Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Rechtsschutzversicherung zur Deckung von Diesel-Klage – Gericht stärkt Rechte von Versicherungsnehmern
- Hintergrund des Falls: Diesel-Skandal und Rechtsschutz
- Streitpunkt Stichentscheid: Bindungswirkung im Fokus
- Das Urteil des Landgerichts München I: Deckungsschutz muss gewährt werden
- Bedeutung des Urteils für Betroffene von Diesel-Manipulationen und Versicherungsnehmer
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann genau greift eine Rechtsschutzversicherung bei einer Diesel-Klage?
- Was ist ein Stichentscheid und welche Bedeutung hat er im Streit mit der Rechtsschutzversicherung?
- Welche Kosten übernimmt die Rechtsschutzversicherung im Rahmen einer Diesel-Klage?
- Was kann ich tun, wenn meine Rechtsschutzversicherung die Deckung für meine Diesel-Klage ablehnt?
- Kann ich Schadensersatzansprüche gegen meine Rechtsschutzversicherung geltend machen, wenn diese die Deckung unberechtigt verweigert?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 23 O 1100/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht München I
- Datum: 01.10.2024
- Aktenzeichen: 23 O 1100/24
- Verfahrensart: Nicht angegeben
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Rechtsschutzversicherungsrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Begehrt von der Beklagten Deckungsschutz aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowie Ersatz materieller Schäden aufgrund der Nicht-Erteilung der Deckungszusage.
- Beklagte: Rechtsschutzversicherung, die von der Klägerin auf Gewährung von Deckungsschutz und Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für die außergerichtliche und erstinstanzliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die B. AG aufgrund eines Fahrzeugkaufs. Weiterhin fordert sie den Ersatz materieller Schäden, die durch die Nicht-Erteilung der Deckungszusage entstanden sind.
- Kern des Rechtsstreits: Besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gewährung von Deckungsschutz und Schadensersatz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag?
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Deckungsschutz für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu gewähren und sämtliche materiellen Schäden, die aus der Nicht-Erteilung der Deckungszusage resultieren, zu ersetzen. Zudem wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin von den Kosten des Stichentscheides freizustellen.
- Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Rechtsschutzversicherung zur Deckung von Diesel-Klage – Gericht stärkt Rechte von Versicherungsnehmern

Das Landgericht München I hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 23 O 1100/24) die Rechte von Rechtsschutzversicherungsnehmern gestärkt. Im Kern des Falls stand die Frage, ob eine Rechtsschutzversicherung die Kosten für eine Klage gegen einen Autohersteller im Zusammenhang mit dem sogenannten Diesel-Skandal übernehmen muss. Das Gericht entschied zugunsten der Versicherungsnehmerin und stellte klar, dass die Versicherung in diesem Fall Deckungsschutz gewähren muss.
Hintergrund des Falls: Diesel-Skandal und Rechtsschutz
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin im Jahr 2014 einen gebrauchten BMW X1 mit einem Dieselmotor des Typs N47 erworben. Wie viele andere Fahrzeuge dieses Typs steht auch dieses Modell im Verdacht, von illegalen Abschalteinrichtungen im Abgassystem betroffen zu sein. Diese sogenannten Thermofenster sorgen dafür, dass die Abgasreinigung nur bei bestimmten Temperaturen optimal funktioniert und außerhalb dieser Temperaturfenster eingeschränkt oder deaktiviert wird.
Um ihre potenziellen Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller BMW geltend zu machen, beantragte die Klägerin bei ihrer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung. Die Rechtsschutzversicherung lehnte diesen Antrag jedoch ab, mit der Begründung, dass die Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe.
Streitpunkt Stichentscheid: Bindungswirkung im Fokus
Nach der Ablehnung des Deckungsschutzes durch die Versicherung, holte die Klägerin einen sogenannten Stichentscheid ein. Ein Stichentscheid ist ein Verfahren, bei dem ein neutraler Dritter, meist ein Rechtsanwalt, die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits begutachtet. Dieser Stichentscheid fiel zugunsten der Klägerin aus und bestätigte die Erfolgsaussichten der Schadensersatzklage.
