Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 5. April 2023 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.188,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. März 2020 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 557,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2020 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung von Stornierungskosten aus einer Reiserücktrittsversicherung.
Der Kläger buchte online bei dem Reisebüro „t. GmbH“ für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn für den 7. bis 22. Februar 2020 eine Pauschalreise nach Kuba bei der Reiseveranstalterin G. R. GmbH (im Folgenden „G.“) zu einem Preis von 8.397,00 €. Die Reiseleistungen beinhalteten einen Hin- und Rückflug, eine Busrundreise mit wechselnden Übernachtungsorten und weitere Transferleistungen.
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der t. GmbH (Anl. K18) hieß es auszugsweise wie folgt :
„IV. Reiserücktritt, Stornierung, Umbuchung, Ersatzperson
1.
(…)
Im Fall der Stornierung oder Umbuchung einer Buchung behält sich t das Recht vor, ein eigenes Service-Entgelt pro Vorgang in einer Höhe von 50 € pro Person bei einer Reise unter 1000 € und von 150 € pro Person bei einer Reise über 1000 € zu erheben. (…)“
Die „Reisebedingungen der R. GmbH (Stand Juni 2019)“ (Anl. K14, im Folgenden „Reisebedingungen“) lauten auszugsweise folgendermaßen:
„(…)
4. Rücktritt des Kunden vor Reisebeginn/ Rücktrittskosten
(…)
4.2 Treten Sie vor Reisebeginn zurück oder treten Sie die Reise nicht an, so verlieren wir den Anspruch auf den Reisepreis. Stattdessen können wir eine angemessene Entschädigung verlangen, soweit der Rücktritt nicht von uns zu vertreten ist oder am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen; Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn Sie nicht unserer Kontrolle unterliegen, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
4.3 Die Höhe der Entschädigung haben wir unter Berücksichtigung des Zeitraums zwischen der Rücktrittserklärung und dem Reisebeginn sowie unter Berücksichtigung der erwarteten Ersparnis von Aufwendungen und des erwarteten Erwerbs durch anderweitige Verwendungen der Reiseleistungen pauschaliert. Die Entschädigungspauschalen entnehmen Sie bitte nachstehender Ziffer 19 dieser Reisebedingungen.
4.4 Es bleibt ihnen in jedem Fall der Nachweis gestattet, die uns zustehende angemessene Entschädigung sei wesentlich niedriger als die geforderte Entschädigungspauschale.
4.5 Wir behalten uns vor, anstelle der vorstehenden Entschädigungspauschalen eine höhere, individuell berechnete Entschädigung zu fordern, soweit wir nachweisen, dass uns wesentlich höhere Aufwendungen als die jeweils anwendbare Entschädigungspauschale entstanden sind. In diesem Fall sind wir verpflichtet, die geforderte Entschädigung unter Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen sowie abzüglich dessen, was wir durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwerben, konkret zu beziffern und zu begründen.
(…)
19. Entschädigungspauschalen (vgl. Ziffer 4.2 und 4.3)
Die jeweilige Höhe der Entschädigungspauschale ist von der gewählten Reiseleistung und dem Zeitpunkt des Zugangs ihrer Rücktrittserklärung bei uns abhängig. Haben Sie mehrere Reiseleistungen mit Einzelpreisen zusammengestellt (z. B. Flug und Rundreise), so ist die Entschädigung anhand der nachstehend dargestellten Pauschalen jeweils einzeln zu ermitteln und anschließend zu addieren. (…) Die Entschädigungspauschalen der einzelnen Reiseleistungen sind wie folgt gestaffelt: (…)
G. Karibik Winter 2019/ 2020
19.1 Flüge zu tagesaktuellen Preisen, die nur in Verbindung mit einem Landprogramm buchbar sind
a) Flüge mit Condor zu Basistarifen (Unterbringungsverschlüsselung SSDB, NSDB, YSDB, OSDB, DSDB, und ZSDB), Eurowings, Tuifly, Lufthansa, Austrian Airlines, Brussels Airlines, Swiss/Edelweiss, Qatar Airways und Alitalia nach Festbuchung 95%.
b) Flüge mit Condor zu flexiblen Tarifen (Unterbringungsverschlüsselung QSDB, ASDB und CSDB) bis 29 Tage vor Reiseantritt EUR 120 pro Person (Kurz- und Mittelstrecke) bzw. EUR 160 pro Person (Langstrecke); vom 28. Tag bis 24 Stunden vor Reiseantritt 45%; ab 24 Stunden vor Reiseantritt 95%.
c) Flüge mit Condor zu Sondertarifen (Unterbringungsverschlüsselung HSDB, KSDB, XSDB und ISDB) bis 89 Tage vor Reiseantritt 10%; vom 88. bis 59. Tag vor Reiseantritt 20%; vom 58. bis 29. Tag vor Reiseantritt 50%; vom 28. bis 15. Tag vor Reiseantritt 70%; ab 14 Tage vor Reiseantritt 80% des Reisepreises
d) Flüge mit Air France, Aer Lingus, Emirates und TAP Portugal bis 27 Tage vor Reiseantritt EUR 75 pro Person; ab 26 Tage vor Reiseantritt 95%.
19.2 Flüge, die nur in Verbindung mit einem Landprogramm buchbar sind
a) bis 42 Tage vor Reiseantritt 20%; vom 41. bis 30. Tag vor Reiseantritt 25%; vom 29. bis 22. Tag vor Reiseantritt 30%; vom 21. bis 15. Tag vor Reiseantritt 40%; vom 14. bis 7. Tag vor Reiseantritt 60%; vom 6. bis 3. Tag vor Reiseantritt 75%; ab 2 Tage vor Reiseantritt 80% des Reisepreises.
b) Flüge ab Deutschland und Österreich mit Lufthansa, Air Canada, Austrian Airlines, Brussels Airlines, Swiss/Edelweiss und United in K- und L-Klasse (für Ziele in Nord- und Mittelamerika zusätzlich in T-Klasse) und Abflüge aus der Schweiz in allen Buchungsklassen, Flüge mit British Airways in Europa; Air Dolomiti, Icelandair, Luxair, Skandinavian Airlines, Fiji Airways, Flybe und Alitalia nach Festbuchung 95%. Flüge ab Österreich mit Lufthansa, Air Canada, Austrian Airlines, Brussels Airlines, Swiss/Edelweiss und United zu Zielen in Südamerika, bei Buchung der Langstrecke in T-Klasse, sowie allen Fernstreckenzielen ausser Nord- und Mittelamerika in der N- und P-Klasse auf dem Langstreckenflug nach Festbuchung 95%.
Flüge bei Flugreisen der Reisearten XMWR und PAUS zu flexiblen Preisen: Nach Festbuchung 95% des Flugpreises abzüglich zu erstattender Steuern und Gebühren.
19.3 Innerkaribische Flüge
Bei innerkaribischen Flügen, z.B. mit der Liat gelten teilweise gesonderte Stornobedingungen wie im System hinterlegt.
19.4 Hotels, Rundreisen, Kurzreisen, Eintrittskarten, Transfers, Ausflüge, Airport Parken bis 42 Tage vor Reiseantritt 20%; vom 41. bis 30. Tag vor Reiseantritt 25%; vom 29. bis 22. Tag vor Reiseantritt 30%; vom 21. bis 15. Tag vor Reiseantritt 40%; vom 14. bis 7. Tag vor Reiseantritt 60%; vom 6. bis 3. Tag vor Reiseantritt 75%; ab 2 Tage vor Reiseantritt 80% des Reisepreises
19.5 Rundreise in Kuba:
bis 46 Tage vor Reiseantritt EUR 60; vom 45. bis 31. Tag vor Reiseantritt 10%; vom 30. bis 15 .Tag vor Reiseantritt 25%; vom 14. bis 8. Tag vor Reiseantritt 40%; vom 7. bis 3. Tag vor Reiseantritt 60%; vom 2. bis 1. Tag vor Reiseantritt 80%; ab 24 Stunden vor Reiseantritt 95% des Reisepreises.
19.6 Kreuzfahrten/Schiffe/Katamarane
a) Carnival Cruise Lines:
75.-46. Tag vor Einschiffung 30% des Reisepreises; 45.-30. Tag vor Einschiffung 50% des Reisepreises; 29.- 15. Tag vor Einschiffung 75% des Reisepreises; ab 14. Tag vor Einschiffung 90% des Reisepreises
b) Segelschiffe/Katamarane
ab 90 Tage vor Einschiffung 25%; 89.-60. Tag vor Einschiffung 50% des Reisepreises; 59.-30. Tag vor Einschiffung 75% des Reisepreises; ab 29 Tage vor Einschiffung 100% des Reisepreises
c) Royal Clipper, Star Clipper, Star Flyer
bis 60 Tage vor Einschiffung 3% des Reisepreises; 59.-30. Tag vor Einschiffung 25% des Reisepreises; 29.-15. Tag vor Einschiffung 50% des Reisepreises; 14. Tag vor Einschiffung 90% des Reisepreises; 13.-1 Tag vor Einschiffung 95% des Reisepreises; ab Einschiffung oder Nichtantritt 95% des Reisepreises. Bitte beachten Sie, dass Namensänderungen grundsätzlich EUR 50,- kosten.
19.7 Sonstige gesonderte Stornobedingungen sind bei dem jeweiligen Produkt in der EDV hinterlegt und werden bei Buchung bzw. auf der Reisebestätigung entsprechend ausgewiesen.
Die t. GmbH bestätigte mit E-Mail vom 7. November 2019 (Anl. K 21) die Reiseanmeldung des Klägers.
