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Rechtsschutzversicherung – Schadenminderungspflicht bei Mandatierung eines Rechtsanwalts für Kündigungsschutzverfahren

AG Berlin-Mitte, Az.: 124 C 30/14, Urteil vom 03.07.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.743,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2012 aus 888,10 EUR und aus weiteren 855,73 EUR seit dem 03.05.2013 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 01.07.2011 Versicherungsnehmer der Beklagten, einem Rechtsschutzversicherer. Die im Versicherungsfall zu leistende Selbstbeteiligung beläuft sich auf 150,00 EUR.

Im November 2011 kündigte die damalige Arbeitgeberin des Klägers, die … B GmbH das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen zum 29.02.2012. Der Kläger beauftragte seinen hiesigen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen, wobei zunächst nur Klage erhoben und Weiterbeschäftigung geltend gemacht werden sollte für den Fall, dass eine anderweitige Einigung nicht erzielt werden konnte. Mit Schreiben vom 03.01.2012 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die damalige Arbeitgeberin (Anlage K 11, Bl. 55 d. A.). In diesem Schreiben wird das Interesse des Klägers an einer gütlichen Einigung ohne gerichtliche Auseinandersetzung bekundet. Ebenfalls unter dem 03.01.2012 erbat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Deckungszusage für das außergerichtliche und gerichtliche Tätigwerden (Anlage K3, Bl. 9 d.A.). Unter dem 05.01.2012 bestätigte die Beklagte Versicherungsschutz für die 1. Instanz (Anlage K 3, Bl. 10 d.A.) und wies auf Folgendes hin: „Dem Versicherungsnehmer obliegt es, keine unnötigen Kosten zu veranlassen. Nach Zugang einer Kündigung ist deshalb ein unbedingter Klageauftrag zu erteilen. Diese Konkretisierung des Umfangs der Kostenübernahme steht einer sachgerechten Vertretung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers nicht entgegen.“ Da eine Einigung vor Ablauf der Frist aus § 4 KSchG nicht möglich war, wurde Klage erhoben. Das gerichtliche Verfahren wurde im Februar 2012 durch Vergleich (Anlage K16, Bl. 63 d. A.) beendet. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erstellte unter dem 30.03.2012 eine Rechnung, bezüglich deren Einzelheiten auf die Anlage K5, Bl. 15 f. d. A.) verwiesen wird, über einen Betrag von 5.059,64 EUR. Hierauf zahlte die Beklagte einen Betrag von 3.824,60 EUR. Unter dem 14.09.2012 erstellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine korrigierte Rechnung (Anlage K10, Bl. 53 f. d. A.), die mit einem Betrag von 5.208,99 EUR abschließt. Die Beklagte zahlte hierauf weitere 342,72 EUR. Die Geschäftsgebühr glich sie nicht aus.

Mit Schreiben vom 21.11.2012 kündigte die … Holding GmbH das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.2012. Mit Schreiben vom 28.11.2012 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und bat um eine Deckungszusage bezüglich des außergerichtlichen Tätigwerdens und vorsorglich für das gerichtliche Tätigwerden (Anlage K 7, Bl. 18 d.A.). Unter dem 29.11.2012 (Anlage K13, Bl. 59 d. A.) schrieb der Prozessbevollmächtigte des Klägers an die … Holding GmbH. Er wies auf die Rechtswidrigkeit der Kündigung hin und signalisierte Vergleichsbereitschaft des Klägers. Eine vorgerichtliche Einigung erfolgte nicht. Das danach eingeleitete gerichtliche Verfahren endete mit einem Vergleich (Anlage K 8, Bl. 22 d. A., Anlage K 17, Bl. 66 d. A.). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erstellte unter dem 28.03.2013 eine Rechnung, bezüglich deren Einzelheiten auf die Anlage K 9, Bl. 24 f. d. A.) verwiesen wird, über einen Betrag von 4.830,33 EUR. Hierauf zahlte die Beklagte einen Betrag von 3.824,60 EUR und verweigerte wiederum die Erstattung der Geschäftsgebühr.