Die Rechtsschutzversicherung erkannte die Bindungswirkung dieses Stichentscheids jedoch nicht an und verweigerte weiterhin die Deckungszusage. Daraufhin zog die Klägerin vor Gericht, um ihren Anspruch auf Deckungsschutz und die Erstattung der Kosten für den Stichentscheid durchzusetzen.
Das Urteil des Landgerichts München I: Deckungsschutz muss gewährt werden
Das Landgericht München I gab der Klägerin in vollem Umfang Recht. Das Gericht stellte fest, dass die Rechtsschutzversicherung verpflichtet ist, für die außergerichtliche und erstinstanzliche Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gegen BMW bedingungsgemäßen Deckungsschutz zu gewähren.
Begründung des Gerichts: Bindungswirkung des Stichentscheids
In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass der Stichentscheid im vorliegenden Fall bindende Wirkung für die Rechtsschutzversicherung entfaltet. Die Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen (ARB) sehen in der Regel ein solches Verfahren vor, um Streitigkeiten über die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung beizulegen.
Das Gericht argumentierte, dass der Stichentscheid gerade dazu dient, eine objektive Einschätzung der Rechtslage durch einen neutralen Experten zu gewährleisten und damit Streitigkeiten zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zu vermeiden. Wenn der Stichentscheid – wie im vorliegenden Fall – zu dem Ergebnis kommt, dass hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, ist die Versicherung grundsätzlich an diese Einschätzung gebunden.
Erstattung der Kosten für den Stichentscheid und Schadensersatz
Neben der Feststellung des Deckungsschutzes, verurteilte das Gericht die Rechtsschutzversicherung auch zur Erstattung der Kosten für den Stichentscheid in Höhe von 819,91 EUR. Zudem wurde festgestellt, dass die Versicherung der Klägerin sämtliche materiellen Schäden ersetzen muss, die daraus entstanden sind, dass die Deckungszusage zunächst unberechtigt verweigert wurde.
Dieser Punkt ist besonders bedeutsam, da er verdeutlicht, dass Versicherungen nicht nur zur Deckung der eigentlichen Rechtsverfolgung verpflichtet sind, sondern auch für Schäden haften können, die durch eine unberechtigte Ablehnung des Deckungsschutzes entstehen. Im konkreten Fall hatte die Klägerin aufgrund der Ablehnung der Deckung zunächst einen Prozesskostenfinanzierer in Anspruch genommen, was zusätzliche Kosten verursacht haben könnte.
Bedeutung des Urteils für Betroffene von Diesel-Manipulationen und Versicherungsnehmer
Das Urteil des Landgerichts München I hat erhebliche Bedeutung für Verbraucher, die von den Diesel-Manipulationen betroffen sind und eine Rechtsschutzversicherung besitzen. Es stärkt die Position von Versicherungsnehmern in Auseinandersetzungen mit ihrer Rechtsschutzversicherung, insbesondere in Bezug auf die Bindungswirkung des Stichentscheids.
Klarstellung zur Bindungswirkung des Stichentscheids
Das Urteil stellt klar, dass Rechtsschutzversicherungen in der Regel an das Ergebnis eines Stichentscheids gebunden sind, wenn dieser ordnungsgemäß eingeholt wurde und zu dem Ergebnis kommt, dass hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung bestehen. Versicherungen können sich nicht ohne Weiteres über eine positive Einschätzung im Stichentscheid hinwegsetzen und weiterhin die Deckung verweigern.
Anspruch auf Erstattung der Stichentscheid-Kosten
Betroffene Versicherungsnehmer haben nach diesem Urteil einen klaren Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Stichentscheid, wenn dieser zu ihren Gunsten ausfällt und die Versicherung dennoch die Deckung verweigert. Dies erleichtert es Versicherungsnehmern, ihre Rechte durchzusetzen, ohne zusätzliche finanzielle Belastungen befürchten zu müssen.
Schadensersatzanspruch bei unberechtigter Deckungsverweigerung
Das Urteil eröffnet zudem die Möglichkeit für Versicherungsnehmer, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn ihnen durch eine unberechtigte Deckungsverweigerung der Versicherung materielle Schäden entstanden sind. Dies unterstreicht die Verantwortung der Versicherungen für ihre Entscheidungen im Deckungsprozess.