Die Ehefrau des Klägers zog sich bei einem Leitersturz am 9. November 2019 u. a. eine Wunde am Innenknöchel des rechten Fußes zu.
Mit E-Mail vom 11. November 2019 (Anl. K22) übersandte die t. GmbH eine Bestätigung der Buchung (Anl. K 14). In dieser Bestätigung hieß es unter anderem:
„Beachten Sie, dass im Falle eines Rücktritts ab sofort Stornierungskosten entstehen. (…) Der Reiseanmelder ist für die Zahlungsabwicklung und die Informierung der Mitreisenden verantwortlich. Er hat die AGB der t. GmbH und des Reiseveranstalters (siehe Seite 2) zur Kenntnis genommen und akzeptiert diese für alle Reisenden.
(…)
Bitte beachten Sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen der t. GmbH und des Reiseveranstalters: http:/www.
Die Ehefrau des Klägers stellte sich aufgrund ihres Sturzes am 11. November 2019 bei ihrer Hausärztin, der Zeugin Dr. M., vor. Diese verwies sie aufgrund von Rückenbeschwerden zur Bildgebung an einen Facharzt.
Am 12. November 2019 übermittelte die G. dem Kläger in Bezug auf die Reise eine „Bestätigung/ Rechnung“ (Anl. K15). Auf Seite 4 folgende dieser Bestätigung hieß es unter anderem:
„Verschiedene Informationen
(…)
Bitte beachten Sie folgende rechtlichen Hinweise
Diese haben Sie teilweise vor Buchung enthalten und sind Bestandteil dieser Bestätigung:
(…)
(3) Reisebedingungen der R. GmbH- www.d mit Klick auf die gebuchte Marke und Katalog
(…)“.
Der Zeuge Dr. F., ein Orthopäde, attestierte der Klägerin einen Anbruch des ersten Lendenwirbels und ordnete das Tragen eines Stützkorsetts an.
Mit Antrag vom 21. November 2019 schloss der Kläger – ebenfalls online – für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn bei der Beklagten eine sogenannte Jahres-Reise-Karte ab, die auch eine Reiserücktrittskostenversicherung beinhaltete (hinter Anl. K8; Anl. K13). Die Versicherungssumme betrug 10.000,00 € ohne Selbstbehalt. Dem Versicherungsvertrag lagen die „Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen für die Jahres-Reise-Karte (AVB JRK 02/2019)“ (Anl. K1, im Folgenden AVB) zugrunde, in denen unter „B Reiserücktrittskostenversicherung und Reiseabbruchversicherung“ unter anderem Folgendes geregelt war:
„1. Gegenstand der Versicherung
1.1. Wir leisten Entschädigung bei Nichtantritt der Reise für die dem Reiseunternehmen
oder einem Anderen von Ihnen bzw. der versicherten Person nachweislich vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten. Hierzu zählt auch ein etwaiges Vermittlungsentgelt bis max. 100,- EUR, sofern dieses im versicherten Reisepreis berücksichtigt wurde.
1.2. Wir sind im Umfang von Ziffer 1.1 Teil B, sowie unter Berücksichtigung der Einschränkungen gem. Ziffer 4 Teil A leistungspflichtig, wenn während der Dauer des Versicherungsschutzes eines der nachstehend genannten Ereignisse eingetreten ist.
1.2.1 Versicherungsschutz besteht für versicherte Personen oder Risikopersonen bei:
a) Tod, schwerem Unfall oder unerwartet schwerer Erkrankung;
Eine unerwartet schwere Erkrankung liegt vor, wenn aus dem stabilen Zustand des Wohlbefindens und der Reisefähigkeit heraus überraschend konkrete Krankheitssymptome auftreten, die dem Reiseantritt entgegen stehen und Anlass zur Stornierung geben (z.B. Blinddarmentzündung, Herzinfarkt, Hörsturz oder überraschendes Nierenversagen u. ä.). Die Erkrankung ist schwer, wenn die vor der Stornierung ärztlich attestierte gesundheitliche Beeinträchtigung so stark ist, dass die Reise nicht planmäßig durchgeführt werden kann.
Unerwartet ist die Erkrankung dann, wenn sie bei Abschluss der Versicherung oder (bei bestehendem Jahresvertrag) bei Buchung der Reise nicht bekannt war.
Versichert ist auch die unerwartete Verschlechterung einer bereits bestehenden Erkrankung.
Voraussetzung dafür ist, dass in den letzten sechs Monaten vor Versicherungsabschluss oder (bei bestehendem Jahresvertrag) in den letzten sechs Monaten vor Buchung der Reise keine Behandlung erfolgte. Nicht als Behandlungen zählen Kontrolluntersuchungen.
[… ]“
Am 6. Dezember 2019 begab sich die Ehefrau des Klägers erneut zur Zeugin Dr. M. (vgl. Anl. K2), um sich eine Heilsalbe für die Wunde am Fuß verschreiben zu lassen. Am 16. Dezember 2019 suchte sie den Unfallchirurgen auf, der ihr die gewünschte Salbe verschrieb.
Nach Rückkehr von einer Urlaubsreise nach Gran Canaria am 1. Januar 2020 wurden Abstriche von der Wunde genommen und suchte die Ehefrau des Klägers am 15. Januar 2020 die gefäßchirurgische Sprechstunde in einer Klinik auf (Anl. K3).
Vom 24. bis 31. Januar 2020 ließ die Ehefrau dort in stationärer Behandlung eine Hauttransplantation vornehmen (Anl. K4). Die zweite Seite des ärztlichen Berichts hat der Kläger mit der Berufungsbegründung als Anlage BK 1 (Bl. 32 eA) eingereicht.
Am 26. Januar 2020 stornierte der Kläger die Reise mit an die t. GmbH gerichteter E-Mail (Anl. K 23). Er teilte unter anderem Folgendes mit:
„(…) schweren Herzens muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir die für den Zeitraum vom 07.02.2020 bis zum 22.02.2020 geplante Kubareise nicht antreten können.
Der Grund dafür ist eine Erkrankung meiner Frau Annegret. Sie musste aufgrund einer nichtheilenden Wunde bisher zweimal operiert werden.
Selbst bei planmäßigem Verlauf der Heilung (was noch nicht sicher ist), ist ein Antritt der Reise damit nicht möglich.
Bitte teilen Sie uns die anfallenden Stornierungskosten mit, damit wir diese bei unserer Reiserücktrittsversicherung geltend machen können. (…)“
Die Stornorechnung des Reiseveranstalters vom 26. Januar 2020 (Anl. K 12) belief sich auf5.038,00 €. Mit Schreiben vom 27. Januar 2020 (Anl. K 11) stellte die t. GmbH dem Kläger 150,00 € in Rechnung.
Nach Erhalt der Stornorechnung meldete der Kläger der Beklagten online den Schaden. Die Beklagte forderte mit E-Mail vom 3. Februar 2020 (Anl. K 24) die Übersendung eines ärztlichen Fragebogens an. In dem vom Unfallchirurgen mit Datum vom 16. Februar 2020 ausgefüllten Fragebogen (Anl. K 5) war auf die Frage, wann er erstmals nach der Reisefähigkeit gefragt worden sei, der 3. Februar 2020 angegeben, und weiter, dass er am 3. Februar 2020 von der Reise abgeraten habe.
Mit Schreiben vom 5. März 2020 (Anl. K 6) lehnte die Beklagte eine Zahlung ab. Mit Schreiben vom 29. März 2020 (Anl. K 7) mahnte der Kläger die Zahlung an, mit Schreiben vom 20. Mai 2020 seine Prozessbevollmächtigten (Anl. K8).
Der Kläger hat behauptet, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags in Abheilung befindliche, harmlose Wunde seiner Frau habe sich erst Ende Dezember 2019 entzündet. Danach sei eine Weiterbehandlung durch den Unfallchirurgen erfolgt. Aufgrund der Erkrankung hätte die Reise nicht angetreten werden können. Dies habe bereits bei Durchführung der Hauttransplantation festgestanden. Weder die Hausärztin Dr. M. noch der Unfallchirurg hätten die Wunde zuvor für behandlungsbedürftig gehalten. Es sei lediglich eine kleine Rötung über der geschlossenen Wunde ohne Eiter zu sehen gewesen. Den Reisepreis habe er fristgerecht gezahlt. In der Anlage K14 werde bestätigt, dass der Kläger die AGB des Reiseveranstalters zur Kenntnis genommen und akzeptiert habe (Bl. 167, 169f.). Die Stornokosten hätten sich ausweislich Ziff. 4 und Ziff. 19. 4 (G. Karibik Winter 2019/2020) der Geschäftsbedingungen der t. GmbH Stand Juni 2019 (Anl. K 14) bei einem Reiserücktritt vom 14. bis zum 7. Tag vor Reiseantritt auf 60 % des Reisepreises belaufen und seien angemessen. Der Kläger hat insofern Bezug genommen auf ein Schreiben des Reiseveranstalters vom 2. November 2022 (Anl. K 25). Die Stornokosten der t. GmbH in Höhe von 150,00 € ergäben sich aus Ziff. IV. 1 ihrer AGB (Anl. K 18). Im Schriftsatz vom 3. November 2022 hat der Kläger vorgetragen, die erhobenen Stornokosten entsprächen Ziff. 19.2a der AGB „G. Karibik Winter 2019/2020″. Unter Verweis auf die Anlagen K 9 und K 10 hat der Kläger behauptet, dass die gebuchte Reise durchgeführt worden sei und hierfür Zeugenbeweis angeboten (Bl. 57, 127, 169). Er hat gemeint, der Beklagten stünde ein Rückzahlungsanspruch auf etwaig zu viel gezahlte Stornokosten gegen den Reiseveranstalter zu.