Der Kläger meint, die Beklagte habe die Geschäftsgebühr zu erstatten. Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass eine vorgerichtliche Inanspruchnahme seines Prozessbevollmächtigten vom Versicherungsschutz gedeckt sei. Zudem seien kostenauslösende Maßnahmen des Rechtsanwalts nicht grundsätzlich wie Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers zu behandeln, da der Anwalt nicht Repräsentant des Versicherungsnehmers sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.747,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2012 aus 855,73 EUR und aus weiteren 891,67 EUR seit dem 03.05.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, sie sei wegen der Regelung des § 126 VVG nicht passivlegitimiert. Der Kläger habe gegen § 82 VVG verstoßen, indem er nicht sofort Klage einreichte. Er müsse sich die Kenntnisse und das Verhalten seines Rechtsanwalts zurechnen lassen, sofern dieser die Abwicklung des Rechtsschutzfalles übernimmt. Das außergerichtliche Tätigwerden sei nicht erfolgversprechend gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet.

Die Beklagte ist vorliegend passivlegitimiert. Die Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 S. 1 VVG liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte mit der Leistungsbearbeitung ein selbstständiges Schadensabwicklungsunternehmen beauftragt hat. Vielmehr ergibt sich aus sämtlichen zur Akte gereichten Schreiben, dass die Beklagte die Leistungsbearbeitung in Eigenregie vornimmt. Die Beklagte („… Versicherung AG“) ist auch kein Versicherungsunternehmen, das die Rechtsschutzversicherung zusammen mit anderen Versicherungssparten betreibt. Den Interessenkonflikten, die die Regelung des § 8a VAG durch Auslagerung der Leistungsbearbeitung ausschließen will, ist sie folglich auch nicht ausgesetzt.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag in Verbindung mit § 125 VVG einen Anspruch auf Zahlungen in Höhe von 888,10 EUR und 855,73 EUR.

Grundsätzlich ist der Versicherer gem. § 125 VVG verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen. Da die Beklagte nicht vorgetragen hat, dass in dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag die Erstattung bzw. Übernahme gesetzlich vorgesehener Rechtsanwaltsgebühren für außergerichtliches Tätigwerden ausgeschlossen ist, mithin die grundsätzliche Verpflichtung zur Erstattung der Geschäftsgebühr besteht, kommt es vorliegend maßgeblich darauf an, ob der Kläger gegen die in § 82Abs. 1, 2 VVG normierten Obliegenheiten verstoßen hat und die Beklagte deshalb gem. § 82 Abs. 3 VVG nicht zur Leistung verpflichtet ist.

Ein solcher Verstoß ist für den Versicherungsfall, der in Folge der Kündigung des Klägers durch seinen damaligen Arbeitgeber im November 2011, ausgelöst wurde, nicht gegeben.

Gem. § 82 Abs. 1 VVG hat der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Versicherungsfalls nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Die Norm betrifft die sog. „Rettungsobliegenheiten“ des Versicherungsnehmers. Der Versicherungsnehmer soll hierdurch zu Rettungsbemühungen motiviert und zugleich einer Demotivation durch die vorhandene Deckung entgegen gewirkt werden (vgl. Looschelders/Pohlmann/Schmidt-Kessel, VVG, 2. Aufl. 2011, § 82 Rn. 1). § 82 VVG gilt für alle Arten der Schadensversicherung (Prölss/Martin/Armbrüster/Voit, VVG, 29. Aufl. 2015, § 82 Rn. 1).

