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Reiserücktrittsversicherung – Erstattung von Stornierungskosten

Ein chronischer Ulkus am Knöchel platzt mitten in die Urlaubsplanung einer Familie und zwingt sie zur Stornierung ihrer Kuba-Reise. Doch die Reiserücktrittsversicherung weigert sich zu zahlen – zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein nun urteilt. Die Versicherung muss für die Stornokosten in Höhe von über 5.000 Euro aufkommen, da die Erkrankung nach Versicherungsabschluss unvorhersehbar auftrat.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Ein Kläger forderte die Rückerstattung von Stornierungskosten aus einer Reiserücktrittsversicherung.
  • Die Reise umfasste Flüge, eine Busrundreise und diverse Transferleistungen.
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen und Reisebedingungen definierten Entgelte und Entschädigungen bei Stornierungen.
  • Der Kläger argumentierte, dass aufgrund außergewöhnlicher Umstände der Rücktritt gerechtfertigt sei.
  • Die ursprüngliche Entscheidung des Landgerichts wurde zugunsten des Klägers abgeändert.
  • Das Gericht entschied, dass der Kläger eine Entschädigung erhalten muss.
  • Das Gericht berücksichtigte außergewöhnliche Umstände und deren Auswirkungen auf die Reiseplanung.
  • Die Beklagte wurde verurteilt, auch vorgerichtliche Anwaltskosten zu erstatten.
  • Die Beklagte ist zudem verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  • Dieses Urteil verdeutlicht die Anforderungen an Reiseveranstalter im Umgang mit Stornierungsansprüchen.

Reiserücktrittsversicherung: Gerichtsurteil zum Schutz vor Stornokosten

Die Reiserücktrittsversicherung ist ein wichtiger Bestandteil des Reiserechts, der den Reisenden vor finanziellen Verlusten schützt, die durch unerwartete Ereignisse entstehen können. Wenn eine Reise kurzfristig abgesagt werden muss, beispielsweise aufgrund von Krankheit oder anderen unvorhersehbaren Umständen, können hohe Stornierungskosten anfallen. Eine Stornoversicherung bietet hier einen essenziellen Versicherungsschutz, indem sie die entstandenen Rücktrittskosten deckt und somit die Reisekosten absichert.

Die Versicherungsleistungen variieren je nach Anbieter und Vertragsbedingungen, weshalb ein sorgfältiger Versicherungsvergleich ratsam ist. Viele Menschen wissen nicht, dass der Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung nicht nur einen finanziellen Rückhalt bietet, sondern auch ein Gefühl der Sicherheit im Notfall verschafft. Im Falle einer Reiseabsage ist es wichtig zu wissen, welche Ansprüche bestehen und wie die Erstattung der Stornierungskosten abläuft, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall untersucht, der die Herausforderungen und Möglichkeiten bei der Inanspruchnahme einer Rücktrittskostenversicherung veranschaulicht.

Der Fall vor Gericht


Reiseveranstalter muss Stornierungskosten für abgesagte Kuba-Reise erstatten

Ein Kläger erhält von seiner Reiserücktrittsversicherung die Erstattung von Stornierungskosten für eine abgesagte Pauschalreise nach Kuba.

Erstattung von Stornierungskosten durch Reiseversicherung
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschied, dass eine Reiserücktrittsversicherung Stornierungskosten erstatten muss, wenn eine anfänglich harmlose Verletzung unerwartet zu einer schweren Erkrankung führt. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein gab seiner Klage in vollem Umfang statt.

Chronischer Ulkus verhinderte Reiseantritt

Der Kläger hatte für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn eine zweiwöchige Pauschalreise nach Kuba für Februar 2020 gebucht. Kurz nach der Buchung erlitt seine Frau einen Sturz und zog sich dabei eine Wunde am Knöchel zu. Diese entwickelte sich in den folgenden Wochen zu einem chronischen Ulkus, der eine stationäre Behandlung mit Hauttransplantation erforderlich machte.

Daraufhin stornierte der Kläger Ende Januar 2020 die Reise. Der Reiseveranstalter stellte ihm Stornokosten in Höhe von über 5.000 Euro in Rechnung. Diese Kosten wollte der Kläger von seiner Reiserücktrittsversicherung erstattet bekommen.