Der Kläger hat mit der am 29. Dezember 2020 zugestellten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 5.188,00 € und vorgerichtlichen anwaltlichen Mahnkosten in Höhe von 557,03 €, jeweils nebst Zinsen begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ein versichertes Schadensereignis verneint. Es ergebe sich aus dem Klägervortrag und der durchgeführten Beweisaufnahme, dass die Wunde vor Abschluss des Versicherungsvertrags behandelt worden sei. Dies werde durch den Bericht der Regionalklinik an den Unfallchirurgen vom 15. Januar 2020 (Anl. K 3) bestätigt, wo es heiße, der Ulcus bestehe seit November und die Wundbehandlung der Hausärztin habe nicht geholfen. Hinzu komme, dass die ärztlich festgestellte Reiseunfähigkeit Grund und Anlass für die Kündigung des Reisevertrags sein müsse, der Kläger aber bereits zuvor gekündigt habe. Die Kündigung sei aufgrund der Corona-Pandemie erfolgt. Die Vorlage von Stornorechnungen reiche für den Nachweis vertraglich geschuldeter Stornokosten nicht aus. Die als Anl. K 15 vorgelegten AGB seien nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Auch hielten sie keiner Inhaltskontrolle stand, da sie offenkundig gegen das Transparenzverbot verstießen. Es sei ihnen nicht zu entnehmen, welche Stornotafeln auf die gebuchte Reise Anwendung fänden. Selbst wenn die Reise stattgefunden haben sollte, hätte der Reiseveranstalter nicht die streitgegenständliche Entschädigung verlangen können, da in Kuba aufgrund der Corona-Pandemie unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände aufgetreten seien, die die Durchführung der Reise wie die Beförderung an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt hätten, § 651h Abs. 3 BGB. Unmittelbar nach der geplanten Reise seien nahezu sämtliche Hotels in Kuba geschlossen worden und die verbliebenen Touristen in Quarantäne gehalten worden.
Das Landgericht hat die Klage nach persönlicher Anhörung des Klägers (Bl. 55ff.) und Vernehmung der Zeugin Dr. M. (Bl. 114ff.) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus dem Reiserücktrittsversicherungsvertrag wegen der Stornierung der Pauschalreise nach Kuba zu. Zum einen habe bei der Stornierung der Reise am 26. Januar 2020 keine unerwartet schwere Erkrankung i. S. d. Versicherungsbedingungen vorgelegen. Zum anderen sei nicht hinreichend dargetan, dass und in welcher Höhe der Kläger dem Reiseveranstalter vertraglich Rücktrittskosten geschuldet habe.
Eine Erkrankung sei nach den AVB schwer, wenn die vor der Stornierung ärztlich attestierte gesundheitliche Beeinträchtigung so stark sei, dass die Reise nicht planmäßig durchgeführt werden könne. Der Kläger habe nicht hinreichend dargetan, weshalb seine Ehefrau reiseunfähig gewesen sei. Aus der Erkrankung selbst ergebe sich das nicht ohne Weiteres. Auch habe er für die Behauptung, seine Ehefrau sei aufgrund der Erkrankung reiseunfähig gewesen, keinen Beweis angeboten. Die Reise sei zudem bereits am 26. Januar 2020 storniert worden, obwohl nach dem von dem Chirurgen ausgefüllten Fragebogen (Anl. K 5) erst am 3. Februar 2020 nach der Reiseunfähigkeit gefragt und vom Antritt der Reise abgeraten worden sei.
Die Erkrankung sei überdies nicht unerwartet gewesen. Unstreitig habe am Knöchel der Ehefrau des Klägers bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrags eine Wunde bestanden. Zwar sei auch die unerwartete Verschlechterung einer bestehenden Erkrankung während der Dauer des Versicherungsschutzes versichert; dies gelte nach den AVB jedoch nur, wenn nicht in den letzten sechs Monaten vor Versicherungsabschluss bzw. Reisebuchung eine Behandlung der Erkrankung erfolgt sei. Schon aus dem Vertrag des Klägers in Zusammenschau mit der Aussage der Zeugin Dr. M. und dem Arztbrief der Klinik vom 15. Januar 2020 folge, dass die Wunde am rechten Innenknöchel der Ehefrau bereits vor Versicherungsabschluss auffällig gewesen und behandelt worden sei. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers habe am 13. November 2019 ein Termin seiner Ehefrau bei dem Zeugen Dr. F. stattgefunden, bei dem dieser einen Anbruch des ersten Lendenwirbels diagnostiziert habe. Nach der – jedenfalls insoweit – glaubhaften Aussage der Zeugin Dr. M. habe die Ehefrau bereits vor dem Termin am 6. Dezember 2019 bei ihr von dem Zeugen Dr. F., bei dem die Wunde erstmals aufgefallen sei, ein Wundgel erhalten und gefragt, ob die Zeugin Dr. M. nochmals ein Rezept ausstellen könne. Daraus folge zur Überzeugung des Gerichts, dass schon vor dem Abschluss der Reiserücktrittsversicherung am 21. November 2019 die Wunde behandelt worden sei, da der Termin bei dem Zeugen Dr. F. am 13. November 2019 stattgefunden habe. Aus dem Arztbrief der Klinik vom 15. Januar 2020 ergebe sich darüber hinaus, dass nach Angabe der Ehefrau die lokale Wundbehandlung beim Hausarzt nicht geholfen habe und die Wunde anfangs schmerzhaft gewesen sei. Insoweit habe sie sich dann beim niedergelassenen Chirurgen vorgestellt.
Die Klausel sei auch wirksam. Insbesondere sei keine gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers gegeben.
Hinzu komme, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt habe, vertraglich verpflichtet zu sein, dem Reiseveranstalter und Reisebüro Stornokosten in Höhe von insgesamt 5.188,00 € zu zahlen. Soweit der Kläger vortrage, dass er bestimmte Stornokosten nach den AGB des Reiseveranstalters und des Reisebüros schulde, habe er schon zu deren Einbeziehung in den Reisevertrag nicht hinreichend vorgetragen, §§ 310 Abs. 1 S. 1, 305 Abs. 2 BGB. Dem Klägervortrag, der auf den Passus im Reisebestätigungsschreiben, er habe die AGB der t. GmbH und des Reiseveranstalters zur Kenntnis genommen und akzeptiert, verweise, lasse sich nicht entnehmen, dass der Kläger bei der Buchung gem. § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Inhalt der gesamten AGB gehabt habe, z. B. durch Anklicken eines entsprechenden Links, hinter welchem die AGB im Volltext abrufbar gewesen seien. Auch unter Berücksichtigung des Hinweises auf Seite 2 des Bestätigungsschreibens auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der t. GmbH und des Reiseveranstalters ergebe sich nicht ohne Weiteres deren Einbeziehung, da der Hinweis erst nach Vertragsschluss erfolgt und auch nicht vorgetragen sei, dass wie erforderlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen tatsächlich in Gänze aufgerufen und ausgedruckt hätten werden können. Im Übrigen ergebe sich aus dem Vortrag nicht, dass es sich um die als Anlage K 14 eingereichten AGB handele.
Weiter sei nach dem Vertrag des Klägers nicht ersichtlich, welche der Entschädigungsregeln unter Ziffer 19. Anwendung finde. Möge sich aufgrund des Reiseziels noch erschließen, dass die Regelungen unter „G. Karibik Winter 2019/2020″ maßgebend seien, sei aufgrund mangelnden Vortrags zu den Reiseleistungen im Einzelnen nicht klar, welche Stornoregelung gelte. Der Kläger selbst trage insofern widersprüchlich vor, indem er zunächst auf Ziff 19. 4, dann auf Ziff. 19. 2a abstelle.
Die Entschädigungspauschalen in den vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hielten auch einer Inhaltskontrolle nicht stand. Ihre Unwirksamkeit folge bereits daraus, dass sich der Reiseveranstalter gemäß Ziffer 4.5 vorbehalten habe, anstelle der Entschädigungspauschale eine „höhere, individuell berechnete Entschädigung zu fordern“. Hierin liege eine unangemessene Benachteiligung der Reisenden gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB sowie ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Denn dieses Wahlrecht führe dazu, dass die Entschädigungspauschalen in der Praxis einer Mindestentschädigung gleichkommen, die weder mit der Gesetzesintention noch mit dem Wortlaut des § 651h BGB zu vereinbaren sei. Der Reiseveranstalter könnte stets die für ihn günstigere Möglichkeit wählen, während dem Reisenden dies verwehrt wäre. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des neu gefassten § 651h BGB könne ein solches Wahlrecht nicht begründet werden. Die einzelnen Stornotafeln seien zudem nicht klar und verständlich. Lasse sich aufgrund des Reiseziels noch erkennen, welche der Stornotafeln unter Ziffer 19 Anwendung finden solle, sei dies innerhalb der Stornotafel für die einzelnen Regelungen nicht klar. Zwar sei in Ziffer 19 ausgeführt, dass bei Reiseleistungen mit Einzelpreisen die Entschädigung anhand der Pauschalen einzeln zu ermitteln und anschließend zu addieren sei. Wie die Ermittlung bei verschiedenen Leistungen, die zu einem Gesamtreisepreis gebucht würden, erfolgen solle, erschließe sich aber nicht.
