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Restkreditversicherung – Ausschluss der Zahlung bei anderer als betriebsbedingter Kündigung

AG Wiesbaden – Az.: 93 C 5559/11 (34) – Urteil vom 13.04.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zahlungen aus einem Versicherungsvertrag. Der Kläger schloss mit der heutigen … Bank AG, die zum damaligen Zeitpunkt unter „… bank AG“ firmierte, einen Darlehensvertrag ab. Die monatlich zu zahlende Rate betrug 290,00 €, die Laufzeit 84 Monate. Auf Seite 1 dieses Vertrags war eine vorformulierte Erklärung abgedruckt, wonach sich der jeweilige Kunde damit einverstanden erklärt, dass die … Bank AG als Versicherungsnehmer für ihn als Beitragsschuldner einen Restkreditversicherungsvertrag abschließt. Für den näheren Inhalt dieser Erklärung wird auf das Vertragsdokument verwiesen (Bl. 7 d. A.). Auf Blatt 4 des Vertrags befand sich eine vorformulierte Erklärung, wonach die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Restkreditversicherung und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Zusatzversicherung bei Arbeitslosigkeit (ALV) Geltung finden. In der Mitte derselben Seite befand sich die Erklärung, dass die entsprechenden Unterlagen ausgehändigt wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag (Bl. 10 d. A. verwiesen).

Die ALV enthalten in § 1 die folgende Regelung:

„Wir zahlen dem Versicherungsnehmer im Falle einer Arbeitslosigkeit der versicherten Person aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse (siehe § 6 ALV) eine monatliche Leistung zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtung aus Darlehen gegenüber dem Versicherungsnehmer, insoweit schuldbefreiend für die versicherte Person.“.

In § 6 Nr. 3 d) ist geregelt:

„Eine Arbeitslosigkeit, die durch eine verhaltensbedingte Kündigung (…) oder durch eine personenbedingte Kündigung (z. B. dauerhafte Erkrankung des Arbeitnehmers) verursacht wurde, stellt keine Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Bedingungen dar.“

Der Kläger setzte seine Unterschrift in die auf Seite 4 des Vertrags dafür vorgesehenen Felder. Die … Bank AG schloss im Folgenden unter Einbeziehung der ALV einen entsprechenden Versicherungsvertrag mit der Beklagten. Am 07.09.2009 erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber, bei dem er seit dem 2.7.2008 versicherungspflichtig und unbefristet beschäftigt war, eine Kündigungserklärung mit Wirkung zum 15.08.2009. Die Kündigung wurde damit begründet, dass der Kläger krankheitsbedingt die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen könne. Die Arbeitslosigkeit endete am 30.11.2010. Auf die Aufforderung des Klägers an die Beklagte, die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu erbringen, lehnte diese eine Leistung ab. Der Kläger verlangt die Leistungen für 8 Monate zu je 290,00 € und für einen Rumpfmonat zu 193,33 €.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Beklagten vorliegen. Die Klauseln der ALV seien nicht in den Vertrag mit der Beklagten einbezogen worden. Die Gestaltung des Vertrags sei dazu geeignet gewesen, die Erklärung der ALV zu übersehen. Selbst wenn die Regelungen einbezogen worden wären, seien sie jedenfalls der Inhaltskontrolle zugänglich und wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers unwirksam.

Er beantragt,

1. die Beklagte zur verurteilen, an die Firma … Bank AG auf das Konto Nr.: … bei der … Bank AG, BLZ …, unter Angabe des Verwendungszwecks: RKV-ALZ, Kto.-Nr.: …, …, … Vers. V-Nr …, eine Zahlung in Höhe von € 2.573,33 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.10 zu zahlen;

2. die Beklagten im Wege der Nebenforderung zu verurteilen, an die Kläger € 169,99 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung aus dem Versicherungsvertrag. Es lag kein von dem Versicherungsvertrag erfasster Versicherungsfall vor.

Dabei kann dahinstehen, ob die ALV wirksam zwischen dem Kläger und der … Bank AG bei Vertragsschluss einbezogen wurden. Der Versicherungsvertrag wurde zwischen der … Bank AG und der Beklagten geschlossen. Es handelt sich dabei um einen Vertrag auf fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG. Der Kläger ist zwar versicherte Person, jedoch nicht Vertragspartner der Beklagten. Versicherungsnehmerin ist nur die … Bank AG. Eine Einbeziehung der AGB durch den zwischen dem Kläger und der … Bank AG geschlossenen Vertrag war daher für die Wirksamkeit der ALV hinsichtlich des Versicherungsvertrags nicht notwendig.

