OLG Köln – Az.: I-9 U 18/19 – Beschluss vom 26.02.2019
Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24.10.2018 – 20 O 216/18 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 5.290,36 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.290,36 Euro gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 VVG. Danach haben die Versicherer im Falle einer Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 Abs. 1 VVG im Innenverhältnis diejenigen Anteile der Gesamtentschädigungsleistung zu übernehmen, die dem Verhältnis der Entschädigungsleistung entspricht, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag schulden.
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie aufgrund einer in den Versicherungsbedingungen enthaltenen qualifizierten Subsidiaritätsklausel leistungsfrei sei. Die zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer geltenden „Platinum Card Versicherungsbedingungen“ enthalten unter Ziffer 10 für „alle Reise-Versicherungsleistungen“ folgende Klausel:
„Mit Ausnahme der Unfallversicherung gilt Folgendes: Die Versicherungen aus diesen Bedingungen gelten streng subsidiär, d.h., Voraussetzung für die Erbringung einer Leistung ist, dass ein Dritter (z.B. ein anderer Versicherer) nicht zur Leistung verpflichtet ist oder seine Leistung erbracht, diese aber zur Begleichung der Kosten nicht ausgereicht hat. Ein Anspruch auf eine Versicherungsleistung aus diesen Bedingungen besteht somit von Anfang an nicht, soweit Sie bzw. die versicherte Person Ersatz aus einem konkurrierenden, anderen, eigenen oder fremden, vor oder nach Abschluss dieses Vertrages geschlossenen Versicherungsvertrages beanspruchen können.
Dies gilt auch dann, wenn diese Verträge ihrerseits eine Subsidiaritätsklausel enthalten sollten. Im Hinblick auf diese Versicherungsverträge gilt die Versicherung aus diesen Bedingungen als die speziellere Versicherung, es sei denn, die von Dritten erbrachten Leistungen reichen zur Begleichung der Kosten nicht aus. In diesem Fall entsteht für die verbleibenden Kosten ein Versicherungsverhältnis.“
Bei dieser Klausel handelt es sich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht um eine qualifizierte, sondern um eine einfache Subsidiaritätsklausel.

Einfache Subsidiaritätsklauseln zeichnen sich dadurch aus, dass der Verwender nicht haftet, wenn der Versicherungsnehmer Leistungen aus einem anderen Versicherungsvertrag, der dasselbe Risiko abdeckt, erhält (MüKo, VVG, 2. Auflage, § 143 Rn. 35). Der erste Absatz der vorgenannten Klausel bestimmt eine nachrangige Haftung der Beklagten für den Fall, dass eine Entschädigung aus einem anderen Versicherungsvertrag beansprucht werden kann. Soweit daran angeknüpft wird, ob Leistungen aus einem anderen Versicherungsvertrag beansprucht werden können, handelt es sich um eine für einfache Subsidiaritätsklauseln übliche Formulierung.
Bei einer uneingeschränkten Subsidiaritätsabrede kommt es hingegen für die Frage der Eintrittspflicht nur darauf an, ob ein anderer Versicherungsvertrag besteht. Ist dies der Fall, ist der Verwender der Klausel nicht eintrittspflichtig, unabhängig davon, ob der andere Versicherer im konkreten Versicherungsfall zur Leistung verpflichtet ist (Prölss/Martin, VVG, 30. Auflage, § 78 Rn. 31 m.w.N.).
Ein solcher Regelungsgehalt ist der seitens der Beklagten verwendeten Klausel nicht zu entnehmen. Ob eine uneingeschränkte Subsidiaritätsabrede vorliegt und wie weit diese reicht, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ist aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse vorzunehmen (BGH, Urteil vom 19.2.2014, Az.: IV ZR 389/12, m.w.N. – juris). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Wortlaut auszugehen. Zweck und Sinnzusammenhang von Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urteil vom 19.2.2014, Az.: IV ZR 389/12, m.w.N. – juris).