Eine geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen AGB komme nicht in Betracht, sondern es sei gemäß § 306 Abs. 2 BGB auf die gesetzliche Regelung des § 651h Abs. 2 Satz 2 BGB zurückzugreifen, wonach eine angemessene Entschädigung verlangt werden könne. Der Versicherte habe den Nachweis zur Höhe der vertraglich geschuldeten Stornokosten ggf. durch gerichtliche Entscheidung gegen den Reiseveranstalter zu führen. Der Nachweis des Versicherten über die an den Reiseveranstalter geleisteten Zahlungen sei kein geeigneter Nachweis für die Höhe der geschuldeten Rücktrittskosten. Auch könne die Beklagte nicht darauf verwiesen werden, die Forderung des Klägers zu erfüllen und eine etwaig zu Unrecht verlangte Entschädigung des Reiseveranstalters bei diesem zu liquidieren.
Mangels Hauptanspruches bestehe auch kein Anspruch auf die eingeklagten Zinsen nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Der Kläger macht geltend, es sei unrichtig, dass er erstinstanzlich nicht hinreichend dargetan habe, weshalb seine Ehefrau reiseunfähig gewesen sei, und keinen Beweis für die Kausalität der Erkrankung angeboten habe. Der Kläger nimmt Bezug auf seinen Vortrag auf Seite 5 der Klagebegründung sowie die Anlagen K3 und K4. Der stationäre Aufenthalt der Ehefrau habe 14 Tage gedauert. Zur Verdeutlichung würden als Anlagenkonvolut BK 2 Fotos der Wunde überreicht. Der Antritt der gebuchten Reise sei aus medizinischen Gründen nicht möglich gewesen, was wie auch ausgeführt dem Kläger von den behandelnden Ärzten mitgeteilt worden sei. Die Beklagte habe die Reiseunfähigkeit im Übrigen schon nicht wirksam bestritten. Dies zeige auch der Beweisbeschluss des Landgerichts vom 23. Juni 2021. Im Termin am 11. Juni 2021 sei nicht nur Beweis dafür angeboten worden, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages kein Zweifel an der Reisefähigkeit bestanden habe, sondern auch darüber, dass Ende Januar 2020 endgültig festgestanden habe, dass die Ehefrau des Klägers zu diesem Zeitpunkt reiseunfähig gewesen sei. Wenn das erstinstanzliche Gericht diesem Beweisantritt nicht nachgegangen sei, habe davon ausgegangen werden können, dass es die Reiseunfähigkeit durch den klägerischen Sachvortrag und die eingereichten Unterlagen (Schreiben der Kliniken) als hinreichend bewiesen ansehe. Wenn das Gericht seine Auffassung ändere, hätte es dem Beweisantritt nachgehen bzw. einen Hinweis erteilen müssen. Als Beweis für die Reiseunfähigkeit Ende Januar 2020 seien angeboten worden die Zeugen Dr. M. und Dr. P. Ergänzend würden nunmehr benannt die behandelnden Ärzte aus dem Klinikum. Die Ehefrau des Klägers habe sich erst am 3. Februar wieder in die Behandlung des Zeugen begeben. Natürlich habe dieser daher auch erst an diesem Tag von der Reise abgeraten. Die Reiseunfähigkeit habe sich schließlich erst bei der Behandlung im Klinikum herausgestellt. Es sei dem Kläger nach der Durchführung der Hauttransplantation durch die Ärzte des Krankenhauses mitgeteilt worden, dass an die Reise nicht zu denken sei, so dass er die Reise am 26. Januar 2020 storniert habe. Damit habe der Kläger die Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls gem. der AVB eingehalten, wonach er verpflichtet gewesen sei, den „Schaden unverzüglich anzuzeigen“.
Im Hinblick auf die Unerwartetheit der Erkrankung habe die Ehefrau des Klägers von dem Zeugen Dr. F. kein Wundgel erhalten. Dr. F. habe sich ausschließlich um die Rückenbeschwerden gekümmert. Wenn Frau Dr. M. ausführe, sie (Frau W.) habe bereits von Dr. F. ein Wundgel erhalten, habe ein Missverständnis vorgelegen. Die Ehefrau habe die Salbe nicht gekannt, weil Dr. F. sie ihr verschrieben gehabt habe, sondern weil sie die Salbe „von früher“ – mindestens ein Jahr zurück – gekannt habe, weil sie damit eine harmlose Wunde, nicht den Knöchel behandelt gehabt habe. Der Kläger biete Beweis dafür an, dass der Zeuge Dr. F. seiner Ehefrau weder Wundgel verschrieben, noch die unauffällige Wunde am Knöchel angesehen habe, durch Vernehmung des Zeugen. Keine der Parteien habe das, was die Zeugin Dr. M. in ihrer Aussage „nebenbei“ erwähnt habe, zum eigenen Sachvortrag erhoben.
Es sei unzutreffend, wenn das Landgericht weiter ausgeführt habe, dass die AGB des Reiseveranstalters nicht Gegenstand des Reisevertrages geworden und darüber hinaus unwirksam seien. Der Kläger habe bestätigt, die AGB akzeptiert zu haben. Bei einem Vertragsabschluss im Internet, wie hier, genüge es, wenn die AGB des Anbieters über einen auf der Bestellseite gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt werden könnten. Der Kläger habe die AGB ausgedruckt, wie sich schon daraus ergebe, dass sie dem Gerichtvorgelegt worden seien. Auf der Reisebestätigung vom 12. November 2019 (Anl. K15) sei zudem unter Ziffer 3 ausdrücklich folgendes erwähnt: „Reisebedingungen der R. GmbH mit Klick auf die gebuchte Marke und Katalog.“
Soweit das Landgericht die AGB für unwirksam gehalten habe, weil sich der Reiseveranstalter in Ziffer 4.5 vorbehalten habe, anstelle der Entschädigungspauschale eine „höhere, individuell berechnete Entschädigung zu fordern“, sei dies unzutreffend. Diese Klausel widerspreche nicht § 651h BGB, wie auch das OLG Naumburg bereits entschieden habe.
Der Reiseveranstalter habe die Stornogebühren von den gezahlten Reisekosten einbehalten, was zulässig sei. Die Abrechnungen, aus denen sich ergebe, wie der Einbehalt bzw. die Stornokosten berechnet worden seien, seien vorgelegt worden. Es sei vorgetragen worden, dass die vorgenommene Pauschalierung der Stornogebühren den AGB entsprächen. Weder habe die Beklagte gegen Positionen Einwände erhoben noch habe das Gericht einen Hinweis darauf erteilt, den Sachvortrag nicht für ausreichend zu halten. Hierzu sei es für diesen Fall ausdrücklich aufgefordert worden. Sollte das Berufungsgericht die Stornogebühren für nicht hinreichend spezifiziert erachten, werde um einen Hinweis gebeten.
Dafür dass der gesamte Ablauf hinsichtlich der Entwicklung der Wunde und der Erforderlichkeit der Hauttransplantation klägerseits korrekt dargestellt worden sei, werde Beweis angeboten durch Beiziehung der bei den behandelnden Ärzten anzufordernden Patientenakten, bei den Zeugen Dr. M. und Dr. F.
Der Kläger beantragt, unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Itzehoe, die Beklagte zu verurteilen,
1. an den Kläger 5.188,00 € zzgl. Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 30. März 2020 zu zahlen.
2. an den Kläger vorgerichtliche anwaltliche Mahnkosten in Höhe von 557,03 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagerhebung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Berufung bereits aus Rechtsgründen kein Erfolg beschieden sein könne. Sie sei unzulässig. Die Berufungsbegründung setzte sich mit den Entscheidungsgründen des Landgerichtes nicht auseinander. Nur vorsorglich werde der gesamte neuerliche (teils in sich widersprüchliche) Sachvortrag des Klägers (nicht nur der zweiten, sondern auch erster Instanz) bestritten. Soweit die klägerischen Behauptungen zu Lebenssachverhalten außerhalb der unmittelbaren Wahrnehmung der Beklagten betroffen sind, erfolge dieses Bestreiten mit Nichtwissen. Die Berufungsbegründung verkenne, dass der Senat an die nicht angegriffenen Feststellungen im Urteil des Landgerichtes gebunden sei. Danach sei insbesondere unstrittig, dass die Ehefrau des Klägers sich bei ihrem Unfall vom 9. November 2019 u.a. die Wunde am Innenknöchel ihres rechten Fußes zugezogen habe. Nach den weiteren Tatbestandsfeststellungen des Landgerichtes sei damit (ohne dass dies von der Berufungsbegründung gerügt worden wäre) nach der Entscheidung und (unbeanstandeten) tatrichterlichen Würdigung des Landgerichtes bereits deshalb dem Klagebegehren kein Erfolg beschieden, da mit der unstrittigen vorvertraglichen Unfallverletzung wie deren ärztlicher Behandlung noch vor Abschluss des Versicherungsvertrages ein Leistungsanspruch infolge einer versicherten unerwarteten schweren Erkrankung ausgeschlossen gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei die gesundheitliche Beeinträchtigung der Ehefrau des Klägers unstrittig auch ärztlich behandelt worden. Die einzelnen Erkrankungsfolgen aus dem Sturz der Ehefrau müssten einheitlich betrachtet werden, weil es sich bei dem Sturz um einen Schadensfall handele. Die Berufungsbegründung beschäftige sich unter ihrer Ziffer 1 ausschließlich mit der (sachlich zutreffenden) Darlegung des Landgerichtes, dass der Kläger erstinstanzlich nicht hinreichend dargetan habe, weshalb seine Ehefrau (angeblich) reiseunfähig gewesen sein solle. Seien zwar auch diese Ausführungen zu bestreiten, sei zudem falsch, dass die Ehefrau reiseunfähig gewesen sei. Selbst bei angeblicher Reiseunfähigkeit seien die Tatbestandsvoraussetzungen für das vertragliche Leistungsversprechen der Beklagten wie deren notwendige Kausalkette nicht dargelegt worden. Soweit einer der Gründe für die Klageabweisung gewesen sei, dass der Reiserücktritt bereits am 26. Januar erklärt worden, ein ärztliches Abraten vom Reiseantritt indessen erst am 3. Februar 2020 erfolgt sei, zeige die Berufungsbegründung nicht auf, worin in diesem Kontext ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler gelegen habe. Im Gegenteil bestätige die Berufungsbegründung mit ihren Ausführungen selbst die Richtigkeit der landgerichtlichen Entscheidung. Die Ausführungen der Berufungsbegründung unter Ziffer 3 seien entscheidungsunerheblich. Entscheidend sei die freie Beweiswürdigung der erstinstanzlichen Tatrichterin. Relevante Berufungsgründe würden auch insofern fehlen. Die Ausführungen unter Ziffer 4 der Berufungsbegründung würden bereits den Inhalt der rechtlich zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes zum wirksamen Einbezug von AGB in ein Vertragsverhältnis verkennen. Die Berufungsbegründung rüge ersichtlich nicht, dass die Möglichkeit eines Verbrauchers, nach Vertragsschluss ABG „auszudrucken“ und so „anzusehen“, nicht den Anforderungen des BGH an den wirksamen Einbezug von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entspreche. Soweit das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, dass die von dem Kläger bemühten AGB zu sog. „Stornogebühren“ sachlich-rechtlich unwirksam seien, sei der der Entscheidung des OLG Naumburg zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Der Kläger müsse die Tatbestandsvoraussetzungen für das vertragliche Leistungsversprechen der Beklagten darlegen und beweisen. Er habe mit keiner Silbe vorgetragen, welche Rücktrittskosten er irgendwem vertraglich geschuldet haben solle.
