon ab, ob Sie die Informationen vorsätzlich, grob fahrlässig oder einfach fahrlässig verschwiegen oder falsch angegeben haben. Für Sie als Versicherungsnehmer bedeutet das, dass Sie im schlimmsten Fall trotz gezahlter Beiträge keinen Versicherungsschutz haben, wenn Sie ihn dringend benötigen.
Welche Folgen hat es, wenn ich meine Anzeigepflicht beim Versicherungsabschluss nicht vollständig erfülle?
Wenn Sie beim Abschluss einer Versicherung nicht alle Fragen der Versicherung vollständig und wahrheitsgemäß beantworten oder relevante Umstände nicht mitteilen, die Ihnen bekannt sind, kann dies gravierende Folgen für Ihren Versicherungsschutz haben. Die Konsequenzen hängen maßgeblich davon ab, warum die Anzeigepflicht verletzt wurde und welche Auswirkungen dies auf den Vertrag hat.
Art der Pflichtverletzung und ihre Konsequenzen
Die Versicherung unterscheidet, ob Sie die Informationen absichtlich, grob fahrlässig (besonders unachtsam) oder einfach fahrlässig (unachtsam) nicht vollständig angegeben haben.
- Arglist (Absichtliche Täuschung): Wenn Sie Informationen absichtlich und bewusst falsch oder unvollständig angeben, um sich einen Vorteil zu verschaffen oder die Versicherung abzuschließen, kann die Versicherung den Vertrag anfechten. Das bedeutet, der Vertrag wird so behandelt, als wäre er von Anfang an nie gültig gewesen. Für Sie bedeutet das, dass Sie im Schadenfall keinerlei Schutz hatten und die Versicherung die Leistungen verweigern kann, auch wenn Sie bereits Prämien gezahlt haben.
- Grobe Fahrlässigkeit oder Fahrlässigkeit (Unachtsamkeit): Haben Sie die Informationen aus Unachtsamkeit (fahrlässig) oder besonders unachtsam (grob fahrlässig) unvollständig oder falsch angegeben, kann die Versicherung in der Regel vom Vertrag zurücktreten oder ihn kündigen.
- Der Rücktritt führt dazu, dass der Vertrag rückwirkend aufgehoben wird und die Versicherung im Schadenfall nicht leisten muss. Dies ist besonders relevant, wenn der Schaden eingetreten ist, bevor die Versicherung von der Pflichtverletzung erfahren hat. Gegebenenfalls kann die Versicherung auch bereits erhaltene Leistungen zurückfordern.
- Die Kündigung beendet den Vertrag für die Zukunft. Ab dem Zeitpunkt der Kündigung besteht kein Versicherungsschutz mehr. Tritt ein Schaden vor der Kündigung ein, kann die Versicherung dennoch leistungsfrei sein, wenn der nicht angezeigte Umstand für den Schaden ursächlich war.
- Unverschuldet (Kein eigenes Verschulden): Konnten Sie die falschen oder fehlenden Angaben nicht erkennen, weil Sie beispielsweise über den Sachverhalt selbst nicht richtig informiert waren, und trifft Sie kein Verschulden, hat dies in der Regel keine negativen Folgen für Sie. Die Versicherung muss in diesem Fall trotzdem leisten.
Auswirkungen auf den Versicherungsschutz im Schadenfall
Die wichtigste praktische Konsequenz einer Verletzung der Anzeigepflicht ist die Leistungsfreiheit der Versicherung. Das bedeutet, dass die Versicherung im Falle eines Schadens nicht zahlen muss. Dies tritt häufig dann ein, wenn der nicht angegebene Umstand ursächlich für den Schaden war oder die Versicherung den Vertrag bei Kenntnis der Wahrheit gar nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte.
Anpassung des Vertrages
In einigen Fällen, insbesondere bei fahrlässiger Pflichtverletzung, kann die Versicherung den Vertrag auch anpassen, anstatt zurückzutreten oder zu kündigen. Das passiert, wenn die Versicherung den Vertrag auch bei korrekten Angaben abgeschlossen hätte, aber zu anderen Konditionen (z.B. mit einem höheren Beitrag oder einem Risikoausschluss). Tritt dann ein Schadenfall ein, muss die Versicherung nur die Leistung erbringen, die sie unter den „richtigen“ Bedingungen gezahlt hätte.