Die beklagtenseits verwendete Klausel ist aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse so zu verstehen, dass die Beklagte gegenüber einem anderen Versicherer nur nachrangig haften möchte. Dies unterscheidet die Klausel im Übrigen nicht von der Subsidiaritätsklausel der Klägerin, die einen solchen Willen ebenfalls zum Ausdruck bringt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird erkennen, dass die Subsidiaritätsklauseln der Parteien die Eintrittspflicht des jeweiligen Versicherers nicht bereits dann entfallen lassen, wenn eine andere Versicherung für dasselbe Risiko besteht, sondern erst dann, wenn die anderweitige Versicherung im Versicherungsfall Schutz gewährt, d.h. für seinen Schaden konkret eintritt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zweiten Absatz der beklagtenseits verwendeten Klausel. Ausweislich der im ersten Satz des zweiten Absatzes enthaltenen Regelung soll die nachrangige Haftung auch dann gelten, wenn der andere Versicherer ebenfalls eine Subsidiaritätsklausel verwendet. Aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist diese Regelung dahingehend zu verstehen, dass es dem Willen des Versicherers entspricht, nicht mehr eintreten zu müssen, wenn und soweit ein anderer Versicherer Leistungen erbringt. Dies entspricht dem für den Versicherungsnehmer nachvollziehbaren Interesse des Versicherers, einen eingetretenen Schaden nicht mehrfach zu ersetzen. Der Versicherungsnehmer wird diesen Zusatz aber nicht dahingehend verstehen, dass der Versicherer ihm gegenüber sogar dann nicht mehr bereit ist, Leistungen aus dem Versicherungsvertrag zu erbringen, wenn der andere Versicherer sich ebenfalls unter Berufung auf eine ähnliche Subsidiaritätsklausel für leistungsfrei erklärt (BGH, Urteil vom 19.2.2014, Az.: IV ZR 389/12 – juris). Angesichts der geleisteten Prämien und der Zulässigkeit des Abschlusses eines weiteren Versicherungsvertrages gegen dasselbe Risiko, wird der Versicherungsnehmer ein schutzwürdiges Interesse des Versicherers an einer derart weitgehenden Leistungseinschränkung nicht erkennen können (BGH, Urteil vom 19.2.2014, Az.: IV ZR 389/12 – juris). Wie das Landgericht Köln in dem angegriffenen Urteil zu Recht – unter Bezugnahme auf das vorgenannte Urteil des Bundesgerichtshofs – ausgeführt hat, wird durch eine solche Klausel, die im Übrigen auch durch die Klägerin verwendet wird, lediglich die Geltung der Subsidiaritätsklausel gegenüber kollidierenden Klauseln bekräftigt.
Auch unter Berücksichtigung der weiteren Regelung, die im zweiten Absatz der beklagtenseits verwendeten Klausel enthalten ist, verbleibt es dabei, dass es sich um eine einfache Subsidiaritätsklausel handelt. Denn die Regelung enthält lediglich eine weitere Ergänzung der Klausel. Sie knüpft ausdrücklich an die weiteren Bestimmungen der Klausel an, so dass es auch insoweit entscheidend darauf ankommt, ob eine andere Versicherung Leistungen erbracht hat. Die Frage der Subsidiarität der Haftung hängt hingegen nicht allein davon ab, ob eine andere Versicherung für dasselbe Risiko besteht.
Das beklagtenseits zitierte Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2018 (Az.: 8 HK 15202/17) rechtfertigt – ungeachtet der Frage, ob der Senat die Auffassung des Landgerichts München teilt – keine abweichende Entscheidung, da die dort in Rede stehende Klausel mit der vorliegend zu prüfenden Klausel nicht identisch ist und auch der Regelungsgehalt der Klauseln voneinander abweicht.
Im Falle des Zusammentreffens von zwei einfachen Subsidiaritätsklauseln hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich die Klauseln gegenseitig aufheben und § 78 VVG Anwendung findet (BGH, Urteil vom 19.2.2014, Az.: IV ZR 389/12 – juris). Insoweit wird auf die zutreffenden und nicht angegriffenen Ausführungen in dem landgerichtlichen Urteil wird verweisen.
II.
Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Bedeutung der Sache geht nicht über den Einzelfall mit seinen besonderen Ausprägungen hinaus. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senates aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).
III.
Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Auf die kostenrechtliche Privilegierung einer Berufungsrücknahme nach Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG wird hingewiesen.