Zu den vielfältigen zwischenzeitlich zugegangenen ärztlichen Stellungnahmen sei es wegen der Kürze der Stellungnahmefristen nicht möglich, sich inhaltlich sinnvoll zu äußern. Sofern sich der Kläger offenbar Ausführungen der Behandler seiner Ehefrau zu eigen mache, werde die Richtigkeit der aufgestellten Behauptungen und Ausführungen vorsorglich neuerlich bestritten. Der vermeintliche Beweisantritt unter Ziffer 5 der Berufungsbegründung (auf dortiger Seite 10) werde als klassischer unzulässiger Ausforschungsbeweis erachtet, womit die Verwendung der vom Senat geforderten ärztlichen Stellungnahmen rechtsfehlerhaft wäre. Was die Mitteilung des Senates zur Stellungnahme zu vermeintlichen „Zeugenvernehmungen“ betreffe, werde davon ausgegangen, dass hier Missverständnisse aufgekommen seien. Es seien keine einschlägigen verfahrensleitenden Verfügungen bzw. Beweisbeschlüsse bekannt, die eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den vielfältigen (und sachlich nicht zuordnungsfähigen) beigezogenen Arztunterlagen bzw. ärztlichen Stellungnahmen erlauben würde. Es werde sich auf den Beibringungsgrundsatz berufen, wonach es Sache des Berufungsführers und Klägers sei, alle anspruchsbegründenden Sachverhalte vorzutragen und hierfür Beweis zu erbringen. Insofern seien auch die Präklusionsvorschriften der ZPO (d.h. §§ 530, 531 ZPO) zu beachten. Das Vorbringen des Klägers leide darunter, dass zu anspruchsbegründenden Sachverhalten bis heute kein hinreichender Sachvortrag erfolge. Die Berufung lege keine konkreten Anhaltspunkte i.S.d. § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO bzw. neue Angriffsmittel i.S.v. § 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO dar und zeige zudem nicht auf, wie sich vermeintliche Fehler auf die Entscheidungsfindung des Landgerichtes ausgewirkt haben sollen. Unter Beachtung des Prüfungsumfangs des Senates nach § 529 ZPO wie der Tatsache, dass die Berufungsbegründung sich nur mit einem Teil derjenigen Gründe, die zu der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichtes geführt hätte, beschäftige, könne der Berufung bereits in formaler Hinsicht kein Erfolg beschert sein. Hilfsweise sei die Revision zuzulassen.
Der Senat hat die Zeugin Dr. M. und den Zeugen Dr. F. – nach Angabe des Beweisthemas bereits in der Ladung – dazu vernommen, ob die von der Ehefrau des Klägers bei dem Leitersturz am 9. November 2019 zugezogenen Wunde am Innenknöchel des rechten Fußes vor dem 21. November 2019 behandelt worden ist. Für die Einzelheiten der Beweisaufnahme nimmt der Senat Bezug auf das Protokoll der Sitzung vom 12. Februar 2024 (Bl. 157ff. eA).
II.
Die Berufung ist zulässig (A.) und hat auch in der Sache Erfolg, § 513 Abs. 1 ZPO (B.).
A.
Entgegen der Ansicht der Berufungserwiderung ist die Berufung nicht aus formalen Gründen zu verwerfen, § 522 Abs. 1 ZPO, weil sie inhaltlich unzureichend begründet wäre, § 520 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 ZPO.
Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht eines Berufungsklägers die Rechtsverletzungen und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, in welchen bestimmten Punkten der Berufungskläger das angefochtene Urteil bekämpft und welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe er im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Dabei muss die Berufung die tragenden Erwägungen des Erstgerichts angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen; die Berufung muss also – ihre Richtigkeit unterstellt – geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen. Entsprechendes gilt für die Bezeichnung der konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Wenn das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen stützt, muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht tragen; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. November 2019 – II ZB 12/19, juris Rn. 22 m. w. N.). Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Tatsachen, auf Grund derer diese Mittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind, sind zu bezeichnen, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO.
Die Berufungsbegründung des Klägers wahrt diese Anforderungen. Zugeschnitten auf den konkreten Streitfall wendet sich diese nacheinander gegen die tragenden Erwägungen des Landgerichts (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO), der Kläger habe keine Reiseunfähigkeit seiner Frau dargelegt, keinen Beweis hierfür angeboten, der Fragebogen zur Reiseunfähigkeit sei erst am 3. Februar 2020 ausgefüllt worden, die Wunde sei bereits vor Abschluss der Versicherung durch den Zeugen Dr. F. behandelt worden, die Vertragsbedingungen der G. seinen nicht vereinbart worden, sie seien unwirksam und es sei nicht dargelegt, welche Entschädigungsregelung hieraus Anwendung finde.
Soweit sich die Berufung gegen die Annahme des Landgerichts richtet, die Wunde der Ehefrau sei vor Abschluss der Versicherung bereits durch den Zeugen Dr. F. mit einem Wundgel behandelt worden, macht der Kläger im Hinblick auf die Würdigung der Aussage von Dr. M. „Sie hatte bereits von Dr. F. ein Wundgel erhalten“ eine Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen vor allem in zeitlicher Hinsicht geltend. Da sich dem Wortlaut dieser Aussage keine zeitliche Einschränkung entnehmen lässt, war das Vorbringen des Klägers geeignet, die tatrichterliche Würdigung an dieser Stelle und damit das Urteil in Frage zu stellen (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO).
Dadurch, dass der Kläger erstmalig in der Berufungsbegründung die Vernehmung von Dr. F. als Zeugen zum Beweis für die Behauptung angeboten hat, dass dieser seiner Ehefrau weder Wundgel verschrieben noch die Wunde am Knöchel sonst behandelt habe, hat er ein neues Verteidigungsmittel benannt. Sein Handeln insoweit erst in zweiter Instanz hat er damit begründet, dass er die genannte Aussage der Zeugin im Hinblick auf die tatsächlich bereits frühere, d. h. vor dem Sturz erfolgte, Verschreibung eines Gels für nicht erheblich gehalten und sich zudem keine der Parteien die Aussage der Zeugin ausdrücklich zu eigen gemacht habe, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO).
Soweit der Kläger zur Darlegung der Reiseunfähigkeit seiner Frau erst in zweiter Instanz die Anlagen BK 1 und BK 2 zur Akte gereicht hat, lag hierin schon kein neues Vorbringen, sondern lediglich eine Verdeutlichung und Erläuterung des bereits erstinstanzlich erfolgten schlüssigen Vorbringens, erst nach Durchführung der Hauttransplantation Ende Januar habe festgestanden, dass die Ehefrau des Klägers reiseunfähig sei (Bl. 57; vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2015 – VI ZB 28/14, juris Rn. 16 m. w. N.).
B.
1.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Stornierungskosten in Höhe von insgesamt 5.188,00 € (5.038,00 € für den Veranstalter + 150,00 € für das Reisebüro) aus Ziff. 1 1.1, 1.2 AVB zu.
a)
Gemäß Ziff. 1.2.1 a) AVB ist während der Dauer des Versicherungsschutzes eine unerwartet schwere Erkrankung als versichertes Ereignis eingetreten.
aa)
Die Erkrankung war schwer, das heißt die vor der Stornierung ärztlich attestierte gesundheitliche Beeinträchtigung nach Ziff. 1.2.1 a) Satz 1 und 2 AVB so stark, dass die Reise nicht planmäßig durchgeführt werden konnte (z.B. wegen Blinddarmentzündung, Herzinfarkt, Hörsturz oder überraschendes Nierenversagen u. ä.) .
(1)
Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ist unter „schwer“ dem Wortlaut nach eine solche Erkrankung zu verstehen, die erheblich, gravierend oder von einigem Gewicht ist. Zur Feststellung wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer zum einen einen Vergleich mit den in der Klausel aufgeführten Beispielen anstellen, zum anderen aber insbesondere auch vertragszweckorientiert davon ausgehen, dass das Vorliegen einer „schweren“ Erkrankung nicht allein vom Ausmaß der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen abhängt, sondern auch davon, welche Auswirkungen diese Beeinträchtigungen – aus der objektiven Sicht eines verständigen Dritten – auf die Durchführung einer Reise wie der versicherten haben (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2022 – IV ZR 185/20, juris Rn. 34ff.).