Fristen für die Versicherung
Die Versicherung hat für ihre Maßnahmen (Anfechtung, Rücktritt, Kündigung) bestimmte Fristen, ab dem Zeitpunkt, zu dem sie von der Pflichtverletzung erfahren hat. Nach Ablauf dieser Fristen verliert sie in der Regel ihre Rechte.
Es ist also entscheidend, dass Sie beim Abschluss einer Versicherung alle Fragen des Versicherers wahrheitsgemäß und vollständig beantworten, um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden.
Spielt es eine Rolle, ob ich eine Information vergessen habe oder sie bewusst verschwiegen habe?
Ja, es spielt eine sehr wichtige Rolle, ob Sie eine Information vergessen haben oder sie bewusst verschwiegen haben. Die Unterscheidung zwischen einem Versehen und einer absichtlichen Täuschung hat erhebliche Auswirkungen auf die rechtlichen Konsequenzen.
Absicht und Fahrlässigkeit: Der entscheidende Unterschied
Juristisch wird hier zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz (oder Arglist) unterschieden.
- Vergessen oder Übersehen (Fahrlässigkeit): Wenn Sie eine wichtige Information vergessen oder deren Relevanz falsch einschätzen und sie deshalb nicht angeben, spricht man von Fahrlässigkeit. Das bedeutet, Sie haben zwar nicht absichtlich gehandelt, aber die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen. Dies kann von einfacher Unachtsamkeit bis zu einer groben Fahrlässigkeit reichen, bei der Sie die Bedeutung der Information offensichtlich hätten erkennen müssen.
- Bewusstes Verschweigen (Vorsatz oder Arglist): Wenn Sie eine wichtige Information wissentlich und willentlich verschweigen, um sich oder jemand anderem einen Vorteil zu verschaffen oder Nachteile zu vermeiden, handelt es sich um Vorsatz oder sogar Arglist. Bei Arglist geht es darum, jemanden bewusst zu täuschen. Stellen Sie sich vor, Sie verschweigen aktiv einen Schaden, damit ein Vertrag zustande kommt, der sonst nicht oder nur zu schlechteren Bedingungen zustande gekommen wäre.
Unterschiedliche Folgen für Ihre Situation
Die rechtlichen Folgen hängen stark davon ab, ob Fahrlässigkeit oder Vorsatz/Arglist vorliegt.
- Folgen bei Fahrlässigkeit: Auch wenn Sie eine Information nur vergessen oder aus Unachtsamkeit nicht angegeben haben, kann das Konsequenzen haben. Im Bereich von Verträgen, beispielsweise bei Versicherungen, kann der Vertragspartner (z.B. die Versicherung) unter Umständen den Vertrag anpassen, höhere Beiträge fordern oder im Schadensfall die Leistung reduzieren. Bei grober Fahrlässigkeit kann der Vertragspartner sogar teilweise oder ganz von seiner Leistungspflicht befreit sein, die Vereinbarung anpassen oder sogar den Vertrag kündigen. Die genauen Folgen hängen vom jeweiligen Rechtsgebiet und den Umständen ab.
- Folgen bei Vorsatz oder Arglist: Wenn Sie eine Information vorsätzlich verschwiegen oder arglistig getäuscht haben, sind die Folgen in der Regel deutlich schwerwiegender. Bei vielen Verträgen kann der Vertragspartner in diesem Fall den Vertrag anfechten oder vom Vertrag zurücktreten. Das bedeutet, der Vertrag wird so behandelt, als wäre er nie wirksam zustande gekommen oder er wird rückwirkend unwirksam. Im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass Sie jeglichen Anspruch verlieren, zum Beispiel auf eine Versicherungsleistung. Darüber hinaus können je nach Sachverhalt auch weitere rechtliche Schritte, wie zum Beispiel Schadensersatzforderungen, drohen.