Versicherer lehnte Kostenübernahme zunächst ab

Die Versicherung lehnte eine Erstattung jedoch ab. Sie argumentierte, die Erkrankung sei bei Abschluss der Versicherung bereits bekannt gewesen und daher nicht versichert. Zudem seien die geltend gemachten Stornokosten nicht nachweislich vertraglich geschuldet gewesen.

OLG: Ulkus war unerwartete schwere Erkrankung

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein gab der Klage des Versicherten nun in vollem Umfang statt. Es stellte fest, dass der chronische Ulkus eine „unerwartet schwere Erkrankung“ im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellte. Zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses sei lediglich eine harmlose Schürfwunde bekannt gewesen. Die spätere Entwicklung zum behandlungsbedürftigen Ulkus sei nicht vorhersehbar gewesen.

Stornierungskosten waren vertraglich geschuldet

Die Richter sahen auch als erwiesen an, dass die geltend gemachten Stornokosten tatsächlich vertraglich geschuldet waren. Die Stornopauschalen in den AGB des Reiseveranstalters seien wirksam vereinbart und der Höhe nach angemessen gewesen.

Versicherer muss volle Summe plus Zinsen zahlen

Das Gericht verurteilte die Versicherung daher zur Zahlung der vollen Stornierungskosten in Höhe von 5.188 Euro zuzüglich Zinsen. Zusätzlich muss sie die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers übernehmen.

Das Urteil verdeutlicht, dass Reiserücktrittsversicherungen auch bei zunächst harmlos erscheinenden Verletzungen leisten müssen, wenn sich diese unvorhergesehen zu schweren Erkrankungen entwickeln. Reisende sollten im Zweifelsfall frühzeitig einen Arzt konsultieren, um die Reisefähigkeit abklären zu lassen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei Reiserücktrittsversicherungen eine zunächst harmlose Verletzung, die sich unvorhergesehen zu einer schweren Erkrankung entwickelt, als „unerwartet schwere Erkrankung“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt. Entscheidend ist der Zustand bei Versicherungsabschluss, nicht die spätere Entwicklung. Dies stärkt den Verbraucherschutz und verpflichtet Versicherer zur sorgfältigen Prüfung des Einzelfalls, anstatt pauschal auf vorbestehende Verletzungen zu verweisen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Reisenden mit einer Reiserücktrittsversicherung. Wenn Sie eine zunächst harmlose Verletzung erleiden, die sich später unerwartet zu einer schweren Erkrankung entwickelt, kann dies als versicherter Fall gelten – auch wenn die ursprüngliche Verletzung bei Versicherungsabschluss bekannt war. Entscheidend ist der Zustand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht die spätere Entwicklung. Bei einer Reiseabsage sollten Sie die Stornierung umgehend vornehmen und alle ärztlichen Atteste sorgfältig dokumentieren. Die Versicherung muss dann die vertraglich geschuldeten Stornokosten übernehmen, sofern diese angemessen sind. Zögern Sie nicht, Ihre Ansprüche notfalls auch gerichtlich durchzusetzen.


Weiterführende Informationen

FAQ Versicherungsrecht: Waage, Geld und Versicherungspolice unter Schirm mit Fragezeichen-Schild illustrieren häufige Rechtsfragen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)


 

Wann greift eine Reiserücktrittsversicherung bei Erkrankungen?

Eine Reiserücktrittsversicherung greift bei Erkrankungen, wenn es sich um eine unerwartete schwere Erkrankung handelt, die nach Abschluss der Versicherung und vor Reiseantritt auftritt. Die Erkrankung muss so schwerwiegend sein, dass sie den Reiseantritt unmöglich oder unzumutbar macht.

Voraussetzungen für den Versicherungsschutz

Damit die Versicherung die Kosten übernimmt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Die Erkrankung tritt unerwartet auf.
  2. Die Erkrankung ist schwer genug, um die Reise unmöglich oder unzumutbar zu machen.
  3. Die Erkrankung ist nach Abschluss der Versicherung und vor Reiseantritt aufgetreten.

Wenn Sie zum Beispiel kurz vor Ihrer geplanten Reise eine Lungenentzündung bekommen, würde dies in der Regel als unerwartete schwere Erkrankung gelten und die Versicherung würde greifen.

Ausschlüsse und Einschränkungen

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Versicherung nicht zahlt:

  1. Bei bereits bestehenden Erkrankungen, die bei Abschluss der Versicherung bekannt waren.
  2. Bei leichten Erkrankungen wie einer einfachen Erkältung oder leichten Kopfschmerzen.
  3. Wenn die Erkrankung eine vorhersehbare Verschlechterung einer chronischen Krankheit ist.