Stärkung der Verbraucherrechte im Diesel-Skandal
Insgesamt stärkt das Urteil die Rechte von Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal und verdeutlicht, dass Rechtsschutzversicherungen ihrer Deckungspflicht ernst nehmen müssen. Es zeigt, dass Versicherungsnehmer sich nicht scheuen sollten, ihre Rechte notfalls auch gerichtlich durchzusetzen, wenn die Versicherung unberechtigt die Deckung verweigert. Gerade im komplexen Feld des Diesel-Skandals, wo viele Rechtsfragen noch ungeklärt sind, ist der Rechtsschutz eine wichtige Unterstützung für Verbraucher, um ihre Ansprüche gegenüber den Autoherstellern geltend zu machen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bestätigt, dass Rechtsschutzversicherungen für Ansprüche gegen Automobilhersteller wegen möglicher Abschalteinrichtungen auch ohne konkrete technische Nachweise Deckungsschutz gewähren müssen, wenn ein Stichentscheid zugunsten des Versicherungsnehmers erfolgt ist. Ein solcher Stichentscheid entfaltet Bindungswirkung für die Versicherung, die dann für Anwaltskosten und gerichtliche Verfahren aufkommen muss, auch wenn sie die Erfolgsaussichten zunächst als gering eingeschätzt hat. Dies stärkt die Position der Versicherungsnehmer erheblich, da sie bei Ablehnungen ihrer Versicherung nicht vor hohen Prozesskosten zurückschrecken müssen und selbst bei komplexen rechtlichen Sachverhalten ihre Ansprüche verfolgen können.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Diesel-Fahrzeugbesitzer mit Rechtsschutzversicherung zum Thema Deckungsschutz im Abgasskandal
Der Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen hat viele Autobesitzer verunsichert. Nicht selten verweigern Rechtsschutzversicherungen die Deckung für Rechtsstreitigkeiten gegen Autohersteller. Es ist wichtig zu wissen, wie Sie als Versicherungsnehmer in dieser Situation am besten vorgehen.
⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Rechtsschutzversicherung umgehend informieren und Deckungsanfrage stellen
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Diesel-Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist und Sie rechtliche Schritte gegen den Hersteller erwägen, informieren Sie unverzüglich Ihre Rechtsschutzversicherung. Stellen Sie eine formelle Deckungsanfrage für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Je schneller Sie handeln, desto besser.
⚠️ ACHTUNG: Viele Rechtsschutzversicherungen haben Wartezeiten oder Leistungsausschlüsse für bestimmte Rechtsbereiche. Prüfen Sie Ihre Versicherungsbedingungen genau oder lassen Sie diese von einem Anwalt prüfen.
Tipp 2: Ablehnungsbescheid der Versicherung genau prüfen
Sollte Ihre Rechtsschutzversicherung die Deckung ablehnen, nehmen Sie dies nicht einfach hin. Fordern Sie einen schriftlichen Ablehnungsbescheid an und prüfen Sie diesen sorgfältig. Die Ablehnung muss nachvollziehbar begründet sein und auf Ihren individuellen Fall eingehen.
Beispiel: Eine pauschale Ablehnung mit dem Hinweis auf „allgemeines Prozessrisiko“ ist möglicherweise nicht ausreichend und sollte hinterfragt werden.
⚠️ ACHTUNG: Achten Sie auf die im Ablehnungsbescheid genannten Fristen, innerhalb derer Sie Widerspruch einlegen können. Versäumen Sie diese Fristen nicht!
Tipp 3: Anwaltliche Beratung einholen, insbesondere bei Ablehnung
Bei einer Ablehnung der Deckungszusage oder Unsicherheiten bezüglich Ihrer Rechtsschutzversicherung sollten Sie umgehend einen auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt konsultieren. Dieser kann die Ablehnung prüfen, Ihre Erfolgsaussichten im Rechtsstreit gegen den Autohersteller einschätzen und Sie über weitere Schritte beraten.
⚠️ ACHTUNG: Auch für die Beratung durch einen Anwalt können Sie unter Umständen Deckungsschutz bei Ihrer Rechtsschutzversicherung beantragen – sogenannter Beratungsrechtsschutz.