Gemessen hieran war die Erkrankung der Ehefrau des Klägers erheblich. Nachdem die Kliniken bereits in ihrem Schreiben vom 15. Januar 2020 an den Arzt einen Ulkus bei der Ehefrau diagnostiziert hatten (Anl. K3), ergab sich aus ihrem weiteren Bericht vom 31. Januar 2020 – belegt auch durch die von dem Kläger eingereichten Wundbilder (BK 2, Bl. 33 eA ff.) – die Diagnose „Hautweichteildefekt medialer distaler Unterschenkel ca 4 x 4 cm nach Débridement eines chronischen Ulkus rechtsseitig“. Seite 2 dieses Berichts (Anlage BK 1, Bl. 23 eA) lässt sich entnehmen, dass die Ehefrau nach Entfernung eines Überknüpfverbandes zwar zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen worden ist, aber „ab sofort“ ein regelmäßiger Verbandswechsel, Wundkontrollen und eine Schonung für weitere zwei Wochen notwendig waren. Angesichts dessen konnte die Ehefrau des Klägers zur Überzeugung des Senats (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht wie geplant vom 7. bis 22. Februar 2020 auf Kuba eine Busrundreise mit wechselnden Übernachtungsorten und weiteren Transferleistungen durchführen.
(2)
Der Ulkus der Ehefrau des Klägers als gesundheitliche Beeinträchtigung war auch bereits vor der Stornierung der Reise durch den Kläger am 26. Januar 2020 ärztlich attestiert.
Eine Auslegung von Ziff. 1.2.1 a) Satz 2 AVB aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ergibt, dass allein die gesundheitliche Beeinträchtigung ärztlich attestiert sein muss, nicht auch, dass die Reise aufgrund dieser Beeinträchtigung nicht planmäßig durchgeführt werden kann. Für dieses Ergebnis spricht, dass sich die Formulierung „ärztlich attestierte“ aufgrund ihrer Stellung im Satz unmittelbar vor „gesundheitliche Beeinträchtigung“ nur auf diese Voraussetzung bezieht. Hätte die Beklagte etwas anderes vereinbaren wollen, hätte sie ihre Klausel klarer formulieren müssen. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird den Sinn und Zweck des Attests angesichts dessen darin sehen, für alle Beteiligten, insbesondere den Versicherer selbst festzuhalten, welche Erkrankung – allein – als Grund für die vom Versicherungsnehmer geltend gemachte Reiseunfähigkeit in Frage kommt und ggf. der nachfolgenden Prüfung der Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs zugrunde zu legen ist. Dem entspricht es schließlich, dass die Beklagte in ihrem an den Arzt gerichteten Fragebogen erst nachträglich danach gefragt hat, wann von dem Antritt der Reise abgeraten worden sei (vgl. Anl. K5).
Hier ist der Ulkus der Ehefrau des Klägers am 15. Januar 2020 durch die Kliniken diagnostiziert worden (Anl. K3).
bb)
Die Erkrankung der Ehefrau war auch unerwartet.
(1)
Sie war bei Abschluss der Reiserücktrittskostenversicherung am 21. November 2019 nicht im Sinne von Ziff. 1.2.1 a) Satz 3 AVB – wie erforderlich positiv (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2022 – IV ZR 185/20, juris Rn. 27 m.w.n.) – bekannt.
Bei einem Ulkus, das heißt einem – erst durch einen Infekt – ausgelösten Substanzdefekt der Haut handelt es sich objektiv um ein ganz anderes Erkrankungsbild als bei einer „bloßen“ sturzbedingten Schürfwunde. Dass der Ulkus ohne diese Wunde nicht entstanden wäre, ändert nichts daran, dass es zu seiner Entstehung erst einer Infizierung der Wunde bedurfte. Nach den erst- und zweitinstanzlichen Aussagen der Zeugin Dr. M. gab es zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung am 6. Dezember 2020 noch keine Anzeichen für eine solche Infizierung (Bl. 115; Bl. 159 eA). Wie der Kläger und seine Frau angesichts dessen bereits am 21. November 2019 von dem Ulkus gewusst haben könnten, erschließt sich dem Senat nicht.
Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, dass die einzelnen Erkrankungsfolgen aus dem Sturz der Ehefrau – und damit auch deren behandelte Rückenschmerzen – einheitlich betrachtet werden müssten, weil es sich bei dem Sturz um einen Schadensfall handele. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers knüpfen die AVB die Ersatzpflicht der Beklagten nicht an den Schadensfall, sondern den Eintritt einer unerwartet schweren Erkrankung.
(2)
Selbst wenn man mit dem Landgericht davon ausgehen sollte, dass es sich bei der Wunde am Bein nach dem Sturz und dem späteren Ulkus um die gleiche Erkrankung handelte, die sich lediglich unerwartet verschlechtert hat, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass die Wunde in den letzten sechs Monaten vor Versicherungsabschluss am 21. November 2019 behandelt worden ist, Ziff. 1.2.1 a) AVB.
(a)
Soweit das Landgericht in tatrichterlicher Würdigung angenommen hat, dass der Zeuge Dr. F. der Ehefrau des Klägers am 13. November 2019 zur Behandlung der Wunde ein Wundgel verordnet hat, haben konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet, so dass eine erneute Feststellung geboten war. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen dabei schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2019 – VII ZR 69/17, juris Rn. 11 m. w. N.).
So liegen die Dinge hier. Soweit die Zeugin Dr. M. in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung ausgesagt hat „Sie hatte bereits von Dr. F. ein Wundgel erhalten“, folgte hieraus auch unter Berücksichtigung der sonstigen Angaben der Zeugin nicht eindeutig, dass sich ihre Aussage auf die Zeit nach dem Sturz der Ehefrau bezog. Die Zeugin ist in diesem Zusammenhang auch nicht danach gefragt worden, woher sie ihre Information über die angegebene Behandlung von Dr. F. hat. Dass dieser die Ehefrau des Klägers nach dessen eigenem erstinstanzlichen Vortrag am 13. November 2019 behandelt haben soll, bedeutete ebenfalls nicht ohne Weiteres – zumal der Zeuge Dr. F. als Orthopäde tätig ist -, dass es sich hierbei um eine Behandlung der Wunde und nicht vielmehr um eine solche der Rückenbeschwerden der Ehefrau gehandelt hat. Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (LGU 7f.) schließlich darauf abgestellt hat, dass nach dem Bericht der Kliniken vom 15. Januar 2020 „Die lokale Wundbehandlung durch Hausarzt nicht geholfen“ habe und „daraufhin“ eine „Vorstellung beim niedergelassenen Chirurgen“ erfolgt sei, hätte mit der „Wundbehandlung durch Hausarzt“ beispielsweise auch eine solche der Zeugin Dr. M. am 6. Dezember 2019 und damit erst nach Abschluss der Versicherung gemeint gewesen sein können. Bei dem Zeugen Dr. F. hat es sich zudem jedenfalls nicht um den „Hausarzt“ der Ehefrau gehandelt.
bb)
Die Vernehmung der Zeugin Dr. M. und des Zeugen Dr. F. unter Einblick in deren Behandlungsunterlagen hat nicht zur Überzeugung des Senats ergeben, dass der Zeuge der Ehefrau des Klägers nach ihrem Sturz vor Abschluss der Versicherung ein Gel zur Behandlung ihrer Wunde verschrieben hat (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die Zeugin sagte aus, die Wunde am Knöchel das erste Mal am 6. Dezember 2012 angesehen, aber nicht behandelt zu haben. Es sei lediglich eine Rötung, keine Verletzung festzustellen gewesen. Frau W. habe Octenigel gekannt und wohl bekommen von Herrn Dr. F. oder Herrn Dr. P. Das sei eine Vermutung. Sie habe nur dunkel in Erinnerung, dass Frau W. davon gesprochen habe, dass schon mal im Zusammenhang mit anderen Verletzungen bekommen zu haben. Auf Vorhalt ihrer Aussage vor dem Landgericht, wonach die Ehefrau bereits von Dr. F. ein Wundgel erhalten habe, gab die Zeugin an, keine Erinnerung mehr daran zu haben, wann Frau W. das Wundgel erhalten habe. Auf Nachfragen erklärte sie, nichts dazu sagen zu können, was Herr Dr. F. verordnet habe, und dass das Wundgel im Vorfeld auch von Dr. P. verordnet worden sein könne.
Der Zeuge Dr. F. sagte aus, am 18. November 2019 eine MRT-Untersuchung bei der Ehefrau des Klägers veranlasst zu habe und sich deren Brustwirbelsäule und Hüftgelenke angesehen zu haben. Die Wunde am Knöchel sei kein Thema gewesen. Die Patientin habe hierüber nichts berichtet. Frau W. sei ausweislich der Behandlungsunterlagen 2018 schon einmal in der Praxis in der Schulstraße, einem der beiden Standorte der Praxis, gewesen. Da würden eigentlich keine Wundgele mehr vor Ort sein. Diese würden, wenn überhaupt, die beiden chirurgischen Kollegen, die aber in dem anderen Standort tätig seien, benötigen. Nach den Karteikarten könne er betreffend die beiden Standorte sehen, dass Frau W. ein Wundgel nicht verordnet worden sei; auch nicht in der Vergangenheit. Er habe nach nochmaliger Durchsicht der Karteikarte nicht feststellen können, dass Octenigel verordnet worden sein könnte. Im Juni 2020 sei Frau W. nochmal in die Praxis gekommen. An diesem Tag sei ihm der Verband am rechten Fuß aufgefallen. In diesem Zusammenhang habe Frau W. von der Verletzung berichtet.