Wenn Sie beispielsweise an einer chronischen Erkrankung leiden und sich diese in einem erwartbaren Rahmen verschlechtert, würde die Versicherung in der Regel nicht greifen.

Nachweis der Erkrankung

Um Ihre Ansprüche geltend zu machen, müssen Sie die Erkrankung durch ein ärztliches Attest nachweisen. Dieses Attest sollte die Diagnose, den Behandlungsverlauf und die Reiseunfähigkeit bestätigen. Es ist wichtig, dass Sie die Reise unverzüglich stornieren, sobald Sie von der Erkrankung erfahren, um die Stornokosten möglichst gering zu halten.

Beachten Sie, dass die genauen Bedingungen je nach Versicherungsanbieter variieren können. Es ist daher ratsam, die Versicherungsbedingungen Ihres spezifischen Vertrags sorgfältig zu prüfen, um im Ernstfall gut vorbereitet zu sein.


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Wie lassen sich vertraglich geschuldete Stornierungskosten nachweisen?

Um vertraglich geschuldete Stornierungskosten nachzuweisen, benötigen Sie folgende Unterlagen:

Reisevertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen

Der Reisevertrag und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Reiseveranstalters bilden die rechtliche Grundlage für die Stornierungskosten. Diese Dokumente enthalten in der Regel eine Staffelung der Stornogebühren abhängig vom Zeitpunkt der Stornierung. Bewahren Sie diese Unterlagen sorgfältig auf, da sie den vertraglichen Anspruch des Reiseveranstalters auf Stornierungskosten belegen.

Buchungsbestätigung

Die Buchungsbestätigung dient als Nachweis für den abgeschlossenen Reisevertrag und enthält wichtige Informationen wie Reisezeitraum, Reisepreis und gebuchte Leistungen. Diese Angaben sind entscheidend für die Berechnung der Stornierungskosten.

Stornierungsbestätigung

Nach der Stornierung Ihrer Reise sollten Sie vom Reiseveranstalter eine schriftliche Stornierungsbestätigung erhalten. Dieses Dokument ist besonders wichtig, da es den genauen Zeitpunkt der Stornierung und die Höhe der berechneten Stornogebühren aufführt.

Zahlungsbelege

Fügen Sie Zahlungsbelege für geleistete Anzahlungen oder den vollständigen Reisepreis bei. Diese Belege untermauern Ihren finanziellen Anspruch gegenüber der Versicherung.

Nachweis des Stornierungsgrundes

Je nach Versicherungsbedingungen müssen Sie den Grund für die Stornierung nachweisen. Dies kann beispielsweise ein ärztliches Attest bei Krankheit, eine Bescheinigung des Arbeitgebers bei beruflichen Gründen oder eine Sterbeurkunde bei einem Todesfall in der Familie sein. Achten Sie darauf, dass diese Nachweise den Zeitpunkt und die Schwere des Ereignisses klar belegen.

Wenn Sie alle diese Unterlagen zusammenstellen, schaffen Sie eine solide Grundlage für den Nachweis der vertraglich geschuldeten Stornierungskosten. Dies erleichtert die Bearbeitung Ihres Anspruchs durch die Reiserücktrittsversicherung erheblich und erhöht die Chancen auf eine zügige Erstattung.


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Welche Auswirkungen haben AGB des Reiseveranstalters auf die Erstattung von Stornierungskosten?

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Reiseveranstalters haben erhebliche Auswirkungen auf die Erstattung von Stornierungskosten. In den AGB legt der Reiseveranstalter fest, wie hoch die Stornogebühren bei einer Reisestornierung ausfallen. Diese Gebühren sind oft nach Zeitpunkten gestaffelt – je näher der Stornierungszeitpunkt am Reisebeginn liegt, desto höher fallen in der Regel die Stornokosten aus.

Rechtliche Grundlagen der AGB-Gestaltung

Reiseveranstalter dürfen die Höhe der Stornogebühren nicht willkürlich festlegen. Nach § 651h Abs. 2 BGB müssen die in den AGB festgelegten Entschädigungspauschalen angemessen sein. Sie müssen die ersparten Aufwendungen des Veranstalters und mögliche anderweitige Verwendungen der Reiseleistungen berücksichtigen.