Verhaltensmaßstab ist das pflichtgemäße Ermessen eines ordentlichen Versicherungsnehmers (BGH, Urt. v. 12.07.1972 – IV ZR 23/71 Rn. 13 bei juris). Es wird erwartet, dass er diejenigen möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreift, die eine unversicherte Person in der jeweiligen Situation ergriffen hätte (Prölss/Martin/Armbrüster/Voit, VVG, 29. Aufl. 2015, § 82 Rn. 9).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann eine Obliegenheitsverletzung des Klägers nicht erkannt werden. Die Beklagte meint, der Kläger habe einen unbedingten Klageauftrag erteilen müssen, um keine unnötigen Kosten zu generieren. Der im Duktus des Bundesgerichtshofs „ordentliche Versicherungsnehmer“ besitzt aber keine speziellen Kenntnisse im anwaltlichen Kostenrecht, so dass es ihm auch nicht möglich ist, diesbezüglich Schadensminderungsmaßnahmen zu ergreifen. Es ist einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannt, dass sich ein kostenrechtlicher Unterschied daraus ergibt, dass einem Anwalt kein unbedingter Klageauftrag erteilt wird sondern er zunächst nur mit einem außergerichtlichen Vorgehen betraut oder mit einer nur bedingten Prozessvollmacht ausgestattet wird. Zudem gleicht der Rechtsschutzversicherer grundsätzlich eine vorgerichtliche entstandene Geschäftsgebühr anstandslos aus. Es dürfte auch außer Streit stehen, dass ein vorgerichtliches Tätigwerden der Interessenswahrnehmung grundsätzlich zuträglich ist, insbesondere da so eine – höhere – Kosten auslösende gerichtliche Auseinandersetzung nicht selten verhindert werden kann. Lediglich im Falle eines Kündigungsschutzrechtsstreits soll der Versicherungsnehmer nach Ansicht der Beklagten wegen der knapp bemessenen Frist zur Klageerhebung gem. § 4 S. 1 KSchG, die nach Auffassung der Beklagten eine vorgerichtliche Einigung bzw. Erledigung unwahrscheinlich macht, im Kostenreduktionsinteresse sofort einen unbedingten Klageauftrag erteilen. Ein solches Verhalten kann nach dem Dafürhalten des erkennenden Gerichts gegebenenfalls von einem Versicherungsnehmer verlangt werden, wenn dies entweder explizit vertraglich geregelt ist – wozu nichts vorgetragen wurde – oder seitens des Versicherers eine entsprechende Weisung erteilt wurde. Keinesfalls handelt es sich aber um eine Vorgehensweise die von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer eigeninitiativ erwartet werden kann.

Ein irgendwie geartetes Verhalten respektive Verschulden muss sich der Versicherungsnehmer gem. § 278 BGB nicht zurechnen lassen, da die Norm nach ständiger Rechtsprechung auf Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nicht anwendbar ist (vgl. nur BGH, NJW-RR 2003, 1250, 1251). Der Rechtsanwalt ist auch nicht Repräsentant des Versicherungsnehmers, so dass er sich auch nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung dessen Verhalten nicht zurechnen lassen muss (BGH, Urt. v. 08.01.1981 -IVa ZR 60/80 Rn. 11 f. bei juris).

Ebenfalls liegt ein Verstoß gegen § 82 Abs. 2 VVG für den im November 2011 eingetretenen Versicherungsfall nicht vor.

Denn die Weisung, einen unbedingten Klageauftrag zu erteilen, ging dem Kläger erst zu, als er bereits einen nur bedingten Klageauftrag erteilt hatte, so dass er ihr keine Folge mehr leisten konnte. Zwar hat der Kläger möglicherweise gegen seine Anzeigeobliegenheit aus § 30 Abs. 1 VVG, dem Versicherer den Eintritt des Versicherungsfalls unverzüglich mitzuteilen, verstoßen, indem er schon vor der Anzeige in kostenauslösender Weise den Anwalt beauftragte und hierdurch das Erteilen der Weisung hinsichtlich des unbedingten Klageauftrags vereitelte. Die unverzügliche Unterrichtung dient nämlich auch dazu, dem Versicherer frühzeitig die Erteilung von Weisungen zur Schadensminderung zu ermöglichen (vgl. Looschelders/Pohlmann/Looschelders, VVG, 2. Aufl. 2011, § 30 Rn. 1). Allerdings sieht das Gesetz für eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit keine Sanktionen vor. Ob zwischen den Parteien eine dahingehende vertragliche Regelung vereinbart wurde, ist dem Gericht mangels entsprechendem Vortrag nicht bekannt und daher hier nicht erheblich.