Aus diesen Aussagen lässt sich nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Ehefrau des Klägers vor dem 21. November 2019 zur Behandlung ihrer am 9. November 2019 zugezogenen Wunde – zumal durch den Zeugen Dr. F. – ein Gel verschrieben bekommen hat.
b)
Wie sich aus dem klaren Wortlaut seiner E-Mail vom 26. Januar 2020 ergibt (Anl. K 23), hat der Kläger die Reise nach Kuba an diesem Tag wegen der Folgen der Behandlung des Ulkus seiner Frau storniert.
c)
Bei den von dem Kläger geltend gemachten 5.188,00 € handelt es sich um „nachweislich vertraglich geschuldete Rücktrittskosten“ im Sinne von B Ziff. 1 1.1 AVB.
aa)
Dies gilt zunächst für die dem Kläger von der G. in Rechnung gestellten 5.038,00 € (Anl. K 12).
Nach § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Reiseveranstalter für den hier gegebenen Fall des Vertragsrücktritts des Reisenden eine angemessene Entschädigung verlangen. Gemäß § 651h Abs. 2 BGB können auch durch vorformulierte Vertragsbedingungen angemessene Entschädigungspauschalen festgelegt werden, die sich nach dem Zeitraum zwischen der Rücktrittserklärung und dem Reisebeginn (Nr. 1), der zu erwartenden Ersparnis von Aufwendungen des Reiseveranstalters (Nr. 2) und dem zu erwartenden Erwerb durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen (Nr. 3) bemessen.
Die Forderung der G. beruht auf einer solchen Entschädigungspauschale.
(1)
Entgegen der Ansicht des Landgerichts (LGU 8) ist davon auszugehen, dass die Reisebedingungen der G. wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen dieser und dem Kläger einbezogen worden sind, § 305 Abs. 2 BGB.
Soweit der Kläger erstinstanzlich – in der Tat nur sehr dünn – vorgetragen hat, in der Anlage K 14 werde bestätigt, dass er die Bedingungen des Reiseveranstalters zur Kenntnis genommen und akzeptiert habe (Bl. 167, 169), lässt sich diesem Vorbringen doch die für die Schlüssigkeit ausreichende Behauptung entnehmen, dass er – wie nun auch ausführlicher auf Seite 8 der Berufungsbegründung geltend gemacht (Bl. 29 eA) – bereits vor der Buchung der Reise die Möglichkeit zur Kenntnisnahme dieser Bedingungen hatte.
Bei einem hier unstreitigen Vertragsschluss im Internet genügt es insofern für die Möglichkeit einer Kenntnisverschaffung von den Bedingungen im Sinne von § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn diese über einen auf der Bestellseite gut sichtbaren Link aufgerufen und ausgedruckt werden können (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – I ZR 75/03, Rn. 16). So lagen die Dinge zur Überzeugung des Senats auch hier, § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Hierfür reicht bereits ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2021 – XII ZB 9/21, Rn. 17).
Einen solchen Grad von Gewissheit gewinnt der Senat aus den Anlagen K14 und K15. Bei der Anlage K 14 handelt es sich um eine (Vertrags-) „Bestätigung“ (durch das Reisebüro), auf deren Seite 1 vermerkt ist, dass der Reiseanmelder – hier der Kläger – die AGB der t. GmbH und des Veranstalters zur Kenntnis genommen hat und diese für alle Reisenden akzeptiert. Auch wenn sich auf Seite 2 dieser Betätigung der Hinweis befindet „Bitte beachten Sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen der t. GmbH und des Reiseveranstalters“, folgt hieraus in lebensnaher Sachverhaltsauslegung nur die weiterhin bestehende Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Bedingungen. Dass der Vertragsschluss des Klägers – wie üblicherweise im Internet – nicht ohne zuvor bestehende Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Vertragsbedingungen möglich war, ergibt sich des Weiteren aus der Seite 4 der „Bestätigung/ Rechnung“ des Veranstalters (Anl. K15). Dort heißt es entsprechend „Diese haben Sie teilweise vor Buchung erhalten und sind Bestandteil dieser Bestätigung (…) Reisebedingungen … Mit Klick auf die gebuchte Marke und Katalog“.
(2)
Entgegen der Ansicht des Landgerichts (LGU 9f.) sind die Entschädigungspauschalen der Ziff. 4.3, 4.5 und 19 der Reisebedingungen auch wirksam.
(a)
Eine unangemessene Benachteiligung der Reisenden gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB folgt nicht daraus, dass sich die G. in Ziff. 4.5 der Reisebedingungen vorbehalten hat, anstelle der Entschädigungspauschalen eine höhere, individuell berechnete Entschädigung zu fordern, soweit sie nachweist, dass ihr wesentlich höhere Aufwendungen als die jeweils anwendbare Entschädigungspauschale entstanden sind.
Zu § 651i BGB in der bis zum 30. Juni 2018 geltenden Fassung entsprach es der ganz überwiegenden Ansicht, dass ein solcher Vorbehalt zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 – X ZR 85/12, juris Rn. 41). Zu § 651h BGB wird ein solches Wahlrecht zwar von Teilen der Rechtsprechung und Teilen der Literatur für unangemessen erachtet, weil es auf eine Mindestentschädigung für den Veranstalter hinauslaufe und § 651h Abs. 2 Satz 2 BGB eine individuell berechnete Entschädigung lediglich für den Fall vorsehe, dass „keine Entschädigungspauschalen festgelegt“ worden seien (vgl. LG Halle (Saale), Urteil vom 17. Mai 2022 – 3 O 159/21, juris Rn. 49ff.; AG Düsseldorf, Urteil vom 23. Juli 2021 – 236 C 298/20, juris Rn. 27; MünchKommm-BGB/Tonner, 9. Aufl. 2023 § 651h Rn. 24; BeckOK-BGB-Gelb, § 651h Rn. 10 [Stand 1. November 2023]). Die vorzugswürdige Gegenauffassung hat gegen einen solchen Vorbehalt hingegen zu Recht keine Bedenken (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. März 2023 – 4 U 72/22, Rn. 29 ff.; BeckOGK-BGB/ Harke, § 651h Rn. 22 [Stand 1. Oktober 2023]; jurisPK-BGB/ Steinrötter, 10. Aufl., § 651h BGB Rn. 61 [Stand: 01.02.2023]; Bergmann, Das neue Reiserecht, 1. Aufl. 2018, Kapitel 3: Materielle Vorschriften Rn. 195 ff., bei beck-online).
Der Wortlaut des § 651h Abs. 2 Satz 2 BGB bedeutet im Umkehrschluss nicht zwingend, dass eine – vorbehaltene – konkrete Entschädigungsberechnung bei einer zugleich erfolgten Festlegung von Entschädigungspauschalen im Vertrag – anders als nach der Rechtsprechung zu § 651i BGB a. F. – nicht mehr zulässig ist. Aus der Gesetzesbegründung folgt nichts anderes. Im Regierungsentwurf heißt es insofern – ebenfalls – nur: „Werden im Vertrag keine Entschädigungspauschalen nach Maßgabe des Satzes 1 festgelegt, sieht Satz 2 in Umsetzung von Artikel 12 Absatz 1 Satz 4 der Richtlinie vor, dass sich die Höhe der Entschädigung nach dem Reisepreis abzüglich des Werts der vom Reiseveranstalter ersparten Aufwendungen sowie abzüglich dessen bestimmt, was er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwirbt.“ (BT-Drs. 18/10822, S. 76). Die weiterhin bestehende Möglichkeit eines Vorbehalts wird dort also weder verneint noch bejaht. Die der Gesetzesreform zugrundeliegende Pauschalreiserechterichtlinie (RICHTLINIE (EU) 2015/2302 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 25. November 2015) ist gemäß Art. 4 zwar vollharmonisierend, das heißt verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, im Hinblick auf das Schutzniveau weder von den Bestimmungen der Richtlinie abweichende nationale Rechtsvorschriften aufrecht zu erhalten noch solche einzuführen. Aus der Richtlinie ergibt sich aber ebenfalls nicht, dass der Vorbehalt einer konkreten Berechnung wie hier nunmehr unzulässig sein soll. In Art. 12 Satz 3 und 4 heißt es insoweit lediglich „Im Pauschalreisevertrag können angemessene pauschale Rücktrittsgebühren festgelegt werden, die sich nach dem Zeitpunkt des Rücktritts vom Vertrag und der Dauer bis zum Beginn der Pauschalreise und den erwarteten ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen bemessen. In Ermangelung pauschaler Rücktrittsgebühren entspricht die Rücktrittsgebühr dem Preis der Pauschalreise abzüglich der ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen.“ Ein Umkehrschluss aus der Formulierung in Satz 4 „In Ermangelung pauschaler Rücktrittsgebühren …“ ist aus den schon genannten Gründen nicht zwingend. Dies gilt im Übrigen auch deshalb, weil es in Satz 3 grundsätzlich heißt, dass angemessene pauschale Rücktrittsgebühren festgelegt werden „können“ (d. h. nicht müssen). Ein Veranstalter kann also, wenn er keine Pauschalen verwendet, jedenfalls auf die konkrete Berechnung zurückgreifen. Es gibt keinen Grund, diesen Reiseveranstalter anders zu behandeln als denjenigen, der Pauschalen gewählt hat, und nur im Einzelfall konkret berechnen will (so zutreffend Bergmann a.a.O). Aus den Erwägungsgründen der Richtlinie folgt nichts Abweichendes.