In den Vertrag zwischen der … Bank AG und der Beklagten wurden die ALV unstreitig einbezogen. Da der Kläger als versicherte Person nach § 44 I 1 VVG Ansprüche aus diesem Vertrag geltend macht, sind die ALV auch für seine Ansprüche maßgeblich.

Aus dem § 1 Satz 1 ALV ergibt sich, dass auf Seiten des Klägers kein Versicherungsfall im Sinne des Versicherungsvertrags vorlag. Nach § 1 ALV erfolgen Zahlungen nur bei Arbeitslosigkeit aufgrund dringender betrieblicher Bedürfnisse. Schon die Auslegung des Begriffes „dringende betriebliche Bedürfnisse“ ergibt eindeutig, dass krankheitsbedingte Arbeitslosigkeit hierunter nicht zu fassen ist. In § 6 Nr. 3 d) wird dies noch einmal klargestellt. Dem Kläger wurde jedoch krankheitsbedingt gekündigt.

Die einschlägigen Bestimmungen der ALV sind nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zugänglich. Leistungsbeschreibungen sind der AGB-Kontrolle entzogen, soweit sie den Typ des Versicherungsvertrags konstituieren und den Kernbereich des versicherten Risikos festlegen (Palandt-Grüneberg, Aufl. 71, § 307 Rn. 45). Davon ausgenommen sind nur solche Klauseln die das Deckungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren (Palandt aaO). Der Überprüfung entzogen ist damit nur der enge Bereich an Regelungen, ohne dessen Vorliegen mangels Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH NJW 1999, 2279). Vorliegend fällt die wesentliche Regelung in diesen, der Überprüfung entzogenen Bereich (Beschluss des OLG Frankfurt aM v. 10.09.2010 – 3 U 273/09). Wesentliche Bestimmung in den ALV ist § 1 Satz 1, in dem das Hauptleistungsversprechen für Fälle der Arbeitslosigkeit aufgrund betrieblicher Erfordernisse benannt wird. Aus dieser Regelung ergibt sich schon unmittelbar, dass personenbedingte Arbeitslosigkeit von der Versicherung nicht erfasst wird. Bei der Regelung handelt es sich nicht um eine Ausgestaltung oder Modifizierung der Hauptleistungspflichten, da durch sie der Kernbereich des Vertrags erst festgelegt wird. Ohne eine solche Regelung hinsichtlich der Hauptleistungspflicht würde es dem Vertrag an Bestimmbarkeit mangeln. Insoweit kann auch nicht der Auffassung gefolgt werden, der Kernbereich der Leistungspflichten ergebe sich aus der Formulierung der Überschrift „Arbeitslosigkeits-Zusatzversicherung“ und dieser werde durch § 1 ALV ausgestaltet. Die Überschrift eines komplexen Vertragswerkes kann nicht durch eine der Natur nach kurz gefasste Überschrift umschrieben werden. Diese dient vor allem der Bezeichnung, groben Orientierung hinsichtlich des Inhalts und Abgrenzung zu anderen Vertragswerken, nicht jedoch der Bestimmung des konkreten Inhalts.

Da sich die Einschränkung auf Arbeitslosigkeit aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse schon aus dem § 1 ALV ergibt, kommt es an dieser Stelle auf eine Überprüfbarkeit des § 6 Nr. 3 d) ALV nicht mehr an. Auch bei einer vollen Überprüfbarkeit des § 6 Nr. 3 d) und einer hypothetischen Unwirksamkeit würde sich der Leistungsumfang weiterhin nach Maßgabe des § 1 ALV unverändert darstellen. § 6 Nr. 3 d) ALV dient insoweit nur der Klarstellung des Inhalts des § 1, nicht der eigenständigen Ausgestaltung. Zudem folgt aus dieser klarstellenden Funktion, dass § 6 Nr. 3 d) ALV gerade nicht die Hauptleistungspflicht modifiziert oder ausgestaltet, also eine Überprüfbarkeit zudem nicht gegeben ist.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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