Tipp 4: Alternative Finanzierungsmöglichkeiten prüfen
Sollte die Rechtsschutzversicherung die Deckung endgültig ablehnen und Sie dennoch rechtliche Schritte einleiten wollen, informieren Sie sich über alternative Finanzierungsmöglichkeiten. Dazu gehören Prozesskostenhilfe (abhängig von Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen) oder die Vereinbarung eines Erfolgshonorars mit einem Anwalt.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Ein häufiger Fallstrick ist die Annahme, dass eine Rechtsschutzversicherung automatisch alle Kosten übernimmt. Versicherungsbedingungen können Klauseln enthalten, die den Deckungsschutz einschränken. Besonders relevant im Abgasskandal können Klauseln zu „vorsätzlicher oder bedingt vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls“ sein, die Versicherungen in manchen Fällen anführen, um die Deckung zu verweigern. Die Rechtsprechung hierzu ist jedoch komplex und nicht immer eindeutig im Sinne der Versicherungen.
✅ Checkliste: Rechtsschutz im Abgasskandal
- Liegt eine Rechtsschutzversicherung vor?
- Rechtsschutzversicherung unverzüglich informieren und Deckungsanfrage stellen.
- Ablehnungsbescheid der Versicherung sorgfältig prüfen.
- Bei Ablehnung oder Unsicherheiten: Anwaltlichen Rat einholen.
- Alternative Finanzierungsmöglichkeiten prüfen, falls Deckung abgelehnt wird.
Benötigen Sie Hilfe?
Klare Perspektiven im Umgang mit Rechtsschutzfragen bei Diesel-Klagen
Viele Betroffene erleben Unsicherheiten, wenn es um die Frage geht, ob und in welchem Umfang der vertraglich vereinbarte Deckungsschutz auch im Kontext von Diesel-Klagen greift. Die komplexe Prüfung der vertraglichen Bindungen und Erfolgsaussichten kann zu Unklarheiten hinsichtlich finanzieller Risiken und rechtlicher Verpflichtungen führen.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie, Ihre individuelle Situation fundiert zu analysieren und eventuelle Handlungsspielräume zu erkennen. In einem persönlichen Beratungsgespräch erörtern wir gemeinsam die relevanten Aspekte und klären, inwieweit Ihre vertraglichen Ansprüche zur Deckung Ihrer rechtlichen Auseinandersetzung beitragen können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann genau greift eine Rechtsschutzversicherung bei einer Diesel-Klage?
Eine Rechtsschutzversicherung greift bei einer Diesel-Klage, wenn die Deckungspflicht gegeben ist. Diese hängt von den Versicherungsbedingungen und den Erfolgsaussichten des Falls ab. In der Regel muss der Versicherungsnehmer vor Beginn eines Rechtsstreits die Versicherung informieren und um eine Deckungszusage bitten.
Wichtige Faktoren für die Deckungspflicht sind:
- Versicherungsvertrag: Der Vertrag muss zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bestanden haben.
- Erfolgsaussichten: Die Versicherung prüft, ob die Klage Erfolgschancen hat. Ein Stichentscheid eines Anwalts kann dabei helfen, die Erfolgsaussichten zu bewerten.
- Verjährung: Die Ansprüche dürfen nicht verjährt sein. Für Diesel-Klagen gegen Hersteller beträgt die Verjährungsfrist in der Regel drei Jahre ab Kenntniserlangung von den Abgasmanipulationen.
Beispiel: Wenn Sie ein Fahrzeug mit einem EA189-Motor gekauft haben und die Rechtsschutzversicherung um Deckung für einen Schadensersatzprozess bitten, muss die Versicherung prüfen, ob die Klage Erfolgschancen hat und ob die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Rechtliche Grundlagen wie das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regeln die Bedingungen für die Deckungspflicht.
Was ist ein Stichentscheid und welche Bedeutung hat er im Streit mit der Rechtsschutzversicherung?
Ein Stichentscheid ist eine Entscheidung, die von einem unabhängigen Rechtsanwalt getroffen wird, um Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Versicherungsnehmer und seiner Rechtsschutzversicherung zu klären. Diese Meinungsverschiedenheiten entstehen oft, wenn die Versicherung die Kostenübernahme für einen Rechtsstreit ablehnt, weil sie die Erfolgsaussichten als zu gering einschätzt oder den Fall als mutwillig betrachtet.
Wie funktioniert ein Stichentscheid?