Wenn Sie eine Reise stornieren möchten, sollten Sie zunächst die AGB Ihres Reiseveranstalters genau prüfen. Dort finden Sie die konkreten Stornierungsbedingungen für Ihre Buchung. Typischerweise sehen die Staffelungen so aus:

  • Bis 30 Tage vor Reisebeginn: 20% des Reisepreises
    1. bis 22. Tag vor Reisebeginn: 30% des Reisepreises
    1. bis 15. Tag vor Reisebeginn: 40% des Reisepreises
    1. bis 7. Tag vor Reisebeginn: 50% des Reisepreises
  • Ab 6. Tag vor Reisebeginn: 70% des Reisepreises

Einfluss auf die Reiserücktrittsversicherung

Die in den AGB festgelegten Stornogebühren beeinflussen direkt die Höhe der Erstattung durch Ihre Reiserücktrittsversicherung. Die Versicherung orientiert sich an den tatsächlich anfallenden Stornokosten, die der Reiseveranstalter gemäß seinen AGB berechnet.

Wenn Sie beispielsweise eine Reise für 1.000 Euro gebucht haben und 25 Tage vor Reisebeginn stornieren müssen, könnte der Reiseveranstalter laut AGB 30% des Reisepreises als Stornogebühr verlangen. In diesem Fall würde Ihre Reiserücktrittsversicherung 300 Euro erstatten, sofern ein versicherter Stornogrund vorliegt.

Besonderheiten und Einschränkungen

Beachten Sie, dass einige Reiseveranstalter in ihren AGB Sonderregelungen für bestimmte Reisearten oder Angebote vorsehen können. Bei Kreuzfahrten oder Ferienhäusern gelten oft höhere Stornosätze. Auch bei Sonderangeboten oder Last-Minute-Reisen können abweichende Stornobedingungen in den AGB festgelegt sein.

Wenn Sie eine Reiserücktrittsversicherung abschließen, sollten Sie die Versicherungsbedingungen sorgfältig mit den AGB des Reiseveranstalters vergleichen. Achten Sie darauf, ob die Versicherung Höchstgrenzen für die Erstattung vorsieht oder bestimmte Stornogründe ausschließt.


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Welche rechtlichen Schritte sind möglich, wenn die Versicherung eine Erstattung ablehnt?

Wenn Ihre Versicherung eine Erstattung ablehnt, stehen Ihnen mehrere rechtliche Schritte zur Verfügung, um Ihre Ansprüche durchzusetzen:

Widerspruch einlegen

Legen Sie zunächst schriftlich Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Begründen Sie Ihren Widerspruch ausführlich und fügen Sie alle relevanten Unterlagen bei. Setzen Sie der Versicherung eine angemessene Frist zur Bearbeitung, in der Regel zwei bis drei Wochen. Versenden Sie den Widerspruch per Einschreiben, um einen Nachweis zu haben.

Beschwerde beim Vorstand

Bleibt der Widerspruch erfolglos, können Sie sich schriftlich an den Vorstand der Versicherung wenden. Eine Beschwerde „von ganz oben“ führt oft dazu, dass Ihr Fall nochmals eingehend geprüft wird.

Ombudsmann einschalten

Als nächster Schritt bietet sich die Einschaltung des Versicherungsombudsmanns an. Dieses kostenlose Schlichtungsverfahren kann bei Streitwerten bis 10.000 Euro eine für den Versicherer verbindliche Entscheidung treffen. Bei höheren Streitwerten bis 100.000 Euro kann der Ombudsmann eine Empfehlung aussprechen.

Klage einreichen

Wenn alle vorherigen Schritte erfolglos bleiben, können Sie eine Klage gegen die Versicherung einreichen. Bei einem Streitwert über 5.000 Euro müssen Sie sich vor Gericht anwaltlich vertreten lassen. Prüfen Sie vorher, ob Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt oder ob Sie Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen können.

Beweissicherung

Unabhängig davon, welchen Weg Sie wählen, ist es wichtig, alle Kommunikation mit der Versicherung schriftlich zu führen und zu dokumentieren. Bewahren Sie sämtliche Unterlagen, Belege und Korrespondenz sorgfältig auf, da diese im Streitfall als Beweise dienen können.

Fristen beachten

Beachten Sie, dass für rechtliche Schritte oft Fristen gelten. Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag beträgt in der Regel drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt haben.


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Welche Rolle spielt die ärztliche Bescheinigung bei der Durchsetzung von Versicherungsansprüchen?