Da der Bevollmächtigte des Klägers ausweislich der Anlage K11 (Bl. 55 f. d. A.) auch außergerichtlich tätig wurde und die Gebühr angefallen ist, kann der Kläger die Erstattung der Geschäftsgebühr aus dem Versicherungsfall im Jahre 2011 verlangen.

Eine (nicht anrechenbare) 0,65 Gebühr aus einem Streitwert von 26.000,00 EUR zuzüglich Kommunikationspauschale ergibt einen Betrag von 512,70 EUR.

Der zugrunde gelegte Streitwert wurde bei der Abrechnung der Beklagten unstreitig nicht beanstandet, so dass diesbezüglich von einem deklaratorischen Anerkenntnis auszugehen sein dürfte. Jedenfalls entspricht der Ansatz von drei Monatsgehältern für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Vorgaben des § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i. V. m. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG. Auch der Ansatz von einem Bruttomonatsgehalt für einen Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung ist üblich (vgl. nur Mayer/Kroiß/Mayer, RVG, Anhang 1, II Rn. 21).

Ein weiterer Betrag von 233,60 EUR ergibt sich wie folgt: Da neben der 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von 26.000,00 EUR eine weitere Verfahrensgebühr in Höhe von 0,8 gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG aus einem Streitwert von 13.000,00 EUR (Vergleich über nicht rechtshängige Ansprüche bzgl. Zeugniserteilung und Freistellung; für die Richtigkeit des Streitwerts vgl. LAG Berlin vom 01.10.2001 17 Ta 6136/01) in Höhe von 420,80 EUR angefallen ist, greift die Regelung des § 15 Abs. 3 RVG. Nach überzeugender Auffassung (vgl. für die Argumentation, die hier nicht im Einzelnen wiedergegeben werden soll OLG Stuttgart, Beschl. vom 09.01.2009 – 8 W 527/08 Rn. 8 ff. bei juris) ist der anrechenbare Teil der Geschäftsgebühr (vorliegend 0,65) von der 1,3 Verfahrensgebühr in Abzug zu bringen und erst dann nach § 15 Abs. 3 RVG vorzugehen. So sind von der 1,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 985,40 EUR zunächst 492,70 EUR (0,65 Geschäftsgebühr) in Abzug zu bringen. Dann liegt die Summe aus beiden Verfahrensgebühren (985,40 – 492,70 + 420,80 EUR) unter dem Höchstbetrag in Höhe von 1.172,60 EUR (1,3 Gebühr aus 39.000,00 EUR). Ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr waren aber 233,60 EUR in Abzug gebracht worden, die nun zu ersetzen sind.

Auf den Betrag von 512,70 EUR und 233,60 EUR war noch die Mehrwertsteuer aufzuschlagen, so dass sich ein Betrag von 888,10 EUR ergibt.

Der klageweise geltend gemachte Betrag von weiteren 3,57 EUR beruhte auf einem Rechenfehler in der Rechnung vom 14.09.2012 (Anlage K 10, Bl. 53 f. d. A.). Die Addition auf S. 2 der Rechnung ergibt nicht wie angegeben 4.377,30 EUR sondern 4.374,30 EUR. Die weitere Differenz von 57 Cent resultiert aus der wegen des um 3,00 EUR niedrigeren Rechnungsbetrages geringeren Mehrwertsteuer.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Gem. §§ 195, 199 BGB verjährt der Anspruch in drei Jahren, wobei die Frist mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Frist bereits mit dem Ende des Jahres 2011 zu laufen begann, erfolgte die Klageerhebung unter Berücksichtigung von § 167 ZPO rechtzeitig.