- Anlass: Der Versicherungsnehmer kann einen Stichentscheid verlangen, wenn die Versicherung die Kostenübernahme ablehnt.
- Durchführung: Ein unabhängiger Rechtsanwalt wird beauftragt, die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits zu bewerten.
- Bindungswirkung: Der Stichentscheid ist grundsätzlich für beide Parteien bindend, es sei denn, die Entscheidung weicht erheblich von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage ab.
Bedeutung für den Versicherungsnehmer:
- Sicherheit: Ein Stichentscheid bietet dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit, die Einschätzung der Versicherung überprüfen zu lassen und sicherzustellen, dass er nicht auf den Kosten eines potenziell erfolgreichen Rechtsstreits sitzen bleibt.
- Kostenübernahme: Fällt der Stichentscheid zugunsten des Versicherungsnehmers aus, muss die Versicherung die Kosten des Rechtsstreits übernehmen.
Praktische Bedeutung:
Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Rechtsstreit verwickelt und Ihre Rechtsschutzversicherung lehnt die Kostenübernahme ab, weil sie die Erfolgsaussichten als gering betrachtet. In diesem Fall kann ein Stichentscheid helfen, die Entscheidung der Versicherung zu überprüfen und sicherzustellen, dass Ihre Interessen angemessen vertreten werden.
Welche Kosten übernimmt die Rechtsschutzversicherung im Rahmen einer Diesel-Klage?
Im Rahmen einer Diesel-Klage übernimmt die Rechtsschutzversicherung in der Regel alle Kosten, die mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Autohersteller verbunden sind. Dazu gehören:
- Anwaltskosten: Die Kosten für die anwaltliche Vertretung in außergerichtlichen Verhandlungen und gerichtlichen Verfahren.
- Gerichtskosten: Die Gebühren, die für das Gerichtsverfahren anfallen.
- Gutachterkosten: Die Kosten für Sachverständigengutachten, die zur Klärung von technischen Fragen erforderlich sind.
- Kosten für Stichentscheide: Diese sind ebenfalls erstattungsfähig, falls sie zur Klärung von Rechtsfragen notwendig sind.
Es kann jedoch eine Selbstbeteiligung geben, die von der Versicherungspolice abhängt. Diese muss der Versicherungsnehmer zahlen, bevor die Versicherung die restlichen Kosten übernimmt.
Die Rechtsschutzversicherung muss die Kosten übernehmen, wenn die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat. Eine Ablehnung der Kostenübernahme ist nur möglich, wenn der Fall für den Versicherungsnehmer offensichtlich erfolglos ist.
In jüngster Zeit haben Gerichtsurteile die Erfolgsaussichten für Kläger im Dieselskandal verbessert, insbesondere nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das auch bei Fahrlässigkeit Schadensersatzansprüche zulässt.
Was kann ich tun, wenn meine Rechtsschutzversicherung die Deckung für meine Diesel-Klage ablehnt?
Wenn Ihre Rechtsschutzversicherung die Deckung für Ihre Diesel-Klage ablehnt, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können, um gegen diese Entscheidung vorzugehen:
1. Stichentscheid durch einen Anwalt:
- Was ist ein Stichentscheid? Ein Stichentscheid ist eine rechtliche Einschätzung durch einen Anwalt, die die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits bewertet. Diese Einschätzung kann für die Versicherung bindend sein, wenn sie nicht offensichtlich von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage abweicht.
- Wie funktioniert es? Beauftragen Sie einen Anwalt, einen Stichentscheid zu erstellen. Dieser sollte die Erfolgsaussichten Ihrer Klage darlegen. Wenn der Stichentscheid fundiert ist, muss die Versicherung ihn akzeptieren und Deckung gewähren.
2. Widerspruch und Klage:
- Widerspruch einlegen: Sie können gegen die Ablehnung Widerspruch einlegen und die Gründe für die Ablehnung anfechten. Dies kann jedoch oft nur begrenzt erfolgreich sein.
- Gerichtliche Klage: Wenn der Widerspruch erfolglos bleibt, können Sie gerichtlich gegen die Versicherung vorgehen. Dies kann eine kostspielige Angelegenheit sein, aber es gibt Fälle, in denen Gerichte die Versicherungen zur Deckung verpflichtet haben.