Die ärztliche Bescheinigung ist ein entscheidendes Dokument bei der Durchsetzung von Versicherungsansprüchen, insbesondere im Kontext von Reiserücktrittsversicherungen. Sie dient als Nachweis für die Erkrankung und die daraus resultierende Reiseunfähigkeit des Versicherten.

Inhalt der ärztlichen Bescheinigung

Eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung sollte folgende Informationen enthalten:

  • Genaue Diagnose: Die Art und Schwere der Erkrankung müssen klar benannt werden.
  • Beginn der Erkrankung: Das Datum, an dem die Symptome erstmals auftraten oder die Diagnose gestellt wurde, ist anzugeben.
  • Behandlungsverlauf: Informationen über durchgeführte Therapien und verschriebene Medikamente sind wichtig.
  • Reiseunfähigkeit: Eine klare Aussage darüber, ab welchem Zeitpunkt der Antritt der Reise aus medizinischer Sicht nicht zumutbar oder möglich war.

Bedeutung für die Versicherungsleistung

Die Genauigkeit und Vollständigkeit der ärztlichen Bescheinigung kann ausschlaggebend für die Anerkennung des Versicherungsfalls sein. Wenn Sie eine unzureichende Bescheinigung vorlegen, riskieren Sie, dass die Versicherung die Übernahme der Stornokosten verweigert.

Rechtliche Anforderungen

Es ist wichtig zu beachten, dass Versicherer kein Attest vor der Reisestornierung verlangen dürfen. Eine solche Klausel in den Versicherungsbedingungen wurde gerichtlich für unwirksam erklärt, da sie Versicherte unangemessen benachteiligt.

Besonderheiten bei psychischen Erkrankungen

Bei psychischen Erkrankungen können neben ärztlichen Attesten auch Bescheinigungen von Psychologischen Psychotherapeuten relevant sein. Diese werden in der Regel als gleichwertig anerkannt, insbesondere wenn sie eine ärztliche Bescheinigung ergänzen.

Wenn Sie eine Reiserücktrittsversicherung in Anspruch nehmen möchten, achten Sie darauf, dass Ihr Arzt alle notwendigen Informationen in die Bescheinigung aufnimmt. Eine genaue und umfassende Dokumentation erhöht Ihre Chancen auf eine reibungslose Abwicklung des Versicherungsfalls erheblich.


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Illustration zum Glossar Versicherungsrecht: Waage, aufgeschlagenes Buch und Siegelrolle.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Reiserücktrittsversicherung

Die Reiserücktrittsversicherung ist eine Versicherung, die Reisende vor finanziellen Verlusten schützt, wenn sie eine Reise aus unvorhergesehenen Gründen wie Krankheit, Unfall oder anderen Ereignissen absagen müssen. Sie deckt die Stornokosten, die entstehen, wenn die Reise kurzfristig abgesagt wird. Ein Beispiel: Wenn jemand kurz vor der geplanten Reise erkrankt und nicht reisen kann, übernimmt die Reiserücktrittsversicherung die Kosten für die Stornierung der Reise. Diese Versicherung gibt es in unterschiedlichen Varianten, die sich in den Versicherungsbedingungen unterscheiden, weshalb ein Vergleich vor Abschluss ratsam ist.

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Unerwartet schwere Erkrankung

Eine „unerwartet schwere Erkrankung“ ist im Kontext von Versicherungsverträgen ein gesundheitlicher Zustand, der überraschend eintritt und schwerwiegende Auswirkungen hat, sodass die geplante Reise nicht angetreten werden kann. Diese Definition ist entscheidend, wenn es darum geht, ob eine Reiserücktrittsversicherung greift. Ein Beispiel: Eine zunächst harmlose Wunde, die sich unerwartet zu einer schweren Gesundheitsbeeinträchtigung entwickelt und eine Behandlung erforderlich macht, gilt als unerwartet schwere Erkrankung.

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Vertragslich geschuldete Stornierungskosten

Vertraglich geschuldete Stornierungskosten sind jene Kosten, die laut Vertrag oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Reiseanbieters bei der Stornierung einer Reise anfallen. Sie müssen im Reisevertrag klar und verständlich festgelegt sein, um vom Versicherten geltend gemacht werden zu können. Beispiel: Wenn laut AGB des Reiseveranstalters eine Stornogebühr von 20% des Reisepreises bei Absage anfällt, sind diese Kosten vertraglich geschuldet.