Für Sie ist es entscheidend zu wissen, dass selbst ein „einfaches“ Vergessen Auswirkungen haben kann, aber die bewusste Absicht zur Täuschung in der Regel zu den härtesten Konsequenzen führt. Der Nachweis, ob Absicht oder Fahrlässigkeit vorlag, ist oft komplex und hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab.
Wer ist verantwortlich, wenn ein Versicherungsmakler oder -vertreter meinen Antrag ausgefüllt hat und dabei Fehler passiert sind?
Grundsätzlich ist es so, dass Sie als Versicherungsnehmer die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben tragen, die Sie in einem Versicherungsantrag machen und unterschreiben. Das gilt auch dann, wenn ein Versicherungsmakler oder -vertreter Ihnen beim Ausfüllen geholfen hat. Das liegt daran, dass der Vermittler in diesem Moment oft als Ihre „Hilfsperson“ gesehen wird. Die von ihm eingetragenen Informationen gelten als Ihre eigenen Angaben, sobald Sie den Antrag prüfen und unterzeichnen.
Ihre eigene Prüfpflicht
Auch wenn Ihnen der Makler oder Vertreter zur Seite steht und den Antrag vorbereitet, haben Sie eine eigene Prüfpflicht. Das bedeutet, Sie sollten den gesamten Antrag vor der Unterschrift sorgfältig durchlesen. Überprüfen Sie, ob alle Angaben, die für den Vertrag wichtig sind (z.B. Gesundheitsfragen, frühere Schäden, Angaben zu versicherten Objekten), vollständig und korrekt wiedergegeben wurden. Wenn Sie den Antrag unterschreiben, bestätigen Sie damit die Richtigkeit und Vollständigkeit der darin enthaltenen Informationen. Fehler oder fehlende Informationen können später dazu führen, dass der Versicherer die Leistung verweigert oder den Vertrag anpasst.
Haftung des Versicherungsmaklers oder -vertreters
Trotz Ihrer eigenen Verantwortung kann der Versicherungsmakler oder -vertreter für Fehler, die er beim Ausfüllen des Antrags macht, unter bestimmten Voraussetzungen selbst haftbar gemacht werden. Dies ist der Fall, wenn der Vermittler eine Pflicht verletzt hat, die ihm gegenüber dem Versicherungsnehmer zusteht. Solche Pflichten umfassen die Beratungs- und Aufklärungspflicht. Ein Vermittler muss Sie umfassend und korrekt beraten sowie über alle wichtigen Aspekte des Vertrages aufklären.
- Beispiele für Fehler des Vermittlers:
- Er hat wichtige Informationen, die Sie ihm gegeben haben, bewusst oder fahrlässig falsch in den Antrag eingetragen.
- Er hat Sie nicht auf die Bedeutung bestimmter Fragen oder die Wichtigkeit vollständiger Angaben hingewiesen.
- Er hat Sie nicht darauf aufmerksam gemacht, dass bestimmte Angaben fehlen oder offensichtlich falsch sind.
Wenn der Fehler des Vermittlers dazu führt, dass Ihnen ein Schaden entsteht (z.B. die Versicherung zahlt nicht, weil falsche Angaben gemacht wurden), kann er zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dies setzt voraus, dass er seine Pflichten verletzt hat und ein ursächlicher Zusammenhang zwischen seiner Pflichtverletzung und Ihrem Schaden besteht.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Sie tragen die letzte Verantwortung für die Richtigkeit der von Ihnen unterschriebenen Antragsdaten. Allerdings kann der Versicherungsmakler oder -vertreter, wenn er Fehler bei der Erfassung oder Beratung gemacht hat, für diese Fehler selbst haften und zum Schadensersatz verpflichtet sein.
Gibt es Umstände, unter denen eine Versicherung trotz Anzeigepflichtverletzung zahlen muss oder ihren Rücktritt nicht durchsetzen kann?
Ja, es gibt tatsächlich mehrere wichtige Ausnahmen und Schutzmechanismen im Versicherungsrecht, die verhindern können, dass eine Versicherung ihre Leistung verweigert oder vom Vertrag zurücktritt, selbst wenn eine Anzeigepflichtverletzung vorliegt. Die Anzeigepflicht ist zwar eine zentrale Pflicht für Versicherungsnehmer, aber auch der Versicherer muss bestimmte Regeln einhalten.