3. Anwaltliche Unterstützung:
- Anwaltliche Hilfe: Es kann hilfreich sein, einen Anwalt zu konsultieren, der auf Verbraucherrecht oder Versicherungsrecht spezialisiert ist. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, die Ablehnung zu überprüfen und die richtigen Schritte zu unternehmen.
4. Fristen beachten:
- Wichtige Fristen: Achten Sie darauf, alle relevanten Fristen einzuhalten, um Ihre Ansprüche nicht zu verlieren. Dies umfasst sowohl die Fristen für den Widerspruch als auch für die Einreichung einer Klage.
Wenn Sie bereits eine Ablehnung erhalten haben, ist es wichtig, schnell zu handeln und die richtigen Schritte zu unternehmen, um Ihre Rechte durchzusetzen.
Kann ich Schadensersatzansprüche gegen meine Rechtsschutzversicherung geltend machen, wenn diese die Deckung unberechtigt verweigert?
Wenn eine Rechtsschutzversicherung die Deckung unberechtigt verweigert, können Sie grundsätzlich Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese Ansprüche basieren auf dem Prinzip, dass der Versicherer seine vertraglichen Pflichten verletzt hat. Finanzielle Schäden, die durch die unberechtigte Ablehnung der Deckung entstanden sind, können Gegenstand solcher Ansprüche sein.
Beispiele für Schäden, die geltend gemacht werden können, sind:
- Kosten für einen Prozessfinanzierer: Wenn Sie aufgrund der unberechtigten Ablehnung der Deckung einen Prozessfinanzierer in Anspruch nehmen mussten, um Ihre Rechte durchzusetzen.
- Entgangene Zinsen: Wenn Sie aufgrund der Verzögerung oder Ablehnung der Deckung Zinsen auf Ihre Ansprüche nicht erhalten haben.
- Anwaltskosten: Die Kosten für einen Anwalt, der die unberechtigte Ablehnung der Deckung überprüft und ggf. rechtlich angreift.
Um solche Ansprüche erfolgreich durchzusetzen, müssen Sie nachweisen, dass die Versicherung ihre Pflichten verletzt hat und dass Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Dies erfordert oft die Unterstützung durch einen Anwalt, der die rechtlichen Grundlagen und die Vertragsgestaltung der Versicherung prüft.
In der Praxis ist es wichtig, die Vertragsbedingungen und die Kommunikation mit der Versicherung sorgfältig zu dokumentieren, um im Falle eines Streits die notwendigen Beweise vorlegen zu können.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Deckungsschutz
Der Deckungsschutz bezeichnet die Zusage einer Versicherung, für bestimmte Rechtskosten aufzukommen. Bei einer Rechtsschutzversicherung umfasst dies typischerweise Anwalts- und Gerichtskosten für versicherte Rechtsstreitigkeiten. Die Gewährung des Deckungsschutzes ist gemäß § 4 ARB (Allgemeine Rechtsschutzbedingungen) an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie das Vorliegen eines Versicherungsfalles und hinreichende Erfolgsaussichten.
Beispiel: Wenn ein Versicherungsnehmer seine Rechte gegen einen Autohersteller im Diesel-Skandal durchsetzen möchte, begehrt er zunächst Deckungsschutz von seiner Rechtsschutzversicherung, damit diese die Kosten des Verfahrens übernimmt.
Stichentscheid
Ein Stichentscheid ist ein rechtliches Verfahren zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Rechtsschutzversicherung und Versicherungsnehmer über die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung. Nach § 128 VVG wird hierbei ein unabhängiger Rechtsanwalt als Schiedsgutachter tätig, dessen Entscheidung für beide Seiten bindend ist. Der Stichentscheid bietet Versicherungsnehmern die Möglichkeit, eine Ablehnung der Kostenübernahme überprüfen zu lassen.
Beispiel: Im vorliegenden Fall musste die Versicherung die Kosten des Stichentscheids tragen und war an dessen Ergebnis gebunden, nachdem dieser zugunsten der Versicherungsnehmerin ausgefallen war.
Diesel-Skandal
Der Diesel-Skandal (auch „Abgasskandal“ genannt) bezeichnet die seit 2015 bekannt gewordenen systematischen Manipulationen an Dieselfahrzeugen durch verschiedene Automobilhersteller. Dabei wurden Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen verbaut, die dafür sorgten, dass Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Straßenverkehr eingehalten wurden. Dies verstößt gegen Umweltschutzvorschriften wie die EU-Verordnung 715/2007 und begründet zivilrechtliche Ansprüche der Käufer.