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Angemessenheit

Die Angemessenheit bezieht sich im juristischen Kontext auf die Verhältnismäßigkeit einer Regelung oder Forderung im Vergleich zu den Umständen. Im Fall von Stornierungskosten bedeutet das, dass die Forderung des Veranstalters verhältnismäßig zur Leistung und den Stornobedingungen sein muss. Beispiel: Eine Stornogebühr darf nicht unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu den tatsächlich erbrachten Leistungen oder zum Reisepreis sein.

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AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen)

AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (in diesem Fall der Reiseveranstalter) einer Vielzahl von Verträgen zugrunde legt. Sie regeln unter anderem die Rechte und Pflichten bei Vertragsauflösung, wie die Stornierung einer Reise. AGB müssen transparent und für den Verbraucher verständlich formuliert sein. Beispiel: In den AGB kann eine Regelung enthalten sein, dass bei Stornierung einer Reise 30% des Reisepreises als Gebühr anfallen.

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Vorgerichtliche Anwaltskosten

Vorgerichtliche Anwaltskosten sind die Kosten, die entstehen, wenn ein Anwalt vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens tätig wird, beispielsweise um Ansprüche schriftlich geltend zu machen oder in Verhandlungen einzutreten. Diese Kosten können unter Umständen von der Versicherung übernommen werden, wenn sie im Zusammenhang mit einem versicherten Ereignis stehen. Beispiel: Wenn ein Anwalt einen Brief an eine Versicherung schreibt, um die Erstattung der Stornokosten durchzusetzen, fallen vorgerichtliche Anwaltskosten an.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 651h BGB (Bundesgesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Rücktrittsrechte des Reisenden bei Pauschalreisen. Er sieht vor, dass der Reisende vor Reisebeginn jederzeit von dem Reisevertrag zurücktreten kann, ohne dass hierfür eine Pflicht zur Bezahlung des Reisepreises besteht, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Im vorliegenden Fall könnte der Kläger die Erstattung der Stornierungskosten beanspruchen, da er von einer Pauschalreise nach Kuba zurückgetreten ist und die Allgemeine Geschäftsbedingungen diesbezüglich klare Regelungen enthalten.
  • § 651i BGB: Dieser Abschnitt behandelt die Vereinbarung von Entschädigungskosten im Falle eines Rücktritts. Hiernach kann der Reiseveranstalter eine angemessene Entschädigung verlangen, die jedoch nicht höher als die entstandenen Aufwendungen sein darf. Der Kläger könnte hier anführen, dass die von der Beklagten geforderten Stornierungskosten nicht im angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten stehen, insbesondere da eine nachvollziehbare Berechnung der Entschädigung nicht dargelegt wurde.
  • § 87a HGB (Handelsgesetzbuch): Dieser Paragraph bezieht sich auf die Rechte des Reisevermittlers, insbesondere in Bezug auf Provisionen und Entgelte. Im Kontext der Rücktrittskosten könnte der Kläger argumentieren, dass die t. GmbH als Reisevermittler klare Informationen hinsichtlich der Stornogebühren hätte geben müssen und die Abmeldung der Reise letztlich nicht zu einer höheren finanziellen Belastung führen sollte, wenn die ursprüngliche Buchung storniert wurde.
  • AGB-Recht (§ 305 ff. BGB): Dieses Recht behandelt die allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere die Transparenz und Angemessenheit von Vertragsklauseln. Die Bedingungen der t. GmbH zur Stornierung müssen den Anforderungen des AGB-Rechts genügen, da diese Teil des Vertrages sind. Sollte der Kläger nachweisen, dass die Klauseln nicht klar und verständlich formuliert sind, könnte dies seine Position stärken und zur Reduzierung oder Nichtigkeit der Stornierungskosten führen.
  • Verordnung (EU) Nr. 261/2004: Diese EU-Verordnung regelt die Rechte von Fluggästen und könnte im vorliegenden Fall relevant sein, wenn die Stornierung mit einem Flug in Verbindung steht. Obwohl sie hauptsächlich auf Fluggastrechte abzielt, kann sie auch Hinweise darauf geben, wie Stornierungen im weitesten Sinne zu behandeln sind und welche Entschädigungen in solchen Fällen zu erwarten sind. Der Kläger könnte diese Verordnung heranziehen, um eine umfassendere Darstellung seiner Ansprüche gegen die Beklagte zu untermauern.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 16 U 74/23 – Urteil vom 18.03.2024


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