Wenn die Versicherung nicht korrekt informiert hat (Belehrungspflicht)
Eine der wichtigsten Schutzvorschriften für Sie als Versicherungsnehmer ist die sogenannte Belehrungspflicht des Versicherers. Bevor ein Versicherungsvertrag abgeschlossen wird, muss der Versicherer Sie klar und verständlich darüber informieren, welche Angaben Sie machen müssen und welche rechtlichen Folgen es hat, wenn Sie diese Pflicht verletzen (z.B. falsche oder fehlende Angaben machen).
Das bedeutet für Sie: Hat der Versicherer Sie nicht ordnungsgemäß über Ihre Anzeigepflicht und deren Konsequenzen belehrt, kann er sich in der Regel nicht auf die Anzeigepflichtverletzung berufen. Er verliert dann seine Rechte, vom Vertrag zurückzutreten oder ihn zu kündigen. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Gesundheitsfrage im Antrag übersehen, aber die Versicherung hat nicht deutlich genug auf die Wichtigkeit dieser Angaben und die Folgen bei Fehlern hingewiesen. Dann könnte die Versicherung ihre Rechte verlieren, sich auf diesen Fehler zu berufen.
Wenn die Versicherung zu spät reagiert (Fristen)
Auch der Versicherer hat Fristen, innerhalb derer er handeln muss, wenn er von einer Anzeigepflichtverletzung erfährt. Sobald der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt, hat er in der Regel nur einen Monat Zeit, um seinen Rücktritt zu erklären oder den Vertrag zu kündigen.
Das bedeutet für Sie: Versäumt der Versicherer diese Frist, verliert er sein Recht, sich auf die Anzeigepflichtverletzung zu berufen und den Vertrag zu beenden. Angenommen, Ihre Versicherung weiß seit mehreren Monaten, dass Sie bei Vertragsabschluss eine bestimmte Vorerkrankung nicht angegeben haben, hat aber nicht reagiert. Nach Ablauf der Monatsfrist kann sie ihren Rücktritt in der Regel nicht mehr durchsetzen.
Wenn der Fehler nicht ursächlich für den Schaden war (Fehlende Kausalität)
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Zusammenhang zwischen der Anzeigepflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden. Selbst wenn Sie eine Information falsch oder gar nicht angegeben haben und der Versicherer korrekt belehrt und fristgerecht reagiert hat, muss er unter Umständen trotzdem zahlen. Dies ist der Fall, wenn die fehlende oder falsche Angabe nicht ursächlich für den Versicherungsfall oder den Umfang der Leistung war.
Das bedeutet für Sie: Hat die unrichtige Angabe in keiner Weise dazu beigetragen, dass der Schaden entstanden ist, muss die Versicherung die Leistung dennoch erbringen. Ein Beispiel: Sie haben beim Abschluss einer Hausratversicherung vergessen, eine alte Alarmanlage zu erwähnen, die Sie schon lange nicht mehr nutzen. Es kommt aber zu einem Wasserschaden durch einen Rohrbruch. Da die fehlende Angabe zur Alarmanlage den Wasserschaden in keiner Weise beeinflusst hat, müsste die Versicherung trotzdem für den Schaden aufkommen.
Wenn die Anzeigepflichtverletzung ohne Verschulden oder leicht fahrlässig erfolgte
Die Konsequenzen einer Anzeigepflichtverletzung hängen auch davon ab, wie sehr Sie als Versicherungsnehmer daran schuld sind.
- Kein Verschulden (unwissentlich): Wenn Sie die Angabe weder vorsätzlich noch fahrlässig (also versehentlich und ohne es wissen zu können) falsch gemacht haben, bleiben die Versicherung und der Schutz meistens voll bestehen.