(b)
Das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Wirksamkeit ebenfalls nicht entgegenstehen.
Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist; sie muss auch im Kontext mit dem übrigen Klauselwerk verständlich sein. Erforderlich ist ferner, dass zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang aufgeführt werden oder dieser in anderer Weise, zum Beispiel durch Bezugnahme auf konkrete Klauseln, deutlich gemacht wird. Die Klausel muss die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach den Umständen gefordert werden kann. Der Vertragspartner des Verwenders muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“. Eine Vertragsgestaltung, die objektiv dazu geeignet ist, den Vertragspartner bezüglich seiner Rechtsstellung in die Irre zu führen, verstößt gegen das Transparenzgebot.
Die Transparenzanforderungen dürfen zugleich aber nicht überspannt werden. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen. Weder bedarf es eines solchen Grades an Konkretisierung, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können, noch ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot schon dann zu bejahen, wenn Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können. Sogar eine unnötige Wirrnis im Klauseltext ist unschädlich, wenn sich der Klauseltext mit der gebotenen Aufmerksamkeit erschließen lässt. Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen, sondern den aufmerksamen und sorgfältigen Betrachter abzustellen. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten ist. Diese sind so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Klauselwerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Kunden erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2023 – III ZR 216/22, juris Rn. 22f.).
Nach diesen Maßstäben sind die Klauseln, insbesondere Ziff. 19 der Reisebedingungen aus Sicht eines aufmerksamen Durchschnittskunden nicht unklar. Soweit die Entschädigung nach Ziff. 19 Satz 2 der Reisebedingungen bei mehreren Reiseleistungen mit Einzelpreisen (z. B. Flug und Rundreise) anhand der dargestellten Pauschalen jeweils einzeln zu ermitteln und anschließend zu addieren ist, ist dies als solches eindeutig. Entsprechendes gilt für die Staffelungen der Entschädigungspauschalen der einzelnen Reiseleistungen im Folgenden. Angesichts des Reiseziels Kuba ist hier klar einschlägig die Tafel „G. Karibik Winter 2019/ 2020“. Soweit dort zwischen bestimmten Flügen unterschieden wird, ferner Prozentangaben nach Zeitablauf für Hotels, Rundreisen etc. normiert sind, hält sich dies im Rahmen des noch Möglichen für die Beklagte als Reiseveranstalterin. Die Schwierigkeiten des Kunden liegen hier nicht in der Unklarheit dieser Pauschalen, sondern eher darin, mit seinen Buchungsunterlagen abzugleichen, wieviele Reiseleistungen er im Einzelnen gebucht hat, diese sodann den einzelnen Positionen in der Pauschale zuzuordnen, um sie schließlich zusammenzurechnen.
(c)
Der Höhe nach sind die geltend gemachten Entschädigungspauschalen angemessen im Sinne von § 651 Abs. 2 Satz 1 BGB (bzw. wirksam nach § 308 Nr. 7 BGB und § 309 Nr. 5 BGB; zur streitigen Frage deren zusätzlicher Anwendbarkeit BeckOK-BGB/Geib, § 651h Rn. 12 [Stand 1. November 2023]); vgl. dort unter Rn. 13 zu zu hohen Pauschalen).
Ob sich Zweifel an der Angemessenheit ergeben könnten, wenn zugesagte Leistungen der Reise aufgrund der Corona-Pandemie nicht durchführbar gewesen wären, kann dahinstehen. Allgemein zugänglichen Quellen zufolge sind auf Kuba jedenfalls erst ab März 2020 erste Coronafälle festgestellt worden. Hinzu kommt, dass der Kläger eine Mail des Veranstalters vom 25. Februar 2021 vorgelegt hat, wonach die Durchführung der Reise am 26. Januar gesichert und möglich gewesen sei und die Reise auch durchgeführt wurde (Anl. K10).
(3)
Soweit das Landgericht einen Anspruch auch deshalb verneint hat, weil nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich gewesen sei, welche Stornoregelung im Rahmen der Tafel G. Karibik Winter 2019/2020 gelte, er habe insofern widersprüchlich zum einen auf Ziff. 19.4, dann auf Ziff. 19.2 abgestellt (LGU 9), trägt dies die Abweisung der Klage nicht. Offensichtlich kommen hier beide Ziffern nebeneinander zur Anwendung: Während die Entschädigungspauschalen nach Ziff. 19.2 im Falle der Stornierung von – nur in Verbindung mit einem Landprogramm buchbaren – Flügen anfallen, betreffen die Pauschalen nach Ziff. 19.4 der Tafel unter anderem die Stornierung von „Hotels, Rundreisen, (…) Transfers (…)“. Soweit der Kläger mit Schreiben vom 3. November 2022 (Bl. 182) unter Bezug auf eine Mail des Veranstalters vom 2. November 2022 (Anl. K25) ausgeführt hat, dass maßgeblich für die Abrechnung Ziff. 19.2a der Reisebedingungen sei und demnach zumindest 60 % der Einzelpreise geschuldet seien, deckt sich dies mit den Anlagen K12, K 14 und K 15. Aus diesen folgt nicht nur, dass der Kläger – entsprechend der Ziff. 19.2a der Tafel – Hin- und Rückflüge mit Condor in Verbindung mit einem Landprogramm, nämlich einer Busrundreise auf Kuba, gebucht hatte, sondern – entsprechend der Ziff. 19.4 der Tafel – ferner neben einer solchen Rundreise auch Hotelübernachtungen und Transfers.
Für jede dieser Positionen fiel eine Entschädigungspauschale an, die sich wegen der Zeitspanne zwischen der Stornierung am 26. Januar 2020 und dem geplanten Reiseantritt am 7. Februar 2020 von 12 Tagen sowohl nach Ziff. 19.2a) als auch nach Ziff. 19.4 auf 60 % belief. 60 % des ursprünglich vereinbarten Gesamtpreises für diese Positionen in Höhe von 8.397,00 € (Anl. K14 und K15) sind – abgerundet auf € – die von der G. abgerechneten 5.038,00 € (Anl. K12).
(4)
Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, die G. könne nach § 651h Abs. 3 BGB keine Entschädigung verlangen, weil in Kuba mit der ausbrechenden Corona-Pandemie unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände aufgetreten seien, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt hätten; unmittelbar nach der geplanten Reise seien nahezu sämtliche Hotels in Kuba geschlossen und die verbliebenen Touristen in Quarantäne gehalten worden.
Zwar war die Corona-Pandemie grundsätzlich geeignet, solche außergewöhnlichen Umstände zu begründen (siehe nur BGH, Urteil vom 23. Januar 2024 – X ZR 4/23, juris Rn. 17 m. w. N.). Der Tatbestand von § 651h Abs. 3 BGB ist in dieser Hinsicht erfüllt, wenn schon vor Beginn der Reise außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die Reise oder die Beförderung zum Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2023 – X ZR 78/22, juris Rn. 23). Für die Feststellung ist die Situation zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt bestand, zu dem der Reisende vom Reisevertrag zurückgetreten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 – C-584/22, juris).
Am 26. Januar 2020 bestand für die geplante Reisezeit vom 7. bis 22. Februar 2020 auf Kuba aber noch keine erhebliche Wahrscheinlichkeit für solche erhebliche Beeinträchtigungen – demnach auch nicht für Teile dieser Reise. Wie bereits ausgeführt, sind allgemein zugänglichen Quellen zufolge auf Kuba erst ab März 2020 erste Coronafälle festgestellt worden. Entsprechend ist auch nicht dargelegt, dass für diese Zeit eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bestand oder fachkundige Stellen wie etwa das Robert-Koch-Institut oder die Weltgesundheitsorganisation Warnungen ausgesprochen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2022 – X ZR 84/21, juris Rn. 29f.). Hinzu kommt vorliegend, dass der Kläger die bereits angesprochene Mail des Veranstalters vom 25. Februar 2021 eingereicht hat (Anl. K10).
bb)
Auch bei den dem Kläger von der t. GmbH in Rechnung gestellten 150,00 € (Anl. K 11) handelt es sich um „nachweislich vertraglich geschuldete Rücktrittskosten“ im Sinne von B Ziff. 1 1.1 AVB.
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der t. GmbH (Anl. K18) war diese im Falle der Stornierung der Buchung berechtigt, von dem Kläger ein Service-Entgelt pro Vorgang in einer Höhe von 50 € pro Person bei einer Reise unter 1000 € und von 150 € pro Person bei einer Reise über 1000 € zu erheben. Die gegenüber dem Kläger abgerechneten 150,00 € liegen in diesem Rahmen.
2.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in geltend gemachter Höhe ab dem 30. März 2020 zu, § 288 Abs. 1 BGB. Mit Schreiben vom 29. März 2020 haben der Kläger und seine Frau eine Zahlung der Hauptforderung bei der Beklagten angemahnt, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB (Anl. K7).
Ein Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in beanspruchtem Umfang steht dem Kläger aus § 280 Abs. 2 BGB i. V. m. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die Klägervertreter sind nach Verzugseintritt mit Schreiben vom 20. Mai 2020 tätig geworden (Anl. K8).
Zinsen auf die Anwaltskosten sind einen Tag nach Zustellung der Klage am 29. Dezember 2020, das heißt ab dem 30. Dezember 2020 zu zahlen, § 288 Abs. 1 BGB i. V. m. § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB.
C.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sowie den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Für eine Zulassung der Revision fehlt es an einem Grund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Mangels Abweichung von einer höchst- oder obergerichtlichen Entscheidung sind insbesondere die Voraussetzungen einer Divergenz (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Var. 2 ZPO) nicht gegeben.