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Rechtsschutzversicherung – Anfechtungs- und Rücktrittserklärung – private Krankenversicherung

AG Bernau – Az.: 10 C 239/15 – Urteil vom 04.11.2016

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.171,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.04.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4. Der Streitwert wird auf 1.171,67 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung für außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit für die Abwehr einer Anfechtungs- und Rücktrittserklärung seiner privaten Krankenversicherung.

Er ist bei der Alten Leipziger Versicherung AG seit dem 01.02.2011 rechtsschutzversichert. Es wird insoweit auf den Versicherungsvertrag vom 14.01.2011 und auf die Allgemeinen Bedingungen der Rechtsschutzversicherung (ARB) verwiesen (Bl. 8 ff d. A.) Die Beklagte ist deren Schadensabwicklungsunternehmen.

Zwischen dem Kläger und der Universa Krankenversicherung a. G. (folgend: Universa) besteht seit dem 01.01.2011 ein privater Krankenversicherungvertrag. Mitversichert ist die Ehefrau des Klägers. Dem Vertrag vorausgegangen ist der Antrag des Klägers und seiner Ehefrau vom 27.10.2010, in welchem Gesundheitsfragen beantwortet wurden.

Mit Schreiben vom 23.01.2014 erklärte die Universa wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG die Anfechtung und hilfsweise wegen Verletzung der in §§ 19 ff WG geregelten Anzeigepflicht den Rücktritt von dem Vertrag. Sie behauptet, die Ehefrau des Klägers habe diverse Fragen zur Gesundheit falsch beantwortet. Es wird auf das genannte Schreiben, Anlage K 2 (Bl. 35 f d. A.) verwiesen.

Die von dem Kläger zunächst beauftragte Kanzlei trat der Anfechtung und dem Rücktritt mit Schreiben vom 10.04.2014 entgegen. Die Universa hielt an ihrer Auffassung fest. Der Kläger beauftragte sodann die damalige Sozietät seines jetzigen Prozessbevollmächtigten, die die Anfechtungs- und Rücktrittserklärung zurückwies und die Behauptung einer Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen bestritt. Es wird auf die Schreiben vom 11.08. und 02.10.2014 (Bl. 39, 40 ff d. A.) verwiesen. Für ihre Tätigkeit berechnete die Sozietät gemäß Kostennote vom 02.10.2014 (Bl. 43 d. A.) eine Geschäftsgebühr, zzgl. Nebenforderungen, von 1.171,67 €, die Gegenstand der Klage ist. Der Kläger hat die Anwaltskosten am 20.01.2015 beglichen.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 17.10.2014 die Deckung für den Rechtsschutzfall ab (Bl. 44 d. A.).

Der Kläger stützt sich auf §§ 1, 125, 126 VVG und 1,2 It. d, 4 Abs. 1 lit.1, 5 Abs. 1 lit. a, 26 Abs. 2 lit. a ARB. Er behauptet, der Versicherungsfall sei in versicherter Zeit eingetreten. Er meint, nicht der Vortrag des Gegners des Versicherungsnehmers, sondern der Vortrag des Versicherungsnehmers sei entscheidend. Es käme auf den behaupteten Rechtsverstoß, nämlich die abgegebene Anfechtungs- und Rücktrittserklärung der Universa vom 23.01.2014 an, der in rechtsschutzversicherter Zeit liege. Er ist der Ansicht, die Beklagte sei nicht wegen der sogenannten Vorerstreckungsklausel (§ 4 Abs. 3 lit a. ARB) leistungsfrei. Insoweit meint er, dass es auch hier auf das Vorbringen des Rechtsschutzversicherungsnehmers ankäme. Denn anderenfalls läge es in der Hand des Anspruchsgegners durch bloße Behauptungen, diesem die Leistung seines Rechtsschutzversicherers zu entziehen.