- Leichte Fahrlässigkeit: Haben Sie die Angabe zwar fahrlässig, aber nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich falsch gemacht, darf der Versicherer nicht einfach zurücktreten oder kündigen. Stattdessen wird der Vertrag in der Regel so angepasst, als ob Sie die richtige Angabe von Anfang an gemacht hätten. Das kann bedeuten, dass die Prämie erhöht oder der Leistungsumfang angepasst wird.
Diese Aspekte zeigen auf, dass die Rechte einer Versicherung im Falle einer Anzeigepflichtverletzung nicht absolut sind und es wichtige Gegengewichte gibt, die den Versicherungsnehmer schützen können.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anzeigepflicht
Die Anzeigepflicht verpflichtet den Versicherungsnehmer, beim Abschluss eines Versicherungsvertrages alle ihm bekannten Umstände vollständig und wahrheitsgemäß mitzuteilen, nach denen der Versicherer ausdrücklich fragt und die für die Risikobewertung und Vertragsschluss wesentlich sind (§ 19 Abs. 1 VVG). Diese Pflicht dient dazu, dass der Versicherer das Risiko richtig einschätzen und die Prämienhöhe sowie Versicherungsbedingungen angemessen festlegen kann. Eine Verletzung der Anzeigepflicht kann dazu führen, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktritt oder ihn anfechtet, was meist zur Folge hat, dass der Versicherungsschutz entfällt. Wichtig ist, dass es nicht auf die eigene Einschätzung des Versicherungsnehmers ankommt, sondern darauf, ob die Frage objektiv richtig beantwortet wurde.
Beispiel: Sie schließen eine Gebäudeversicherung ab und werden gefragt, ob es in den letzten fünf Jahren Vorschäden gab. Wenn Sie einen Wasserschaden verschweigen, obwohl Sie davon wissen, verletzt das Ihre Anzeigepflicht.
Rücktritt vom Vertrag
Der Rücktritt ist ein einseitiges Gestaltungsrecht, mit dem der Versicherer den Vertrag rückwirkend aufheben kann, als wäre er nie abgeschlossen worden (§ 19 Abs. 2 VVG). Ein Rücktritt ist insbesondere möglich, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht verletzt hat und der Versicherer hierdurch getäuscht wurde. Die Folge ist, dass die Versicherung im Schadenfall nicht leisten muss, weil der Vertrag wie aufgehoben gilt. Der Versicherer muss den Rücktritt innerhalb bestimmter Fristen erklären, nachdem er von der Pflichtverletzung Kenntnis erlangt hat.
Beispiel: Wenn Sie beim Abschluss einer Hausratversicherung relevante Vorschäden nicht angeben und die Versicherung dies nachträglich entdeckt, kann sie vom Vertrag zurücktreten und muss im Schadenfall nicht zahlen.
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
Die Anfechtung nach § 123 BGB ist ein Rechtsmittel, mit dem ein Vertrag wegen bewusster Täuschung des Vertragspartners rückwirkend für nichtig erklärt wird. Im Versicherungsrecht bedeutet dies, dass der Versicherer den Vertrag anfechten kann, wenn der Versicherungsnehmer bewusst falsche Angaben gemacht hat, um den Vertrag zu erlangen. Eine wirksame Anfechtung führt dazu, dass der Vertrag so behandelt wird, als hätte er von Anfang an nicht bestanden, wodurch alle Ansprüche aus dem Vertrag entfallen. Der Nachweis der Arglist kann auch durch Indizien erfolgen.
Beispiel: Sie verschweigen absichtlich den Umstand, dass Ihr Haus bereits erheblich beschädigt war, um eine günstige Gebäudeversicherung zu erhalten. Wenn die Versicherung dies herausfindet, kann sie den Vertrag anfechten.
Arglistige Täuschung (Arglist)
Arglist liegt vor, wenn jemand bewusst und willentlich falsche Tatsachen angibt oder wahre Tatsachen verschweigt, um den anderen Vertragspartner zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, also ihn zu täuschen. Im Versicherungsrecht ist Arglist eine besonders schwere Form der Anzeigepflichtverletzung, die dem Versicherer das Recht gibt, den Vertrag anzufechten (§ 123 BGB) und dadurch den Vertrag von Anfang an unwirksam zu machen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Schaden direkt aus der Arglist resultiert, sondern dass der Vertrag überhaupt nur wegen der Täuschung zustande kam.
