KG Berlin – Az.: 6 U 115/17 – Beschluss vom 28.11.2017
Gründe
1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat die Sache vorberaten hat mit dem Ergebnis, dass eine Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 2. gemäß § 522 Abs. 2 ZPO aus den nachfolgenden Gründen nicht in Betracht kommt.
a) Entgegen der Annahme des Landgerichts rechtfertigt der klägerische Vortrag vorliegend nicht die Inanspruchnahme der Beklagten zu 2.
Die Klägerin hat nach den allgemeinen Regeln alle ihren Anspruch begründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. Hierzu gehört insbesondere auch hinreichend substantiierter Vortrag zum Anspruchsgegner und zu dem Grund, aus dem sich der Anspruch gerade gegenüber diesem Anspruchsgegner ergeben soll. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, aufgrund der AVB 2008, die ihr von der ursprünglichen Beklagten zu 1. (im Folgenden nur noch Beklagte zu 1.) überlassen wurden, entstünde ein unmittelbares Vertragsverhältnis mit der Beklagten zu 2., kann dem nicht gefolgt werden, denn dies würde einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter darstellen.
Anders als vom Landgericht angenommen erscheint der Vortrag der Beklagten zu 2. hinsichtlich der fehlenden Passivlegitimation im Übrigen auch nicht substanzlos. Die Beklagte zu 2. hat vielmehr im erstinstanzlichen Verfahren in prozessual erheblicher Weise vorgetragen, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht mehr Versicherer im Rahmen der … Credit Card gewesen zu sein. Diesen Vortrag hat das Landgericht rechtsfehlerhaft aufgrund mangelnder Substantiierung für unbeachtlich gehalten.
Das Landgericht geht auch fehl in der Annahme, die Beklagte zu 2. hätte die wirksame Änderung der Allgemeinen Geschäfts- und Versicherungsbedingungen des Kreditkartenunternehmens darlegen und beweisen müssen.
Um der Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO zu entgehen, ist eine von der darlegungs- und beweisbelasteten Partei vorgetragene Tatsache gemäß § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert zu bestreiten. Dabei bestimmen sich die Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung grundsätzlich nach der Intensität des Vortrags der anderen Partei. Die Substantiierungslast kann jedoch nur soweit gehen, wie die Partei auch zur Abgabe eines solchen Gegenvortrags in der Lage ist (vgl. Fritsche in MüKo/ZPO, 5. Auflage 2016, § 138 Rn. 20).
Vorliegend bestand eine vertragliche Beziehung zunächst nur zwischen der Klägerin und dem kreditkartenausgebenden Institut, hier der Beklagten zu 1.; die Klägerin hatte zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Vertrag mit der Beklagten zu 2. Sofern Kreditkarten nämlich zusätzlich um bestimmte Versicherungsleistungen ergänzt werden, stellt sich die vertragliche Konstellation regelmäßig so dar, dass das kartenausgebende Unternehmen einen Kollektivversicherungsvertrag mit einem Versicherer abschließt. Die Karteninhaber sind in diesem Fall lediglich versicherte Personen, nicht aber selbst Versicherungsnehmer (§ 43 VVG). Sofern der Versicherungsfall eintritt, folgt der Anspruch der versicherten Personen dann aus diesem Kollektivversicherungsvertrag i.V.m. § 328 BGB (vgl. dazu Steinbeck in Höra/Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Auflage 2017, § 30 Rn. 8).
Dies zugrunde gelegt war es letztlich nicht Aufgabe der Beklagten zu 2., die wirksame Änderung der Allgemeinen Geschäfts- und Versicherungsbedingungen des Kreditkartenunternehmens vollständig darzulegen, vielmehr oblag es der Klägerin vorzutragen und ggf. zu beweisen, dass die von ihr in Anspruch genommene Beklagte zu 2. zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (noch) der zuständige Versicherer war.
Änderungen der Geschäftsbedingungen waren der Beklagten zu 1. nach Nr. 21 der von der Klägerin eingereichten Bedingungen für die Kreditkarte (Anlage K 13) jedenfalls möglich. Nach dieser Bestimmung konnte die Beklagte zu 1. auch die mit der Karte verbundenen Zusatzleistungen nach billigem Ermessen ändern. Diese Änderungsbefugnis schloss auch den Wechsel des zuständigen Versicherers mit ein, wobei zu derartigen Änderungen deren schriftliche Mitteilung unter Hinweis auf die in diesen Fällen bestehende Kündigungsmöglichkeit ausreichte. Diese Mitteilungspflicht trifft jedoch das kreditkartenausgebende Unternehmen und fällt daher nicht in den Geschäftsbereich der Beklagten zu 2., die ein von dem Kreditkartenunternehmen unabhängiges Unternehmen und daher nicht in der Lage ist, den Schriftverkehr zwischen der Beklagten zu 1. und der Klägerin wiedergeben zu können.
Unter diesen Umständen musste die Beklagte zu 2. nicht die wirksame Änderung der Bedingungen darlegen. Vielmehr genügte insoweit der Vortrag, nicht (mehr) der im Rahmen der Zusatzleistungen der … Credit Card zuständige Versicherer zu sein.
Zudem hat sich die Beklagte zu 2. hilfsweise den Vortrag der Beklagten zu 1. zu eigen gemacht, wonach im vorliegenden Fall die I… P… A… SA, vertreten durch die A… A… Deutschland GmbH, das zuständige die Versicherungsleistungen erbringende Versicherungsunternehmen sei.
Sie hat außerdem ein Muster des Hinweises vorgelegt, der auf den Wechsel des Versicherers ab dem 1. Oktober 2010 hinwies und auf den Kreditkartenabrechnungen aller Karteninhaber der … Credit Card abgedruckt worden sein soll (Anlage B2).
Darüber hinaus ergeben sich bereits aus der von der Klägerin vorgelegten Schadensmeldung Zweifel, dass die Beklagte zu 2. vorliegend der zuständige Versicherer gewesen ist. Dieses als Anlage K 4 vorgelegte Formular wurde ursprünglich von der als „L… Versicherungsservice“ bezeichneten Stelle ausgegeben, enthält jedoch auch die von der Klägerin unterschriebene Erklärung, damit einverstanden zu sein, dass die mitgeteilten Informationen zur weiteren Prüfung an die A… A… Deutschland GmbH weitergeleitet werden. Die A… wurde auch in der „Betreffzeile“ des von der Klägerin vorgelegten Schreibens der Rechtsanwältin D… vom 22. Juni 2015 (Anlage K6) aufgeführt.
b) Der Senat weist nach summarischer Prüfung vorsorglich darauf hin, dass sich die Ausführungen des Landgerichts hinsichtlich der Aktivierung des Versicherungsschutzes und der Unwirksamkeit der Ausschlussklausel als zutreffend erweisen dürften. Der Klägerin dürfte der geltend gemachte Anspruch somit gegen den zuständigen Versicherer zustehen.
2. Der Rechtsstreit wird gemäß § 526 Abs. 1 ZPO dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen, weil die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde, die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
3. Den Parteien wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen gewährt. Weiterhin werden die Parteien gebeten, innerhalb dieser Frist zu erklären, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO besteht.