Der Kläger beantragt, wie im Urteilstenor erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es bestehe ein Anspruch auf Rechtsschutz nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls grundsätzlich von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten begangen hat oder haben soll. Maßgeblich sei die Behauptung der Universa, der Kläger habe bei dem Antrag auf Abschluss der Krankenversicherung falsche Angaben gemacht. Abzustellen sei deshalb auf den ersten behaupteten Verstoß gegen Rechtspflichten. Der Versicherungsfall im Sinne der ARB sei somit bereits am 27.12.2010 zum Zeitpunkt der Antragsstellung bei der Universa eingetreten. Im Übrigen meint sie, sie sei nach § 4 Abs. 3 a ARB leistungsfrei. Zweck dieser Regelung sei, Rechtsstreitigkeiten auszuschließen, deren Ursache in der Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrages liege und die bereits latent vorhanden gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen. Beide Parteien haben eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Beklagte ist passiv legitimiert. Sie ist für die Alte Leipziger Versicherungs AG Schadensabwicklungsunternehmen im Sinne des § 126 VVG.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag vom 01.02.2011 in Höhe von 1.171,67 € zu.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich – wie der Kläger zutreffend ausführt – aus dem o. g. Vertrag i. V. m. §§ 1, 125, 126 VVG und 1,2 It. d, 4 Abs. 1 lit.1, 5 Abs. 1 lit. a, 26 Abs. 2 lit. a ARB.

Das Gericht folgt der Ansicht des Klägers.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag ist, dass der Rechtsschutzfall sich in versicherter Zeit ereignet hat.

Es kommt nicht auf den von dem Gegner des Versicherungsnehmers behaupteten zeitlich vorangegangen Verstoß des Versicherungsnehmer an. Vielmehr ist auf die Tatsachenbehauptung des Versicherungsnehmers abzustellen und darauf, worauf dieser seine Ansprüche stützt. Diese Ansicht wird auch durch die Entscheidung des BGH vom 25.02.2015 gestützt.

Es kommt somit darauf an, welches Ziel der Versicherungsnehmer verfolgt. Der Kläger begründet sein Rechtsschutzbegehren mit der Abwehr gegen die Anfechungs- und Rücktrittserklärung der Krankenversicherung Universa. Er verfolgt die Fortsetzung des Krankenversicherungsvertrages. Für die Festlegung des Versicherungsfalls kommt es allein auf diese Tatsachen an. Im vorliegenden Fall ist somit entscheidend, wann die Krankenversicherung des Klägers die Anfechtung und den Rücktritt erklärt hat. Das ist unstreitig in der rechtsschutzversicherten Zeit, nämlich am 23.01.2014.Unerheblich ist, was der Gegner des Klägers, die Universa, gegen dieses Begehren einwendet. Von daher kommt es auf den von der Universa behaupteten Verstoß gegen die vorvertraglichen Anzeigepflichten nicht an. Zutreffend verweist der BGH darauf, dass anderenfalls schon bei der Verfolgung grundsätzlich versicherter Ansprüche es der Dritte allein schon wegen der Behauptung in der Hand hätte, dem Versicherungsnehmer den Rechtschutz zu entziehen.

Die Beklagte kann auch keine Leistungsfreiheit nach § 4 Abs. 3 a ARB 2010 (sog. Vorerstreckungsklausel) ableiten. Hiernach reicht allein die von der Universa behauptete Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen durch die Ehefrau des Klägers nicht aus. Vielmehr muss die Richtigkeit dieser Behauptung feststehen. Sie muss entweder unstreitig sein, was nicht der Fall ist oder durch die Beklagte bewiesen sein, was auch nicht der Fall ist. Die Beklagte stützt sich lediglich darauf, dass der Krankenversicherer die Falschbeantwortung behauptet habe. Das reicht nicht aus. Es wird insofern auf die von dem Kläger zitierten Entscheidungen verwiesen.

In der Höhe ist die Forderung unstreitig. Die Kostennote vom 02.10.2014 ist im Übrigen nicht zu beanstanden. Da der Kläger am 20.01.2015 die Anwaltskosten ebenfalls unstreitig beglichen hat, hat er gegen die Beklagte einen Rückerstattungsanspruch.

Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt des Verzuges auch einen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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