Beispiel: Sie geben absichtlich falsche Angaben über frühere Schadensfälle an, weil Sie sonst keine Versicherung bekommen hätten. Die Versicherung kann dies als arglistige Täuschung werten.
Zeitwert
Der Zeitwert ist der Wert eines Gegenstandes zum Zeitpunkt des Schadenseintritts unter Berücksichtigung von Alter, Abnutzung und Gebrauchsspuren. In der Versicherungspraxis steht er im Gegensatz zum Neuwert, der die Kosten für eine vollständige Neuanschaffung oder Wiederherstellung darstellt. Der Zeitwertszahlt die Versicherung nur, wenn dies vertraglich vereinbart ist, und spiegelt den tatsächlichen Wert des Gebäudes kurz vor dem Schaden wider. Er ist oft niedriger als der Neuwert, weil Abnutzung den Wert mindert.
Beispiel: Ihr zehn Jahre altes Haus brennt ab. Der Neuwert würde die Kosten eines komplett neuen Hauses heute abbilden, der Zeitwert ist aber geringer, weil das Haus bereits gealtert und abgenutzt war. Die Versicherung ersetzt im Zeitwertschaden nur diesen geringeren Wert.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 19 Abs. 1 Satz 1: Dieser Paragraph verpflichtet den Versicherungsnehmer, vor Vertragsabschluss alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben, wenn der Versicherer danach fragt. Die Anzeigepflicht dient dem Zweck, dem Versicherer eine richtige Risikobewertung zu ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr K. hat seine Anzeigepflicht verletzt, indem er die Vorversicherung und den Leitungswasserschaden verschwiegen hat, was den Rücktritt der Versicherung vom Vertrag rechtfertigt.
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 19 Abs. 3 Satz 1: Dieser Absatz regelt, dass ein Rücktritt vom Vertrag ausgeschlossen ist, wenn der Versicherungsnehmer die Falschangaben weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gemacht hat. Fehlt dieser Nachweis, kann der Versicherer wirksam zurücktreten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht nahm bedingten Vorsatz an, sodass Herr K. den Rücktritt nicht wegen fehlenden Verschuldens abwehren konnte.
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2: Nach § 21 Abs. 1 muss der Versicherer den Rücktritt innerhalb einer Frist erklären; Abs. 2 Satz 2 stellt klar, dass die Leistungsfreiheit auch bei arglistiger Täuschung eintritt, unabhängig von der genauen Schadensursächlichkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung erklärte den Rücktritt fristgerecht und war von arglistiger Täuschung durch Herrn K. überzeugt, was den Anspruch auf Schadenszahlung ausschließt.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 123 Abs. 1 und § 142 Abs. 1: § 123 Abs. 1 ermöglicht die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts wegen arglistiger Täuschung, § 142 Abs. 1 erklärt die Rechtsfolge der Wirksamkeit der Anfechtung, nämlich die Nichtigkeit des Vertrags von Anfang an. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung hat den Vertrag wirksam angefochten, da Herr K. arglistig falsche Angaben gemacht hat, wodurch der Vertrag als nichtig gilt und kein Zahlungsanspruch besteht.
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 81 Abs. 1: Dieser Paragraph regelt die Leistungsfreiheit des Versicherers bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer (z.B. Brandstiftung). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Es bestehen ernsthafte Anhaltspunkte für Brandstiftung durch Herrn K., was einen weiteren Grund für die Leistungsfreiheit der Versicherung darstellt.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 133, 157 (Auslegung von Willenserklärungen): Diese Paragraphen regeln die Auslegung von Willenserklärungen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie dem wirklichen Willen der Parteien. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die falschen Angaben und deren Bedeutung für die Risikobeurteilung wurden unter Berücksichtigung von Parteiansprüchen und gutem Glauben ausgelegt, sodass die arglistige Täuschung angenommen wurde.
Das vorliegende Urteil
OLG Rostock – Az.: 4 U 132/18 – Beschluss vom 21.01.2021
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.