Mit Hinblick auf den zweiten Versicherungsfall, die dem Kläger gegenüber ausgesprochene Kündigung von November 2012, steht dem Kläger eine weitere Zahlung in Höhe von 855,73 EUR zu.

Zwar erfolgte auch hier die Weisung erst nach Beauftragung mit dem außergerichtlichen Tätigwerden. Da dem Kläger aber die Weisung der Beklagten, die sich ersichtlich nicht im Speziellen auf den konkreten Fall im Jahre 2011 bezog sondern allgemein gehalten war („nach Zugang einer Kündigung“), bereits kannte, war diese – soweit zumutbar (vgl. § 82 Abs. 2 VVG) – zu befolgen, insbesondere da der Kläger, indem er den Versicherungsfall erst nach Beauftragung des Anwalts anzeigte, der Beklagten die Möglichkeit nahm, die Weisung erneut zu erteilen.

Ob die Weisung zumutbar war, kann hier mangels Erheblichkeit letztlich dahingestellt bleiben. Es bleibt aber darauf hinzuweisen, dass ein unbedingt erteilter Klageauftrag natürlich nicht ausschließt, dass in den drei Wochen bis zur Klageerhebung zunächst außergerichtlich verhandelt wird und erst, wenn diese Verhandlung erfolglos verlaufen, fristwahrend Klage erhoben wird. Lediglich fällt dann keine gesonderte Geschäftsgebühr an.

Der Kläger hat hier nämlich weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt (§ 82 Abs. 3 VVG). Er hat die Weisung nicht befolgt, weil er sich auf die Richtigkeit der Auskünfte seines Anwalts verlassen hat und demgemäß der Auffassung war, er sei berechtigt gewesen, zunächst nur einen Auftrag zum außergerichtlichen Tätigwerden zu erteilen. Ob die Auskünfte des Anwalts korrekt waren, kann hierbei dahingestellt bleiben, wobei darauf hinzuweisen ist, dass jedenfalls der Bundesgerichtshof in seinem Hinweis zur Terminsladung im Verfahren zum Aktenzeichen IV ZR 352/07 nicht – wie der Kläger aber meint – geäußert hat, dass ein „unbedingter Klageauftrag nicht notwendig sei und keine Obliegenheitsverletzung darstelle“. In dem streitgegenständlichen Verfahren ging es um den möglichen Verstoß einer Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen gegen das Transparenzgebot (vgl. für den Wortlaut des Hinweises AnwBl. 2009, 784 Fn. 3), wobei darauf hinzuweisen bleibt, dass die Klausel in der damaligen Form seit Geltung der ARB 2010 keine Verwendung mehr findet. Denn auf die – sei sie auch objektiv unrichtig – Auskunft eines Rechtsanwalts darf sich der Versicherungsnehmer grundsätzlich verlassen (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1981 -Iva ZR 60/80 Rn. 16 bei juris).

Da der Bevollmächtigte des Klägers ausweislich der Anlage K 13 (Bl. 59 f. d. A.) auch außergerichtlich tätig wurde und die Gebühr angefallen ist, kann der Kläger die Erstattung der Geschäftsgebühr aus dem Versicherungsfall im Jahre 2012 verlangen.

Eine (nicht anrechenbare) 0,65 Gebühr aus einem Streitwert von 26.000,00 EUR zuzüglich Kommunikationspauschale ergibt einen Betrag von 512,70 EUR. Wegen der Regelung des § 15 Abs. 3 RVG ergibt sich ein weiterer Betrag von 206,40 EUR. Bezüglich des Streitwerts und zu der Vorgehensweise bei § 15 Abs. 3 RVG wird auf das bereits Ausgeführte verwiesen. Zuzüglich Mehrwertsteuer ergibt sich der Betrag von 855,73 EUR.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288Abs. 1, 286 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.

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