Beispiel: Ein Fahrzeugbesitzer klagt gegen den Automobilhersteller auf Schadensersatz, weil sein gekauftes Diesel-Fahrzeug mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet war und daher einen geringeren Wert hat als angenommen.
Bindungswirkung
Die Bindungswirkung bezeichnet die rechtliche Verpflichtung, sich an eine getroffene Entscheidung zu halten. Im Kontext von Rechtsschutzversicherungen entfaltet insbesondere der Stichentscheid nach § 128 VVG eine Bindungswirkung für die Versicherung. Diese muss die Entscheidung des unabhängigen Gutachters akzeptieren und kann sich nicht mehr auf mangelnde Erfolgsaussichten berufen, selbst wenn sie die Erfolgsaussichten weiterhin als gering einschätzt.
Beispiel: Nachdem der Stichentscheid zugunsten der Klägerin ausgefallen war, musste die Versicherung Deckungsschutz gewähren, obwohl sie ursprünglich der Meinung war, die Klage hätte keine Erfolgsaussichten.
Erfolgsaussichten
Erfolgsaussichten bezeichnen im Rechtsschutzversicherungsrecht die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines positiven Ausgangs einer Rechtsstreitigkeit. Gemäß § 3a der ARB (Allgemeine Rechtsschutzbedingungen) kann eine Rechtsschutzversicherung die Deckung verweigern, wenn sie die Erfolgsaussichten als unzureichend bewertet. Diese Beurteilung muss jedoch rechtlich fundiert sein und kann durch einen Stichentscheid überprüft werden.
Beispiel: Die Versicherung lehnte zunächst die Kostenübernahme für die Diesel-Klage ab, weil sie die Erfolgsaussichten als zu gering einschätzte, ohne dass konkrete technische Nachweise für eine Manipulation vorlagen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Rechtsschutzversicherungsvertrag und ARB 2005: Ein Rechtsschutzversicherungsvertrag bildet die Grundlage für den Anspruch auf Kostendeckung. Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) regeln die Details des Versicherungsschutzes und legen fest, unter welchen Voraussetzungen Deckung gewährt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier bildet der Rechtsschutzvertrag mit den ARB 2005 die Basis, auf der die Klägerin ihren Anspruch auf Deckung für den Rechtsstreit gegen den Autohersteller stützt.
- Bedingungsgemäßer Deckungsschutz: Rechtsschutzversicherungen gewähren „bedingungsgemäßen Deckungsschutz“, was bedeutet, dass Versicherungsschutz besteht, wenn die im Vertrag und den ARB genannten Bedingungen erfüllt sind. Dies umfasst in der Regel, dass ein versichertes Risiko vorliegt und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellt fest, dass die Versicherung hier zu Unrecht „bedingungsgemäßen Deckungsschutz“ verweigert hat, obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben waren.
- Ablehnung wegen fehlender Erfolgsaussichten (§ 4 ARB 2005): Versicherungen dürfen Deckung ablehnen, wenn die Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat, gemäß den Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen. Dies soll verhindern, dass Versicherungsnehmer aussichtslose Prozesse auf Kosten der Versichertengemeinschaft führen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung argumentierte mit fehlenden Erfolgsaussichten für die Schadensersatzklage gegen den Autohersteller, das Gericht sah dies jedoch anders und bejahte den Deckungsanspruch.
- Schadensersatzpflicht der Versicherung wegen Deckungsverweigerung (§ 280 Abs. 1 BGB): Wenn eine Versicherung zu Unrecht die Deckung ablehnt und dadurch dem Versicherungsnehmer ein Schaden entsteht, kann sie zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dieser Schadensersatz umfasst die Kosten, die durch die ungerechtfertigte Ablehnung entstanden sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verurteilt die Versicherung, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unberechtigte Deckungsverweigerung entstanden ist, was die finanziellen Folgen einer solchen Ablehnung für Versicherungen verdeutlicht.
Das vorliegende Urteil
LG München I – Az.: 23 O 1100/24 – Urteil vom 01.10.2024
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